Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2022, RV/5100641/2022

Außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt und solche ohne Selbstbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Sadleder Friedrich Buchprüfungs- und Steuerberatungs-KG, Linzer Straße 62a, 4502 St.Marien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In ihrer elektronischen Abgabenerklärung zur Einkommensteuer 2018 machte die Beschwerdeführerin unter anderem Krankheitskosten in Höhe von € 8.014,77 und einen Grad der Behinderung von 30% als außergewöhnliche Belastung geltend.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom forderte das Finanzamt die Krankheits-, Kur- oder sonstigen als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten darzustellen und zu belegen.

In der Antwort gab der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin an, die Beschwerdeführerin habe 2018 Aufwendungen für Arztrechnungen in Höhe von € 1.645,67 und dazu gehöhrendes Kilometergeld (€ 929,46), für Physiotherapie von € 3.282,50 (Kilometergeld € 824,88) und für Arzneimittel und Rezeptgebühren von € 1.332,26, insgesamt also € 8.014,77 an Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen getragen, von welchen noch die Haushaltsersparnis für 16 Tage von € 83,68 abzuziehen sei.

Dieser Darstellung folgte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2018 datiert vom und setzte € 7.931,09 an Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt an, von welchen der Selbstbehalt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 in Höhe von € 3.068,16 in Abzug gebracht wurde.

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin mit der von ihrem steuerlichen Vertreter verfassten Beschwerde vom , in welcher vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführerin irrtümlich die außergewöhnlichen Belastungen als solche mit Selbstbehalt geltend gemacht habe. Diese Kosten seien der mitgeteilten Behinderung von 30 % zuzuordnen. Beigelegt war der Bescheid des Sozialministeriumsservice vom , in welchem der Behinderung der Beschwerdeführerin mit 30 % festgestellt und deshalb das Ausstellen eines Behindertenausweises abgelehnt wurde.

Im weiteren Ersuchen um Ergänzung des Finanzamtes datiert vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, zu den ohne Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen Belege und für die von der Beschwerdeführerin im ***1*** ***2*** absolvierte Kur und die Physiotherapie die ärztliche Verordnung sowie den Bescheid (wohl gemeint die Ausfertigung samt Gutachten) des Sozialministeriumsservice beizubringen. Außerdem sollte die Frage beantwortet werden, warum der Sozialversicherungsträger die Kosten der Kur nicht übernommen habe.

Dieser Aufforderung kam der steuerliche Vertreter mit Schreiben vom mit den Auflistungen der Aufwendungen, den Belegen und dem Gutachten des Sozialministeriumsservice vom nach.

In der Beschwerdevorentscheidung datiert vom , zugestellt am , reduzierte das Finanzamt die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen aufgrund von Krankheitskosten auf € 3.745,71. An zusätzlichen Kosten aufgrund der Behinderung wurden erstmals € 226,15 anerkannt.

Dies begründete das Finanzamt damit, dass zu den im Steuerrecht anzuerkennen Krankheitskosten unter anderem Arzt- und Krankenhaushonorare sowie Aufwendungen für ärztlich verordnete Medikamente zählen wurden. Alternative Behandlungstherapien oder homöopathische Präparate seien dann eine außergewöhnliche Belastung, wenn deren durch die Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen werde und damit vom Vorliegen medizinischer Gründe ausgegangen werden könne. Das Erfordernis der ärztlichen Verschreibung finde sich nicht nur im Steuer- sondern auch im Sozialversicherungsrecht.

Die von der Beschwerdeführerin als außergewöhnliche Belastung beantragten Aufwendungen für Arzneimittel und Rezeptgebühren würden in Höhe von € 1.332,26 aus dem Erwerb von Kardenwurzel, Similasan Heuschnupfen, Preiselbeersaft, Omni-Biotic, Ohropax Geräuschschutz, Käsepappeltee, Schokolade, Traumeel, Kytta Salbe, Q 10, Zahncreme, Kaugummi, Zovirac, Hyperic Perf 30, ätherische Ölen, Nicapur KPS, Pure KPS B-Complex, Fencheltee, Pflaster, Taoasis Duftset und ähnlichem bestehen. Selbstmedikation sei keine Krankenbehandlung im steuerlichen Sinne und unterliege auch nicht der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.

