WiEReG - Zwangsstrafe; rechtswirksame Zustellung?
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/13/0011. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Erbe N. ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und vom betreffend Festsetzung von Zwangsstrafen, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Erinnerung der Abgabenbehörde vom wurde die beschwerdeführende GmbH (Bf.) aufgefordert, die zu erstattende Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReg) bis zum vorzunehmen. Gleichzeitig wurde für den Fall, dass der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, eine Zwangsstrafe iHv € 1.000,00 angedroht.
Da bis zur gesetzten Frist keine Meldung an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erfolgte, setzte das Finanzamt Österreich mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe iHv € 1.000,00 fest. Gleichzeitig wurde die Bf. aufgefordert, bis die bisher unterlassene Handlung nachzuholen und eine weitere Zwangsstrafe iHv € 4.000,00 angedroht.
Da innerhalb der von der Abgabenbehörde festgelegten Nachfrist wiederum keine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erfolgte, wurde mit Bescheid vom neuerlich eine Zwangsstrafe mit €4.000,00 festgesetzt.
Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen die Bescheide betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe vom und vom , der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertretung zugestellt jeweils am , Beschwerde und brachte vor:
Die Bf. habe am ein Schreiben des Amts für Betrugsbekämpfung vom , ***GZ***, betreffend Einleitung eines finanzstrafrechtlichen Überprüfungsverfahren erhalten, da bereits zwei Zwangsstrafen nach WiEReG verhängt worden wären und insofern der Verdacht bestünde, dass vorsätzlich eine Meldung nach § 5 WiEReG unterlassen worden sei, wodurch der Verdacht auf ein Finanzvergehen nach § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG begründet wäre.
Dieses Schreiben habe die Bf. unverzüglich an ihre steuerliche Vertretung weitergeleitet.
Nach einer kanzleiinternen Durchsicht habe sich herausgestellt, dass die Erinnerung unter Androhung einer Zwangsstrafe sowie die beiden nachfolgenden Zwangsstrafenbescheide nach WiEReG vom und vom weder elektronisch, noch postalisch, noch sonst in irgendeiner Form an die steuerliche Vertretung zugestellt worden wären, also ein Zustellmangel vorläge. Jedenfalls sei sofort nach Übermittlung des Schreibens des Amts für Betrugsbekämpfung vom an die steuerliche Vertretung die ausstehende WiEReG Meldung erfolgt.
Weiters wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass die WiEReG Meldung bereits vor einer rechtskonformen Zustellung am an die steuerliche Vertretung erfolgt sei und zwar sowohl bezüglich der Zwangsstrafenerinnerung als auch der beiden nachfolgenden Zwangsstrafenbescheide. Insofern sollte als Vorfrage amtswegig geklärt werden, ob auf Grund des erwiesenen Zustellungsmangels die beiden vorangeführten Zwangsstrafenbescheide überhaupt rechtlich existieren können.
Zum Zustellmangel wurde ausgeführt, dass im Zuge von Recherchen hervorgekommen sei, dass eine zweite Steuernummer ***StNr2*** für die Bf. existiere, die sowohl der Bf. als auch der steuerlichen Vertretung bisher unbekannt gewesen sei. An diese Steuernummer seien jedoch sowohl die Zwangsstrafenerinnerung als auch die beiden Zwangsstrafenbescheide übermittelt worden. Der Grund für die neue Steuernummer dürfte laut Auskunft des Finanzamtes darin begründet gewesen sein, dass das Finanzamt Österreich für das WiEReG zuständig sei und nicht das für die Bf. grundsätzlich unter der Steuernummer ***StNr1*** zuständige Finanzamt für Großbetriebe.
Da der Bf. lediglich die beim Finanzamt für Großbetriebe geführte Steuernummer, nicht aber die Steuernummer des Finanzamtes Österreich bekannt gewesen wäre, sei insofern aus der Aktenlage eindeutig ersichtlich, dass die Zwangsstrafenerinnerung nach WiEReG und die darauf nachfolgenden beiden Zwangsstrafenbescheide nach WiEReG mangels Wissens um die neue Steuernummer weder bei der Bf. noch bei der steuerlichen Vertretung rechtlich als zugestellt betrachtet werden könnten.
Selbst wenn man aber eine rechtskonforme Zustellung an die Bf. annehmen würde, wäre daraus noch lange keine Zustellung an die langjährige Vertretung ableitbar. Denn die steuerliche Vertretung der Bf. sei nachweislich bereits seit Jahren als Zustellbevollmächtigter ausgewiesen und hinterlegt. Insofern wäre es Aufgabe der zuständigen Behörde gewesen zu klären, ob eine erfolgte Zustellung an die Bf. eine rechtskonforme Zustellung an die zustellungsbevollmächtigte steuerliche Vertretung impliziere.
