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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2023, RV/7103002/2022

Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers einer Lehrerin in Zeiten von „home-schooling“.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert (im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom ).

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt (Beschwerdevorentscheidung) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurde die Einkommensteuer des Jahres 2021 abweichend von der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die beantragten Werbungskosten nicht berücksichtigt hätten werden können, da diese trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden seien.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass die begehrten Unterlagen nunmehr nachgereicht würden.
< Gewerkschaftsbeiträge:
Im Jahr 2021 sei pro Monat der Betrag von 27,32 € abgezogen worden. Dies würde im Jahr 2021 also einen Betrag von 327,84 € ergeben.
< Werbungskosten:
Durch die pandemiebedingte gleichzeitige Arbeit als Lehrerin zu Hause und in der Schule sei der private Drucker für die Arbeitsblätter der Kinder in den Schulklassen aufs Äußerste beansprucht worden und dabei kaputtgegangen. Eine leistungsfähige Neuanschaffung sei notwendig geworden und hätte sich - wie im Antrag angegeben - mit -358.00 € zu Buche geschlagen.

"Home-schooling" hätte in der Pandemie so funktioniert:
Es hätte Zeiten gegeben, in denen alle Schüler daheim gewesen seien. Dann wieder seien die Klassen geteilt worden, abwechselnd sei eine Hälfte in der Schule - die andere zuhause - unterrichtet worden. Täglich sei jedes Kind einzeln per Handy und per Internet persönlich betreut worden. Aufgaben seien auf diese Weise gestellt und dann individuell kontrolliert und verbessert worden. Elterngespräche, Konferenzen, Anfragen und Antworten hätte man zeitmäßig nur hintereinander durchführen können. Die Beschwerdeführerin hätte dafür einen eigenen Raum gebraucht, um täglich ungestört von 7:00 bis oft 22:00 (Vorbereitungen, Korrekturen, Organisation etc.) arbeiten zu können.
Die Wohnung hätte 119 m², der Arbeitsraum ca. 13,5 m² (also ca. 10% der Gesamtfläche). Von der Jahresmiete, die vom Haushaltsgeld der Familie über das Konto des Mannes überwiesen werde, hätte die Beschwerdeführerin Ferien und freie Tage abgezogen und sei auf ca. 9.758,00 € gekommen (siehe Beleg 4).
Ca. 10% davon, also 950,00 €, hätte sie im Antrag geltend gemacht.
Die 290,00 € sind geschätzte Mehrkosten für Strom, Telefon und Diverses.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom geändert.
Begründend wurde folgendes ausgeführt:
Bei den Ausgaben für den Drucker in Höhe von 358,00 € sei ein Privatanteil von 40% (143,20 €) in Abzug zu bringen gewesen. Die Absetzbarkeit der Kosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer sei vorrangig nach dem Berufsbild zu beurteilen. Sei die Tätigkeit eine solche, bei der (ihrem Berufsbild nach) der Mittelpunkt jedenfalls außerhalb des Arbeitszimmers liege, würde das Arbeitszimmer keinen Mittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellen. Würde sich aus dem Berufsbild ergeben, dass die Tätigkeit vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern an einem anderen Ort ausgeübt werde, würde sich die Frage des tatsächlichen Überwiegens nicht mehr stellen, sondern es seien die Kosten gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 nicht absetzbar. Der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Lehrers würde vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Schule liegen. Die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.240,00 € seien daher nicht absetzbar. Der Beschwerde sei daher teilweise stattzugeben gewesen. Werbungskosten für digitale Arbeitsmittel seien um ein vom Arbeitgeber bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigtes Homeoffice-Pauschale und Werbungskosten für das Homeoffice-Pauschale zu kürzen. In gegenständlichem Fall hätte daher nur der Betrag von 118,80 € berücksichtigt werden können. Die beantragten Werbungskosten von 118,80 € seien niedriger als der Pauschbetrag von 132,00€. Gegenständlich sei der höhere Betrag berücksichtigt worden.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Das Finanzamt hätte hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers folgendes angeführt:
"Der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Lehrers liegt vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Schule. Die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.240 Euro sind daher nicht absetzbar."
Das sei natürlich im Normalfall richtig und sei auch in bisherigen Anträgen zur Arbeitnehmerveranlagung niemals zuvor beansprucht worden. In der durch Covid-19 gegebenen Situation sei jedoch vonseiten des Dienstgebers und der Gesundheitsbehörden zum Schutz der Kinder und des Lehrpersonals sowie der übrigen Bevölkerung veranlasst worden, die Unterrichtsgebäude zu schließen, um eine zusätzliche Verbreitung der Coronainfektionen hintan zu halten. Lehrer, Schüler und Eltern seien um den Bildungsauftrag halbwegs erfüllen zu können, zu "home-schooling" verpflichtet worden! Konferenzen, die Kontaktaufnahme mit Kindern oder Erziehungsberechtigten sowie die Vermittlung des Lehrstoffes hätte meist zeitaufwendig und individuell von zuhause aus getätigt werden müssen. Das würde natürlich auch für die Zeiten gelten, wo bloß die Hälfte der Klassengemeinschaften halbtags in der Schule getestet und dann unterrichtet worden seien. Die andere Hälfte der Schüler sei am Nachmittag bis in die Abendstunden betreut worden. Um ungestört diesem verfügten Auftrag gerecht zu werden, hätte ein kleiner Teil der Wohnung als Arbeitszimmer adaptiert werden müssen. Eine andere Verwendung der Räumlichkeit sei arbeitstechnisch verunmöglicht worden.

