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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.01.2023, RV/7103190/2022

Behinderungsbedingte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung (u.a. Diätverpflegung)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2022 abweichend von der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die beantragte Erwerbsminderung (Diätverpflegung Magen) nicht berücksichtigt werden hätte können, da diese nicht durch das Sozialministeriumservice bescheinigt worden sei.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen seien nicht berücksichtigt worden, da diese Aufwendungen niedriger als der gültige Selbstbehalt in Höhe von 2.393,26 € gewesen seien.

Mit Eingabe vom 4. April wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Diätverpflegung schon seit ca. 20 Jahren vorliegen würde. Der Beschwerdeführer hätte damals den Bescheid vom Bundessozialamt abgegeben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde gegenständlicher Bescheid geändert.
Der Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung sei um den Betrag von 504,00 € (Diätverpflegung) erhöht worden.
Die übrigen Kosten hätten den Selbstbehalt nicht überschritten.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Es werde um nochmalige Überprüfung des Bescheides ersucht, da sich der Beschwerdeführer geirrt hätte.
Folgende Daten seien neu übermittelt worden (Beilage L 1ab):
< Grad der Behinderung: 100%
< Diätverpflegung Magenkrankheit
< pauschaler Freibetrag für das auf die behinderte Person zugelassene Kraftfahrzeug
< außergewöhnliche Belastung wegen Behinderung: 1.648,38 €

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde führte darin unter anderem aus, dass laut vorliegendem Behindertenausweis vom beim Beschwerdeführer eine Gehbehinderung vorliege und die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt worden sei.
Das Vorliegen der Notwendigkeit einer Diät sei in diesem Ausweis nicht bestätigt worden.
Am sei dem Beschwerdeführer ein neuer Behindertenpass mit Gültigkeit ab ausgestellt worden, in welchem auch die Notwendigkeit einer Diät "D3" (Magen) bescheinigt worden sei.
Als Kosten der Heilbehandlung würde die belangte Behörde insgesamt 575,20 € für mit der Behinderung in Zusammenhang stehende Medikamente anerkennen.
Ärztlich verschriebene Medikamente, welche mit der Behinderung in keinem Zusammenhang stehen würden, seien als Krankheitskosten mit Selbstbehalt zu berücksichtigen.
Da die Magendiät vom Sozialministeriumservice erst ab bestätigt worden sei, sei der bisher anerkannte Pauschbetrag in Höhe von 504,00 € nicht zu berücksichtigen. Es werde also beantragt, diesen Betrag nicht zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom übermittelte der nunmehr zuständige Richter folgende Anmerkungen an den Beschwerdeführer:
Im Vorlagebericht hätte das Finanzamt neue Berechnungen dargestellt. Darin seien außergewöhnliche Belastungen wegen Behinderung (ohne Selbstbehalt) in Höhe von 575,20 € errechnet worden (in der BVE: 177,81 €). Weiters seien in der BVE Pauschbeträge für Diät (504,00) und KFZ (2.280,00) berücksichtigt worden.
Der Selbstbehalt würde ca. 2.400,00 € betragen. Das würde also heißen, dass a.g.B. ohne Zusammenhang mit der Behinderung nur dann Auswirkungen hätten, wenn dieser Betrag überschritten werde - das sei nach der vorliegenden Auflistung keinesfalls möglich (siehe Beilage). In dieser Beilage sei auch die Beurteilung des Finanzamtes ersichtlich. Sollte hier eine Änderung notwendig sein, so wäre dies entsprechend nachzuweisen (ärztliche Bestätigungen/Verordnungen). Das Finanzamt hätte hier schlüssige Einstufungen vorgenommen (Nahrungsergänzungen, Sodbrennen, Lunge, etc. seien wohl keine Medikamente, die unmittelbar mit der Behinderung in Zusammenhang zu bringen seien).
Das Finanzamt würde nunmehr beantragen, den Pauschalbetrag für Diät (504,00 €) zu streichen, da hier keine Bestätigung des Sozialministeriumservice vorliegt.
Hier sei dem FA zuzustimmen: § 35 Abs. 2 Z 2 zweiter Teilstrich besagt, dass diese Feststellung vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auszustellen ist. Hierzu gibt es auch eine Entscheidung des ).
Ich ersuche also um Vorlage einer Bestätigung, dass die Magendiät bereits für das Jahr 2020 notwendig war.