Gem. § 9 Abs. 3 ZustG habe die Behörde, wenn ein Zusteliungsbevollmächtigter bestellt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschehe dies nicht, so gelte die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, indem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei.
Bei aufrechtem Bestand einer Zustellbevollmächtigung könne somit nicht an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden. Werde statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt, so sei die Zustellung unwirksam ( und VwGH vom 24.O1.2013,2O12/16/OOF).
Insofern wären auch die Zwangsstrafenerinnerung sowie die Zwangsstrafenbescheide zwingend an den Zustellbevollmächtigten zu übermitteln gewesen. Diese Rechtsmeinung entspräche auch der ständigen Judikatur des Bundesfinanzgerichts ().
Abschließend wurde der Antrag gestellt, die Bescheide über die Verhängung einer Zwangsstrafe vom und vom ersatzlos aufzuheben.
Im Vorlagebericht des Finanzamts wird ausgeführt, dass die Adressierung der drei Bescheide an die Bf. selbst korrekt gewesen sei.
Eine Bevollmächtigung eines steuerlichen Vertreters hätte im jeweiligen Verfahren, somit im Verfahren betreffend Zwangsstrafen nach dem WiEReG, geltend gemacht werden müssen (siehe Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., ZustG, § 9 Rz 19 mit Nachweisen aus der VwGH-Rechtsprechung). Selbst wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfassen würde, wäre sie dennoch von der Abgabebehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (Ritz/Koran, a.a.O.).
Die Bf. sei bei der Finanzverwaltung unter zwei Steuernummern bzw. Abgabenkontonummern erfasst: Für die Erhebung und Verbuchung wiederkehrend zu erhebender Abgaben bestehe die Steuernummer ***StNr1***. (Nur) für dieses Abgabenkonto (genauer gesagt, für die Verfahren betreffend die darauf verbuchten Abgaben) sei laut Grunddaten der Finanzverwaltung am von der Kanzlei ***Stb*** elektronisch auch eine Zustellbevollmächtigung gesetzt worden. Mit dem FORG sei per die Zuständigkeit vom ehemaligen Finanzamt Wien 2/20/21/22 aufgrund des Größenkriteriums des § 61 Abs. 1 Z 1 BAO auf das neue Finanzamt für Großbetriebe übergegangen, die Zustellungsvollmacht habe jedoch trotz der Zuständigkeitsänderung ihre Wirksamkeit behalten (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., ZustG, § 9 Rz. 23 mit Verweis auf ).
Die Steuernummer ***StNr2*** beim Finanzamt Österreich sei erst im Zuge des Zwangsstrafenverfahrens, das gemäß in § 16 WiEReG in die Zuständigkeit dieses Finanzamts falle, angelegt worden. Für diese Steuernummer sei erst am durch den ***Stb*** eine allgemeine Vollmacht als steuerlicher Vertreter sowie eine Zustellvollmacht im elektronischen System hinterlegt worden. Somit wären Erledigungen betreffend Zwangsstrafenverfahren nach dem WiEReG erst ab diesem Zeitpunkt an diesen gewillkürten Vertreter zuzustellen gewesen.
Der Ansicht des BFG im in der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom , RV/4100160/2022, werde daher seitens der belangten Behörde nicht gefolgt.
In Bezugnahme auf diese Entscheidung sei noch anzuführen, dass zwar auf der Androhung der Zwangsstrafe vom die Steuernummer, die der Bf. beim Finanzamt für Großbetriebe zugeteilt sei, abgedruckt wurde. Dieser Bescheid sei aber vom Finanzamt Österreich erlassen worden und habe auch inhaltlich nichts mit den wiederkehrend zu erhebenden Abgaben zu tun, so dass die für diese Verfahren bekanntgegebene Zustellungsbevollmächtigung hier nicht greifen könne.
Weiters wurde im Hinblick auf die vom BFG in der zitierten Entscheidung vertretenen Rechtsansicht, dass sich das Finanzamt Österreich das Wissen der Registerbehörde um die Vertretungsvollmacht zurechnen lassen müsse, eingewendet, dass Registerbehörde gem. § 14 WiEReG der Bundesminister für Finanzen sei, während das Finanzamt Österreich nur für das Zwangsstrafenverfahren zuständig sei.