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach Darstellung des Sachverhaltes und einer Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Lehrers vom materiellen Schwerpunkt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Schule liegen würde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gegenständlicher Sachverhalt geht klar aus den unstrittigen Darstellungen der Beschwerdeführerin hervor.
Sie ist als Lehrerin tätig und nutzte für ihre Tätigkeit ein häusliches Arbeitszimmer. Dass es dieses Zimmer nicht geben würde, wurde auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt. Das hier strittige "häusliche Arbeitszimmer" befindet sich im Wohnungsverband der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Tätigkeit auch im sogenannten "home-schooling" durchgeführt, da ein Präsenzunterricht aufgrund der bekannten Corona-Maßnahmen nicht uneingeschränkt möglich gewesen ist.
Unstrittig sind auch die aufgelisteten Kosten, die dieses Arbeitszimmer verursacht hat - samt den verschiedenen Einrichtungsgegenständen.

Im beeinspruchten Einkommensteuerbescheid wurde das Homeoffice-Pauschale im Ausmaß von 96,00 € sowie der Pauschbetrag für Werbungskosten berücksichtigt.

In der Beschwerdevorentscheidung wurden auch die beantragten Gewerkschaftsbeiträge in beantragtem Ausmaß berücksichtigt (diese wurden allerdings bereits bei der Lohnverrechnung in Abzug gebracht, sodass es hierbei zu keiner Änderung der Bemessungsgrundlage kam).

2. Beweiswürdigung

Dass die Beschwerdeführerin den Beruf der Lehrerin ausübt, geht aus der Steuererklärung und den Daten des Finanzamtes zweifelsfrei hervor.

Die Höhe der beantragten Aufwendungen sind den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin zu entnehmen und sind ebenfalls unstrittig.
Die Beiträge zur Interessensvertretung (Gewerkschaftsbeiträge) sind auch dem vorliegenden Lohnzettel der Beschwerdeführerin zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder der Wertminderung von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist.

Mit BGBl I 52/2021 wurde § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 angefügt:
"Ausgaben und Beträge eines Arbeitnehmers, der seine berufliche Tätigkeit in der Wohnung (im Homeoffice) erbringt und bei dem keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d berücksichtigt werden:
a) Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr), wenn der Arbeitnehmer zumindest 26 Homeoffice-Tage gemäß § 26 Z 9 lit. a im Kalenderjahr geleistet hat. Übersteigen die Anschaffungs- und Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages jeweils ab dem Folgejahr bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Z 8 ist nicht anzuwenden. …"

§ 16 Abs. 3 EStG 1988 wurde ebenfalls ergänzt, indem dort die unter § 16 Abs. 1 Z 7a angeführte Werbungskosten in die Aufzählung jener Werbungskosten aufgenommen wurde, die ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag abzugsfähig sind.

