Schätzungsberechtigung, Anwendung eines Sicherheitszuschlages
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** betreffend Einkommensteuer der Jahre 2009 bis 2012 und Umsatzsteuer der Jahre 2009, 2011 und 2012 jeweils vom sowie Umsatzsteuer 2010 vom , Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) betreibt seit dem Jahr 2000 einen Großhandel mit Mehlen und Haselnüssen. In den Beschwerdejahren 2009 bis 2012 bezog er Einkünfte aus Gewerbetrieb.
Im Jahr 2014 fand beim Bf. eine Außenprüfung gemäß § 150 BAO statt. Gegenstand der Prüfung waren die Einkommensteuer sowie Umsatzsteuer für die Jahre 2009 bis 2012 sowie eine Nachschau für den Zeitraum 1/2013 bis 3/2014.
Am erfolgte die Anmeldung zur Außenprüfung, welche in der Folge beim Steuerberater durchgeführt wurde.
Nach Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgte mit Bescheid vom eine Abweisung. Begründend wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass gem. § 17 Abs. 3 ZustG eine Zustellung der Vorladung zur Schlussbesprechung durch Hinterlegung am erfolgt sei.
In dem mit datierten Bericht über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung wurden in hier interessierender Hinsicht folgende Feststellungen getroffen:
"…
TZ 1
Allgemeines
Seit dem Jahr 2000 betreibt der Unternehmer den Großhandel mit Mehlen und Haselnüssen. Dabei werden regelmäßig Umsätze von mehr als € 700.000,00 pro Jahr erzielt.
Im Prüfzeitraum 2009 bis 2012 wurden keine Erklärungen eingereicht. Die Bemessungsgrundlagen der Jahre 2009 bis 2011 wurden im Schätzungsweg ermittelt.
Für den Prüfungszeitraum 2009 bis 2012 wurden zu keiner Zeit Bilanzen vorgelegt. Bei Prüfungsbeginn wurde ein Datenträger mit dem Buchungsjournal beginnend ab bis sowie Saldenlisten 2009 bis 2013 vorgelegt.
TZ 2
Ordnungsmäßigkeit der Buchführung
Buchführungspflicht nach Unternehmensrecht, Anwendungsbereich § 189 (1) UGB
Soweit in der Folge nichts anderes bestimmt wird, ist das Dritte Buch anzuwenden auf:
1. Kapitalgesellschaften und unternehmerisch tätige Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist,
2. alle anderen mit Ausnahme der in Abs. 4 genannten Unternehmer, "die hinsichtlich der einzelnen einheitlichen Betriebe jeweils mehr als" 700.000,00 Euro Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen.
Führung von Büchern und Aufzeichnungen § 124 BAO
Wer nach unternehmensrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet ist, muss gemäß § 124 BAO auch für steuerliche Zwecke Bücher führen. Die Verpflichtung zur Führung von Büchern besteht unabhängig von der Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit der vorhandenen Aufzeichnungen.
Trotz Verpflichtung zur Führung von Büchern wurden im Prüfungszeitraum lediglich Aufzeichnungen geführt, es wurden keine Bilanzen vorgelegt.
Inventuren
Trotz mehrfacher Nachfrage während des Prüfungszeitraumes wurden keine Inventuren vorgelegt.
Anlagevermögen
Vorgelegt wurde das Anlageverzeichnis zum . Ab wurden keine Anlageverzeichnisse mehr geführt.
Verrechnungskonto Finanzamt
Das Konto "Verrechnung Finanzamt" wurde per und nicht abgestimmt
Buchungsabfolge
Die Verbuchung der Geschäftsfälle erfolgt nicht chronologisch. So z. B. im Kassabuch 2010:
…
Erfassung der Barerlöse
Das Verkaufslager in Ort, Straße 22, ist Montag und Dienstag von 16.30 bis 18.30 Uhr geöffnet.
Die Barerlöse werden über eine Registrierkasse der Marke Olympia CM 811 erfasst. Der Ausdruck der Z Ausdrucke erfolgt willkürlich und in unregelmäßigen Abständen:
z.B. Juli 2010
€ 3.083,64
€ 2.352,58
Gelegentlich finden sich auf den Z Ausdrucken händische - nicht nachvollziehbare - Vermerke bezüglich der Abgrenzung der Erlöse.
