Familienbonus Plus im Zusammenhang mit Unterhaltsvorschüssen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz 1985 (UVG)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom zu entnehmen. Sie bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf) zur Einkommensteuer für das Jahr 2019 veranlagt. In der Begründung führte das Finanzamt wie folgt aus:
"Sie haben uns trotz Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt, obwohl Sie dazu gemäß § 42 EStG 1988 verpflichtet sind. Wird der Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung nicht nachgekommen, ist das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO berechtigt. Ihre Veranlagung erfolgte daher auf Basis der uns vorliegenden Informationen (Lohnzettel Ihres Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben, etc.). Den Familienbonus Plus konnten wir nicht berücksichtigen, weil Sie keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben und somit den Familienbonus Plus nicht beantragt haben. Wir konnten daher nicht überprüfen, ob dieser von Ihrem Arbeitgeber in der Lohnverrechnung zu Recht berücksichtigt wurde."
In ihrer am über FinanzOnline eingebrachten Beschwerde beantragte die Bf den ganzen Familienbonus Plus und den Alleinerzieherabsetzbetrag. Darüber hinaus begehrte sie die Berücksichtigung von Versicherungsprämien als Sonderausgaben. Begründend führte sie wie folgt aus:
"Bei Berechnung der Einkommensteuer wurde im Kalenderjahr 2019 nicht berücksichtigt, dass ich Anspruch auf den Familienbonus Plus habe (Begründung: der Kindsvater hat für das Jahr 2019 nicht regelmäßig Unterhalt bezahlt und es erfolgte ein Unterhaltsvorschuss seitens des Staates, somit besteht der volle Anspruch des Familienbonus Plus meinerseits), weiters wurde der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt (Begründung auf Anspruch: wohne alleine mit meiner Tochter in einer Wohnung), auch wurden Sonderausgabenfür Unfall- und Krankenversicherung nicht berücksichtigt (Begründung: Bestätigung im Anhang). Ich beantrage somit die Aufhebung des oben genannten Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem der ganze Familienbonus Plus, der Alleinerzieherabsetzbetrag und Sonderausgaben für Versicherungen berücksichtigt werden."
In seiner Beschwerdevorentscheidung vom berücksichtigte das Finanzamt die Sonderausgaben sowie den Alleinerzieherabsetzbetrag im beantragten Ausmaß (den Alleinerzieherabsetzbetrag hatte das Finanzamt bereits im angefochtenen Bescheid berücksichtigt). Der Familienbonus Plus wurde nur zur Hälfte (750,00 Euro) berücksichtigt. Begründend führte das Finanzamt wie folgt aus:
"Der Familienbonus Plus kann für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer/mit dem Geburtsdatum ***Sozialversicherungs-Nummer*** nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil für dieses Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus von der/dem Unterhaltszahler/in beantragt wurde."
In ihrem am über FinanzOnline eingebrachten Vorlageantrag führte die Bf wie folgt aus:
"Hiermit möchte ich einen Vorlageantrag einreichen und um die nochmalige Prüfung der Beschwerdevorentscheidung bitten, da mir der ganze Familienbonus Plus zusteht und meine Steuerschuld neu berechnet werden muss. Der Kindsvater hat für das gesamte Steuerjahr 2019 keinen Unterhalt geleistet und somit unrechtmäßig darum angesucht. Dies kann durch Unterlagen des Bezirksgerichtes ***BG1*** bewiesen werden. Gerne können diese Unterlagen auch zugeschickt werden."
Die Bf legte dem Vorlageantrag eine Ablichtung der ersten Seite des Beschlusses des Bezirksgerichtes ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3 und 4 Z 1 UVG bei, demzufolge ihrer Tochter vom bis ein monatlicher Unterhaltsvorschuss von 300,00 Euro gewährt wird.
In der Folge legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit Vorhaltsschreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Bf um Übermittlung der im Vorlageantrag angesprochenen Unterlagen, woraufhin die Bf dem Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom - wie schon im Zuge des Vorlageantrages - eine Ablichtung der ersten Seite des Beschlusses des Bezirksgerichtes ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zukommen ließ.
