§ 250 Abs. 1 lit. d BAO: Zurücknahmebeschluss nach unzureichender Mängelbehebung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer xxx betreffend Einkommensteuer 2020 und Umsatzsteuer 2020 beschlossen:
Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Beschwerdezeitraum 2020 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nichtselbständiger Arbeit. Der Bf. brachte die Einkommensteuererklärung 2020 am ein, und erklärte einen Verlust iHv. 6.419,99 Euro.
Die belangte Behörde richtete mit Schreiben vom ein Ergänzungsersuchen hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer an den Bf. Aufgrund einer aufliegenden Mitteilung 2020 (Fa. XY GmbH) würde der Bf. 6.451,28 Euro Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Der Bf. schulde diesen Betrag kraft Rechnungslegung. Der Bf. werde daher gebeten, eine entsprechende Umsatzsteuererklärung 2020 bis abzugeben. Hinsichtlich der Einkommensteuererklärung 2020 werde der Bf. ersucht, die Betriebsausgaben in Höhe von 34.223,83 Euro in einer Aufstellung aufzugliedern.
Mit Schreiben vom übermittelte der Bf. in Beantwortung des Ergänzungsersuchens. Bzgl. Einkommensteuer 2020 legte der Bf. die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2020 mit einem Gesamtverlust iHv. 6.419,99 Euro vor. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2020 reichte der Bf. die Umsatzsteuererklärung 2020 ein, in welcher er eine Gutschrift iHv. 845,15 Euro erklärte.
Die belangte Behörde richtete mit ein neuerliches Ergänzungsschreiben bzgl. Einkommensteuer an den Bf. Darin wurde der Bf. um Nachweis über die Leistungserbringung der Fremdleistungen durch Herrn Z.Z. (zB Rechnungen, Stundenaufzeichnungen), um belegmäßigen Nachweis über die KFZ-Versicherungen iHv 537,45 Euro und 518,25 Euro, sowie um belegmäßigen Nachweis über die Treibstoffkosten iHv 5.819,27 Euro ersucht. Zu den Treibstoffkosten wurde zudem gefragt, wie die Höhe der Treibstoffkosten zustande gekommen seien, da der Bf. einen Großteil der Aufträge an Fremdpersonal weitergegeben habe bzw. in welchem Zusammenhang diese mit seinen Einnahmen stünden.
Weiters wurde um belegmäßiger Nachweis über die Mietkosten iHv 1.808,22 Euro und um Aufklärung ersucht, in welchem Zusammenhang die betrieblichen Ausgaben für die Miete mit den betrieblichen Einnahmen stünden und mit welchen Mitteln der Bf. seinen Lebensunterhalt bestreite.
Ein weiteres Ergänzungsersuchen richtete die belangte Behörde mit an den Bf., da der Bf. offenbar übersehen habe, die einzubringende Vorhaltsbeantwortung fristgerecht bis einzureichen. Nach dem Hinweis, im Falle der Nichtbefolgung des Ersuchens könnten die geltend gemachten Aufwendungen nicht anerkannt werden, wurden die bereits im Ergänzungsersuchen vom angeführten Punkte wiederholt und um Vorlage der entsprechenden Belege und der Stellungnahme ersucht.
Der Bf. beantwortet das Ergänzungsersuchen mit Eingabe vom wie folgt:
Er möchte auf die hohen Treibstoffkosten hinweisen. Er habe die Treibstoffkosten für Herrn Z.Z. finanziert. So hätten die Kosten die Grenzen überschritten. Die Treibstoffbelege würden beiliegen. Ein kleiner Betrag sei fälschlicherweise hinzugefügt worden, der weggenommen werde. Rechnungen für Versicherungen usw. seien dabei.
Diesen Ausführungen des Bf. waren Zahlungsanweisungen btr. KFZ-Versicherung und btr. Mietkosten, eine händisch geführte Tankrechnungsaddition für die Monate Jänner bis Dezember 2020 (Gesamtsumme 5.819,27 Euro) und Tankrechnungen als Kopien beigefügt.
Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid 2020 und setzte die Einkommensteuer mit 4.845,00 Euro fest. In der Begründung wird u.a. ausgeführt, dass trotz Ergänzungsersuchens und diesbezüglicher Erinnerung die Fremdleistungskosten an Hrn Z.Z. nicht nachgewiesen worden seien, weshalb diese gem. 162 BAO nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Die Übernahme der Treibstoffkosten für Hrn Z.Z. seien nicht durch Ihren Betrieb veranlasst und würden somit keine Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. EStG vorliegen. Diese Seien daher außer Ansatz zu lassen gewesen. Weiters hätten die Kfz-Versicherung in Höhe von 518,25 Euro (Zahlung an die Wr Städtische Versicherung AG) nicht berücksichtigt werden können, da der Bf. das Kfz mit abgemeldet habe (für den Zeitraum bis zur Abmeldung seien die Kfz-Versicherung an die Euroherc Versicherung AG geleistet worden) Die korrigierten Einkünfte stellten solche aus Gewerbebetrieb gem. 23 EStG da.
Ebenfalls mit wurde der Umsatzsteuerbescheid 2020 erlassen und die Umsatzsteuer mit 5.693,21 Euro festgesetzt. In der Begründung wurde festgehalten, dass die offensichtlich aus den Fremdleistungskosten beantragten Vorsteuern nicht berücksichtigt werden hätten können und werde auf die Begründung zum Einkommensteuerbescheid 2020 verwiesen. Weiters sei der Umsatz sowie die offenbar erhöhte ausgewiesene Umsatzsteuer entsprechend der Mitteilung gem. § 109a BAO in Ansatz zu bringen gewesen.
Der Bf. erhob mit Schreiben vom (eingegangen bei der belangten Behörde am ) Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid und reichte eine neue Einkommensteuererklärung 2020 mit Ausweis eines Verlustes iHv. 6.149,00 Euro ein. Begründend führt der Bf. an, dass die neue E1-Erklärung unter Berücksichtigung der neuen Umsatzsteuererklärung eingereicht werde.
Der Beschwerde wurden die (neue) Einkommensteuererklärung 2020 inkl. Beilage E1a und zwölf Rechnungen, welche vom Bf. an die YZ KG ausgestellt wurden, angefügt.
Ebenfalls mit erhob der Bf. Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid (eingegangen bei der belangten Behörde am ) und reichte eine neue Umsatzsteuererklärung 2020 mit Ausweis einer Gutschrift iHv. 845,16 Euro ein. Als Beilage waren ebenfalls die zwölf Rechnungen vom Bf. an die YZ KG, welche schon mit der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vorgelegt wurden, angefügt. Zur Begründung führte der Bf. aus, dass es sehr bedauerlich sei, dass der Bf. es versäumt habe, die angeforderten Rechnungen über die Fremdleistungen zuzusenden.
Mit Schreiben vom erließ die belangte Behörde neuerlich ein Ergänzungsersuchen. Strittig sei die Berücksichtigung der Fremdleistungskosten. Entsprechend der vom Bf. mit Beantwortung vom zum Ergänzungsersuchen vorgebrachten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung seien solche in Höhe von 23.604,47 Euro an "Z.Z." bezahlt worden. Der Aufforderung die diesbezüglichen Rechnungen und Zahlungsnachweise vorzubringen, sei nicht nachgekommen worden und seien der gegenständlichen Beschwerde nur die Ausgangsrechnungen, nicht jedoch die Eingangsrechnungen zu den maßgeblichen Fremdleistungskosten und auch keine Zahlungsnachweise vorgebracht worden. Der Bf. werde daher nochmals gebeten, diese vorzulegen. Im Falle der Barzahlung sei der Zahlungsfluss (z.B. vorherige Kontoabhebung etc) nachzuweisen, insbesondere als auch die Lebenshaltungskosten u.a. durch diese Ausgaben nicht gedeckt seien. Der Bf. werde daher auch dazu nochmals ersucht, die in den vor Bescheiderlassung erfolgten Ergänzungsersuchen erbetenen entsprechenden Aufgliederungen und Nachweise für die finanziellen Mittel vorzulegen.
Der Bf. antwortete mit Schreiben vom . Er sende die Kopien der Fremdleistungsrechnungen (23.604,47 Euro). Die Zahlungen seien alle in bar gewesen. Lebenshaltungskosten:
1. Einkommen monatlich 1.000,00 Euro
2. Haus Miete 350,00 Euro
3. Strom Kosten 150,00 Euro
4. Miete 270,00 Euro
Alle Kosten seien gedeckt vom Einkommen von der Arbeit als Dienstnehmer und auch von der selbständiger Arbeit.