Gemäß § 124b Z 374 EStG 1988 sind § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a und § 16 Abs. 3 idF BGBl I 52/2021 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2020 anzuwenden. Abweichend davon gilt für die Veranlagung der Kalenderjahre 2020 und 2021 Folgendes:
- Ausgaben iSd § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a, die im Kalenderjahr 2020 getätigt wurden, sind zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit für den Arbeitgeber an zumindest 26 Tagen im Jahr 2020 ausschließlich in der Wohnung ausgeübt hat. Der Höchstbetrag beträgt für das Kalenderjahr 2020 150 Euro. Der Antrag auf Berücksichtigung dieser Kosten stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar.
- Der Höchstbetrag gemäß § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a beträgt für das Kalenderjahr 2021 300 Euro. Er vermindert sich um den Betrag, der im Kalenderjahr 2020 für Ausgaben im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 7a lit. a berücksichtigt worden ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Gegenständlich ist also maßgeblich, ob das streitgegenständliche Arbeitszimmer im Wohnungsverband (also das häusliche Arbeitszimmer) den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin bildet.

Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass das sogenannte häusliche Arbeitszimmer im "Normalfall" (also ohne die Besonderheiten der Corona-Pandemie) nicht zu Werbungskosten einer Lehrerin führen würde. Die Besonderheiten der Pandemie (home-schooling, Klassenteilung, Informationsweitergabe per Handy und Internet, Konferenzen, Anfragen, …) hätten allerdings zu den hier beantragten Mehraufwendungen geführt.

< Aufwendungen für Arbeitsmittel:
Zu den beantragten Aufwendungen für die Neuanschaffung des Druckers ist anzumerken, dass die belangte Behörde diese Aufwendungen grundsätzlich anerkannt hat. Aus der Verwaltungspraxis geht hervor, dass von derartigen Geräten mindestens ein Privatanteil von 40% zu berücksichtigen ist. Die Behauptung einer niedrigeren privaten Nutzung wäre von der Beschwerdeführerin glaubhaft zu machen (vgl. ). Dem Ansatz der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin allerdings nichts Substantielles entgegengesetzt. Weiters war, wie von der belangten Behörde richtigerweise vorgenommen, eine Gegenverrechnung mit dem Homeoffice-Pauschale vorzunehmen, sodass diesbezüglich der Pauschbetrag für Werbungskosten (132,00 €) nicht überschritten wurde. Eine Anschaffung für ergonomisch geeignetes Mobiliar stellt der Kauf eines Druckers keinesfalls dar.

< Häusliches Arbeitszimmer:
Erwägungen:

Die Beschwerdeführerin begehrt die Anerkennung von anteiligen Aufwendungen (Miete, Strom, etc.) für ein in ihrer Wohnung gelegenes Arbeitszimmer, da sie dort pandemiebedingt einen Teil ihrer Lehrertätigkeit ausgeübt hätte.

Hierzu war Folgendes zu erwägen:
Wie sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 ergibt, sind Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer grundsätzlich nicht bei den Einkünften abzugsfähig. Sie können nur dann abgezogen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet.

Die Beschwerdeführerin führte ins Treffen, dass sie nunmehr einen eigenen Raum für ihre Tätigkeiten gebraucht hätte (Vorbereitungen, Korrekturen, Organisation, etc.).

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer neben der in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 normierten Voraussetzung des Tätigkeitsmittelpunktes noch weitere Kriterien erfüllt sein müssen. Demnach muss ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig sein und muss der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt sowie entsprechend eingerichtet sein (vgl. ; ).