Mit E-Mail vom übermittelte die Bf dem Bundesfinanzgericht einen Kontoauszug, aus dem die im Jahr 2019 erhaltenen Unterhaltsvorschüsse von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) ersichtlich sind.
Am setzte die Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** (Kinder- und Jugendhilfeträger) das Bundesfinanzgericht auf telefonischem Wege darüber in Kenntnis, dass die gegenständliche Pflegschaftssache an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** (Kinder- und Jugendhilfeträger) abgetreten worden sei.
Daraufhin trat das Bundesfinanzgericht mit folgendem Auskunftsersuchen an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** heran:
"Bezugnehmend auf den Beschluss des BG ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3 und 4 Z 1 UVG (***Geschäftszahl***), demzufolge dem Kind ***T*** vom bis ein monatlicher Unterhaltsvorschuss von 300,00 Euro gewährt wird, wird (…) um Mitteilung ersucht, ob der Kindsvater und Unterhaltsschuldner ***V*** für das Jahr 2019 Unterhaltsbeiträge an den Kinder- und Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichen Vertreter des Kindes bezahlt hat. Bejahendenfalls wird um Mitteilung ersucht, in welcher Höhe Zahlungen geleistet wurden."
Mit E-Mail vom teilte das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** dem Bundesfinanzgericht mit, "dass der Kindsvater ***V*** im Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 monatlich EUR_300,00, insgesamt EUR_3.600,00 an Unterhaltszahlungen an das Amt für Jugend und Familie/Stadt ***Stadt***/Unterhalt und Vaterschaft geleistet hat." Zudem ließ das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** dem Bundesfinanzgericht eine Ablichtung des gesamten Beschlusses des Bezirksgerichtes ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zukommen.
In der Folge ersuchte das Bundesfinanzgericht das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** um (weitere) Auskunft, "ob der Kindsvater ***V*** auch im restlichen Vorschusszeitraum ( bis ) regelmäßig und vollständig Unterhaltszahlungen an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** geleistet hat. Hat der Kindsvater ***V*** sämtliche vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** an die Kindsmutter ***Bf*** ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** zurückbezahlt?"
Mit E-Mail vom teilte das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** dem Bundesfinanzgericht mit, dass der Kindsvater ***V*** sämtliche ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse rückerstattet habe.
Die Auskünfte des Amtes für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** wurden vom Bundesfinanzgericht beiden Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht. Stellungnahmen blieben aus.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt:
Die Bf lebte im Jahr 2019 mit ihrer im Jahr 2003 geborenen Tochter ***T*** (in der Folge Tochter) im gemeinsamen Haushalt. Sie bezog im Jahr 2019 die Familienbeihilfe für ihre Tochter, die aus einer früheren Beziehung stammt.
Der Kindsvater ***V*** (in der Folge Kindsvater) wurde aufgrund einer im Jahr 2004 vor der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 300,00 Euro an die Tochter verpflichtet.
Nachdem der Kindsvater seiner Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen war, wurde der Tochter mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** ein monatlicher Unterhaltsvorschuss von 300,00 Euro gewährt. In diesem Beschluss heißt es auszugsweise wie folgt:
"1. Dem Kind wird vom bis gemäß §§ 3, 4 Z 1 Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) ein monatlicher Unterhaltsvorschuss von 300,00 EUR (…) gewährt (…).
2. Der Präsident des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** wird um die Auszahlung der Vorschüsse an den Zahlungsempfänger (Anmerkung des Bundesfinanzgerichtes: gemeint ist die Bf) ersucht.
3. Dem Unterhaltsschuldner wird aufgetragen, die Pauschalgebühr in Höhe von 300,00 EUR innerhalb von 14 Tagen auf die nachstehende Kontoverbindung dieses Gerichts zu zahlen: (…).
4. Ferner wird dem Unterhaltsschuldner aufgetragen, alle Unterhaltsbeträge - sonst hätten sie keine schuldbefreiende Wirkung - an den in der Pflegschaftssache genannten Kinder- und Jugendhilfeträger als gesetzlichen Vertreter des Kindes zu zahlen.