Angemerkt wurde auch, dass im Akt des Finanzamts Österreich gar nicht ersichtlich sei, von wem die Meldungen der wirtschaftlichen Eigentümer durchgeführt werden, da die Kenntnis dieses Umstandes für das Zwangsstrafenverfahren auch keine Bedeutung habe.
Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass die Zustellung der Bescheide nicht etwa in eine eigens dafür eingerichtete und der Bf. unbekannt gebliebene neue FinanzOnline-Teilnehmeridentifikation erfolgt sei, sondern an die der Bf. ursprünglich zugewiesene und ihr bekannte FinanzOnline-Teilnehmeridentifikation.
Zusammenfassend wurde von der Abgabenbehörde vorgebracht, dass von einer ordnungsgemäßen Zustellung der angefochtenen Bescheide auszugehen sei. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom erweise sich daher als zu spät eingebracht. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom sei zwar rechtzeitig eingebracht worden, sie erweise sich aber nicht als begründet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtete und im österreichischen Firmenbuch unter der FN Zahl eingetragene juristische Person des Privatrechts und beim Finanzamt für Großbetriebe unter der StNr. ***StNr1*** steuerlich erfasst. Die Bf. nimmt am FinanzOnline-System des BMF teil, wobei die steuerliche Vertretung für das unter der St.Nr. ***StNr1*** geführte Abgabenkonto bereits am .2011 elektronisch als Zustellbevollmächtigte der belangten Behörde gegenüber namhaft gemacht wurde. Ein Verzicht auf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung bestand im fraglichen Zeitraum nicht.
Im Zuge des Zwangsstrafenverfahrens wurde für die Bf. beim Finanzamt Österreich die St.Nr. ***StNr2*** neu angelegt. Für diese Steuernummer wurde am von der steuerlichen Vertretung eine allgemeine Vollmacht sowie eine Zustellvollmacht im elektronischen System hinterlegt.
Im Register der wirtschaftlichen Eigentümer ist die Bf. unter der Stammzahl Zahl erfasst. Die steuerliche Vertretung der Bf. erstattete als deren Parteienvertreter am die Erstmeldung und am die gesetzlich vorgesehene Folgemeldung gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG über das online abrufbare Unternehmens Serviceportal.
Mit Erinnerungsschreiben vom wurde die Bf. (zur St.Nr. ***StNr1***) unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe iHv € 1.000,00 aufgefordert, der Meldepflicht gemäß § 5 WiEReG bis längstens nachzukommen. Diese verfahrensleitende Verfügung wurde elektronisch direkt der Bf. zugestellt.
Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom (zur St.Nr. ***StNr2***) wurde die angedrohte Zwangsstrafe iHv € 1.000,00 festgesetzt und eine neuerliche Frist zur Nachholung der bisher unterlassenen Handlung bis gesetzt. Gleichzeitig drohte das Finanzamt eine neuerliche Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € an, falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet werde. Der Bescheid wurde elektronisch direkt der Bf. zugestellt.
Mit Bescheid vom (zur St.Nr. ***StNr2***) setzte das Finanzamt Österreich eine Zwangsstrafe in Höhe von € 4.000,00 fest. Auch dieser Bescheid wurde elektronisch direkt der Bf. zugestellt.
Die versäumte Meldung nach § 5 Abs. 1 WiEReG erfolgte am durch die steuerliche Vertretung der Bf.
Sowohl das Erinnerungsschreiben als auch beide Bescheide betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe sind der steuerlichen Vertretung am zugekommen.
2. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, einer Abfrage des Bundesfinanzgerichtes in den Datenbanken der Finanzverwaltung und im Firmenbuch sowie einer Einsicht in den erweiterten Auszug aus dem Register der Wirtschaftlichen Eigentümer. Dass die beschwerdegegenständlichen Bescheide vom und vom und auch das Erinnerungsschreiben vom direkt der Bf. und nicht der steuerlichen Vertretung zugestellt wurden, ist unstrittig. Ebenso unbestritten ist, dass der steuerlichen Vertretung der Bf. die vorgenannten Bescheide am zugekommen sind.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG), BGBl. I Nr. 136/2017 idF BGBl. I Nr. 62/2019, haben die in § 1 Abs. 2 WiEReG aufgelisteten Rechtsträger mit Sitz im Inland (vorbehaltlich näher definierter Ausnahmen) die in dieser Bestimmung genannten Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden. Wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, ergibt sich aus § 2 WiEReG. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 von der Meldepflicht befreit sind, haben binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.
§ 16 Abs. 1 WiEReG lautet:
"Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen."
In § 111 BAO ist angeordnet:
"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."
Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch Zustellung.
Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung) vorzunehmen.