Zur Notwendigkeit:
Eines der wesentlichen Kriterien, das für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer unbedingt erfüllt sein muss, ist die Notwendigkeit, d. h. die Erforderlichkeit eines eigenen Raumes für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit (siehe hierzu z. B. auch Jakom/Peyerl, EStG14, § 20 Rz 41). Diese Voraussetzung ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich bei den Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer um Aufwendungen handelt, bei denen die Schwierigkeit der Abgrenzung gegenüber den Kosten der privaten Lebensführung gegeben ist. In diesen Fällen wird die Notwendigkeit der Aufwendungen als verlässliches Indiz für die berufliche Veranlassung herangezogen. Es ist zu prüfen, inwieweit nach der hierfür maßgeblichen Verkehrsauffassung Art und Ausmaß des durch die Einkünfteerzielung zu erwartenden Arbeitsanfalles einen eigenen Büroraum erforderlich machen (vgl. ).
Laut , muss dieses Kriterium in zwei Ausprägungen erfüllt sein:
Erstens muss das Arbeitszimmer der Verkehrsauffassung entsprechend sowohl nach der Art der Tätigkeit als auch auslastungsbedingt notwendig sein.
Zweitens entfällt die Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers, wenn dem Steuerpflichtigen ein Arbeitsplatz an seiner Dienststelle zur Verfügung steht (siehe Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 [2018], § 20 Rz 104/9 mwN). Verfügt ein Steuerpflichtiger als Arbeitnehmer über ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer an der Arbeitsstätte, steht dies der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers grundsätzlich entgegen (vgl. ; ). Gegen die Notwendigkeit spricht auch, wenn der Dienstnehmer auf die Nutzung eines Büros beim Arbeitgeber freiwillig verzichtet (vgl. ; ; ; Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/ Zorn, EStG20 [2018], § 20 Rz 104/9).

Die Beschwerdeführerin bezog sich nun in seiner Argumentation darauf, dass infolge der Corona-Pandemie von Seiten des Dienstgebers und der Gesundheitsbehörden veranlasst wurde, die Unterrichtsgebäude zu schließen. Lehrer, Schüler und Eltern seien, um den Bildungsauftrag halbwegs erfüllen zu können, zu "home-schooling" verpflichtet worden.

Für das hier streitgegenständliche Jahr 2021 kann allerdings eine (behördliche) Schließung der Schulgebäude nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführerin war also das Betreten des Schulgebäudes jedenfalls möglich - auch wenn es allenfalls eine Empfehlung gegeben hat, die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
Eine generelle Anordnung wäre auch nicht möglich gewesen, da es sicherlich auch Lehrpersonal gegeben hat (und weiterhin gibt), welche keine Möglichkeit hatten, sich einen Arbeitsraum zu schaffen. Diesen Lehrern musste also jedenfalls die Möglichkeit offen gestanden sein, das Schulgebäude zu betreten. Ein gesetzliches Verbot des Betretens des Schulgebäudes ist nicht ausgesprochen worden. Eine Verpflichtung zum Unterricht von einem vom Schulgebäude dislozierten Arbeitszimmer zu unterrichten ist dem erkennenden Richter nicht bekannt und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
Allenfalls hat es eine Empfehlung des Dienstgebers gegeben, aber keine Verpflichtung.

Wenn die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, ihre nichtselbständige Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer auszuüben, ergriff, so tat sie dies zwar über Empfehlung und im Einvernehmen mit dem Dienstgeber, aber auch allenfalls zum eigenen Schutz und zum Schutz der Schüler und Kollegen.

Diese Intention entspricht typischerweise einer (zumindest teilweise) in der Lebenshaltung begründeten Motivation (siehe Bräumann in SWK 13/2020, S. 706 unter Verweis auf ). Der (vorübergehend) freiwillige Verzicht, den Arbeitsplatz an der Arbeitsstätte zu nutzen, spricht jedoch, wie oben dargelegt, gegen die Notwendigkeit der Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers (vgl. , wonach die pandemiebedingte Nutzung des Arbeitszimmers Folge einer freiwilligen, auch im Interesse der Beschwerdeführerin stehenden Willenserklärung gewesen sei).

