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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.01.2023, RV/1100562/2018

Anwendung der (verlängerten) Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., B-Straße-xx, Gde X, vertreten durch die XY Wirtschaftstreuhand GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, R-Straße-xy, GDe Y, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes X (nunmehr: Finanzamt Österreich), S-Straße-zz, Gde X, vom bzw. vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 bis 2012 sowie Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2008 bis 2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) hat in den gesetzlich verpflichteten neun Schuljahren die Volks- und Sonderschule besucht, hat in der Folge diverse Jobs ausgeübt und war schließlich nach Erlangung des Lkw-Führerscheines 15 Jahre lang als Lkw-Fahrer im Nahverkehr für ein Liechtensteinisches Unternehmen (TT AG, Ge N, K-Straße-nn) tätig.

Nach einem im Jahr 2002 erlittenen Herzinfarkt (verbunden mit stressbedingten sonstigen gesundheitlichen Störungen und immer wiederkehrenden medizinischen Behandlungen) bezog er in den Beschwerdejahren neben einer Pension der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt (Pensionsbezug aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension, seit bis laufend) auch Invaliden- bzw. Kinderrenten von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung-Invalidenversicherung-Familienausgleichskasse [kurz: AHV-IV-FAK; 2008: 5.472,92 € (8.820,00 CHF), 2009: 6.050,90 € (9.276,00 CHF), 2010: 7.527,19 € (10.548,00 CHF), 2011: 10.134,61 € (12.682,15 CHF), 2012: 11.287,50 € (13.812,00 CHF)], von der schweizerischen Invalidenversicherung (Schweizer Ausgleichskasse SAK in Genf) sowie von der betrieblichen Vorsorge (AXA Stiftung Betriebliche Vorsorge, Fürstentum Liechtenstein - AXA Winterthur).

Auf Grund der durch die steuerliche Vertretung des Bf. eingebrachten, mit entsprechenden Beilagen (berichtigte Steuererklärungen 2008 bis 2016; Bestätigung der Schweizer Ausgleichskasse vom über die Höhe der in den Jahren 2007 bis 2017 bezogenen Leistungen; Bestätigungen der AXA Winterthur vom , , , und vom über die Höhe der in den Jahren 2008 bis 2016 bezogenen Leistungen) versehenen Selbstanzeige ("Offenlegung ausländischer Einkünfte") betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2016 vom (bei der Abgabenbehörde am per Post eingebracht) wurde der Abgabenbehörde bekannt, dass der Bf. die an ihn ausgerichteten Leistungen der Schweizer Ausgleichskasse (2008: 7.632,00 CHF, 2009: 7.860,00 CHF, 2010: 9.730,00 CHF, 2011: 10.704,00 CHF, 2012: 11.112,00 CHF) und der AXA Winterthur (2008, 2009: 16.718,00 CHF, 2010: 19.039,65 CHF, 2011: 20.695,80 CHF, 2012: 22.290,00 CHF) nicht in seine Einkommensteuererklärungen aufgenommen hatte und diese demzufolge nicht der Besteuerung unterworden wurden.

