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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.11.2022, RV/7105429/2019

Keine Abänderung des SZ, wenn gegen die Stammabgabe kein Rechtsmittel mehr offen ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SenV***, die Richterin***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***1*** und ***2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als Vorgängerorganisation des Finanzamts Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, vom betreffend

17 zweite Säumniszuschläge Jänner bis August 2014 sowie April bis Dezember 2015

Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

I. Verfahrensgang

1. Zur Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall ist die Bf (in der Folge als Bf bezeichnet).

Es handelt sich dabei um eine Anbieterin verschiedener Arten von Glücksspielen in Form von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten bzw. Video Lotterie Terminals an diversen Standorten für Hunderennen, Sportwetten etc. ohne Konzession.

Mit Beschluss vom wurde über die Bf das Konkursverfahren eröffnet, weshalb

Adressat sämtlicher Schriftstücke nunmehr der in diesem Beschluss genannte zuständige Masseverwalter Masseverwalter. ist.

2. Verfahren vor der belangten Behörde:

Am setzte die belangte Behörde zweite Säumniszuschläge mit jeweils 1 % in 17 Bescheiden in einer Bescheidausfertigung für die von ihr festgesetzten, jedoch von der Bf nicht entrichteten, Glücksspielabgaben im Zeitraum Jänner 2014 bis Dezember 2015 als Folge dieser Nichtentrichtung fest:

1. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 01/2014 in Höhe von 255,50 €

2. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 02/2014 in Höhe von 557,52 €

3. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 03/2014 in Höhe von 648,98 €

4. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 04/2014 in Höhe von 509,17 €

5. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 05/2014 in Höhe von 196,54 €

6. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 06/2014 in Höhe von 431,60 €

7. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 07/2014 in Höhe von 127,92 €

8. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 08/2014 in Höhe von 727,26 €

9. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 04/2015 in Höhe von 609,89 €

10. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 05/2015 in Höhe von 973,64 €

11. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 06/2015 in Höhe von 1.400,04 €

12. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 07/2015 in Höhe von 1.571,17 €

13. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 08/2015 in Höhe von 1.489,35 €

14. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 09/2015 in Höhe von 1.568,13 €

15. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 10/2015 in Höhe von 1.404,65 €

16. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 11/2015 in Höhe von 1.431,47 €

17. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 12/2015 in Höhe von 1.507,94 €

In Summe ergibt das Säumniszuschläge für Glücksspielabgaben von Jänner 2014 bis Dezember 2015 von 15.410,77 €, die bis zu entrichten waren.

Begründet wurde die Festsetzung damit, dass die Bf die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet hat.

Die Bf erhob am gegen sämtliche gegenständlichen 17 zweite Säumniszuschlagsbescheide Beschwerden. Die Bf erhob auch gegen die den gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheiden zu Grunde liegenden Glücksspielabgabebescheide Jänner 2014 bis Dezember 2015 Beschwerden, die Gegenstand anderer Verfahren sind.

In den Beschwerden wurde die Festsetzung der Säumniszuschläge insbesondere wegen der Glücksspielabgaben bekämpft und beantragt, die Säumniszuschläge mit Null festzusetzen.

Begründet wurden die Rechtsmittel damit, dass es rechtlich gesehen nicht möglich sei, Glücksspielabgaben vorzuschreiben, weil das Glücksspielgesetz und die bezughabenden Steuerregelungen dem Unionsrecht widersprechen würden. Aus diesem Grund könne es auch nicht zu einer Vorschreibung von Säumniszuschlägen kommen.

Die Bf setzt sich ausführlich mit der gesamthaften Würdigung des Verfassungsgerichtshofes basierend auf falschem Faktensubstrat auseinander und weist auf die Beurteilung der einzelnen Gerichte trotz höchstgerichtlicher Rechtsprechung hin. Sämtliche Argumente der Bf in ihren Beschwerden gegen die gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheide betreffen das Glücksspielgesetz.

Zusammenfassend brachte die Bf ua vor:

"…

Der EuGH versteht die den Konzessionsinhabern auferlegten Werbebeschränkungen im Sinne der Normierung eines Handlungsunrechts. Es kommt nicht, wie vom VfGH fälschlicherweise angenommen, darauf an, ob der Glücksspielmarkt tatsächlich wächst, sondern es genügtschon, dass die Werbung der Konzessionsinhaber darauf abzielt, den Markt zu erweitern, indem bestimmte vom EuGH klar definierte verpönte Praktiken eingesetzt werden.