Dem Schreiben waren als Beilagen für die Monate Jänner bis Dezember 2020 monatliche Auszahlungsbelege des Bf. an die YZ KG Z.Z. Iqbal und Rechnungen für die Monate Jänner bis Dezember 2020 vom Bf. an die YZ KG angefügt.
Die monatliche Summe auf den Auszahlungsbelegen des Bf. an Z.Z. entspricht dabei dem Betrag auf der jeweiligen Monatsrechnung, welche der Bf. an die YZ KG gelegt hat (zB.: Jänner 2020: Auszahlung vom Bf. an YZ KG 2.000,00 Euro; Rechnung Bf. an YZ KG brutto 2.000,00 Euro; Februar 2020: Auszahlung an YZ KG 2.150,00 Euro; Rechnung an YZ KG brutto 2.150,00 Euro, etc).
Die belangte Behörde richtete in Folge einen Mängelbehebungsauftrag an den Bf., da mit den Beschwerden lediglich beantragt worden sei, die Bemessungsgrundlagen laut ursprünglich eingebrachter Abgabenerklärungen in Ansatz zu bringen, jedoch seien weder die konkreten Punkte benannt worden, gegen die sich die Beschwerde richten, noch die konkreten beantragten Änderungen und sei auch keine diesbezügliche Begründung vorgebracht worden. Die Beschwerden seien daher bis zum zu ergänzen hinsichtlich
-) der konkreten Punkte, gegen die sich die Beschwerden richten würden,
-) die konkret beantragten Änderungen,
-) die darauf gerichtete Begründung.
Bezugnehmend auf das bisherige Ergänzungsverfahren hinsichtlich der "Fremdleistungskosten" wurde von der belangten Behörde im Mängelbehebungsauftrag vermerkt:
Die vorgelegten Rechnungen zu den "Barzahlungen" an "Z.Z." seien - dem Rechnungsbild entsprechend - vom Bf. und nicht der YZ KG (Komplementär Hr Z.Z.) ausgestellt worden (die Rechnung wurde vom Bf. an die genannte KG ausgestellt). Es würden somit weder ordnungsgemäße Rechnungen der YZ KG vorliegen, noch sei in den "Zahlungsbelegen" angegeben, dass die Gelder vom Bf. erhalten worden seien. Der Zahlungsfluss hinsichtlich der vorgeblichen Barzahlungen sei trotz bisherigem Ergänzungsersuchen nicht nachgewiesen worden.
Würden die erfolgten Zahlungen für die vorgeblichen Fremdleistungskosten und den weiteren nicht anerkannten Ausgaben (siehe Bescheidbegründung zum Einkommensteuerbescheid
2020 ) in die Berechnung der Lebenshaltungskosten miteinbezogen werden, so wären diese mit den zur Verfügung gestandenen finanziellen Mittel unter Beachtung der Angaben (monatl. Ausgaben ca 1.000,00 Euro) nicht gedeckt gewesen.
Aufgrund der Nahebeziehung zwischen Bf. und der KG sei ein Vertragsverhältnis nur bei Erfüllung der Voraussetzungen nach der "Angehörigenjudikatur" steuerlich anzuerkennen. Ungeachtet der obig genannten Sachverhalte liege der Abgabenbehörde bislang kein entsprechender Vertrag vor.
Der Mängelbehebungsauftrag enthielt zudem den Vermerk, dass bei Versäumung der Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.
Der Bf. brachte mit Schreiben vom rechtzeitig die Beantwortung zum Mängelbehebungsauftrag ein. Zur Beziehung zu Herrn Z.Z. führte der Bf. aus, dass er eine Freundschaft mit ihm habe, da sie auch zusammen gelebt und Geschäfte gemacht hätten. Er habe keine schriftliche Vereinbarung mit ihm getroffen, sondern nur die mündliche Verständigung. Die Dokumente würden alle mit der gemeinsamen Arbeit übereinstimmen.
Er sehe, dass bei einer Summe von Euro 19.684,22 im Bescheid von - E1 2020, keine Ausgaben berücksichtigt worden seien, nicht einmal eine geringfügige Ausgabe sei akzeptiert worden. Die am Ende ausgewiesene Summe betrage 4.850,00 Euro. Die sei extrem hoch.
Auch die Umsatzsteuer sei mit 5.693,21, Euro deutlich zu hoch angesetzt.