Der Beschwerdeführerin ist darin jedenfalls beizupflichten, dass die Corona-Pandemie - wie sie ausführte - kein Normalfall für die Tätigkeit war und hierfür auch besondere Maßnahmen notwendig waren.
Diese Maßnahmen haben einen nicht unerheblichen Anteil an Dienstnehmern betroffen, die nunmehr entgegen früheren Gewohnheiten in ihrer Wohnung oder in ihrem Haus ihren Dienst verrichten mussten bzw. durften (laut Umfrage 44% - siehe https://de.statista.com/statistik/1109394/umfrage/moeglichkeit-von-homeoffice-waehrend-der-corona-krise-in-oesterreich/ - siehe Bräumann in SWK 13/2020, S 700).

Es steht allerdings ebenso fest, dass einer Vielzahl von betroffenen Dienstnehmern die Einrichtung eines eigenen Arbeitszimmers wegen der räumlichen Verhältnisse in ihrer Wohnung gar nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass angesichts des Umstandes, dass die Homeoffice-Empfehlung vorerst nur als vorübergehende (eben nur für die Dauer der Pandemie dauernde) Maßnahme eingeschätzt werden musste, eine mit Kosten und Aufwand verbundene bloß vorübergehende Umwidmung eines Raumes (soweit überhaupt vorhanden) in ein eigenes Arbeitszimmer für einen Großteil der Betroffenen nicht zumutbar gewesen wäre. Unter diesen Gesichtspunkten erschien die Einrichtung eines eigenen, ausschließlich für die berufliche Nutzung vorgesehenen Arbeitszimmers weder angemessen noch notwendig. Insofern konnte nach der Verkehrsauffassung auch nicht von einer auslastungsbedingten Notwendigkeit eines eigenen häuslichen Arbeitszimmers gesprochen werden. Als notwendig war vielmehr nur die Einrichtung eines (vorübergehenden) Arbeitsplatzes in der Privatwohnung zu erachten.

Der Notwendigkeit der Einrichtung eines solchen häuslichen Arbeitsplatzes trug der Gesetzgeber insofern Rechnung, als er mit BGBl I 52/2021 mit § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 eine eigene Bestimmung schuf, die auf die steuerliche Entlastung von COVID-19-bedingter beruflicher Tätigkeit im privaten Wohnbereich abzielte. So sind - gemäß § 124b Z 374 EStG 1988 - Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar ab 2020 unter den dort angeführten Voraussetzungen als Werbungskosten abzugsfähig (ErläutRV 669 BlgNR 27. GP 4f; siehe hierzu auch ).

Durch diese Bestimmung sollte gewährleistet werden, dass Aufwendungen für geeignete Einrichtung eines häuslichen Arbeitsplatzes auch abzugsfähig sind, wenn sie sich nicht in einem steuerrechtlich anerkannten Arbeitszimmer befindet. Bezüglich der Anerkennung als Arbeitszimmer selbst sollten aber die oben angeführten Anforderungen - darauf wird sowohl in § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 selbst und den Erläuternden Bemerkungen ErläutRV 669 BlgNR 27. GP hingewiesen - unabhängig von der nunmehrigen Bestimmung weiter Geltung haben.

Daraus ist abzuleiten, dass sich der Gesetzgeber der Problematik der nunmehr vermehrt in Anspruch genommenen Homeoffice-Tätigkeit durchaus bewusst war. Er nahm diese aber nicht zum Anlass, die Anforderungen an das Vorliegen eines steuerlichen Arbeitszimmers neu zu definieren, sondern begnügte sich mit der Erleichterung der Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes.

Lt. vorliegenden Unterlagen und Ausführungen wurde aber solches Mobiliar von der Beschwerdeführerin nicht angeschafft.

Insgesamt kam das Bundesfinanzgericht aufgrund obiger Erwägungen zum Schluss, dass die Einrichtung eines eigenen Arbeitszimmers im gegenständlichen Fall nicht als notwendig erachtet werden konnte.