Bei stichprobenartiger Kontrolle der Barerlöse wurden Differenzen zwischen den Erlösen laut denBonrollen und den in das Kassabuch eingetragenen Erlösen festgestellt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Z-Ausdruck vom mit einem Erlös von | € 2.352,58 |
händischer Vermerk "bis " | € 1.925,40 |
händischer Vermerk "per " | € 427,18 |
Im Kassabuch wurden folgende Umsätze eingetragen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
€ 3.544,81 | |
€ 1.101,82 |
Bilanzzusammenhang (Bilanzidentität)
Für den Prüfungszeitraum 2009 bis 2012 wurden zu keiner Zeit Bilanzen vorgelegt. Bei Prüfungsbeginn wurde ein Datenträger mit dem Buchungsjournal beginnend ab bis sowie die Saidenlisten 2009 bis 2013 vorgelegt.
Aus den vorgelegten Saldenlisten ist ersichtlich, dass hinsichtlich folgender Anlagen die Werte per 31.12. nicht mit den Werten per 01.01. des Folgejahres übereinstimmen:
…
Abstimmung OP
Die Zahlen der vorgelegten OP Listen Debitoren und Kreditoren stimmen nicht mit der vorgelegten Buchhaltung überein:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kundenford. | ||||
Ansatz lt. Saldenliste | 567.472,17 | 1.007.044,80 | 763.571,14 | 791.660,65 |
Lt. OP-Debitoren | 542.819,54 | 970.717,29 | 720.353,72 | 750.177,00 |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lieferverbindl. | ||||
Ansatz lt. Saldenliste | -944.790,80 | -1.433.963,16 | -1.111.878,94 | - 1.237.750,59 |
Lt. OP Liste | -635.071,60 | -1.326.155,44 | - 987.840,44 | -1.190.780,86 |
z.B. K per :
OP K lt. vorgelegter OP-Liste € 197.442,00
OP K lt. vorgelegter Buchhaltung € 292. 342,00
Bäckerei ABC GmbH
Aufgrund der bei der Bäckerei ABC GmbH angeforderten Debitoren- bzw. Kreditorenkonten der Firma Bf Vorname1 Vorname ergeben sich folgende Feststellungen:
a) Die Fa. ABC GmbH erhält vom Unternehmer Provisionen für vermittelte Umsätze.
Bei Kontrolle der Abstimmung des Lieferantenkontos ABC GmbH beim Unternehmer mit dem Kundenkonto Bf bei der Fa. ABC GmbH wurden folgende Abweichungen festgestellt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stand ABC | 0,00 | 8.741,46 | 0,00 | 10.978,26 | 8.237,06 | 0,00 |
Stand Bf | 0,00 | 8.741,46 | 0,00 | 5.638,31 | 20.568,21 | 12.331,15 |
Folgende Provisionen des Unternehmers an die ABC GmbH wurden nicht als Aufwand erfasst:
€ 5.339,95
€ 2.526,50
Barzahlungen des ***Bf1*** an die ABC GmbH wurden in der Buchhaltung nicht erfasst:
…
b) Die ABC GmbH ist weiters Kunde des Unternehmers
Bei Kontrolle der Abstimmung des Kundenkontos ABC GmbH beim Unternehmer mit dem Lieferantenkonto Bf bei der Fa. ABC GmbH wurden folgende Abweichungen festgestellt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stand ABC | 39.396,19 | 123.442,78 | 123.241,03 | 194.669,05 | 173.017,68 | 152.643,90 |
Stand Bf | 36.396,20 | 123.443,33 | 143.746,86 | 221.991,52 | 246.048,20 | 226.187,41 |
Die Ausgangsrechnung 108905 vom in Höhe von € 19.220,75 wurde bei der Fa. ABC GmbH erst per verbucht.
Folgende Barzahlungen der Fa. ABC GmbH wurden beim Unternehmer nicht verbucht: (Barzahlungen, welche beim Unternehmer somit offiziell nicht abgeflossen sind)
Tabelle in neuem Fenster öffnen
10.529,10 | |
16.647,94 | |
19.220,72 | |
10.924,74 | |
14.945,62 | |
72.268,12 |
Offensichtlich wurde ein Teil der Lieferverbindlichkeiten im Prüfungszeitraum bereits bar bezahlt, dies blieb allerdings in der Buchhaltung unberücksichtigt.
Somit ist das Kassabuch des Prüfungszeitraumes unrichtig.