Die belangte Behörde sprach mit Beschwerdevorentscheidungen vom aus, dass die Beschwerden als zurückgenommen gelten, und begründete den Spruch jeweils inhaltsgleich für die Einkommen- und Umsatzsteuer wie folgt:
Der Bf. sei dem Mängelbehebungsauftrag vom nicht vollständig nachgekommen. Weder sei angegeben worden, in welchen konkreten Punkten der Bescheidspruch angefochen werde, noch seien die beantragten Änderungen eindeutig formuliert worden und sei auch keine diesbezügliche Begründung vorgebracht worden. Die Beschwerde sei daher als zurückgenommen zu erklären.
Die Beschwerdevorentscheidung enthielt weiters den Hinweis, dass aus dem Konnex der erfolgten Angaben des Bf. rückgeschlossen werden könne, dass zumindest die mit Erstbescheid nicht anerkannten Fremdleistungskosten angefochten würden. Dazu wurde dem Bf. mit Mängelbehebungsauftrag mitgeteilt, dass Verträge zwischen nahestehenden Personen für deren steuerliche Anerkennung strengen Maßstäben unterliegen, denen nach Aktenlage nicht entsprochen worden sei. Mit Schreiben des Bf. vom sei mitgeteilt worden, dass kein schriftlicher Vertrag gegeben sei. Eine Darlegung der mündlich vereinbarten Vertragsinhalte sei nicht erfolgt und sei auch die erforderliche Außenwirkung offenbar nicht gegeben.
Der Bf. brachte mit den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen ein (Vorlageantrag). Der Bf. führte im Wesentlichen aus, dass für alle seine Arbeiten Beweise gesendet worden seien, aber diese in der Begründung abgelehnt worden seien, weil es keinen zufriedenstellenden Beweis gebe. Der Bf. führte weiters an, dass es anfangs so gewesen sei, dass er und Herr Z.Z. eine Wohnung gehabt hätten und so in gegenseitigem Einvernehmen nur mündliche Vereinbarung getroffen worden seien. Dies werde vom Finanzamt weitgehend akzeptiert. Die Beweise seien auch vorgelegt worden, seien aber nicht akzeptiert worden oder seien nicht zufriedenstellend gewesen. Der Bf. bleibe bei seiner Position und behaupte, dass diese seine Position gültig sei. Auch die Fremdleistungen seien nicht anerkannt worden und wurden rund abgelehnt. Andererseits würde der Betrag im Fall der Ablehnung eine enorme Belastung angesichts seines durchschnittlichen Einkommens sein.
Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht unter "Stellungnahme" nach Zitierung des
§ 250 Abs. 1 BAO aus, dass aus Sicht des zuständigen BV-Teams aus der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags des Bf. vom "dies jedoch nicht hervorgehe" (sic!). Der Bf. gebe kein Argument an, warum die Beschwerde gerechtfertigt oder erfolgsversprechend sei. Werde einem (rechtmäßigen) Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen, sei das Anbringen mit Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen zu erklären.
Sollte das Bundesfinanzgericht der Meinung sein, dass die Begründung des Bf. lediglich unschlüssig und/oder inhaltlich unzutreffend sei und daher natürlich nicht dem Fehlen einer Begründung gleichzusetzen sei, werde darauf hingewiesen, dass der Beschwerde zumindest aus Sicht des Finanzamt Österreich Dienststelle Wien 8/16/17 auch inhaltlich, anhand der vorgelegten Unterlagen, nicht stattzugeben gewesen wäre.
Nach § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Eine Beschwerde gegen einen Bescheid einer Abgabenbehörde ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO.
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
§ 250 Abs. 1 BAO lautet:
"Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung."
Eine gesetzeskonforme Beschwerde hat sämtliche in § 250 Abs. 1 BAO genannten Merkmale kumulativ zu enthalten.
Bei Vorliegen einer Beschwerde, die nicht den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen entspricht, ist nach § 85 Abs. 2 BAO die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt ( mwH).
Wird einem berechtigten abgabenbehördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist, aber unzureichend entsprochen, gilt das Anbringen kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache bezugnehmenden, von der Abgabenbehörde bzw. vom Verwaltungsgericht zu erlassenden (verfahrensrechtlichen) Erledigung nicht begründet, sondern festgestellt und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (vgl. ).