Zum Mittelpunkt der Tätigkeit:
Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die für die Anerkennung von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geforderten Kriterien in ihrer Gesamtheit erfüllt sein müssen, sprach schon die Verneinung der Notwendigkeit des Arbeitszimmers gegen eine Anerkennung. Die Prüfung der übrigen Anforderungen, allenfalls also auch der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, konnte daher grundsätzlich dahingestellt bleiben.
Trotzdem wird hier auch beispielsweise auf das Erkenntnis des verwiesen, in welchem sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen laut Rechtsprechung nach deren materiellem Schwerpunkt richtet, wobei sich dieser aus dem typischen Berufsbild der Tätigkeit ergibt. Nur wenn der materielle Schwerpunkt nach der Verkehrsauffassung nicht eindeutig bestimmt werden kann, ist im Zweifel auf das zeitliche Überwiegen abzustellen. Dieses lag möglicherweise im Jahr 2020 (eventuell auch im Jahr 2021 - was allerdings nicht nachgewiesen wurde) im häuslichen Arbeitszimmer.

Allerdings bestehen seitens des Bundesfinanzgerichtes Bedenken, allein wegen der pandemiebedingt vermehrten Heimarbeit von einer grundsätzlichen Verlagerung des materiellen Schwerpunktes auszugehen.

Die Beschwerdeführerin ist Lehrerin und es ergibt sich somit ihr Arbeitsort - die Schule - als gewöhnlicher Arbeitsort. Dies hat die Beschwerdeführerin auch im Vorlageantrag vom so dargestellt ("… niemals zuvor beansprucht …").

Daraus ergibt sich ein typisches Berufsbild mit einem eindeutigen materiellen Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb eines häuslichen Arbeitszimmers, da bei Nichtselbständigen die berufliche Tätigkeit in der Regel, d. h. typischerweise am vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz ausgeübt wird (Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 [2018], § 20 Rz 104/4).
Bei Lehrern wurde dies bereits in zahlreichen Entscheidungen so bestätigt (vgl. ; ; BFG 15.2.20019, RV/7100338/20012).

Wenn der Arbeitgeber bedingt durch ein außergewöhnliches, unvorhersehbares Ereignis wie dem der Pandemie zwecks Minimierung der Ansteckungsgefahr dem Dienstnehmer empfiehlt bzw. es ihm erlaubt, seine Tätigkeit in seinem privaten Wohnbereich auszuüben, so kann aus dem Blickwinkel eines objektiven Betrachters keine unmittelbare Änderung des typischen Berufsbildes mit seinem materiellen Schwerpunkt abgeleitet werden. Die vom Arbeitgeber empfohlene Maßnahme musste vielmehr als eine von vielen vorübergehenden Maßnahmen bis zur Klärung der Auswirkungen der Pandemie angesehen werden. Daraus bereits im ersten Jahr eine grundlegende Änderung des typischen Berufsbildes bzw. des materiellen Tätigkeitsschwerpunktes abzuleiten, entspräche nicht der Verkehrsauffassung. Eine Änderung des Tätigkeitsschwerpunktes würde zumindest eine entsprechende, konkrete Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer (abweichend von der Vereinbarung laut Dienstvertrag vor der COVID-19-Pandemie), die auf eine länger angelegte Dauer abzielt, erfordern.

Eine solche dauernde, konkrete Vereinbarung, die einen möglichen Tätigkeitsschwerpunkt am Heimarbeitsplatz und die Notwendigkeit eines solchen als Grundlage des Dienstverhältnisses von vornherein festlegte, lag im hier zu entscheidenden Beschwerdefall nicht vor. Mangels Änderung des materiellen Schwerpunktes aufgrund des typischen Berufsbildes hatte hier eine für Zweifelsfälle nach zeitlichen Kriterien vorzunehmende Bestimmung des Mittelpunktes der Tätigkeit daher nicht zu erfolgen.

Ergebnis:
Aufgrund obiger Erwägungen konnte dem Beschwerdebegehren mangels Annahme der Notwendigkeit eines eigenen häuslichen Arbeitszimmers, aber auch mangels Annahme der Verlagerung des Mittelpunktes der Tätigkeit im Jahr 2020 kein Erfolg beschieden sein. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich in seiner Entscheidung an der umfangreichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers erforderlichen Voraussetzungen. Ob die einzelnen Kriterien, insbesondere jene der Notwendigkeit oder des Mittelpunktes der Tätigkeit erfüllt sind, ist jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende sachliche Geschehen zu beurteilen. Das Erkenntnis war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig.

Beilage:

Beschwerdevorentscheidung

Wien, am

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