Mit Eingabe vom übermittelte der Beschwerdeführer hierzu folgende Darstellungen:
"1.Herzdiät:
Seit ca. 25 Jahren, bis zum Jahre 2018 wurde vom Finanzamt die Diät anerkannt. Nach der Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung 2019 und 2020 erhielt ich Bescheide und in denen konnte ich den Punkt Diät nicht finden. Auf Anfrage, wurde mir vom Finanzamt mitgeteilt, dass seit 2019 der Punkt Diät vom Sozialministeriumsevice eingespielt sein muss. Daraufhin erledigte ich die Angelegenheit beim Sozialministeriumsevice und erhielt einen neuen Behindertenpass mit der Eintragung der Diät D3 und der Unzumutbarkeit von der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Diesen Ausweis habe ich kopiert und dem Finanzamt übermittelt. Bei der Überprüfung der Arbeitnehmerveranlagung 2019 wurde die Diät D3 mittels Bescheids berücksichtigt. Jetzt bei der Überprüfung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 wird vom Finanzamt beantragt, die Diät nicht anzuerkennen, obwohl von einem Sachverständigen des Sozialministeriumsevice beurteilt und die Eintragung im Behindertenpass getätigt wurde. So frage ich mich, kann das Finanzamt so einfach diese Eintragung im Behindertenpass nicht anerkennen? Also den Sachverständigen des Sozialministeriumsevice einfach zu übergehen! Das verstehe ich nicht, denn wozu habe ich dann die Diät vom Sozialministeriumsevice bestätigt und 2019 wird es berücksichtigt und 2020 wird es abgelehnt.
Die Bestätigung, dass die Diät bereits für das Jahr 2020 notwendig war, lege ich in Kopie bei. (Schreiben des Sozialministeriumservice Seite 2 rot angezeichnet).

2.) Direktan:
Für das Medikament, übersende ich Ihnen das Privatrezept vom in Kopie.

3.) Mexalen:
Das Medikament war zu mindestens ab 2016 nicht mehr rezeptpflichtig. Da ich das Schmerzmittel schon seit Jahren eingenommen habe, musste ich mir das Mexalen, um meine Therapie weiter durchzuführen, privat bei der Apotheke kaufen. Darum ist es für mich unmöglich Rezepte dafür vorzulegen. Da mir vom Arzt gesagt wurde, ich solle mir die Mexalen in der Apotheke kaufen! Ob rezeptpflichtig oder nicht, Mexalen ist ein Schmerzmittel für meine Rückenschmerzen. Letzter Befund der Orthopädin liegt in Kopie bei.

4.) Unleserliches Rezept vom
Ich habe die Rechnung fotografiert und hoffe, dass der Beleg jetzt ausreichend zu lesen ist.

5.) Magnonorm:
Das Magnonorm nehme ich, da ich sonst Krämpfe in Händen und Füßen bekomme. Wenn die Tabletten aus sind, ich es übersehen habe zum Arzt zu gehen, oder ich auf Urlaub fahre, muss ich mir, da nur eine Packung verschrieben werden darf, das Magnonorm privat kaufen. Dabei ist es für mich das gleiche Medikament. Ersuche deshalb die privat gekauften Stück anzuerkennen.

6.) Atemschutzmasken:
Die Masken kaufte ich um Covid nicht zu bekommen, denn ich bin als Hochrisikopatient eingestuft und zwar wegen der Herzerkrankung und der Lungenerkrankung, deswegen finde ich, dass die Atemschutzmasken sehr wohl mit meiner Behinderung in Verbindung stehen. Ersuche deswegen, die Kosten anzuerkennen. Befunde der Lungenärztin und des Internisten liegen in Kopie bei.