5. Der Kinder- und Jugendhilfeträger wird ersucht, die bevorschussten Unterhaltsbeträge einzutreiben und, soweit eingebracht, monatlich dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** zu überweisen.
Begründung
Mit Unterhaltsvereinbarung der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** (…) vom ***tt.mm.2004*** wurde der Unterhaltsschuldner zu einer monatlichen Unterhaltsleistung in Höhe von 300,00 EUR gegenüber dem Kind verpflichtet. Das Kind hat am ***tt.mm.2017*** die Gewährung von Vorschüssen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG beantragt. Der Unterhaltsschuldner hat nach der am ***tt.mm.2004*** eingetretenen Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbetrag nicht zur Gänze geleistet. Beim Bezirksgericht ***BG2*** wurde gegen den Unterhaltsschuldner am ***tt.mm.2017*** eine Exekution auf Forderungsexekution [sic!] gem. § 294 EO eingebracht."
Im Jahr 2019 wurden vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** - dem Beschluss des Bezirksgerichtes ***BG2*** vom ***tt.mm.2017*** entsprechend - Unterhaltsvorschüsse von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an die Bf überwiesen.
Der Kindsvater leistete im Jahr 2019 Unterhaltsbeträge von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** (zuständiger Kinder- und Jugendhilfeträger). Auch für den restlichen Vorschusszeitraum wurden von ihm sämtliche an die Bf ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse zurückgezahlt.
Der Kindsvater machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 den Unterhaltsabsetzbetrag sowie den halben Familienbonus Plus geltend. In dem an den Kindsvater ergangenen Einkommensteuerbescheid 2019 wurden vom Finanzamt beide Absetzbeträge im beantragten Ausmaß gewährt (Unterhaltsabsetzbetrag: 350,40 Euro; Familienbonus Plus: 750,00 Euro).
Beweiswürdigung:
Dass vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** im Jahr 2019 Unterhaltsvorschüsse von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an die Bf überwiesen wurden, ist durch einen von der Bf beigebrachten Kontoauszug belegt.
Dass der Kindsvater im Jahr 2019 Unterhaltsbeträge von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** leistete und auch für den restlichen Vorschusszeitraum sämtliche ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse zurückzahlte, ergibt sich aus den diesbezüglichen E-Mail-Auskünften dieses Amtes, an deren Richtigkeit seitens des Bundesfinanzgerichtes keine Zweifel bestehen und wogegen seitens der Verfahrensparteien auch keine Einwendungen erhoben wurden.
Das Finanzamt ließ dem Bundesfinanzgericht überdies die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 des Kindsvaters sowie den an den Kindsvater in der Folge ergangenen Einkommensteuerbescheid 2019 zukommen. Daraus ist ersichtlich, dass der Kindsvater den Unterhaltsabsetzbetrag und den halben Familienbonus Plus beantragte und das Finanzamt diese Absetzbeträge im beantragten Ausmaß gewährte.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen bzw sind unstrittig.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung):
Strittig ist, ob der Bf im Jahr 2019 der ganze Familienbonus Plus oder der halbe Familienbonus Plus zusteht.
§ 33 Abs 3a EStG 1988 in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:
"(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
2. …
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) …
…"
§ 33 Abs 4 EStG 1988 in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:
"(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält:
1. …
…
3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
…"
Die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 setzt die tatsächliche Leistung des Unterhalts für das betreffende Kind voraus, die bloße Verpflichtung dazu ist nicht ausreichend (vgl ; siehe auch Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG § 33 Abs 4 Tz 25 [67. Lfg Dezember 2018]).