Bei dem von der Beschwerdeführerin erworbenen Präparaten Coenzym Q10, Nicapur KPS Vit.K2+D3, Nicapur KPS Magnesium Citro, Pure KPS Schlafformel, Gelomyrtol KPS, Nicapur KPS Ubiquinol et cetera (€ 1.290,26) handle es sich im Wesentlichen um Nahrungsergänzungsmittel, welche nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnten, wenn deren Notwendig- und Zwangsläufigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung nachgewiesen werde, was die Beschwerdeführerin unterlassen habe.

Von den geltend gemachten Arztrechnungen und dem damit im Zusammenhang stehenden Kilometergeld seien jene für den Facharzt für Psychiatrie in Höhe von € 112,75 (Kilometergeld € 113,40) als zusätzliche Kosten (der Behinderung und damit ohne Selbstbehalt) anzuerkennen.

Aus dem Bescheid des Sozialministeriumsservice vom gehe hervor, dass die festgestellte Erwerbsminderung aufgrund der Abnutzung der Wirbelsäule (Osteopenie) mit 10 % bewertet worden sei und damit den Gesamtgrad der Behinderung nicht erhöht habe.

Die Kuraufenthalte im ***1*** ***2*** vom 4. bis sowie vom 23. bis seien nur hinsichtlich der Heilmassagen, des EHG und der Fangobehandlungen von einem Arzt verordnet gewesen, nicht jedoch im Hinblick auf die von der Rechtsprechung verlangte Verordnung eines Kuraufenthaltes unter Angabe von Dauer und Ziel. Für die Reisekosten (jedoch wohl für die Behandlungen) habe die Beschwerdeführerin auch keinen Kostensatz durch die Sozialversicherung erhalten, weswegen dies als Erholungsreise und in Hinblick auf außergewöhnliche Belastungen als unerheblich zu betrachten sei.

Insgesamt seien daher von den beantragten Aufwendungen für Arztrechnungen in Höhe von € 1.645,67 € 1.532,92 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt und € 112,75 ohne Selbstbehalt und vom dazugehörigen Kilometergeld (beantragt € 929,46) € 816,06 mit Selbstbehalt und € 113,40 ohne Selbstbehalt anzuerkennen.

Von den beantragten Aufwendungen für Physiotherapie inklusive Aufenthalt im ***1*** ***2*** (€ 3198,82) seien € 529,85 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt und vom beantragten Kilometergeld € 824,88 nichts als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Bei den Arzneimitteln und Rezeptgebühren seien von den beantragten € 1.332,26 € 42,00 den außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt zuzuordnen, der Rest unbeachtlich.

Im am vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin verfassten Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte die Beschwerdeführerin € 5.589,80 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anzuerkennen.

Die Kuraufenthalte der Beschwerdeführerin seien sehr wohl von der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten bewilligt worden. Die entsprechenden Belege würden beigelegt. Es sei jedoch auch aus der Darstellung der außergewöhnlichen Belastungen durch die Beschwerdeführerin zu entnehmen gewesen, dass diese hier nur den Selbstbehalt angesetzt hätte. Es habe sich keinesfalls um eine Erholungsreise gehandelt, sondern seien diese Aufwendungen allein durch die Krankheit der Beschwerdeführerin verursacht.

Auch die in der Beschwerdevorentscheidung als außergewöhnliche Belastung anerkannten € 2.920,83 seien richtig ohne Selbstbehalt anzuerkennen, da diese ausschließlich der Behinderung, welche vom Sozialministeriumsservice anerkannt worden sei, zuzurechnen wären. Es sei sicherlich nicht gerechtfertigt, die bescheidmäßig festgesetzte Erwerbsminderung in Einzelkomponenten aufzuteilen, da es sich um eine Gesamtbeurteilung handle.

Im Rahmen des am erstellten Vorlageberichtes an das Bundesfinanzgericht, welche auch der Beschwerdeführerin zugestellt wurde, schilderte das Finanzamt kurz den Gang des Verfahrens, die verwendeten Beweismittel und verfasst eine Stellungnahme, in welcher auf den Inhalt der Beschwerdevorentscheidung verwiesen und darüber hinaus festgehalten wurde, dass die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt nur soweit möglich sei, als einer Erwerbsminderung von mindestens 25% (durch das Sozialministeriumservice) festgestellt worden sei. Bei Mehrfachbehinderungen sei die Berücksichtigung von Freibeträgen und Aufwendungen ohne Abzug eines Selbstbehalts nur dann möglich, wenn der Anteil des jeweiligen Leidens mindestens 25% betrage.