Dieser Selbstanzeige und den nachgereichten Unterlagen entsprechend nahm das Finanzamt mit Bescheiden vom bzw. ua. auch die Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2012 wieder auf und erließ - unter zusätzlicher Berücksichtigung der Leistungen der Schweizerischen Invalidenversicherung (Schweizer Ausgleichskasse) und der betrieblichen Vorsorge der AXA Winterthur - neue Einkommensteuerbescheide für diese Jahre (datiert ebenfalls mit bzw. ). Dabei ging es im Hinblick auf die gegenständlichen Wiederaufnahmen davon aus, dass die (verlängerte) Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 207 Abs. 2 BAO anzuwenden sei. Dass ein Steuerpflichtiger gutgläubig der Auffassung sei, die zusätzlich zu seiner inländischen Pension erzielten ausländischen Pensionseinkünfte aus der Schweiz (konkret von der Schweizerischen Ausgleichskasse und von der AXA Winterthur) seien in Österreich steuerfrei und müssten nicht einmal in den Steuererklärungen angegeben werden, sei realitätsfremd. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei regelmäßig anzunehmen, dass derjenige, der über ausländische Einkünfte verfüge, auch von deren Steuerpflicht in Österreich Kenntnis habe. Davon müsse im konkreten Fall insbesondere deshalb ausgegangen werden, da der Bf. die Invalidenrente, welche er von der AHV Liechtenstein bezogen habe, im Zuge der Einreichung der Steuererklärungen offengelegt habe. Durch die Nichterklärung der ausländischen Pension aus der Schweiz in den vergangenen Jahren sei es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen worden, dass dadurch Abgaben hinterzogen wurden. Im Hinblick auf den vorliegenden (bedingten) Vorsatz sei eine Abgabenhinterziehung als erwiesen anzunehmen und sei die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren anzuwenden [vgl. die diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in der (zusätzlichen) Bescheidbegründung (Verf67) vom ].
Auf Grund der aus den (neuen) Einkommensteuerbescheiden vom bzw. resultierenden Nachforderungen in Höhe von 6.340,93 € (2008), 6.536,49 € (2009), 8.603,79 € (2010), 11.131,00 € (2011) sowie 11.533,00 € (2012) wurden dem Bf. mit Bescheiden vom bzw. außerdem Anspruchszinsen für die Jahre 2008 bis 2012 in Höhe von 603,79 € (2008), 591,41 € (2009), 727,99 € (2010), 846,32 € (2011) sowie 785,13 € (2012) vorgeschrieben.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung im Auftrag des Bf. gegen die obgenannten Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2012 vom bzw. das Rechtsmittel der Beschwerde, wandte sich gegen den Beschwerdepunkt "Verjährung", beantragte die angefochtenen Bescheide aufzuheben und außerdem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO und führte dazu begründend unter Vorlage diverser Beilagen (I. Nervenfachärztliches Gutachten von Dr. med. XX vom ; II. Dekurs des Landeskrankenhauses X vom ; III. Information der AHV; IV. Schreiben der Schweizerische Eidgenossenschaft; V. Bestätigung der AXA Winterthur alt; VI. Bestätigung der AXA Winterthur neu) Folgendes (wörtlich) aus:
""In den wiederaufgenommenen ESt-Bescheiden 2008-2012 wurde als Begründung für die 10-jährige Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO der Hinterziehungsvorsatz unterstellt.
Dieser Vorsatz wird entschieden in Abrede gestellt. In objektiver Hinsicht ist es richtig, die Einkünfte aus der Schweiz und aus Liechtenstein der Besteuerung im Wohnsitzstaat also Österreich zu unterwerfen.
In subjektiver Hinsicht ist es unserem Mandanten aber nicht vorwerfbar, da es für ihn nicht verständlich war, dass, wenn diese Zahlungen steuerpflichtig sind, diese nicht automatisch dem Finanzamt gemeldet werden.
Den Hinterziehungsvorsatz muss die Behörde nachweisen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, es sei realitätsfremd, dass ein Steuerpflichtiger gutgläubig der Auffassung sei, die zusätzlich zu seiner inländischen Pension erzielten ausländischen Pensionseinkünfte aus der Schweiz seien in Österreich steuerfrei und müssten nicht einmal in der Steuererklärung angegeben werden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei regelmäßig anzunehmen, dass derjenige, der über ausländische Einkünfte verfügt, auch von deren Steuerpflicht in Österreich Kenntnis habe. Davon müsse im gegenständlichen Fall insbesondere ausgegangen werden, da der Steuerpflichtige die Invalidenrente, welche von der AHV Liechtenstein bezogen werde, im Zuge der Einreichung der Steuererklärungen offengelegt worden sei. Durch die Nichterklärung der ausländischen Pension aus der Schweiz in den vergangenen Jahren, sei es zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen worden, dass dadurch Abgaben hinterzogen worden seien.
Wie in der Selbstanzeige vorgebracht und im Gutachten festgehalten
(siehe auch Anamnese Beilage I), besuchte Bf zwei Jahre die Volkschule und kam dann auf eine Sonderschule, in der er die neun Pflichtschuljahre absolvierte. Er versuchte in verschiedenen Branchen Arbeit zu finden, erlernte aber keinen Beruf. Nach einigen Jahren machte er den Lastwagenführerschein und war 15 Jahre als Lkw-Fahrer im Nahverkehr bei einer Liechtensteiner Firma (TT AG, N) tätig. Bf ist verheiratet und hat drei Kinder. 2002 erlitt Bf einen Herzinfarkt. Durch diese Krankheit war die physische und psychische Belastung so enorm, dass er immer wieder in ärztlicher und klinischer Behandlung war und ihm in weiterer Folge die Invaliditätspension zuerkannt wurde. Bf hat die Einkommensteuererklärungen bis einschließlich 2016 ohne steuerliche Vertretung abgegeben.
Dass die Versicherungsleistungen aus der schweizerischen und liechtensteinischen Invalidenversicherung sowie der liechtensteinischen betrieblichen Vorsorge aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit als Entgelt gelten und er diese als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich versteuern hätte müssen, war ihm nicht bewusst.
Eine Unterscheidung, welche Versicherungsleistungen steuerfrei im Sinne des § 3 EStG sind und welche im Gegensatz dazu als steuerpflichtige Leistungen zu verstehen sind, ist sehr schwierig. Dies zeigt sich auch in den Urteilen, die in Österreich in den vergangenen Jahren ergangen sind. In diesen ähnlich gelagerten Fällen wurden die Sachverhalte von den Rechtsunterworfenen ebenfalls anders subsumiert, als die österreichische Rechtsprechung in Folge judizierte. Die Schwierigkeit liegt in der Textierung der verschiedenen Staaten. Unfallrente, Invalidenrente, uä. werden in verschiedenen Staaten, trotz gleicher Amtssprache, unterschiedlich ausgelegt. In der Berufungsentscheidung des UFS
Feldkirch vom ging es um die Unterscheidung der Schweizer Invalidenrente und einer inländischen Unfallrente, welche gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG steuerfrei zu behandeln ist. In diesem Urteil wird in der rechtlichen Würdigung dezidiert darauf eingegangen, dass eine österreichische Versehrtenrente nach dem ASVG dem Ausgleich des durch die unfallbedingte oder krankheitsbedingte Erwerbsminderung eintretenden Schadens dienen soll. Bf hat den Herzinfarkt aufgrund der sehr anstrengenden Arbeit erlitten und wurde somit durch eine Krankheit, ausgelöst durch die Arbeit, arbeitsunfähig. Daher ist es ihm bis jetzt nicht klar, warum diese Einkünfte nicht wie die österreichische Versehrtenrente gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG steuerfrei zu belassen sind. Im dargelegten Urteil wird in Folge näher auf die verschiedenen Systeme in der Schweiz (ähnlich dem Liechtensteiner Modell) und in Österreich eingegangen. Es wird ausgeführt, dass es sich in Österreich um eine Art Schadenersatz und daher - Steuerfreiheit - und in der Schweiz um eine Art Lohn/Gehaltsersatz und daher - Steuerpflicht - handelt. Diese Differenzierung ist für einen Laien nicht erkennbar.
Selbst der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom , 2009/15/0069, aus, dass gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, steuerbefreit sind.
Für die Überprüfung der Gleichartigkeit der ausländischen Bezüge mit den inländischen steuerbefreiten Bezügen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, wären diese aus dem Ausland bezogenen Geldleistungen jenen gegenüberzustellen, die beim konkret gegeben Sachverhalt aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung zu gewähren gewesen wären.
Es kann
Herrn Bf als Rechtsunterworfenen nicht angelastet werden, sich bei dieser schwierigen Rechtsfrage betreffend die Beurteilung der Steuerpflicht seiner Invalidenrente geirrt zu haben.
Es war ihm nicht bewusst, dass er diese Leistungen der Finanzbehörde selbständig melden muss.
Bf bezog in der Schweiz und in Liechtenstein in Summe drei Invalidenrenten. Bf ist, wie von einigen Gutachtern attestiert, weder belastbar - aufgrund seiner Erkrankung - noch kann ihm aufgrund seines Bildungstandes zum Vorwurf gemacht werden, dass er solch komplexe steuerrechtliche Vorgänge hätte verstehen können. Bf besuchte lediglich zwei Jahre Volksschule und danach eine Sonderschule. Er hat keinen erlernten Beruf (Beilage I).
Es kann also durchaus sein, dass das Verhalten des Steuerpflichtigen realitätsfremd ist und dass es nicht der regelmäßigen Lebenserfahrung entspricht, aber wie es in der Beschwerdebegründung heißt, hat der Steuerpflichtige die Zahlungen gutgläubig erhalten und eben nicht versteuert, weil er es nicht besser wusste. Der bedingte Vorsatz setzt aber voraus, dass er dies zumindest für möglich gehalten hat und billigend in Kauf genommen wurde.
Bf hat es aber nicht für möglich gehalten und sich damit abgefunden, da es ihm nicht bewusst war. Der Tatbestand der Abgabenhinterziehung ist sohin nicht erfüllt.
In der Entscheidung , wird in den Entscheidungsgründen genauestens darauf eingegangen, wann der Vorsatz der Abgabenhinterziehung erfüllt ist. Hier heißt es unter anderem, (wie der Verwaltungsgerichtshof auch im Erkenntnis vom , 97/15/0056 ausgeführt) die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuerpflicht kann jedenfalls bei einer intellektuell durchschnittlich begabten Person vorausgesetzt werden. Im vorliegenden Fall kann man aber gerade
nicht von einer intellektuell durchschnittlich begabten Person ausgehen. Weiters heißt es, von der Judikatur werden an die Wissenskomponente keine allzu strengen Maßstäbe angelegt. Demnach genügt es für den Hinterziehungsvorsatz des § 33 FinStrG, wenn der Bürger eine grundsätzliche Steuerpflicht seiner Zusatzeinkünfte ernstlich für möglich hält. Bf hat dies aber nicht für möglich gehalten, er hat den Tatbestand nicht als solchen erfasst.
Wie bereits ausgeführt, handelte der Steuerpflichtige ohne Vorsatz. Von einer Person dieses Bildungsniveaus und der zusätzlichen Belastung der schweren Krankheit (bis dato zweimaliger Herzinfarkt), kann nicht verlangt werden, dass sie sich im grenzüberschreitenden Steuerrecht derart gut auskennt, dass sie weiß, ob und wann eine Versicherungsleistung steuerfrei oder steuerpflichtig ist und wie hiervon etwaige Steuern abgezogen, vorgeschrieben oder selbst zu melden sind.
Auf den jährlichen Informationen der Liechtensteiner AHV
(Beilage III) steht ganz oben im Betreff:
"Steuerbescheinigung für den Zeitraum XY". Aus dieser Titulierung hat
Bf erkennen können, dass es sich hiebei um ein Schreiben handelt, welches etwas mit Steuern zu tun hat. Im Gegensatz dazu findet sich ein solcher Passus auf den Schreiben der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Beilage IV) nicht. Auf den Bestätigungen der AXA Winterthur findet man den entsprechenden Hinweis "(für Steuerzwecke verwenden)" erstmals im Jahr 2011 für das Jahr 2010 (Beilagen V und VI). Da Bf diesen Beisatz aber auf den vorhergehenden Unterlagen nicht hatte, wurden die Unterlagen nur gesammelt und nicht genauer durchgesehen.
Bf ist zum damaligen Zeitpunkt nachweislich in körperlich, seelischer und psychischer sehr schlechter Verfassung gewesen (Beilage II). Es kann ihm daher unter Berücksichtigung aller Umstände nicht vorgeworfen werden, dass er eine Abgabenhinterziehung zumindest für möglich gehalten haben könnte und sich mit dieser abgefunden habe. Es lag nicht in seinem Kenntnisstand.""