Ziel des Mängelbehebungsverfahrens im abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahren ist es, Gegenstand und Umfang einer Beschwerde und damit die Grenze der behördlichen Entscheidungspflicht, somit jenen Bereich zu klären, über den in der Beschwerdeerledigung jedenfalls abzusprechen ist.
Im Beschwerdefall mangelte es nach Ansicht der belangten Behörde an den Inhaltserfordernissen der Punkte b) bis d) des § 250 Abs. 1 BAO, weshalb der Bf. mit dem Bescheid vom aufgefordert wurde, die angeführten Mängel zu beheben. Dieser Bescheid enthielt auch den Hinweis, dass die Beschwerde bei Nichterfüllung des Auftrags als zurückgenommen gilt.
Dass der festgestellte Inhalt der verfahrensgegenständlichen Beschwerden vom die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens zwingend erforderlich machte, wurde vom Bf. nicht in Frage gestellt und steht auch für das Bundesfinanzgericht außer Zweifel, da
- die Beschwerde btr. der Einkommensteuer 2020 neben der Bescheidbezeichnung lediglich den Antrag enthält, die mit der Beschwerde eingereichten neuen Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung zu berücksichtigen, und
- die Beschwerde btr. der Umsatzsteuer 2020 neben der Bescheidbezeichnung lediglich den Antrag enthält die mit der Beschwerde eingereichten neuen Umsatzsteuererklärung zu berücksichtigen, ohne aber die für den Vorsteuerabzug notwendigen Nachweise zu erbringen (vorgelegt wurden nur Ausgangsrechnungen, nicht aber die Eingangsrechnungen und die diesbezüglichen Zahlungsnachweise).
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist daher zu klären, ob die aufgetragene Behebung der Mängel der Beschwerden vom in Bezug auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid (= Mängelbehebungsauftrag vom ) - gemessen an den Vorgaben des § 250 Abs. 1 lit. b., lit. c und lit. d BAO - ordnungsgemäß erfolgte. Dabei ist für die vorzunehmende Beurteilung ausschließlich der Schriftsatz des Bf. vom maßgeblich.
Zur Anfechtungserklärung (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO):
Da nur der Spruch eines Bescheides der Rechtskraft fähig ist, kann nur der Spruch (Teile des Spruches) Anfechtungsgegenstand iSd § 250 Abs 1 lit. b sein (Ritz/Koran, BAO7, § 250 Abs 1 Rz 7 und die dort zitierte Judikatur).
Dem Inhaltserfordernis des § 250 Abs 1 lit. b wird zB ausreichend entsprochen, wenn der Bescheid "in seinem gesamten Umfang" angefochten und beantragt wird, eine erklärungsgemäße Veranlagung vorzunehmen oder die ersatzlosen Behebung eines Abgabenbescheides begehrt wird (vgl. und Ritz/Koran, a.a.O., Rz 10 mit der dort angeführte höchstgerichtlichen Judikatur).
Zum Änderungsantrag (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO):
Durch das im § 250 Abs 1 lit. c BAO vorgesehene Erfordernis der Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (Änderungsbegehren), soll das Verwaltungsgericht in die Lage versetzt werden, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Beschwerdeführer dem Bescheid zuschreiben will. Hiebei kommt es (hier wie bei Anbringen ganz allgemein) nicht auf förmliche Bezeichnungen und verbale äußere Formen der Parteienerklärungen an, sondern auf den Inhalt, also auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteienschritts. Der Beschwerdeantrag muss jedenfalls bestimmten, zumindest aber bestimmbaren Inhalts sein (vgl ). Ausreichend bestimmt ist nach der Judikatur zB der Antrag, die Umsatzsteuer auf Grund der abgegebenen Voranmeldungen festzusetzen ().
Im Schriftsatz vom ist erkennbar, dass nach Ansicht des Bf. btr. der Einkommensteuer Ausgaben berücksichtigt werden sollen und die Einkommensteuer zu hoch sei ("... dass bei einer Summe von Euro 19.684,22, Bescheid von - E1 2020, keine ausgewiesenen Ausgaben berücksichtigt wurden, nicht einmal eine geringfügige Ausgabe wurde akzeptiert ... Die am Ende ausgewiesene Summe beträgt Euro 4.850,00. Die war ... extrem sehr hoch ..."). Ebenfalls ersichtlich ist, dass die Umsatzsteuer zu hoch festgesetzt wurde ("Auch die Umsatzsteuer ist mit Euro 5.693,21, deutlich zu hoch angesetzt.").