Bei vorgelegten Unterlagen für das ***1*** ***2*** würden sich die vorgelegten Bewilligungen und Selbstbehalte ausschließlich auf physikalische beziehungsweise physiotherapeutische Behandlungen und Massagen beziehen, welche mit Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden seien, da sie sich auf das Bandscheibenleiden der Beschwerdeführerin beziehen würden, aufgrund dessen sich eine Erwerbsminderung von 10% ergeben habe.

Die Aufenthaltskosten selbst würden auf der Rechnung dem Juni 2018 als Zweck das Arrangement "Halbpension für zehn Tage" und im November 2018 "Stammgästewochen" nennen.

Die Beschwerdeführerin hat keine Stellungnahme zu den letztgenannten Aussagen des Finanzamtes abgegeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Bescheid des Sozialministeriumsservice vom wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung festgehalten, dass sich der Grad der festgestellten Behinderung von 30 % aus den affektiven Störungen, den manisch - depressiven und bipolaren Störungen der Beschwerdeführerin ergibt (30 %). Die fallweisen Beschwerden durch Abnutzung der Wirbelsäule und Osteopenie (Vorstufe der Osteoporose), welche bei der Untersuchung zu keiner Bewegungseinschränkung oder Schmerzen geführt hatten, haben einen Grad der Behinderung von 10 % nach sich gezogen. In der Gesamtschau hat dies eine Erwerbsminderung von 30 % zur Folge. Die 10 %-ige Behinderung aufgrund der Wirbelsäulenerkrankung hat dabei zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung geführt und steht daher nicht mit dem Grad der Behinderung in Zusammenhang.

Aufwendungen, welche im Jahr 2018 in unmittelbaren Zusammenhang mit der festgestellten Behinderung stehen, sind daher jedenfalls nicht jene, welche der Behandlung der Gelenkinnenhautentzündung des Daumensattelgelenks, des Tennisellenbogens, der Entzündung der Gelenkschleimhaut, einer Sehnenscheidenentzündung, von übermäßigem Schwitzen, Wechselbeschwerden und Schlaflosigkeit gedient haben. Dies gilt auch für den Besuch von Augenärzten, einer Ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie physiotherapeutische Behandlung des Tennisellenbogens und auch für die Behandlung der Wirbelsäulenerkrankung.

Wie schon in der Beschwerdevorentscheidung vom festgehalten und von der Beschwerdeführerin unwidersprochen, sind bei der Beschwerdeführerin 2018 Rezeptgebühren von € 42,00 angefallen.

Für von der Beschwerdeführerin 2018 angeschaffte Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel (siehe die Aufzählung in der Beschwerdevorentscheidung datiert vom ; € 1.290,26) gibt es keine ärztliche Verordnung, sondern hat diese die Beschwerdeführerin aus eigenem Antrieb angeschafft.

Bei den Aufenthalten im ***1*** ***2*** vom 4. bis und 23. bis besteht keine ärztliche Zuweisung für den Aufenthalt, weder für die Dauer noch für das gesundheitliche Ziel dieser Aufenthalte (Aufenthaltskosten € 2.752,65, Haushaltersparnis € 83,64).

Für Physiotherapeutische Behandlungen (auch beim Aufenthalt im ***1*** ***2***) der Beschwerdeführerin gibt es ärztliche Zuweisungen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Parteienvorbringen, den vorgelegten Dokumenten und Aktenteilen sowie dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung soweit diese dem Bundesfinanzgericht zugänglich sind. Insofern die Gedankengänge der Beweiswürdigung unmittelbar mit der rechtlichen Subsumtion verbunden sind, werden sie unter Punkt 3. Rechtliche Beurteilung ausgeführt.