Zudem ist auf valider und belastbarer Datenbasis belegt, dass der Markt für Glücksspiel in Österreich seit 2009 kontinuierlich gewachsen ist. Somit führt eine vom VfGH eingeforderte "gesamthafte Würdigung" zum Ergebnis, dass die Werbung der Konzessionsinhaber, welche versucht, die Anziehungskraft des Glücksspiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, sich auch in ihrer praktischen Auswirkung nicht darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken und daher die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des Glücksspielgesetzes beeinträchtigt (hat). Unter Zugrundelegung dieser Datenbasis hätte der VfGH eigentlich zum Ergebnis der Unionsrechtswidrigkeit der aktuellen Glücksspielregelungen gelangen müssen.

Dass der VfGH von einer gegenteiligen Entwicklung ausgegangen ist, liegt daran, dass ihm im entsprechenden Verfahren keine objektive Datenbasis zur Verfügung gestanden ist, die auf einer den Anforderungen des EuGH genügenden ökonomisch lege artis durchgeführten Marktentwicklungsanalyse beruht. Vielmehr wurden nicht repräsentative, bloß aus Telefoninterviews gewonnene Daten verwendet, die jeglicher faktischen Verifizierbarkeit widersprechen und auch nicht den Vorgaben des EuGH an valide, belastbare Daten genügen.

Vor diesem Hintergrund ist das österreichische Glücksspielmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung unionsrechtswidrig, wodurch die monopolisierenden Bestimmungen verdrängt werden und kein Verbot von Glücksspielen in "politischen Gesetzen" mehr besteht.

Da keinem Gericht - und sei es auch durch ein nationales Verfassungsgericht - die Kompetenz abgesprochen werden darf, "alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden", besteht nach der stRsp des EuGH kein zentralisiertes Normverwerfungsmonopol in den Mitgliedstaaten mehr. Dieser Befund gilt umso mehr, als dem VfGH bei der Vornahme seiner "gesamthaften Würdigung" im betreffenden Verfahren kein valides, belastbares Datenmaterial zur Entwicklung des Glücksspielmarktes Vorgelegen hatte.

Im Ergebnis hat daher ungeachtet höchstgerichtlicher Judikatur - die, wie dargelegt wurde, zudem auf einem unzulänglichen Faktensubstrat basiert - jedes Gericht nach stRsp des EuGH die unionsrechtliche Pflicht, aus eigener Entscheidungsbefugnis für die volle Wirksamkeit der Dienstleistungsfreiheit Sorge zu tragen, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt, selbst wenn in einem verfassungsrechtlichen Verfahren deren Unionsrechtskonformität bestätigt wurde. Abgesehen davon hat der VfGH ohnedies für den Fall, dass er mit einem entsprechenden Faktensubstrat hinsichtlich des Wachstums des Glücksspielmarktes konfrontiert ist, iSe dynamischen Verständnisses des Kohärenztests auch selbst eine Neubewertung der Frage der Unionsrechtskonformität vorzunehmen.

Darüber hinaus muss man zur Feststellung gelangen, dass das GSpG bereits seit dem Urteil in der RS Engelmann C-64/08 unionsrechtswidrig ist und auch nach der erfolgten Novellierung (gemeint ist die Novellierung nach dem Urteil in der RS Engelmann) unionsrechtswidrig blieb.

…"

Am erließ die belangte Behörde ihre Beschwerdevorentscheidungen, die die gegenständlichen Beschwerden als unbegründet abwies.

Begründet wurde dies insbesondere damit, dass die Selbstberechnung der Glücksspielabgabe für die Zeiträume Jänner bis August 2014 sowie April bis Dezember 2015 waren bereits fällig gewesen wäre und Voraussetzung für die Festsetzung des zweiten Säumniszuschlages sei, dass die Glücksspielabgabe für diese Zeiträume nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet worden wäre. Um die Vorschreibung der zweiten Säumniszuschläge zu vermeiden, hätte die Bf die Abgabe bis zum Ende der Nachfrist (spätestens bis ) entrichten müssen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlichen Abgabenschuld voraus, sondern nur einer formellen, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssten und ein Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig wäre, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig sei. Ob die maßgeblichen Gebühren aus dem Glücksspielgesetz rechtmäßig seien, könne im gegenständlichen Beschwerdeverfahren gegen die Vorschreibung von Säumniszuschlägen nicht geklärt werden.

Dagegen stellte die Bf Vorlageantrag und am zusammen mit der Bescheidbeschwerde gegen die Festsetzung der dritten Säumniszuschläge für die dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Glücksspielabgaben.

Als Begründung wurde auf die Ausführungen in den gegenständlichen Beschwerden vom verweisen, die die Unzulässigkeit der festgesetzten Glücksspielabgaben argumentieren.

Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat des Bundesfinanzgerichtes beantragt.

3. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Am wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht stellte die belangte Behörde den Sachverhalt dar und beantragte die Abweisung der Beschwerden.

In ihrer Stellungnahme führte sie aus, dass die Festsetzung des Säumniszuschlags nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichte bloß das formale Bestehen der Abgabepflicht voraussetze. Der Säumniszuschlag sei nach dem Verwaltunsgerichtshof eine "Sanktion eigener Art", eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht und sein Zweck liege darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen (; ; Ritz, BAO5 § 217 Tz 2). Es ginge um die Rechtzeitigkeit der Bezahlung der Steuer.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages sei die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Stammabgabe rechtskräftig, oder mit einem Rechtsmittel angefochten ist. (). Dass die zugrunde liegenden Abgaben angefochten seien und auch die Gründe, aus denen diese angefochten wären, hindere daher das Anfallen eines Säumniszuschlages nicht. Eine allfällige Abänderung der Abgaben aufgrund der Beschwerde gegen deren Festsetzung würde im Nachhinein gem. § 217 Abs 8 BAO von Amts wegen berücksichtigt.

Mit Beschluss vom wurde über die Bf das Konkursverfahren eröffnet.

Das Bundesfinanzgericht lud beide Parteien am zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am ins Bundesfinanzgericht.

Als Beilage zur Ladung richtete das Bundesfinanzgericht ebenfalls am einen Beschluss in Form eines Vorhaltes der beabsichtigten Entscheidung an den Masseverwalter der beschwerdeführenden Partei sowie an die belangte Behörde in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in dem es auch die Möglichkeit der Stellungnahme bot.

In dem Beschluss wurde der gesamte Verfahrensgang, entscheidungsrelevante Sachverhalt und dessen rechtliche Beurteilung wie sie sich, ohne der Entscheidung des Senates vorzugreifen, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung für die Berichterstatterin darstellte, dargelegt.

Der Masseverwalter beantwortete diesen Vorhalt mit einem Schreiben am , indem er den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückzog. Nicht zurückgezogen wurde der Antrag auf Entscheidung durch den Senat.

Demzufolge kam am der Senat des Bundesfinanzgerichtes zusammen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ist Anbieterin verschiedener Arten von Glücksspielen in Form von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten bzw. Video Lotterie Terminals an diversen Standorten für Hunderennen, Sportwetten etc. ohne Konzession.

Am setzte die belangte Behörde zweite Säumniszuschläge mit jeweils 1 % in 17 Bescheiden in einer Bescheidausfertigung für die von ihr festgesetzten, jedoch von der Bf nicht entrichteten, Glücksspielabgaben im Zeitraum Jänner 2014 bis Dezember 2015 als Folge dieser Nichtentrichtung fest (insgesamt 15.410,77 €, die bis zu entrichten waren):

1. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 01/2014 in Höhe von 255,50 €

2. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 02/2014 in Höhe von 557,52 €

3. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 03/2014 in Höhe von 648,98 €

4. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 04/2014 in Höhe von 509,17 €

5. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 05/2014 in Höhe von 196,54 €

6. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 06/2014 in Höhe von 431,60 €

7. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 07/2014 in Höhe von 127,92 €

8. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 08/2014 in Höhe von 727,26 €

9. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 04/2015 in Höhe von 609,89 €

10. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 05/2015 in Höhe von 973,64 €

11. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 06/2015 in Höhe von 1.400,04 €

12. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 07/2015 in Höhe von 1.571,17 €

13. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 08/2015 in Höhe von 1.489,35 €

14. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 09/2015 in Höhe von 1.568,13 €

15. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 10/2015 in Höhe von 1.404,65 €

16. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 11/2015 in Höhe von 1.431,47 €

17. Säumniszuschlag für Glücksspielabgaben 12/2015 in Höhe von 1.507,94 €

Begründet wurde die Festsetzung damit, dass die Bf die Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet hat.

Die Bf erhob am gegen sämtliche gegenständlichen 17 zweite Säumniszuschlagsbescheide wie auch gegen sämtliche den gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheiden zu Grunde liegenden Glücksspielabgabebescheide Jänner 2014 bis Dezember 2015 Beschwerden, die Gegenstand anderer Verfahrens des Bundesfinanzgerichts sind.

In den gegenständlichen Beschwerden wurde die Festsetzung der Säumniszuschläge insbesondere wegen der Glücksspielabgaben bekämpft und beantragt, die Säumniszuschläge mit Null festzusetzen.