Kommt der Unterhaltsverpflichtete seinen Zahlungspflichten nicht oder nicht zur Gänze nach, werden vom Bund nach Maßgabe des Bundesgesetzes über die Gewährung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhaltsvorschussgesetz 1985 - UVG, BGBl 451/1985 idF BGBl I 61/2018) Unterhaltsvorschüsse zur Sicherstellung des Kindesunterhaltes geleistet. Nach der Konstruktion des UVG (vgl dessen §§ 26, 27 und 30) bleibt das Kind, auf dessen gesetzlichen Unterhalt der Bund Vorschüsse gewährt, vor dem Eintritt der Legalzession mit Beendigung der gesetzlichen Vertretung des Jugendwohlfahrtsträgers Unterhaltsgläubiger. Zudem ist das Kind - hinsichtlich hereingebrachter Beträge im Rahmen der Rangordnung des § 27 Abs 1 UVG - Schuldner des Bundes (vgl ; ; ). Der Jugendwohlfahrtsträger (als Vertreter des Kindes) hat für die Eintreibung des Unterhalts beim Unterhaltsschuldner zu sorgen; dieser hat gemäß § 26 Abs 2 UVG ab Zustellung des Gewährungsbeschlusses an ihn die Unterhaltsbeträge an den Jugendwohlfahrtsträger zu leisten, worauf er gemäß § 13 Abs 1 Z 4 UVG auch im Gewährungsbeschluss hinzuweisen ist (vgl etwa ). Der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht in diesem Fall nach Maßgabe der Rückzahlung der bevorschussten Unterhaltsbeträge durch den Unterhaltsschuldner zu (vgl Herzog in Doralt et al, EStG22 § 33 Tz 67; siehe auch unter Hinweis auf die zitierte Kommentarstelle).
Im vorliegenden Fall wurden vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***Stadt*** im Jahr 2019 Unterhaltsvorschüsse von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an die Bf überwiesen. Gleichzeitig leistete der Kindsvater im Jahr 2019 Unterhaltsbeträge von monatlich 300,00 Euro (gesamt 3.600,00 Euro) an das Amt für Jugend und Familie der Stadt ***Stadt*** (zuständiger Kinder- und Jugendhilfeträger). Auch für den restlichen Vorschusszeitraum wurden vom Kindsvater sämtliche an die Bf ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse zurückgezahlt. Der Kindsvater kam damit seiner Unterhaltsverpflichtung vollumfänglich nach. Für das Jahr 2019 steht ihm daher der volle Unterhaltsabsetzbetrag zu. Dieser wurde ihm vom Finanzamt bei der Veranlagung für das Jahr 2019 auch gewährt.
Für den Familienbonus Plus bedeutet dies, dass sowohl die Bf (als mit der Tochter im gemeinsamen Haushalt lebende Familienbeihilfenberechtigte) als auch der Kindsvater (als Steuerpflichtiger, dem für die Tochter der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht) anspruchsberechtigt sind. Da die Tochter im Jahr 2019 das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, beträgt der Familienbonus Plus im Jahr 2019 125,00 Euro pro Monat, gesamt sohin 1.500,00 Euro. Wie dieser Betrag auf die beiden Anspruchsberechtigten zu verteilen ist, richtet sich - der Bestimmung des § 33 Abs 3a Z 3 lit b und c EStG 1988 entsprechend - nach der Antragstellung in der Steuererklärung in der Form, dass er von einem der beiden Anspruchsberechtigten zur Gänze oder von beiden Anspruchsberechtigten jeweils zur Hälfte in Anspruch genommen werden kann.
Gegenständlich beantragte die Bf den ganzen Familienbonus Plus (1.500,00 Euro). Der Kindsvater beantragte den halben Familienbonus Plus (750,00 Euro). Der Familienbonus Plus wurde von den beiden Anspruchsberechtigten somit in einer Höhe (2.250,00 Euro) beantragt, die über das zustehende Ausmaß (1.500,00 Euro) hinausgeht.
Werden Anträge gestellt, die über das zustehende Ausmaß des Familienbonus Plus hinausgehen, sieht § 33 Abs 3a Z 3 lit c Satz 2 EStG 1988 eine zwingende Hälfteaufteilung in der Form vor, dass bei den beiden Anspruchsberechtigten jeweils die Hälfte des zustehenden Betrages zu berücksichtigten ist (vgl etwa auch ). Dieser Regelung entsprechend ist der (insgesamt) zustehende Familienbonus Plus von 1.500,00 Euro im Ausmaß von 750,00 Euro bei der Bf und im Ausmaß von 750,00 Euro beim Kindsvater zu berücksichtigen.
Der angefochtene Bescheid war daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom abzuändern.
Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision):
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes stützt sich auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung liegen somit nicht vor.
Graz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100808.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at