Grundsätzlich kennt das Abgabenrecht keine Beweisregeln (§ 167 BAO Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961: "(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises. (2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."). Es gilt also der Grundsatz der "freien Beweiswürdigung", nach dem Gebot des ausreichenden Erhebens des Sachverhalts und schlüssigen Erwägung aller Ergebnisse dieses Prozesses, auf den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechende Weise (herrschende Lehre und Judikatur; siehe für viele: Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 (2021) Rz 4 ff zu § 167)). Dabei genügt es von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber den anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Insoweit trifft die Verwaltungsbehörde und auch das Bundesfinanzgericht nach § 115 Abs. 1 BAO ("Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.") die Ermittlungspflicht.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift jedoch bei abgabenrechtlichen Begünstigungen, bei welchem der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen hat, auf welche die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (: "Zu diesen Ausführungen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen und zumindest glaubhaft zu machen sind [vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III B, Tz 7 zu § 34 Abs. 1, sowie etwa die hg. Erkenntnisse vom , 90/14/0019, und vom , 2001/15/0109].").

Dies lässt sich aus § 119 Abs. 1 BAO ("Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.") ableiten, welcher die amtswegige Ermittlungspflicht dort einschränkt, wo weitere Nachforschungen der Verwaltungsbehörde oder dem Bundesfinanzgericht, wegen der Nähe zu höchstpersönlichen Lebensumständen nicht mehr zugemutet werden kann (herrschende Lehre und Judikatur siehe etwa: Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, aaO, Rz 2 zu § 119).

Es wäre also an Beschwerdeführer gelegen gewesen, schlüssig darzulegen, dass die von ihr angeschafften Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente im weitesten Sinn, die Arztrechnungen und jene der Physiotherapeuten, die Voraussetzungen für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung (siehe unten) erfüllen, beziehungsweise mit jener Erkrankung in Zusammenhang stehen, welche zu einer vom Sozialministeriumsservice festgestellten Behinderung von mindestens 25 % geführt haben, also mit der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin in Zusammenhang stehen.

Dies ist jedenfalls für die Aufwendungen für die Behandlung der Gelenkinnenhautentzündung des Daumensattelgelenks, des Tennisellenbogens, Entzündung der Gelenkschleimhaut, einer Sehnenscheidentzündung, des übermäßigen Schwitzens, der Wechselbeschwerden und der Schlaflosigkeit nicht der Fall (€ 1.403,93 und Kilometergeld € 711,14)

Gelungen ist dies der Beschwerdeführerin für die Rezeptgebühren, welche im oben festgestellten Ausmaß von € 42,00 der Beschwerdeführerin belegt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Außergewöhnliche Belastungen regelt der Gesetzgeber im dritten Teil des EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 ["Tarif"]) in den §§ 34 und 35.

Damit ist klargestellt, dass die da getroffenen Anordnungen nichts unmittelbar mit der persönlichen und sachlichen Einkommensteuerpflicht zu tun haben und auch Aufwendungen, welche bei den im zweiten Teil geregelten Einkunftsarten ausdrücklich für nicht abzugsfähig erklärt werden, wie etwa die im § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 genannten Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge, als außergewöhnliche Belastung in Betracht kommen können, wenn sie die Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 erfüllen.

Nach § 34 Abs. 1 Z 13 EStG 1988 sind Aufwendungen, welche weder Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgabensind, als außergewöhnliche Belastung zu behandeln, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Näher erläutert der Gesetzgeber in § 34 Abs. 2 EStG 1988, dass eine Belastung außergewöhnlich ist, soweit sie höher ist als jene, welche der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse erwächst.

Zwangsläufig ist nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 eine außergewöhnliche Belastung, wenn sich ihr der Steuerpflichtige aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird dadurch berücksichtigt, dass in § 34 Abs. 4 EStG 1988 gestaffelt nach Einkommen und Familienstand pauschale Selbstbehalte von sechs bis zwölf Prozent des Einkommens festgelegt werden.

§ 34 Abs. 6 EStG 1988 enthält eine abschließende Aufzählung, welche außergewöhnlichen Belastungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes bei der Ermittlung des Einkommensteuertarifes zu berücksichtigen sind (Katastrophenschäden, Berufsausbildung nach Abs. 8, Aufwendungen der Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9, Mehraufwendungen für Personen mit erhöhter Kinderbeihilfe, Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988, welche anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden, Mehraufwendungen im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG 1988 soweit sie die pflegebedingter Geldleistungen übersteigen) und eine Verordungsermächtigung für den Bundesminister für Finanzen, welche auch erlaubt, festzulegen, welche Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.