7.) Falsche Rezepte:
Das Rezept lautend auf
B vom und das Rezept lautend auf Frau A vom , sind durch meine Unachtsamkeit zu den Belegen gekommen. Ich habe beide Damen ersucht, mir das aus der Apotheke mitzubringen und dabei hat die Apotheke die Medikamente auf das Konto der jeweiligen Dame verbucht und ich habe übersehen, dass die Rechnungen über das Konto der jeweiligen Dame verrechnet wurden.

8.) Insektenschutzmittel:
Die beiden Rechnungen habe ich leider zu den Apothekerrechnungen abgelegt. Sollte nicht anerkannt werden.

9.) Diphtherieimpfung:
Die Diphtherieimpfung wurde mir zur Vorsorge wegen meiner Herz - Lungenerkrankungen verabreicht.

10.) Dr. Böhm Ein/Durchschlaf Akut
Da starke Nebenwirkungen auf Schlafmittel auftraten, habe ich es einmal mit Dr. Böhm Ein/Durchschlaf Akut versucht, hatte leider eine sehr geringe Wirkung. Ich brauche Schlafmittel, weil ich auch in der Nacht Rückenschmerzen habe und sehr schlecht schlafe. Ersuche um Anerkennung.

11.) Folmit FTE
Da mir das Medikament Folsan 5mg ausgegangen war, wollte ich es mir privat in der Apotheke kaufen, aber leider war es kurzfristig nicht lieferbar. Darauf wurde mir Folmit FTE als Ersatz angeboten. Ersuche um Anerkennung.
Eine weitere Funktion der Folsäure ist die Reduktion von Homocystein zu Methionin. Homocystein wird zurzeit intensiv beforscht und mit einer Reihe von Zivilisations-Erkrankungen wie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung gebracht.

12.) Aspirin C Br. Tabl. + Otrivin Na Tropfen 0,05mg
Die Medikamente Aspirin C Br. Tabl. + Otrivin Na Tropfen 0,05mg nehme ich bei grippalen Infekten, wegen meiner Herz - Lungenerkrankungen. Ersuche um Anerkennung.

13.) Nasensprays:
Coldamaris Plus Na Spray, Ratio Na Spray und Coldises Na-Öl-Spray sind Kosmetika und gehören deswegen nicht anerkannt."

Nachdem diese Informationen dem Finanzamt zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme seitens des Richters übermittelt wurden, erfolgten hierzu folgende Ausführungen (Eingabe ):
Ad 1. Herzdiät:
Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom (Dok.6) wurde das Erfordernis einer Diät nicht festgestellt und geht ein solches auch aus dem Bescheid des Amts der Wiener Landesregierung vom (Dok.7) nicht hervor.
Der vom Bf. vorgelegte Behindertenpass vom enthält ebenfalls keinen Hinweis auf eine Diät (Dok.8, Seiten 1 und 2).
Das Erfordernis einer Diät wird somit erstmals in der sofortigen Beantwortung des BASB Landesstelle Wien vom (Dok.9) bzw. im Behindertenpass vom (Dok. 10, Seite 4) dokumentiert.
Diesbezüglich wird auch auf die Antwort des SMS vom (neu) betreffend Gutachtenanforderung hingewiesen. Darin wird bestätigt, dass der Bescheid von 1995 nach wie vor Gültigkeit hat.
Das Finanzamt anerkennt ein Diäterfordernis des Bf. daher erst ab 2022.

Ad 2. Direktan:
Ein Zusammenhang von Direktan mit der Behinderung des Bf. kann seitens des Finanzamtes nicht erkannt werden. Die Anerkennung aufgrund des vorgelegten Rezepts (158 Euro) kann daher nur unter der Kennzahl 730 erfolgen.

Ad 3. Mexalen:
Der angekündigte Befund der Fachärztin für Orthopädie wurde nicht vorgelegt. In den vorgelegten Befunden der Fachärzte für Innere Medizin bzw. Lungenkrankheiten aus dem Jahr 2022 scheint Mexalen nicht auf. Daher keine Anerkennung.