Das Finanzamt wies in der Folge die in Rede stehenden Beschwerden betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2008 bis 2012 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2012 mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab; auf die entsprechenden Ausführungen der Abgabenbehörde in der entsprechenden Bescheidbegründung wird an dieser Stelle verwiesen.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung im Auftrag des Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht und verwies dabei begründend auch das oben dargestellte Beschwerdevorbringen.

Das Finanzamt legte in der Folge - wie auch dem Bf. mitgeteilt wurde - die im Spruch genannten Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom verwies die Abgabenbehörde auf ihre Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Nach Ladung der Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens zur beantragten mündlichen Verhandlung am zog die steuerliche Vertretung des Bf. nach vorheriger telefonischer Ankündigung ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom zurück und brachte (wörtlich) unter Vorlage entsprechender Beilagen (Schreiben der Schweizer Ausgleichskasse vom , Schreiben der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung vom , Schreiben der AXA Winterthur vom ) noch Nachstehendes vor:

""Unser Mandant, Bf, ist gesundheitlich nicht in der Lage, an dieser Verhandlung teilzunehmen. Seine psychische Verfassung ist sehr schlecht, zudem vergisst er in letzter Zeit immer häufiger Sachen, leider verweigert er aber, einen Arzt aufzusuchen, was natürlich für die gesamte Familie eine zusätzliche Belastung darstellt.

1. Dispositionsfähigkeit

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird noch ergänzend ausgeführt und bzw. zur Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdevorentscheidung durch die Behörde korrigierend ausgeführt:
Die Behörde stellte fest, es sei für sie nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer, da er als LKW-Fahrer tätig war und mit seiner Familie in einer fremdfinanzierten Eigentumswohnung bzw. Haus lebte, intellektuell nicht in der Lage gewesen wäre, die grundsätzlichen Angelegenheiten des täglichen Lebens, auch auf finanziellem Gebiet, selber zu erledigen. So bediente er sich etwa für die Erstellung seiner Steuererklärung keines steuerlichen Vertreters, sondern nahm diese selber vor.
Dies trifft nicht zu; unser Mandant Bf wäre intellektuell nicht in der Lage, seine Steuererklärung selber durchzuführen, alleine sinnerfassendes Lesen ist nicht möglich und fällt ihm besonders schwer. Die Lenkerberechtigung der Klasse C wurde vor beinahe 40 Jahren abgelegt, damals wurde die Prüfung mündlich durchgeführt, die Prüfung am Computer wurde erst 1998 eingeführt.
De facto wurden die Steuererklärungen vom Versicherungsvertreter der Familie mit den Zugangsdaten von
Herrn Bf erstellt und eingereicht, da der Versicherungsvertreter kein befugter steuerlicher Vertreter ist, verfügt dieser natürlich nicht über einen eigenen Zugangs um die Daten seiner Klienten zu übermitteln.
Sämtliche finanziellen, administrativen und steuerlichen Angelegenheiten werden von
Frau Bf abgewickelt, sie übergibt und Übergab dem Versicherungsvertreter die notwendigen Unterlagen und Onlinezugänge. Hierzu kann Frau Bf auch gerne als Zeugin einvernommen werden.
Frau Bf übergab die Bestätigungen der AHV Liechtenstein dem Versicherungsvertreter, da diese mit der Post dem Steuerpflichtigen jährlich zugestellt wurden.
Für die Bezüge aus der Schweiz wurden keine Bestätigungen ausgestellt, man hat erst nach einigen Jahren erfahren, dass man sich diese
online herunterladen kann bzw. muss, auch dies wird von Frau Bf erledigt, da ihr Gatte Bf hierzu nicht in der Lage wäre. Er kann einfache Internetseiten wie z.B. YouTube bedienen, aber keine Versicherungs- und/oder Bankseiten, bei denen man sich mit Passwörtern, Pin- und/oder TAN-Codes einloggen müsste.
Die Pensionen sowohl der AHV Liechtenstein als auch die zwei Pensionen aus der Schweiz werden auf das Konto von
Herrn Bf in Liechtenstein überwiesen; bei diesem Konto ist Frau Bf ebenfalls zeichnungsberechtigt. Es existiert eine Bankomatkarte für dieses Konto. Sämtliche Überweisungen der Familie Bf werden aber über das Österreichische Bankkonto getätigt, von dem Konto in Liechtenstein wurde und wird nur mittels der Bankomatkarte Geld abgehoben, Kontoauszüge wurden damals (vor der Selbstanzeige) keine erstellt, dies wäre mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen, die man nicht ausgeben wollte.
Frau Bf hatte über die zwei weiteren Schweizer Bezüge keine Kenntnis. Dass die Invalidenpension ihres Ehegatten von drei unterschiedlichen bezugsauszahlenden Stellen stammt, war ihr bis Ende 2017 bzw. Anfang 2018 nicht bekannt.
Erst zu diesem Zeitpunkt hat sie "nachgeforscht" und über die Daten der Bank bei den bezugsauszahlenden Versicherungen die Onlinezugänge für die Bestätigungen beantragt. Dies ist auch aus den Beilagen 1 - 3 ersichtlich.
Beilage 1 (Beilage IV. der Bescheidbeschwerde) mit dem
Datum vom wurden Herrn Bf bestätigt, welche Bezüge er aus der Schweizerischen Invalidenversicherung bezieht.
Beilage 2 - Bestätigung der AHV über die Bezüge von 2008 bis 2016, auch diese Bezüge hat sich
Frau Bf nochmals bestätigen lassen, obwohl diese jährlich zugesandt werden.
Beilage 3 - Bestätigung der AXA Winterthur z.B. für das Veranlagungsjahr 2010, diese Bestätigungen hat sich
Frau Bf mit dem Onlinezugang nachträglich für die jeweiligen Jahre heruntergeladen.
Die Behörde geht davon aus, dass es als allgemein bekannte Verpflichtung gilt, dass, wer einen inländischen Wohnsitz hat und ausländische Einkünfte bezieht, diese dem Wohnsitzfinanzamt offenzulegen hat. Die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen der Einkommensteuerpflicht kann bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen vorausgesetzt werden (vgl. z.B. BFG Feldkirch vom , RV/1100256/2013-RS1).
Dieser Aussage der Behörde kann nicht unwidersprochen gefolgt werden. Es war unserem Mandanten bzw. eigentlich seiner Ehegattin, welche die steuerlichen Agenden der Familie zur Gänze erledigt hat, klar, dass eine grundsätzliche Steuerpflicht besteht, aus diesem Grund hat sie auch die Einkünfte aus Liechtenstein, für welche eine Bestätigung ausgestellt wurde, dem Versicherungsvertreter übergeben.

