Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.11.2022, RV/5100752/2022

Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages bei der Kindesmutter bei nunmehriger Zugehörigkeit zum Haushalt des Kindesvaters

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum April 2022 bis Juli 2022, Ordnungsbegriff 14 242 773, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ***1*** Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Von der Beschwerdeführerin wurden mit Bescheid vom die Familienbeihilfe i.H.v. € 1.246,40 und der Kinderabsetzbetrag i.H.v. € 233,60, somit insgesamt € 1.480,00, für ihren Sohn ***1*** rückgefordert. Im Rückforderungsbetrag enthalten ist auch noch die Geschwisterstaffel für die Tochter ***2***. Begründend führte das Finanzamt aus, dass ihr Sohn nicht in ihrem Haushalt lebe. Obwohl die Beschwerdeführerin die überwiegenden Unterhaltskosten leiste, erhalte sie keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund eines gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind anspruchsberechtigt sei.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am Beschwerde und brachte vor, laut Kontaktrecht sei ***1*** bis 24. Mai hauptsächlich bei ihr gewesen. Das Kontaktrecht sei erst mit 24. Mai geändert worden, eine Ummeldung zum Vater sei erst am erfolgt. In der Zeit ab April sei ***1*** entgegen der Kontaktrechtsvereinbarung beim Vater gewesen, da dieser den Sohn nicht mehr gebracht habe. Die Beschwerdeführerin habe die Familienbeihilfe für Juni und Juli an den Vater überwiesen, dieser versuche aber nunmehr die Familienbeihilfe nochmals zu bekommen. Sie bitte um Klärung.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab, da ***1*** seit Ende März 2022 im väterlichen Haushalt betreut werde, wie dies auch in der Kontaktrechtsvereinbarung festgelegt worden sei. ***1*** werde künftig im Haushalt des Vaters betreut, diesem komme das Hauptaufenthaltsbestimmungsrecht zu. Die gemeindeamtliche Ummeldung sei für die Beurteilung des Hauptaufenthaltsortes nicht maßgeblich. Die Weitergabe einer zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe an den anderen Elternteil entbinde denjenigen, der sie zu Unrecht bezogenen habe, nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung.

4. Im Vorlageantrag vom gab die Beschwerdeführerin an, ***1*** hätte sich laut der bis bestehenden Kontaktrechtsvereinbarung zu 50 % bei ihr aufhalten müssen. Auch sei ihr im Scheidungsvergleich die Familienbeihilfe durch das Gericht zugesprochen worden. Erst ab sei das Kontaktrecht geändert worden und ***1*** Hauptaufenthaltsbestimmungsrecht beim Vater gelegen. Der Vater habe die Beschwerdeführerin gebeten ihm die Familienbeihilfe für Juni und Juli zu überweisen, was die Beschwerdeführerin auch gemacht habe. Sie verstehe nicht, warum in der Zeit, in der ***1*** bei beiden Elternteilen ein Zuhause gehabt habe, die Familienbeihilfe zurückfordern könne, da ***1*** gesetzlich noch bei der Beschwerdeführerin hätte sein sollen. Das Gericht habe lediglich den Zeitraum dokumentiert, in dem die Beschwerdeführerin ihr gesetzliches Kontaktrecht nicht in Anspruch habe nehmen können. Auch verstehe sie nicht, warum sie die Familienbeihilfe nun für Juni und Juli doppelt zahlen müsse, da sie belegen könne, diese bereits an den Kindesvater weitergeleitet zu haben. Auch sei ***1*** erst im Juli 2022 beim Vater gemeldet und hänge der Bezug der Familienbeihilfe unter anderem von der Meldung des Hauptwohnsitzes ab. Sie bitte von der Rückforderung abzusehen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin hat im Streitzeitraum für ihren Sohn ***1*** und ihre Tochter ***2*** Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag erhalten (siehe Abfrage FABIAN vom und Vorbringen in der Beschwerde).

2. Die Beschwerdeführerin ist geschieden und lebt vom gemeinsamen Kindesvater getrennt (siehe Abfrage der Datenbank der Finanzverwaltung vom und Angaben in der Beschwerde).

3. Das Kind ***1***, geboren im August 2008, wird seit Ende März 2022 im väterlichen Haushalt betreut (siehe Protokoll zu ***3*** vor dem Bezirksgericht ***4*** vom ).

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Unterlagen und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1. Gemäß § 2 Abs. 1 lit a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind hat gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt (§ 2 Abs. 5 1. Satz FLAG 1967).

Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist das Erziehungsrecht ohne Bedeutung ().

Meldebestätigungen stellen lediglich ein - widerlegbares - Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft dar, sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse (Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft bzw -zugehörigkeit) zu liefern ().

2. Gemäß § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

3. Nach § 26 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Entscheidend ist, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl etwa ; , 2007/15/0162).

Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung (vgl ; , 2009/15/0089; , 2007/15/0162). Daher ist es nicht von Bedeutung, dass vom Empfänger der Familienbeihilfe diese an einen anspruchsberechtigten Elternteil weitergeleitet wurde (vgl ; , RV/7106471/2016).

4. Dass der Sohn der Beschwerdeführerin ab Ende März 2022 nicht mehr ihrem Haushalt angehörte, steht außer Streit. Die Meldung im Zentralen Melderegister ist nur ein Indiz. Tatsächlich ist der Sohn seit Ende März 2022 dem Haushalt des Vaters zugehörig. Darin stimmen beide Elternteile im Protokoll zu ***3*** vom vor dem Bezirksgericht ***4*** überein. Daher ist - entgegen der Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde und im Vorlageantrag- die Ummeldung des Sohnes im Zentralen Melderegister, die im Juli 2022 erfolgte, hier nicht von Bedeutung.

Bezieherin der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages war im Streitzeitraum ohne Zweifel die Beschwerdeführerin. Da ***1*** seit Ende März 2022 beim Kindesvater haushaltszugehörig ist, steht der Kindesmutter aber ab April 2022 für den Sohn ***1*** keine Familienbeihilfe und kein Kinderabsetzbetrag zu und waren diese von der Beschwerdeführerin zurückzufordern. Für die Rückforderung ist unerheblich, dass sie die entsprechenden Beträge für Juni und Juli an den Kindesvater weitergeleitet hat. Das entsprechende Vorbringen im Beschwerdeverfahren kann daher nicht mit Erfolg eingewendet werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100752.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at