Nach § 35 Abs. 1 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und der keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

Nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung).

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente;
- die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern;
- in allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (kurz: Sozialministeriumsservice).

Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25% bis 34% wird ein jährlicher Freibetrag von € 75,00 gewährt (Abs. 3).

Nach § 35 Abs. 7 EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

Die vom Bundesminister für Finanzen erlassene Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 91/1998, BGBl II 416/2001, BGBl II 430/2010 (in der Folge kurz: VO) lautet auszugsweise, soweit sie für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist:

"§ 1 Abs. 1: Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, so sind die in den § 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

§ 1 Abs. 2: Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25 % beträgt.

§ 1 Abs. 3: Die Mehraufwendungen gemäß § 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 3 Abs. 1: Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190,00 € monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen."

Das Anführen der Stellen, welche zur Feststellung der Behinderung und des Ausmaßes der Minderung der Erwerbsfähigkeit beziehungsweise des Grades der Behinderung berufen sind, und ferner die Anordnung, dass der Anspruch auf einen Freibetrag an die Vorlage einer amtlichen Bescheinigung dieser Stellen geknüpft ist, lassen erkennen, dass der Gesetzgeber bindende Beweisregeln geschaffen und damit insbesondere die Regel des § 166 BAO, wonach als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist, durchbrochen hat. Der von der Partei vorzulegenden amtlichen Bescheinigung kommt somit feststellende, die Abgabenbehörden bindende Wirkung zu (Althuber/Schimmer in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer: Kommentar, § 35 Tz 4, 62. Lfg., Dezember 2016).

Die Feststellung, ob, ab wann und in welchem Ausmaß eine Person behindert ist, ist daher bindend von den in § 35 Abs. 2 EStG 1988 genannten Stellen und nicht von der Abgabenbehörde oder dem Bundesfinanzgericht zu treffen.

Betrachtet man all dies im Licht der Beschwerde der Beschwerdeführerin, so ist festzuhalten, dass in der Regel generell bei Krankheit tatsächliche Gründe für die Begründung der Zwangsläufigkeit bestehen (; , 2012/15/0136; , 2007/13/0051). Dass dies auch bei der Beschwerdeführerin der Fall ist, steht außer Zweifel.

Aufwendungen in Zusammenhang mit der Behandlung einer Krankheit, die von der gesetzlichen Krankversicherung nicht übernommen werden oder diese übersteigen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann zwangsläufig, wenn sie aus medizinisch triftigen Gründen geboten sind.

Triftige Gründe liegen vor, wenn für den Steuerpflichtige konkrete medizinische Nachteile entstehen würden, die ohne die Höhe der Kosten verursachende Behandlung eintreten würden. Dies hat der Steuerpflichtige zu beweisen (; , 85/14/0181; , 2013/15/0254).

Dieser Beweis ist der Beschwerdeführerin jedoch bloß für die Arztrechnungen (€ 1.645,67 und € 929,46 Kilometergeld), die Kosten der physiotherapeutischen Behandlung von € 529,85 (Kilometergeld € 824,88) und den bezahlten Rezeptgebühren von € 42,00 gelungen. Soweit die Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel und Medikamenten betroffen sind, welche die Beschwerdeführerin ohne ärztliche Verschreibung angeschafft hat, wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung datiert vom verwiesen, wonach diese nicht die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung erfüllen.

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass es sich beim Bescheid des Sozialministeriumsservice um eine Gesamtbeurteilung handle, weswegen es nicht darauf ankomme, zu welchem jede dort genannte Erkrankung zum Gesamtausmaß von über 25% der festgestellten Behinderung beigetragen habe.

Dieser Ansicht widerspricht das Finanzamt im Vorlagebericht mit dem Hinweis auf die Rz 839h der Lohnsteuerrichtlinien (LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002: "Bei anderen Mehrfachbehinderungen ist eine Berücksichtigung von Freibeträgen bzw. Aufwendungen ohne Abzug eines Selbstbehalts nur dann möglich, wenn der Anteil des jeweiligen Leidens zumindest 25% beträgt. In allen anderen Fällen ist ein Selbstbehalt im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG 1988 abzuziehen.").