§ 9 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, normiert:
"Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."
Entsprechend der Regelung des § 9 Abs. 3 ZustG kann bei aufrechtem Bestand einer Zustellbevollmächtigung nicht an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden; wird statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt, so ist die Zustellung unwirksam (vgl. ). Im Falle des Bestehens einer wirksamen Vollmacht hat sich sohin die Behörde an den Vertreter zu wenden, also alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei diesem gegenüber zu setzen. Dem Bevollmächtigten sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen und dieser ist auch als Empfänger zu bezeichnen, wobei die Adressierung an die Partei zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten ausreicht (vgl. ; , 2008/22/0607).
Gegenständlich verfügte die Bf. im hier maßgeblichen Zeitraum über einen FinanzOnlinezugang und verzichtete nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung. Festgestelltermaßen war auch im vorgenannten System die jetzige steuerliche Vertretung bereits seit Jahren als Zustellbevollmächtigter hinterlegt.
Die belangte Behörde hat jedoch die Adressierung der Erinnerung vom sowie der Zwangsstrafenbescheide vom und vom unstrittig nicht an die Partei zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten veranlasst. Eine Heilung nach § 9 Abs. 3 ZustG tritt dann ein, wenn der steuerlichen Vertretung und Zustellbevollmächtigten die vorgenannten Schriftstücke tatsächlich zugekommen sind. Sowohl das Erinnerungsschreiben als auch die Bescheide vom und vom sind der zustellbevollmächtigten steuerlichen Vertretung erst am zugekommen. Somit konnte auch erst am die Heilung der Zustellungsmängel eintreten. Daher hat die Beschwerdefrist erst am zu laufen begonnen, weshalb dem Antrag der belangten Behörde, die Beschwerde gegen den Bescheid vom als verspätet zurückzuweisen, nicht gefolgt werden kann.
§ 111 Abs. 2 BAO sieht vor, dass eine Zwangsstrafe vor der Festsetzung zwingend schriftlich anzudrohen ist, wobei gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG die Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen ist. Im gegenständlichen Fall sind aber sowohl die Festsetzungen als auch die Androhungen der gegenständlichen Strafen am selben Tag zugegangen, respektive wirksam geworden, was klar gegen die vorzitierte Anordnung in der BAO verstößt.
Darüber hinaus setzt die Festsetzung von Zwangsstrafen nach § 16 WiEReG voraus, dass eine in diesem Gesetz vorgesehene Meldung nicht oder nicht vollständig erstattet wurde. Da die geforderte Meldung am erfolgte, die Bf. somit bereits vor Zugang der verfahrensgegenständlichen Bescheide ihren Meldepflichten durch den steuerlichen Vertreter nachgekommen war, lag am de facto kein Anwendungsfall für ein Vorgehen nach § 16 Abs. 1 WiEReG (mehr) vor.
Zum Einwand der belangten Behörde, dass die Zustellungen der strittigen Schriftstücke direkt an die Bf. rechtens gewesen wären, weil die aufrechte Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung nur für die Verfahren betreffend die auf dem Abgabenkonto ***StNr1*** verbuchten Abgaben Gültigkeit besitze und daher eine Bevollmächtigung im Verfahren betreffend Zwangsstrafen nach dem WiEReG geltend gemacht werden hätte müssen, wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des , verwiesen:
"Schließlich bestand - entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde - ein (aufrechtes) Vollmachtsverhältnis zugunsten des nunmehrigen steuerlichen Vertreters auch im Zusammenhang mit den sich aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer ergebenden Pflichten: Festgestelltermaßen erfolgten alle Meldungen der Bf. an das Register von Anfang an durch deren steuerlichen Vertreter als berufsmäßigen Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 2 WiEReG. Die Bf. ließ sich sohin bei allen Meldungen durch ihren Steuerberater vertreten, was für die Registerbehörde aufgrund der Eingaben auch erkennbar war. Das Wissen der Registerbehörde muss sich auch die belangte Behörde als für die Verhängung der gegenständlichen Zwangsstrafen zuständig, zurechnen lassen.
…….