2. Wissenskomponente - Allgemeinwissen

Auf Grund der intellektuellen Minderbegabung unseres Mandanten ist er und auch seine Ehegattin davon ausgegangen, damit alles Erforderliche getan zu haben. Die Existenz von weiteren Einnahmen waren wie ausgeführt der Ehegattin nicht bekannt, weil hierfür keine Jahresbestätigungen ausgestellt wurden. Es wurden keine Kontoauszüge vom Konto der Bank in Liechtenstein erstellt, aus welchen man dies eventuell hätte ableiten können.
Die Behörde führt weiter aus, dass die Angaben bzw. Behauptungen des Beschwerdeführers in der Selbstanzeige und der Bescheidbeschwerde unglaubwürdig erscheinen und es sich um offenkundige Schutzbehauptungen handle und geht davon aus, dass der Beschwerdeführer, wenn er Zweifel an der steuerlichen Beurteilung gehabt hätte oder er nicht in der Lage gewesen wäre, eine solche eigenständig vorzunehmen, er die steuerliche Beurteilung abklären hätte lassen müssen. Dies hat er auch getan, aber bei einem ihm vertrauten Versicherungsvertreter und nicht bei einer steuerlichen Vertretung.
Hieraus kann unserem Mandanten
kein vorsätzliches Vorgehen unterstellte werden, auch kein bedingter Vorsatz. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus, die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (Ritz, BA06, § 207 Tz 15 mwN).
Im Erkenntnis des BFG Außenstelle Innsbruck vom , GZ. RV/3100310/2018, führt die Richterin in einem ähnlichen Sachverhalt aus, dass die Behörde bzw.
das Finanzamt einen ausreichenden Nachweis dafür erbringen muss, dass es sich bei den Ausführungen tatsächlich um bloße Schutzbehauptungen handelt.
Der Vorsatz iSd § 8 Abs. 1 FinStrG, welcher die Voraussetzung für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist darstellt, verlangt, dass der Täter einen Sachverhalt verwirklichen
will. Was gewollt ist, muss aber immer, und wenn auch nur am Rande des Bewusstseins, vorgestellt sein. Der Vorsatz umfasst daher neben dem Wollen auch das Wissen (Reger/Nordmeyer/Hacker/Kuroki, FinStrG Bd. 14, § 8 Tzen 1f).
Die Behörde lastet unserem Mandanten an, dass er das Eintreten der Abgabenverkürzung ernsthaft für möglich hält und sich damit abfindet, sohin geht die Behörde beim gegebenen Sachverhalt zumindest von einem bedingten Vorsatz im Sinne des § 8 Abs. 1 2. Satz FinStrG aus.
Dies bedeutet, dass unser Mandant - was das "Wissen" betrifft - es "ernstlich für möglich gehalten" haben muss, durch das Unterlassen der Erklärung der Schweizer Einkünfte in Österreich eine Abgabenhinterziehung zu begehen.
Es reicht nicht, dass er dies hätte "wissen können" oder "wissen müssen" (Reger/Nordmeyer/Hacker/Kuroki, FinStrG Bd. 14, § 8 Tzen 4f; vgl. GZ. RV/3100310/2018).
Im vorliegenden Sachverhalt kann genau diese
erforderliche Wissenskomponente meinem Mandanten nicht unterstellt werden. Es entspricht viel mehr dem Allgemeinwissen und der Lebenserfahrung, dass Personen, die über keine besonderen steuerlichen Kenntnisse verfügen, für gewöhnlich den Steuerabzug im Quellen-/Tätigkeitsstaat annehmen und dass damit jegliche Steuerpflicht im Zusammenhang mit den zugrundeliegenden Einkünften erfüllt ist. Mangelnde Kenntnisse im Internationalen Steuerrecht seien ihm auf Grund seiner Schulbildung nicht vorwerfbar.
Das BFG hat in seinem Erkenntnis GZ. RV/300310/2018 vom ausdrücklich darf hinwegwiesen, dass es gerade
nicht mehr unter "Allgemeinwissen" fällt, dass z.B. eine weitergehende Erfassung von ausländischen Einkünften in Österreich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu erfolgten hatte. Es entspricht viel mehr der Lebenserfahrung, dass Personen, die über keine besonderen steuerlichen Kenntnisse verfügen, für gewöhnlich im Fall eines Steuerabzuges im Quellen-/Tätigkeitsstaat annehmen, dass damit jegliche Steuerpflicht im Zusammenhang mit den zugrundeliegenden Einkünften erfüllt sei.
Da wie ausgeführt davon auszugehen ist, dass die Ehegattin nichts von den zwei Schweizerischen Bezügen gewusst hat, wäre aber trotz alledem eine Unterscheidung, welche Versicherungsleistungen steuerfrei im Sinne des § 3 EStG sind und welche im Gegensatz dazu als steuerpflichtige Leistungen zu verstehen sind, eine sehr schwierige, deren unrichtige Lösung weder dem Gatten noch der Gattin vorwerfbar wäre.
Dies zeigt sich auch in den Urteilen, die in Österreich in den vergangenen Jahren ergangen sind. In diesen ähnlich gelagerten Fällen wurden die Sachverhalte von den Rechtsunterworfenen ebenfalls anders subsumiert, als die österreichische Rechtsprechung in Folge judizierte. Die Schwierigkeit liegt in der Textierung der verschiedenen Staaten. Unfallrente, Invalidenrente, uä. werden in verschiedenen Staaten, trotz gleicher Amtssprache, unterschiedlich ausgelegt.
In der Berufungsentscheidung des UFS Feldkirch vom , GZ. RV/0506-F/08, ging es um die Unterscheidung der Schweizer Invalidenrente und einer inländischen Unfallrente, welche gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit c EStG steuerfrei zu behandeln ist. In diesem Urteil wird in der rechtlichen Würdigung dezidiert darauf eingegangen, dass eine österreichische Versehrtenrente nach dem ASVG dem Ausgleich des durch die unfallbedingte oder krankheitsbedingte Erwerbsminderung eintretenden Schadens dienen soll. Wie bereits in der Bescheidbeschwerde ausgeführt, hatte
Bf den Herzinfarkt aufgrund der sehr anstrengenden Arbeit erlitten und wurde somit durch eine Krankheit, ausgelöst durch die Arbeit, arbeitsunfähig.
Im zitierten Erkenntnis des UFS Feldkirch vom wird in Folge näher auf die verschiedenen Systeme in der Schweiz (ähnlich dem Liechtensteiner Modell) und in Österreich eingegangen. Es wird ausgeführt, dass es sich in Österreich um eine Art Schadenersatz und daher - Steuerfreiheit - und in der Schweiz um eine Art Lohn/Gehaltsersatz und daher - Steuerpflicht - handelt. Diese Differenzierung ist für einen Laien nicht erkennbar und nicht mehr als Allgemeinwissen zu werten.
Selbst der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom , GZ. 2009/15/0069, aus, dass gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach den Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sind. Zur Prüfung der Gleichartigkeit sind diese Beträge einander gegenüber zu stellen.
Diese fehlende Wissenskomponente kann einem steuerlichen Laien, welcher wie zuvor beschrieben nur einen sehr eingeschränkten Bildungsgrad hat, nicht vorgeworfen werden, wenn selbst Fachexperten und -innen dies durch den VwGH entscheiden lassen müssen.