Ad 4. Unleserliches Rezept vom :
Aufgrund des nunmehr leserlichen Belegs werden 6,30 Euro zusätzlich unter der Kennzahl 476 anerkannt.

Ad 5. Magnonorm
Magnonorm ist rezeptpflichtig. Eine Packung enthält 30 Tabletten. Aus den vorliegenden Belegen geht hervor, dass teilweise auch mehrere Rezepte pro Monat ausgestellt wurden. Laut den vorgelegten Befunden des Facharztes für Innere Medizin aus 2022 wird 1 Tablette täglich benötigt.
Die Begründung des Bf. für zusätzliche Käufe erscheint daher nicht nachvollziehbar. Das Finanzamt spricht sich daher gegen die Anerkennung der 21,45 Euro aus.

Ad 6. Atemschutzmasken und 9. Diphterieimpfung:
Schutzmasken und Impfungen dienen der Vorbeugung und sind daher nicht absetzbar.

Ad 7. Falsche Rezepte, 8. Insektenschutzmittel und 13. Nasensprays:
Laut Bf. erfolgte die Vorlage der Belege irrtümlich. Eine Anerkennung hat nicht zu erfolgen.

Ad 10. Dr. Böhm, 11. Folmit und 12. Aspirin-C-Brause sowie Otrivin Nasentropfen:
Dazu gibt es jeweils keine Verordnung. Die Aufwendungen werden daher nicht anerkannt.

Mit Auskunftsersuchen vom an das Sozialministerium Service - Landesstelle Wien - ersuchte der zuständige Richter um Ausführungen zur strittigen Diätverpflegung.
Könne davon ausgegangen werden, dass die Diätverpflegung bereits für das Jahr 2020 bestanden hätte?

Mit Eingabe vom übermittelte das Sozialministerium Service hierzu folgende Darstellungen:
"Mit Erlass vom , Zl. 2020-0.160.856, wurde festgestellt, dass die Zusatzeintragung "D3" im Behindertenpass auch bei Vorliegen von Herzerkrankungen bzw. Hypertonie vorgenommen werden kann. Laut "Sofortiger Beantwortung" vom liegt die Herzerkrankung seit dem Jahr 1999 vor, jedoch ist eine rückwirkende Bestätigung vor dem Jahr 2020 nicht möglich."

Auch dieses Schreiben wurde der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt. Mit Eingabe vom wurde bekanntgegeben, dass es hierzu keine weitere Stellungnahme geben werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist im Ausmaß von 100% behindert (Coronare Herzkrankheit mit abgelaufenen diaphragmalen Herzinfarkt - 50%; Degenerative Veränderung der Wirbelsäule - 20%; Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks - 30%).
Ein Großteil der strittigen Medikamente und die Diätverpflegung stehen im Zusammenhang mit der genannten Herzkrankheit.

Der Beschwerdeführer hat infolge seiner koronaren Herzkrankheit zumindest seit dem Jahr 1999 eine Krankendiätverpflegung (D3) zu beachten.
Anzumerken ist hierzu, dass die pauschalen Mehraufwendungen für Diätverpflegung ausschließlich im Jahr 2020 seitens der belangten Behörde nicht berücksichtigt wurden. In den Jahren davor wurde dieser Betrag berücksichtigt.

Die belangte Behörde verweigerte diese Anerkennung, da es diesbezüglich erst ab dem Jahr 2022 eine Bestätigung des Sozialministerium Service gibt.
Hierzu ist allerdings anzumerken, dass eine derartige Eintragung in den Behindertenpass offensichtlich in früheren Jahren nicht üblich war.
Dass diese Diätverpflegung allerdings bereits in früheren Jahren von Relevanz war, geht aus verschiedenen Schreiben hervor (siehe Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung).

Dass dem Beschwerdeführer der Pauschbetrag für KFZ sowie der Freibetrag wegen eigener Behinderung zu gewähren ist, steht ebenfalls außer Streit.