Die Kunden- bzw. Lieferantenkonten wurden im gesamten Prüfungszeitraum nicht abgestimmt.
Lieferanten Türkei
Zwecks Abstimmung der Lieferantenkonten wurde um Anforderung der OP-Listen bei den Lieferanten D und K gebeten.
Diese Unterlagen wurden nicht vorgelegt.
TZ 3 Sicherheitszuschlag
Die korrekte Verbuchung der Geschäftsfälle ist in keinem der geprüften Jahre gewährleistet.
Obige formelle und materielle Buchführungsmängel sind nicht mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung vereinbar und berechtigen daher zu Hinzuschatzungen.
Wenn Bücher und Aufzeichnungen mangelhaft geführt werden, kann darauf geschlossen werden, dass auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden, als jene, bei denen nachgewiesen wurde, dass Vorgänge nicht verbucht wurden. Aufgabe des Sicherheitszuschlages ist es, diese bestehende Unsicherheit, dass nicht alle Geschäftsvorfälle vollständig erfasst sind, zu verringern bzw. zu beseitigen. Wenn aufgrund mangelhafter Bücher und Aufzeichnungen und dergleichen Unsicherheiten entstehen, so findet dies in der Form eines Sicherheitszuschlages seinen Niederschlag.
Eine Schätzung birgt immer das Risiko der Unsicherheit, welches im Falle mangelhafter Aufzeichnungen der Unternehmer zu tragen hat.
Aufgrund obiger Feststellungen wird ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 5% der Umsätze dem Umsatz und Gewinn hinzugerechnet Die Aufteilung der Umsätze auf die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze erfolgt im Verhältnis der Entgelte lt. Saldenliste.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin. Und setzte im wiederaufgenommenen Verfahren mit den neu ergangenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2009 bis 2012 das Prüfergebnis um.
In der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde vom sowie in der Ergänzung vom wandte die steuerliche Vertretung des Bf. zusammengefasst ein, dass sich die Beschwerde gegen die Festsetzung von Sicherheitszuschlägen in Höhe von 5 % des Umsatzes der einzelnen Jahre richte. Die Buchführung sei regelmäßig, zeitgerecht und vollständig durchgeführt, die Voranmeldungen seien fristgerecht übermittelt und die entstehenden Steuerschulden seien termingerecht beglichen worden. Unstrittig sei, dass eine Bilanzierung ab dem Jahr 2009 unterblieben sei, da Bedenken hinsichtlich der ausgewiesenen Forderungen und deren Einbringlichkeit entstanden seien. Zu den einzelnen Feststellungen der Prüferin sei noch auszuführen, dass die Inventuren jährlich zum Stichtag gemacht und zum Prüfzeitpunkt zur Vorlage bereitgelegt worden seien. Auch die Anlagenverzeichnisse seien im Prüfzeitraum erstellt worden und sollten vorgelegt werden. Die Feststellung der Prüferin hinsichtlich der nicht chronologischen Aufzeichnung der Geschäftsfälle sei nicht nachvollziehbar, da aus den in der Anlage beigelegten Kopien des Kassabuches 1-12/2010 eine chronologische Erfassung hervorgehe. Sämtliche zur "Erfassung der Barerlöse" getroffenen Feststellungen haben einen nachvollziehbaren Hintergrund und seien der Prüferin auch teilweise erklärt worden. Hinsichtlich der Differenzen zwischen den Salden der Offenen-Posten-Listen und den Salden der Saldenliste könne ohne Kenntnis davon, auf welche Listen sich die Prüferin beziehe, keine Aussage getroffen werden. Letztlich sei noch auf Barzahlungen zwischen der Firma ABC GmbH und der Bf. einzugehen. Die Firma ABC GmbH, die Firma Vorname Bf und die Firma D stehen in wechselseitigen Geschäftsbeziehungen. Aus diesem Grund seien die von der Prüferin aufgelisteten Fälle (Forderungen und Verbindlichkeiten) nicht über Barzahlungen, sondern über eine gegenseitige Verrechnung beglichen worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Sachverhalt im Rahmen der am begonnenen Betriebsprüfung festgestellt worden sei. Das Finanzamt folge dieser und habe diese Feststellungen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Das Prüfungsorgan beschreibe im Detail die festgestellten Mängel in den Aufzeichnungen und Bücher.