Die Vertretungsmacht endete auch nicht mit der jeweils konkret vorgenommenen Meldung: Eine Bevollmächtigung hat nämlich grundsätzlich Wirkung für alle von der Behörde in den Angelegenheiten des WiEReG vorzunehmenden Zustellungen und ist nicht auf ein bestimmtes einzelnes Verfahren betreffend einen konkreten Zeitraum beschränkt (vgl. dazu etwa VwGH zum Altlastenbeitrag vom , 2008/17/0094). Für die hier vertretene Rechtsauffassung spricht im Übrigen auch der Wortlaut des seit in Geltung stehenden § 5 Abs. 6 WiEReG, der lautet, wie folgt: "Wenn für einen Rechtsträger noch keine Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter abgegeben wurde, so kann jeder berufsmäßige Parteienvertreter unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht eine Meldung gemäß diesem Paragraphen abgeben. Nach Abgabe einer Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter für einen Rechtsträger, kann ein anderer berufsmäßiger Parteienvertreter für diesen Rechtsträger nur dann eine Meldung abgeben, wenn dieser im elektronischen Wege der Registerbehörde unter Berufung auf die erteile Vollmacht den Wechsel der Berechtigung zur Abgabe einer Meldung anzeigt." Da der steuerliche Vertreter bereits vor dessen Inkrafttreten Meldungen iSd leg. cit. namens und auftrags der Bf. erstattete und bis dato ein Wechsel in der Person des Parteienvertreters nicht angezeigt wurde, hätte die belangte Behörde bereits zum Zeitpunkt der verfahrensleitenden Verfügung vom vom aufrechten Bestands eines Vollmachtsverhältnisses (samt Zustellvollmacht) - mit den soeben dargelegten Konsequenzen - auszugehen gehabt."
Das Bundesfinanzgericht teilt ausdrücklich die in dieser Entscheidung geäußerten Rechtsansichten. Diese stellen somit Teil der Begründung dieses Erkenntnisses dar.
Auch im zu beurteilenden Beschwerdefall hat die steuerliche Vertretung als berufsmäßiger Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 2 WiEReG die sich aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer ergebenden Pflichten wahrgenommen. Insofern gelten die hier auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Erkenntnis des , auch für den vorliegenden Fall. Nachdem die Vollmacht vom explizit auch eine Zustellvollmacht betreffend Schriftstücke der Abgabenbehörde enthält, wären sohin Zustellungen im Zusammenhang mit der Verhängung von Zwangsstrafen nach dem WiEReG an den Zustellungsbevollmächtigten zu veranlassen gewesen.
Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die Abgabenbehörde zunächst offensichtlich selbst die oben dargelegte Rechtsansicht vertreten hat; ist doch dem Abgabeninformationssystem zu entnehmen, dass das - (zur St.Nr. ***StNr1*** ergangene) nicht verfahrensgegenständliche - Erinnerungsschreiben vom , mit welchem die Bf. vom Finanzamt Österreich zur Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG aufgefordert wurde, an die Bf. zu Handen der steuerlichen Vertretung adressiert war.
Ebenso geht die Argumentation der belangten Behörde, dass die bekannt gegebene Zustellvollmacht hinsichtlich der Androhung der Zwangsstrafe vom deshalb nicht greifen könne, weil die genannte Verfügung nicht vom Finanzamt für Großbetriebe, sondern vom Finanzamt Österreich erlassen worden sei, in Anbetracht der weiteren Ausführungen im genannten Erkenntnis des ins Leere:
"Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Erinnerung vom gerade zur Steuernummer 123456 (nunmehrige Zuständigkeit des FAG) erlassen wurde, für die - was die belangte Behörde ohnedies nicht bestreitet - eine aufrechte Zustellungsbevollmächtigung zugunsten des nunmehrigen steuerlichen Vertreters bestand. Selbst wenn man sohin der Argumentation der belangten Behörde folgen sollte, wäre jedenfalls die vorgenannte Erinnerung im Sinne der vorzitierten Gesetzeslage und Judikatur an den Zustellbevollmächtigten zu übermitteln gewesen. Da dies jedoch unterlassen wurde und die Erinnerung - wie weiter unten dargelegt werden wird - jedoch die conditio sine qua non für die spätere Festsetzung einer Zwangsstrafe darstellt, wäre schon aus diesem Grund der Beschwerde stattzugeben. Im Übrigen erachtet es das erkennende Gericht als unsachlich, wenn die Frage des gänzlichen oder teilweisen Weiterbestandes einer Zustellvollmacht davon abhängig gemacht wird, in wessen Zuständigkeitsbereich der jeweilige Abgabe- und gleichzeitig Meldepflichtige nach dem fällt (FAG oder FAÖ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine derartige Rechtsfrage liegt vor: Soweit überblickbar hat das Höchstgericht die Frage, welche Konsequenz eine gesetzlich angeordnete Splittung der Zuständigkeit auf eine aufrechte Zustellungsvollmacht hat, noch nicht beantwortet, weshalb die ordentliche Revision zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 § 16 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 § 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103389.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at