Im Rahmen der Beweiswürdigung wird festzustellen sein, welche der angeführten Medikamente in unmittelbarem Zusammenhang mit der genannten Behinderung zu sehen sind.
Hier wird vor allem auch auf entsprechende Verordnungen zu achten sein.

Beweiswürdigung

Der Grad der Behinderung (100%) ist dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom zu entnehmen und steht außer Streit.
- Myocardinfarkt mit Stenocardie
- Bandscheibenvorfall
- Seitenbandveränderung im Bereich des rechten Knies

Im neuen Behindertenpass vom wird der Grad der Behinderung mit 100% sowie Diätverpflegung "D3" bescheinigt.

Dass der Beschwerdeführer eine Diätverpflegung einhalten muss, geht einerseits aus der Sofortigen Beantwortung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom hervor. Hierin wird dargelegt, dass die Diät aufgrund der koronaren Herzkrankheit nach aortakoronärer Bypassoperation seit 1999 gegeben ist.
Dass die Diät bereits seit dem Jahr 1999 zu beachten ist, geht weiters aus dem Schreiben des Sozialministerium Service vom hervor. Darin wird auch angemerkt, dass die Zusatzeintragung (Anmerkung Richter: in den Behindertenpass) "D3" nicht vor 2020 möglich war - allerdings liegt die begründende Herzerkrankung bereits seit dem Jahr 1999 vor.

Im Befundbericht vom (Facharzt für Innere Medizin) wurden verschiedene Medikamente zur Behandlung der Beschwerden (iZm Behinderung) aufgelistet (Atorvastatin, Nexium, Fositens, Fosinopril, Folsan, Canemes, Concor, Magnonorm, Eliquis).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 35 Abs. 1 und 2 EStG 1988 lautet:
Abs. 1: Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

Abs. 2: Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

§§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 lauten:
§ 1 Abs. 1: Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Abs. 2: Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

Abs. 3: Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2 Abs. 1: Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.

Abs. 2: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Erwägungen

Nach dem festgestellten Sachverhalt litt der Beschwerdeführer im Streitjahr 2020 (und auch in den Jahren davor) unter einer Behinderung, die zu einer Erwerbsminderung von 100% führte. Außerdem war der Beschwerdeführer gezwungen, im Zusammenhang mit dieser Behinderung eine Diätverpflegung für Magen- oder andere innere Krankheit einzuhalten.

Die strittige Diätverpflegung wurde jedenfalls bereits in zahlreichen vorherigen Einkommensteuerbescheiden berücksichtigt.
Da es keine Anmerkungen diesbezüglich gibt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass hierfür der Bescheid aus dem Jahr 1995 maßgeblich war - Behindertenbescheinigung im Ausmaß von 100%.
Es ist also unzweifelhaft davon auszugehen, dass die Herzkrankzeit die Diätverpflegung verursacht hat und diese besteht bereits seit vielen Jahren (zumindest seit 1999 - Bypassoperation).

Der Beschwerdeführer hat iSd § 1 Abs. 1 VO BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 durch eigene körperliche Behinderung im Ausmaß von 100% (siehe § 1 Abs. 2 VO BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010) Mehraufwendungen zu tragen.

Neben dem bereits im angefochtenen Bescheid - unstrittig - zuerkannten Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 ist dem Beschwerdeführer daher der beantragte pauschale Freibetrag für Diätverpflegung für Magenkrankheit und andere innere Erkrankungen gemäß § 35 Abs. 7 EStG 1988 iVm § 1 und § 2 Abs. 1 3. Teilstrich der VO BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 in Höhe von monatlich 42 Euro zuzuerkennen.
Der Zusammenhang mit der bescheinigten Behinderung war im streitgegenständlichen Zeitraum zwar noch nicht im Behindertenpass eingetragen - dies war damals noch nicht möglich - der Zusammenhang geht aber aus den vorhin genannten Unterlagen und Bescheinigungen unzweifelhaft hervor.