Die Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes ergaben, dass für die den gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheiden zu Grunde liegenden Glücksspielabgaben ebenfalls Aussetzung der Einhebung beantragt wurde, die jedoch nicht gewährt wurde. Das dagegen erhobene Rechtsmittel wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom vom Finanzamt abgewiesen, weil auf Grund der Erledigung der Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung vom gegen die Stammabgabe kein Rechtsmittel mehr offen war und kein Vorlageantrag dagegen gestellt.

Am erließ die belangte Behörde ihre Beschwerdevorentscheidungen, die die gegenständlichen Beschwerden als unbegründet abwies.

Dagegen stellte die Bf Vorlageantrag und am und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat des Bundesfinanzgerichtes.

Mit Beschluss vom wurde über die Bf das Konkursverfahren eröffnet.

Das Bundesfinanzgericht lud beide Parteien am zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am ins Bundesfinanzgericht und übersandte als Beilage einen Beschluss in Form eines Vorhaltes der beabsichtigten Entscheidung an den Masseverwalter der beschwerdeführenden Partei sowie an die belangte Behörde in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, mit der Möglichkeit der Stellungnahme.

Der Masseverwalter zog mit Schreiben vom den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückzog. Nicht zurückgezogen wurde der Antrag auf Entscheidung durch den Senat.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des vorgelegten Finanzamtsaktes sowie der Ediktsdatei als erwiesen anzusehen.

Der Verfahrensgang vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als Vorgängerorgnaisation des Finanzamts Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch die Bescheide, die Bescheidbeschwerden, die Beschwerdevorentscheidungen und den Vorlageantrag und schließlich Vorlage vor dem Bundesfinanzgericht evident.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtsgrundlagen

§ 217 BAO idF BGBl. I Nr. 104/2018

(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

(3) Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

3.1.2. Rechtliche Würdigung

Für den Fall, dass eine Abgabe nicht spätestens drei Monate nach Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet wird, ist gem. § 217 Abs. 3 BAO ein zweiter Säumniszuschlag zu entrichten.

Der zweite Säumniszuschlag beträgt 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfrist wird insoweit unterbrochen, als nach § 217 Abs. 4 BAO Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Grundsätzlich ist der Säumniszuschlag eine objektive Säumnisfolge der Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten bei deren Fälligkeit und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht ist (). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten: Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (Ritz/Koran, BAO7, § 217 Rz 2f).

Die Bf hat keinerlei Vorbringen dahingehend erstattet, dass dieser Zahlungsverpflichtung für die im Festsetzungsbescheid genannten Monate ihrerseits nachgekommen worden wäre.

Die Bf bekämpft vielmehr die verfassungsmäßige und damit grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Glücksspielgesetzes GSpG generell.

Diese Argumente sind allerdings in den Verfahren über die Glücksspielabgaben einschlägig und primär dort zu klären.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Säumniszuschlag auf Grund der Stammabgabe bemessen wird, das bedeutet, dass die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit Bemessungsgrundlage dafür ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, angefochten oder rechtskräftig ist.

Die umfangreichen Ausführungen und Einwendungen der Bf gegen die Abgabenfestsetzung der Glücksspielabgaben und ob das GspG unionswidrig oder verfassungskonform ist, sind im gegenständlichen Verfahren über die Festsetzung von zweiten Säumniszuschlägen daher irrelevant und es ist nicht darauf einzugehen.

Daher hat die belangte Behörde richtig ausgeführt, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Stammabgabe, ; , von der Rechtskräftigkeit der Festsetzung der Stammabgabe, ; , sowie von der Tatsache, ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist, , ist.

Das bedeutet, dass die bloße Tatsache, dass gegen die den Bescheiden über die Festsetzung von Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Glücksspielabgabenbescheide Beschwerden eingebracht wurden, noch keine Stattgabe der gegenständlichen Beschwerden rechtfertigt, da die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (vgl. ; ).

Im gegenständlichen Fall kommt noch dazu, dass es sich bei Säumniszuschlägen um sogenannte Nebenansprüche gemäß § 3 Abs. 2 lit.d BAO handelt, die von der Stammabgabe abgeleitet sind und ihr Schicksal teilen und die Beschwerden gegen die Aussetzung der Einhebung der Stammabgaben nicht mehr offen sind, weil sie mit Beschwerdevorentscheidungen bereits erledigt wurden, gegen die kein Vorlageantrag eingebracht wurde. Demzufolge kann auch § 212a Abs. 4 lit.a BAO nicht zur Anwendung kommen, weil die Stammabgaben nicht ausgesetzt sind.

Aus den genannten Gründen kann den gegenständlichen Beschwerden daher kein Erfolg beschieden sein.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu.

Die Entscheidung ist vielmehr im Einklang mit der angesprochenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und folgt dieser.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105429.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at