3. Kein bedingter Vorsatz

Es hat zwar somit im gegenständlichen Sachverhalt in objektiver Hinsicht eine Abgabenverkürzung stattgefunden, welche auch in der Selbstanzeige offengelegt wurde, aber dieser Umstand ist unserem Mandanten subjektiv nicht vorwerfbar.
Es mag ihm objektive Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden, dass er seine Finanzonlinezugangsdaten dem Versicherungsvertreter zur Verfügung gestellt hat und er sich nicht bei einem Steuerberater beraten hat lassen, dieser Unterschied ist bzw. war aber weder unserem Mandanten noch seiner Ehegattin, welche alle diese Angelegenheiten für ihren Ehegatten abgewickelt hat, objektiv klar. Für die
Familie Bf bestand hierin kein Unterschied. Wenn sohin für die Familie dies objektiv schon keinen Unterschied machte, kann dieser Umstand nie subjektiv vorwerfbar sein. Es liegt hier sohin nur eineFahrlässigkeit vor, und in keinem Fall ein vorsätzliches Verhalten auch kein bedingter Vorsatz.""

Dieses Schreiben wurde in weiterer Folge auch der Abgabenbehörde zur Kenntnisnahme übermittelt.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerden erwogen:

Streit besteht in der gegenständlichen Beschwerdesache (allein) darüber, ob das Finanzamt die Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2008 bis 2012 zu Recht verfügt hat.

Unstrittig ist in diesem Zusammenhang, dass die erst im Jahr 2018 im Rahmen der gegenständlichen Selbstanzeige erlangten Sachverhaltselemente eindeutig einen Fall des Neuhervorkommens von Tatsachen (Beweismitteln), welche zum Zeitpunkt der jeweiligen Bescheiderlassung bereits existent waren und als entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente seinerzeit zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätten bzw. den Spruch eines neuen Sachbescheides zu beeinflussen geeignet gewesen wären, darstellen. Dem Finanzamt war in den wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt keineswegs so vollständig bekannt, dass es schon in diesen Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu den in den wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidungen gelangen hätte können. Es war somit nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt die Einkommensteuerverfahren 2008 bis 2012 wiederaufnahm und damit im Rahmen der Ermessensübung der Zweckmäßigkeit Vorrang gegenüber der Billigkeit einräumte.

Als unzulässig erachtet der Bf. bzw. seine steuerliche Vertretung die Wiederaufnahme der gegenständlichen Einkommensteuerverfahren allein aufgrund der ihrer Ansicht nach zu Unrecht herangezogenen verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben.

Zur eingewendeten (allein strittigen) Wiederaufnahmeverjährung ist Folgendes zu sagen:

§ 304 BAO lautet:
"Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht wird."

§ 207 Abs. 1 und 2 BAO lauten:
"(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist
zehn Jahre (idF BetrugsbekämpfungsG 2010, BGBl. I 2010/105, nach § 323 Abs. 27 BAO ab ). Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe."

§ 208 Abs. 1 lit. a BAO lautet:
"1) Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird".

§ 209 Abs. 1 BAO lautet:
"(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist."

§ 4 Abs. 2 BAO lautet auszugsweise:

"(2) Der Abgabenanspruch entsteht insbesondere

a) bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer

1. …….
2. für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z. 1 schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabepflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht;
3. für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte".

Sinn des § 304 BAO (idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013) ist, eine Wiederaufnahme zu verhindern, wenn die Sachentscheidung (insbesondere die Abgabenfestsetzung) wegen Eintrittes der Verjährung nicht mehr erfolgen darf (vgl. dazu Ritz/Koran, BAO7, § 304 Tz 3, und die dort angeführte VfGH-Rechtsprechung).

Die hier in Rede stehende Bemessung-(Festsetzungs-)Verjährung befristet das Recht, eine Abgabe festzusetzen. Sie führt zur sachlichen Unzuständigkeit der Behörde. Sinn der Verjährungsbestimmungen ist, dass infolge Zeitablaufes Rechtsfriede eintritt und dass Beweisschwierigkeiten und Fehler in der Sachverhaltsermittlung, die durch ein der Behörde zuzurechnendes Verstreichenlassen längerer Zeiträume entstehen, vermieden werden sollen. Der Eintritt der Verjährung ist im Abgabenverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 207 Tzen 1 ff, und die dort zitierten VwGH-Judikate).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Verjährungsfrist gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, begonnen hat. Der Abgabenanspruch - beispielhaft - für die veranlagte Einkommensteuer für 2008 ist gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO mit Ablauf des Jahres 2008 entstanden. Demnach begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008.
Die (reguläre, fünfjährige) Verjährungsfrist hätte durch die Verlängerung auf Grund einer nach außen erkennbaren Amtshandlung [nach der Aktenlage hat die Abgabenbehörde dem Bf. im Jahr 2009 den Einkommensteuer(erst)bescheid 2008 vom zugesandt] mit dem geendet. Die Verjährungsfrist für nicht hinterzogene Abgaben beträgt daher als Folge des § 209 Abs. 1 erster Satz BAO (bei veranlagten Abgaben) jedenfalls sechs Jahre. Da im Jahr 2014 (also in jenem Jahr, in dem die um ein Jahr verlängerte Verjährungsfrist geendet hat) von der Abgabenbehörde keine nach außen erkennbaren Amtshandlungen gesetzt wurden und sich die Verjährungsfrist nicht um ein weiteres Jahr verlängert hat, wäre damit - ausgehend von der regulären, fünfjährigen Verjährungsfrist - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2008 vom schon Verjährung eingetreten.

Gleiches gilt im konkreten Fall hinsichtlich der Beschwerdejahre 2009 bis 2011.

Der Abgabenanspruch für die veranlagte Einkommensteuer für 2012 ist mit Ablauf des Jahres 2012 entstanden. Demnach begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2012. Die (reguläre, fünfjährige) Verjährungsfrist hat durch die Verlängerung auf Grund einer nach außen erkennbaren Amtshandlung [nach der Aktenlage hat die Abgabenbehörde dem Bf. im Jahr 2013 den Einkommensteuer(erst)bescheid 2012 vom zugesandt] mit dem geendet. Da die Verjährungsfrist für nicht hinterzogene Abgaben - wie bereits oben dargelegt - als Folge des § 209 Abs. 1 erster Satz BAO (bei veranlagten Abgaben) jedenfalls sechs Jahre beträgt, war damit - ausgehend von der regulären, fünfjährigen Verjährungsfrist - im Zeitpunkt der Erlassung des Wiederaufnahmebescheides betreffend Einkommensteuer 2012 () jedenfalls noch keine Verjährung eingetreten.