Nach der Literatur kann der Nachweis der Notwendigkeit zur Einhaltung einer Krankendiätverpflegung im Sinne des § 2 Abs. 1 der o.a. Verordnung über außergewöhnliche Belastungen neben der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auch durch eine ärztliche Bestätigung der verordneten Diät erfolgen. Das Erfordernis der Einnahme einer Diät bzw. das Vorliegen von diesbezüglichen Mehraufwendungen dem Grunde nach ist auf geeignete Weise (z. B. ärztliche Bestätigung der verordneten Diät) nachzuweisen (vgl. Doralt, EStG11, § 35 Tz 12; Jakom/Baldauf EStG, 2010, § 35 Rz 23). Dieser Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung jener Umstände, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt wird, obliegt in erster Linie dem Steuerpflichtigen (vgl. z.B. ).

Dieser Nachweis ist nach Ansicht des erkennenden Richters zweifelsfrei gelungen.

Die Eintragung in den Behindertenpass ist nach Ansicht des erkennenden Richters bloß deklarativ, keinesfalls aber rechtsbegründend.

Zu den übrigen Aufwendungen für Medikamente ist im Wesentlichen den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen.

Auf die Beurteilung der Aufwendungen im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt wird hier nicht im Detail eingegangen, da diese Aufwendungen nach Abzug der Aufwendungen ohne Selbstbehalt, den gesetzlichen Selbstbehalt von ca. 2.400,00 € nicht überschreiten würden.

Im Vorlageantrag hat der Beschwerdeführer außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit seiner Behinderung (also ohne Selbstbehalt) in Höhe von 1.648,38 € aufgelistet.
Die belangte Behörde hat diese Belastung mit 575,20 € beziffert.

Um Wiederholungen zu vermeiden, ist hier auf die ausführliche Stellungnahme der belangten Behörde im Vorlagebericht zu verweisen.
Aufwendungen für Medikamente, für welche keine Verordnung vorliegt, sind demnach nicht dem Bereich der behinderungsbedingten Aufwendungen zuzuordnen, auch dann nicht, wenn diese allenfalls doch behinderungsbedingte Schmerzen lindern können.
Keinesfalls zu berücksichtigen sind Aufwendungen für vorbeugende Maßnahmen. Der maßgeblichen Rechtsprechung ist klar zu entnehmen, dass nur Aufwendungen zur Krankheitsbehandlung und nicht zur Vorbeugung/Vermeidung von Krankheiten als außergewöhnliche Belastungen einzustufen sind.

Keine außergewöhnliche Belastung sind demnach Aufwendungen für die Erhaltung bzw. Vorbeugung der Gesundheit (vgl. ; ; ). Aber auch Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen könnten (vgl. ).

Nach weiterer Sachverhaltsermittlung des erkennenden Richters - vor allem die Darstellung des Beschwerdeführers im Schreiben vom - sind abweichend von der Berechnung der belangten Behörde noch folgende Positionen zu berücksichtigen:
< a.g.B. ohne Selbstbehalt lt. Berechnung belangte Behörde: 575,20 €
+ unleserlicher Beleg wurde korrigiert: 6,30 €
+ Medikament Magnonorm (Darstellung des Beschwerdeführers hierzu ist jedenfalls glaubwürdig: 21,45 €
< a.g.B. ohne Selbstbehalt lt. Erkenntnis Bundesfinanzgericht: 602,95 €.

Mangels steuerlicher Auswirkungen wird bei den außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt der Betrag der belangten Behörde übernommen (695,71 €). Der gesetzliche Selbstbehalt würde auch bei Anerkennung aller beantragten Aufwendungen nicht überschritten werden.

In Anbetracht dieser Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Frage, ob behinderungsbedinge Mehraufwendungen vorliegen, handelt es sich um eine Sachfrage, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu beantworten ist. Mangels Rechtsfrage (von grundlegender Bedeutung) war die Revision nicht zuzulassen.

Beilage:

Berechnungsblatt Einkommensteuer 2020

Wien, am

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