Dazu ist als Erstes anzumerken, dass es sich bei den Lohnsteuerrichtlinien um eine Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen handelt, welche für sich keine normative Kraft in Anspruch nimmt (ansonsten wäre sie ja vom Verfassungsgerichtshof als nicht korrekt kundgemachte Verordnung aufzuheben) und deshalb gegenüber dem Bundesfinanzgericht keinerlei Bindungswirkung entfaltet.

Betrachtet man diese Ansicht nun näher, so ist zu beachten, dass die Feststellung des Ausmaßes einer Behinderung durch das Sozialministeriumsservice entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung; StF: BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen hat.

Diese hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

Zusammengefasst lässt sich daher sagen, dass den Grad der Behinderung die Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung bestimmt. Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so bestimmt sich deren Gesamtgrad nicht aus der Addition der einzelnen Werte, sondern aufgrund der Auswirkung auf die höchstgradige Funktionsbeeinträchtigung und inwieweit diese dadurch erhöht wird. Es handelt sich daher um eine Gesamtschau, in welcher die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen zueinander in Beziehung gesetzt werden und im Gesamtgrad der Behinderung untrennbar miteinander verbunden sind.

Wie oben dargestellt, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ im Sachverständigengutachten (mit Untersuchung) nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) vom 2018 eine 30 %-ige psychische Behinderung und eine 10 %-ige Behinderung aufgrund einer Wirbelsäulenerkrankung festgestellt, wobei die letzte zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung geführt hat, also in keinem Zusammenhang mit dem Grad der Behinderung steht.

Nun definiert zwar § 34 Abs. 6 sechste Alternative EStG 1988 von "Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung", im § 35 Abs. 1 EStG 1988 von "außergewöhnlicher Belastung durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung", in § 1 Abs. 1 VO Außergewöhnliche Belastungen von "Aufwendungen durch eigene körperliche oder geistige Behinderung" und § 1 Abs. 2 VO Außergewöhnliche Belastungen: "Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt."

Doch trifft dieses Maß der Minderung der Erwerbsfähigkeit aber nach dem (für das Bundesfinanzgericht bindenden) Bescheid des Sozialministeriumsservice unter Anwendung der Einschätzungsverordnung (siehe oben) in einer Gesamtschau nur für die psychische Behinderung zu.

Die Wirbelsäulenerkrankung hat danach keinen Einfluss auf den Gesamtgrad der Behinderung, ebenso wenig wie die oben erwähnten anderen körperlichen Beschwerden der Beschwerdeführerin (Gelenkinnenhautentzündung des Daumensattelgelenks, Tennisellenbogens, Entzündung der Gelenkschleimhaut, Sehnenscheidenentzündung, übermäßiges Schwitzen, Wechselbeschwerden und Schlaflosigkeit etc.).

Dementsprechend war nach § 34 Abs. 6 sechste Alternative EStG 1988 iVm. § 35 Abs. 1 EStG 1988 iVm. § 1 Abs. 1 und 2 VO außergewöhnliche Belastung, davon auszugehen, dass bei der Beschwerdeführerin alle Aufwendungen, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit den im Bescheid des Sozialministeriumsservice genannten Erkrankungen stehen, welche in Summe zu einer Funktionseinschränkung von 30% geführt haben (also bloß die psychische), ohne Selbstbehalt nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend gemacht werden können.

Dies gilt jedoch nicht für jene, welche mit der Wirbelsäulenerkrankung in Zusammenhang stehen, da diese keinen Einfluss auf den Grad der Behinderung hat.

Insgesamt waren daher € 2.869,39 als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt und € 779,44 als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt zu berücksichtigen (zur detaillierten Darstellung siehe die beigeheftenen Blätter).

Bei € 3.959,23 von den vorgelegten Belegen waren Aufwendungen betroffen, welche die Voraussetzungen, um als außergewöhnliche Belastung anerkannt zu werden, nicht erfüllt haben und der angefochtene Bescheid insofern abzuändern war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieses Erkenntnis in den entscheidenden Punkten auf die Beweiswürdigung beschränkt und dabei an das dargestellte Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen gebunden ist, ansonsten aber die rechtliche Beurteilung sich einerseits am bloßen Gesetzestext und der erwähnten herrschenden Judikatur und Lehre orientiert, wurden keine Rechtsfragen berührt, der Bedeutung über die Entscheidung in dieser Rechtssache hinausgeht.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100641.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at