Streit besteht im vorliegenden Fall daher allein (noch) darüber, ob hinsichtlich der Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren 2008 bis 2011 nicht von der regulären Verjährungsfrist von fünf Jahren, sondern vielmehr von der verlängerten Frist von zehn Jahren bei hinterzogenen Abgaben auszugehen ist.
Der Abgabenanspruch für eine bestimmte Abgabenart und einen bestimmten Zeitraum ist ein einheitlicher Anspruch. Daher verjährt eine Abgabe als hinterzogene Abgabe in zehn Jahren, wenn auch die Abgabe nur zum Teil durch einen Hinterziehungssachverhalt belastet ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2169).

Der Tatbestand der hinterzogenen Abgabe iSd § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen.

§ 33 Abs. 1 sowie Abs. 3 lit. a FinStrG lauten:
"(1) Einer Abgabenhinterziehung macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

(3) a) Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt werden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten."

Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine im Abgabenveranlagungsverfahren zu klärende Vorfrage. Nicht erforderlich ist daher für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist ein rechtskräftiger Schuldspruch im Finanzstrafverfahren oder die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens.
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus, und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen. Aus der Begründung des Bescheides muss sich ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist. Im Übrigen gilt die Unschuldsvermutung auch für die Beurteilung der "hinterzogenen Abgabe" (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 207 Tz 15, und die dort angeführte VwGH-Rechtsprechung; Seewald in Tannert, Finanzstrafrecht § 33 FinStrG E 37).

Zum objektiven Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und 2 FinStrG gehört neben der Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht [nach § 119 BAO sind die für den Bestand und den Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften vollständig und wahrheitsgemäß, insbesondere im Rahmen der (einzureichenden) Abgabenerklärungen, offenzulegen; nach § 133 BAO iVm § 42 Abs. 1 Z 1 sowie Z 3 EStG 1988 hat der unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) eine Steuererklärung abzugeben, wenn er vom Finanzamt (zB durch Zusendung einer entsprechenden Steuererklärung) dazu aufgefordert wird oder, wenn das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünften enthalten sind, mehr als 11.000 Euro betragen hat; liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Z 1, 2, 5, 6 oder 7 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12.000 Euro betragen hat] auch ein Erfolg, nämlich das Bewirken (Verursachen) einer Abgabenverkürzung. Die (vorsätzliche) Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wird unter dem Aspekt des § 33 Abs. 1 FinStrG erst (bzw. nur) dann relevant, wenn sie als Tathandlung einer Hinterziehung zu werten ist (vgl. dazu Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 33 Rzen 131, 181).

Im Beschwerdefall hat der Bf. (unstrittig) die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. a FinStrG dadurch erfüllt, dass er unter Verletzung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nach § 119 BAO (ausländische) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für die Jahre 2008 bis 2012 nicht erklärt hat, sodass eine Verkürzung von Abgaben für diese Jahre bewirkt wurde. Der Abgabenbehörde ist die Entstehung des konkreten (auf eine bestimmte Abgabenart und ein bestimmtes Veranlagungsjahr bezogenen) Abgabenanspruches erst im Zuge der gegenständlichen Selbstanzeige im Jahr 2018 bekannt geworden.

Zur subjektiven Tatseite ist Folgendes zu sagen:
Die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG erfordert Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt.
Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (bedingter Vorsatz).
Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht (vgl. ; ). Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung kann nur angenommen werden, wenn der Vorsatz alle Tatumstände erfasst; dies gilt auch für den bedingten Vorsatz (siehe dazu ; 94/69). Der Täter muss wissen und wollen, dass er eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und dass diese Pflichtverletzung zur Abgabenverkürzung führt. Bei Verletzungsdelikten hat sich das Bedenken und Beschließen auf den tatbildmäßigen Erfolg zu beziehen. Hingegen reicht das Wissen des Abgabepflichtigen um seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen einerseits und deren Unterlassung andererseits allein noch nicht hin, unter allen Umständen auf eine mit Vorsatz begangene Tathandlung zu schließen (vgl. 433/70; ). Es reicht nicht aus, den deliktischen Vorsatz allein auf die Tatsache der Abgabenverkürzung zu stützen (vgl. ). Aus dem Gesamtbild muss ein eindeutiger Beweis für das Vorliegen des Vorsatzes im Hinblick auf alle Merkmale des Tatbestandes sowie auf alle einzelnen, dem Abgabepflichtigen zur Last gelegten Tathandlungen hervorgehen (vgl. 227/62).
Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, somit als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist bzw. sich damit abfindet (vgl. ; ; ). Davon spricht man, wenn der Täter intellektuell erkannt hat, dass sein Verhalten zu einer Steuerverkürzung führen kann und er diesen Erfolg billigend in Kauf nimmt (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 33 Rz 216, und die dort zitierte OGH- bzw. VwGH-Rechtsprechung).
Auch bedingter Vorsatz setzt grundsätzlich eine (die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende) zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters voraus, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur aus seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter (freier) Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann (vgl. ; ; ; ; ).
Von der Judikatur werden an die Wissenskomponente keine allzu strengen Maßstäbe angelegt. Demnach genügt es für den Hinterziehungsvorsatz des § 33 FinStrG, wenn der Bürger eine grundsätzliche Steuerpflicht seiner Zusatzeinkünfte ernstlich für möglich hält. Der Vorsatz entfällt nicht deshalb, weil er nicht weiß, welche Rechtsnorm anzuwenden bzw. welche Einkunftsart davon betroffen ist. Die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht kann bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen vorausgesetzt werden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 33 Rz 219, und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 207 E 62; siehe dazu auch ; ).

Der Tatvorsatz muss bereits vor bzw. bei Ausführung der Tat vorliegen, sodass nachträglich eingetretene Umstände nicht von Bedeutung sind (vgl. ; Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 33 Rz 224).

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde bzw. das Finanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei es genügt, hiebei von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