Mit Blick auf die angeführte Verwaltungsgerichtshof-Judikatur entspricht die Eingabe vom
aus Sicht des Bundesfinanzgerichts hinsichtlich der Inhaltserfordernisse der Anfechtungserklärung (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) und des Änderungsantrages (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO) den gesetzlichen Erfordernissen.
Zur Beschwerdebegründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO):
Eine Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Die im § 250 Abs. 1 lit. d geforderte Angabe soll die Behörde / das Verwaltungsgericht in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Beschwerde für erfolgversprechend hält. Von einem gänzlichen Fehlen einer Begründung ist erst dann auszugehen, wenn eine Beschwerde keine Ansatzpunkte dafür erkennen lässt, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheids gelegen sein soll. Dem Fehlen einer Begründung ist nicht gleichzuhalten, dass eine Begründung allenfalls unschlüssig oder inhaltlich unzutreffend ist (vgl ; ).
Nicht näher begründete Behauptungen, eine vorgeschriebene Abgabe oder festgestellte Bemessungsgrundlage sei zu hoch (vgl ) oder unrichtig (vgl. ) stellen jedoch keine ausreichende Begründung dar.
Aus dem im Beschwerdeverfahren (allein) maßgebliche Schriftsatz des Bf. vom lässt sich keine Begründung erkennen, welche der belangten Behörde zu erkennen ermöglicht hätte, aus welchen Gründen der Bf. die bekämpften Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 2020 für unrichtig und die Beschwerde für Erfolg versprechend hielt.
So wird btr. der Einkommensteuer lediglich ausgeführt, dass keine Ausgaben berücksichtigt wurden und die Steuer zu hoch sei. Hinsichtlich der Umsatzsteuer wird nur angeführt, sie sei zu hoch.
Mit diesen Begründungen beschränkt sich der Bf. sinngemäß auf ein Vorbringen, wonach die von der belangten Behörde erlassenen Bescheide unrichtig und die festgesetzten Abgaben zu hoch seien. Worin die Unrichtigkeit der bekämpften Bescheide liegen soll wird jedoch nicht dargelegt. Es fehlt auch an einer Begründung, die das Vorliegen der zu hohen Steuervorschreibungen untermauern soll.
Erst in einer Zusammenschau der weiteren Angaben des Bf. im Vorlageantrag vom mit dem Schriftsatz vom lässt sich ableiten, dass der Bf. vermeint, bzgl. der Einkommen- und Umsatzsteuer Nachweise für die getätigten Ausgaben bzw. für die Vorsteuerabzugsberechtigung erbracht zu haben. Da vom Bf. aber tatsächlich nur Ausgangsrechnungen vorgelegt wurden, ist nicht zu erkennen, um welche Nachweise es sich in Hinsicht auf die vom Bf. bezogenen Fremdleistungen handeln soll. Zudem haben diese im Vorlageantrag und damit erst nach Ablauf der Frist zur Mängelbehebung eingebrachten Begründungen bei der Klärung der ordnungsgemäßen Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom keine Relevanz (vgl. nochmals ).
Es liegt daher kein Fall einer unschlüssigen oder inhaltlich unzutreffenden Begründung iS der zitierten Judikatur, sondern der Fall einer fehlenden Begründung vor.
Nur ergänzend wird vom Bundesfinanzgericht darauf verwiesen, dass der Bf. im gesamten Verfahren trotz mehrmaliger Aufforderung der belangten Behörde es verabsäumt hat, die Eingangsrechnungen und Zahlungsnachweise btr. der Fremdleistungen vorzulegen (vorgelegt wurden nur die Ausgangsrechnungen).
Da die Ausführungen im Schreiben des Bf. vom keine dem gesetzlichen Erfordernis des § 250 Abs. 1 lit. d BAO entsprechende Begründung darstellen (vgl. nochmals ), wurde dem Mängelbehbungsauftrag vom nur unzureichend entsprochen und gilt das Anbringen kraft Gesetzes als zurückgenommen.
Hat der Bf. einem Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde nicht entsprochen und wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen erklärt, so hat das Bundesfinanzgericht nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen zu erklären (vgl. ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im Falle der unzureichenden Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages eintretende Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO. Im Übrigen entspricht die gegenständliche Entscheidung der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG liegt somit nicht vor. Die (ordentliche) Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103549.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at