In subjektiver Hinsicht ist das Bundesfinanzgericht auf Grund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Bf. zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat.
Der erkennende Richter geht dabei davon aus, dass dem Bf. gerade als ehemaliger Grenzgänger nach Liechtenstein und der damit verbundenen jährlichen Offenlegung seiner im Inland steuerpflichtigen (ausschließlich österreichisches Besteuerungsrecht, liechtensteinisches Quellenbesteuerungsrecht von max. 4%, Verhinderung einer Doppelbesteuerung durch Anrechnung der in Liechtenstein einbehaltenen Quellensteuer in Österreich) nichtselbständigen Einkünfte (ohne inländischen Steuerabzug) jedenfalls bekannt war (lt. den Angaben in der Selbstanzeige und im Beschwerdeschriftsatz hat der Bf. seine Einkommensteuererklärungen bis einschließlich 2016 ohne steuerliche Vertretung abgegeben), dass auch im Ausland erzielte Einkünfte der inländischen Besteuerung unterliegen bzw. zumindest unterliegen können; die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der (inländischen) Einkommensteuerpflicht eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen hinsichtlich aller in- und ausländischen Einkünfte muss grundsätzlich auch einem steuerrechtlichen Laien bewusst sein.
Auszugehen war im konkreten Fall auch davon, dass sich der Bf. - gerade bei der wiederholten Abgabe seiner Einkommensteuererklärungen, konkret bei seinen Eintragungen bei der Kennzahl (KZ 359), wie auch bei Unterfertigung der Erklärungen, wobei der Bf. mit seiner Unterschrift wiederholt ausdrücklich versichert hat, dass er die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat, und ihm bekannt war, dass die Angaben überprüft werden und dass unvollständige oder unrichtige Angaben strafbar sind (der Bf. musste damit jedenfalls davon ausgehen, dass die in den Einkommensteuererklärungen geforderten Angaben keinen Selbstzweck darstellen oder sonst irrrelevant wären, sondern dass sie für die Festsetzung der Einkommensteuer von Bedeutung sind) - wohl auch Gedanken über die steuerlichen Auswirkungen seiner ausländischen Invalidenrenten gemacht hat, sich wohl auch über die einschlägige Rechtslage informiert hat und ihm somit die Pflicht zur einkommensteuerlichen Erfassung der strittigen ausländischen Renteneinkünfte im Inland durchaus bewusst gewesen ist, hat er in den Beschwerdejahren neben seiner Pension der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt (Pensionsbezug aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension, seit bis laufend) doch auch seine Invaliden- und Kinderrente von der Liechtensteinischen AHV-IV-FAK in seinen Abgabenerklärungen aufgenommen und wurden diese Einkünfte (2008: 5.472,92 €, 2009: 6.050,90 €, 2010: 7.527,19 €, 2011: 10.134,61 €, 2012: 11.287,50 €) in der Folge jeweils auch der Besteuerung unterzogen.
Angesichts dieser Überlegungen erachtet der erkennende Richter, das bf. Vorbringen, wonach hinsichtlich der erklärten Invalidenrente auf den entsprechenden jährlichen Informationsschreiben der Liechtensteiner AHV jeweils der Hinweis "Steuerbescheinigung" aufgenommen worden sei, betreffend die strittigen Invalidenrenten hingegen ein derartiger Hinweis auf den entsprechenden Bestätigungen gefehlt habe und der Bf. deshalb nicht erkennen habe können, dass es sich hiebei um Schreiben gehandelt habe, welche etwas mit Steuern zu tun hätten, als bloße Schutzbehauptung und findet diese Einschätzung auch darin seine Bestätigung, als die Rentenbestätigungen der AXA Winterthur für 2010 bis 2012 zwar mit dem Hinweis "(für Steuerzwecke verwenden)" versehen sind, die diesbezüglichen Renten aber dennoch vom Bf. auch für diese Jahre nicht erklärt wurden; im Übrigen wurde von der AXA Winterthur in ihren Bestätigungen für 2008 und 2009 auch ausgeführt, dass der Bf. die Rentenbestätigung im Doppel erhält und ein Exemplar für die Steuerbehörde ist.

Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls nicht überzeugend, dass dem Bf. viele Jahre hindurch die inländische Steuerpflicht der strittigen Invalidenrenten verborgen geblieben war. Es war vielmehr davon auszugehen, dass dem Bf. die grundsätzliche (inländische) Steuerpflicht der in Rede stehenden Invalidenrenten samt der betreffenden Steuererklärungspflicht vor bzw. bei der (wiederholten) Ausführung der Tat bekannt war bzw. er diese jedenfalls ernstlich für möglich gehalten hat und er sich damit mit einer möglichen zu geringen Steuerfestsetzung durch die Nichtangabe der strittigen Einkommensbestandteile letztlich abgefunden hat.

Der Einwand im Beschwerdeschriftsatz, wonach es dem Bf. - gerade angesichts seiner Erkrankung wie auch aufgrund seines Bildungsstandes - nicht angelastet werden könne, sich bei der schwierigen Rechtsfrage der Steuerpflicht von Invalidenrenten bzw. bei einem solch komplexen steuerlichen Vorgang geirrt zu haben, stellt nach Auffassung des erkennenden Richters ebenfalls eine reine Schutzbehauptung dar, zumal es nicht erforderlich ist, dass ein Abgabepflichtiger über das für die Beurteilung steuerrechtlicher Sachverhalte nötige Detailwissen verfügt, es aber - gerade bei einem Auslandssachverhalt (erhöhte Mitwirkungspflicht), von welchem die Abgabenbehörde anderweitig keine Kenntnis erlangen kann - jedenfalls am Bf. gelegen wäre, in Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht den Sachverhalt bzw. die von ihm bezogenen Einkünfte dem Finanzamt gegenüber zur Gänze offen zu legen. Widrigenfalls trägt der Abgabepflichtige auch das Risiko eines Rechtsirrtums. Entschuldbar ist ein Rechtsirrtum, wenn der Täter ohne jedes Verschulden, also auch ohne Verletzung einer Sorgfaltspflicht, in einer Handlungsweise weder ein Finanzvergehen noch ein darin liegendes Unrecht erkennen konnte (vgl. ). Von einem entschuldbaren (im Übrigen nicht konkret eingewendeten) Rechtsirrtum wäre auch deshalb nicht auszugehen, weil der Bf. jedenfalls im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht entsprechende fachkundige Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Invalidenrenten in die Einkommensteuererklärung einholen hätte müssen. Die Ausführungen des Bf. waren jedenfalls auch nicht geeignet, eine entschuldbare Fehlleistung glaubhaft zu machen. Er hat in diesem Zusammenhang nicht überzeugend aufgezeigt, weshalb er zwar die Invalidenrente von der Liechtensteinischen AHV-IV-FAK in seinen Abgabenerklärungen aufgenommen, hinsichtlich der beiden anderen strittigen ausländischen Invalidenrenten aber nicht von einer inländischen Steuerpflicht ausgegangen ist bzw. auf Grund welcher Umstände er zur Auffassung gelangt sein sollte, dass er diese in den Abgabenerklärungen nicht erklären müsste.

Inwieweit die in der Beschwerde angeführte schwierige persönliche Situation des Bf. der Annahme eines bedingten Vorsatzes entgegenstehen sollte, ist für das BFG - gerade auch in Anbetracht dessen, dass der Bf., wie in der Beschwerde dargelegt, jahrelang seine Einkommensteuererklärungen selbst abgegeben und auch seine Invalidenrente von der Liechtensteinischen AHV-IV-FAK in seinen Abgabenerklärungen aufgenommen hat - nicht erkennbar, wird damit doch weder eine Unkenntnis hinsichtlich der Steuerpflicht aller in- und ausländischen Einkünfte generell bzw. der ausländischen Invalidenrenten im Besonderen aufgezeigt noch begründet, weshalb diese in der Steuererklärung nicht angeführt wurden. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass auch Sonderschulen eine grundlegende Allgemeinbildung vermitteln und damit eine berufliche Ausbildung oder den Besuch weiterführender Schulen ermöglichen, der Bf. doch auch den Lkw-Führerschein erlangt hat und sich lt. vorgelegtem nervenfachärztlichem Gutachten die psychische Situation des Bf. bereits Mitte 2005 bessern bzw. stabilisieren sollte, damit in den Beschwerdejahren von einer verbesserten (psychischen) Leistungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit des Bf. auszugehen war (der zweite Herzinfarkt erfolgte im Übrigen erst 2012); wie von der Abgabenbehörde ausgeführt, war seine Handlungsfähigkeit jedenfalls niemals aufgehoben (siehe dazu die diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung vom ; das Bestehen einer wirksamen Vorsorgevollmacht bzw. die Bestellung eines Erwachsenenvertreters war weder aktenkundig noch wurde diesbezügliches behauptet).

Wenn mit ergänzendem Schriftsatz vom von der steuerlichen Vertretung des Bf. erstmalig vorgebracht wird, dass sämtliche finanziellen, administrativen und steuerlichen Angelegenheiten von der Ehegattin des Bf. abgewickelt worden seien und die Steuererklärungen tatsächlich vom Versicherungsvertreter der Familie Bf erstellt und eingereicht worden seien, so ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich der Bf. bzw. seine Gattin selbst zuzuschreiben haben, wenn er bzw. sie die betreffenden Bestätigungen der gegenständlichen zwei Schweizer Rentenbezüge ihrem Versicherungsvertreter nicht übergeben haben, und der Bf. sich jedenfalls auch das Verhalten bzw. ein Verschulden seines/er bevollmächtigten Vertreters/in unmittelbar zurechnen lassen muss (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 135 Tz 11; Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 42 Rz 20; siehe auch ; ; ; ); er hätte sich jedenfalls vergewissern müssen, dass seine Vertretung (Ehegattin, Versicherungsvertreter) die erforderlichen Schritte setzt.

Wie bereits oben dargelegt, kann die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer inländischen Einkommensteuerpflicht eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen hinsichtlich aller in- und ausländischen Einkünfte bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen vorausgesetzt werden. Das Wissen, dass die in Rede stehenden Schweizer Invalidenrenten des in Österreich wohnhaften Bf. in Österreich steuerpflichtig sind bzw. waren, kann jedenfalls auch der Ehegattin des Bf. gerade vor dem Hintergrund unterstellt werden, zumal auch die vom Bf. bezogene, offengelegte Invalidenrente von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung-Invalidenversicherung-Familienausgleichskasse unstrittig der österreichischen Besteuerung unterlag. Dass die Ehegattin des Bf. nicht mit durchschnittlicher Intelligenz begabt ist bzw. war, kann nach der vorliegenden Aktenlage nicht angenommen werden und wurde von Seiten des Bf. auch nicht vorgebracht.

Das bf. Vorbringen, wonach die Ehegattin des Bf. keine Kenntnis über die zwei weiteren Schweizer Rentenbezüge gehabt habe bzw. nicht gewusst habe, dass die Invalidenpension ihres Ehegatten von drei unterschiedlichen bezugsauszahlenden Stellen stammte, erachtet der erkennende Richter als unglaubwürdig und wird als abseits jeder Lebenserfahrung stehend angesehen.
Wenn die Ehegattin - wie vorgebracht - sämtliche finanziellen, administrativen und steuerlichen Angelegenheiten ihres Gatten abwickelte und sie auch die Bestätigungen der AHV-Liechtenstein dem Versicherungsvertreter der Familie übergab, so hätte ihr doch jedenfalls beim Beheben des Geldes vom Liechtensteiner Konto mittels Bankomatkarte angesichts der Höhe des Kontostandes auffallen müssen, dass über die Invalidenrente der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung-Invalidenversicherung-Familienausgleichskasse hinaus weitere beträchtliche Leistungen auf dem fraglichen Liechtensteiner Konto eingehen, und hätte sie dies jedenfalls hinterfragt; der jährlichen Liechtensteiner Rente iHv 8.820,00 CHF (2008), 9.276,00 CHF (2009), 10.548,00 CHF (2010), 12.682,15 CHF (2011), 13.812,00 CHF (2012) standen doch jährliche Schweizer Renten von gesamt 24.350,00 CHF (2008), 24.578,00 CHF (2009), 28.769,65 CHF (2010), 31.399,80 CHF (2011), 33.402,00 CHF (2012) gegenüber. Unglaubwürdig ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich die Ehegatten Bf über viele Jahre hinweg nicht über die Kontobewegungen auf dem Liechtensteiner Konto informiert haben sollen bzw. aus Kostengründen kein Kontoauszug erstellt worden sei.
Zudem war davon auszugehen, dass ursprünglich wohl auch entsprechende Ansprüche bei der Schweizer Ausgleichskasse und der AXA Winterthur angemeldet bzw. jeweils ein entsprechendes Gesuch auf Zurechnung einer Invalidenrente gestellt wurde, letztlich die auf einem Invaliditätsgrad basierenden Invalidenrenten jeweils mit Entscheid/Verfügung zugesprochen wurden und damit auch diesbezügliche schriftliche Unterlagen der Ehegattin des Bf. zur Verfügung standen.
Auch wurde im Beschwerdeschriftsatz bezogen auf Bestätigungen der AXA Winterthur vorgebracht, dass diesbezügliche Unterlagen nicht genauer durchgesehen aber doch gesammelt worden seien. Für ein Wissen der Ehegattin vom bf. Bezug der einzelnen Invalidenrenten spricht im Übrigen auch das Vorbringen mit Schreiben vom , wonach die steuerliche Beurteilung der fraglichen Invalidenrenten sehr wohl mit dem vertrauten Versicherungsvertreter abgeklärt worden sei.

Angesichts dieser Überlegungen war sohin davon auszugehen, dass die Ehegattin des Bf. eine durch die Nichtoffenlegung der in Rede stehenden Invalidenrenten bewirkte Abgabenverkürzung jedenfalls ernstlich für möglich gehalten und sie sich mit ihr letztlich abgefunden hat (bedingter Vorsatz).

Abschließend wird noch darauf hingewiesen und war in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass Liechtenstein jedenfalls in den Beschwerdejahren für sein strenges Bankgeheimnis und die unter anderem dadurch bewirkte Abschirmwirkung gegenüber ausländischen Steuerbehörden bekannt war. Dass Vermögen in Liechtenstein in großem Umfang angelegt wurde, um es dem Zugriff der inländischen Steuerbehörde zu entziehen bzw. die daraus resultierenden Erträge steuerschonend zu lukrieren, kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, war dies doch auch immer wieder Gegenstand entsprechender Medienberichte. Belegt wird dies schließlich auch durch die zahlreichen Selbstanzeigen, die in Folge der sog. "Datenklauaffäre" im Jahr 2008 bzw. im Zusammenhang mit dem im Jänner 2013 unterzeichneten Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich Steuern erfolgt sind. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat (wiederholt) auf den "notorischen Steueroasenstatus" Liechtensteins hingewiesen (vgl. dazu auch , mwN).

Unter Würdigung aller Sachverhaltsmomente gelangte das Finanzgericht zum Ergebnis, dass der Bf. eine aufgrund der Nichterklärung der in Rede stehenden Invalidenrenten eintretende Abgabenverkürzung wenn nicht absichtlich und wissentlich doch zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen und damit bedingt vorsätzlich gehandelt hat bzw. ihm jedenfalls ein bedingter Vorsatz zuzurechnen war; daher war der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO erfüllt, sodass die Erlassung der angefochtenen Bescheide innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist erfolgte und daher die Beschwerden gegen die in Rede stehenden Wiederaufnahmebescheide abzuweisen waren.

Damit stand auch der mit den Bescheiden vom bzw. vom erfolgten geänderten Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2012 Verjährung nicht entgegen. Nachdem in diesem Zusammenhang außer Streit stand, dass die in Rede stehenden Invaliden-bzw. Kinderrenten von der schweizerischen Invalidenversicherung (Schweizer Ausgleichskasse SAK in Genf) sowie von der betrieblichen Vorsorge (AXA Stiftung Betriebliche Vorsorge, Fürstentum Liechtenstein - AXA Winterthur) der österreichischen Besteuerung zu unterziehen waren - der erkennende Richter schließt sich der diesbezüglichen (unstrittigen) Beurteilung der Abgabenbehörde an - , war auch den Beschwerden gegen die angefochtenen Sachbescheide ein Erfolg zu versagen.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100562.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at