Am stellte die steuerliche Vertretung den Antrag, die Beschwerde möge dem Bundesfinanzgericht vorgelegt werden (Vorlageantrag) und beantragte eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde die mündliche Verhandlung mit E-Mail-Nachricht vom zurückgezogen und als Beilage die Inventuren der streitgegenständlichen Jahre hinzugefügt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der Streitjahre 2009 bis 2012, ob Grundsätze der Buchführung soweit verletzt wurden, dass eine Schätzungsbefugnis für die Behörde gegeben ist und ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 5 % des Umsatzes auf den Gewinn gerechtfertigt ist.
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis nachstehenden Sachverhalt als feststehend zugrunde:
In den streitgegenständlichen Jahren bezog der Bf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Seit dem Jahr 2000 wurde ein Großhandel mit Mehlen und Haselnüssen betrieben.
Während dieser Zeit wurden regelmäßig Umsätze von mehr als € 700.000,00 pro Jahr erzielt.
Im Jahr 2014 erfolgte eine abgabenbehördliche Prüfung der Jahre 2009 bis 2012. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden für diesen Zeitraum keine Jahresabschlüsse und keine Jahreserklärungen erstellt. Eine Nachreichung erfolgte erst nach Abschluss der Abschlussprüfung im Zuge der Ergänzung zur eingereichten Beschwerde am .
Für die Vorjahre 2007 und 2008 wurden auch keine Jahreserklärungen an das Finanzamt eingereicht.
Die Anmeldung der Prüfung erfolgte am .
Der Brief zur Vorladung einer Schlussbesprechung ist mit datiert. Die Hinterlegung erfolgte mit . Es erfolgte jedoch keine Abholung durch den Bf.
Zum Schlussbesprechungstermin am erschienen weder der Bf. noch sein steuerlicher Vertreter.
Inventuren wurden während der Prüfungszeit, auch nach mehrmaliger Nachfrage, nicht nachgereicht.
Am wurden die Inventuren erstmals im Rahmen der Zurücknahme der mündlichen Verhandlung an das BFG gesendet.
Einwendungen des steuerlichen Vertreters zu den Prüfungsfeststellungen hinsichtlich Tz 2 Ordnungsmäßigkeit der Buchführung:
Inventuren
Hinsichtlich Inventuren wurde vom steuerlichen Vertreter stets betont, dass diese jährlich zum Stichtag gemacht wurden. Während der Präsenzzeit der Außenprüferin in den Kanzleiräumlichkeiten wurden sie jedoch, trotz mehrmaliger Nachfrage, nicht vorgelegt. In der Prüfungschronologie anlässlich der Prüfung wurde vermerkt, dass die Prüfung am beim steuerlichen Vertreter angemeldet und der Beginn mit vereinbart wurde. Trotz Vereinbarung waren an diesem Tag keinerlei Unterlagen vorhanden. Erst auf Anfrage wurde ein Datenträger mit dem Buchungsjournal vorgelegt. Auch in der Beschwerde vom erfolgte keine Nachreichung der Inventuren. Der steuerliche Vertreter beschränkte sich lediglich auf den Verweis, dass diese gemacht wurden und bestehen. Es ist absolut unverständlich, dass im Zuge der Zurückziehung der mündlichen Verhandlung und somit im fortgeschrittenen Verfahrensstadium - nach Durchführung einer Außenprüfung, nach Beschwerdeeinbringung und nach Antrag auf Vorlage - Inventuren der streitgegenständlichen Jahre vorgelegt werden. Für das BFG konnte bei den erst am vorgelegten Inventuren nicht ansatzweise überprüft bzw. glaubhaft gemacht werden, dass diese bereits zum Zeitpunkt der erfolgten Außenprüfung vorlagen bzw. jährlich zum Stichtag auch tatsächlich gemacht wurden.
Anlagevermögen
Hinsichtlich des Bestehens und der Führung der Anlagenverzeichnisse der Jahre 2010 bis 2012, schließt sich das Bundesfinanzgericht den Feststellungen der Prüferin an. Der steuerliche Vertreter stützt sich hierbei lediglich auf Behauptungen und blieb jeglichen Beweis schuldig. Nachdem die Bilanzen zum Abschlussstichtag noch nicht vorlagen bzw. nicht erstellt worden waren, geht das BFG davon aus, dass auch die Anlagenverzeichnisse nicht erstellt worden waren. Die Führung der Anlagenverzeichnisse gehört zu den gängigen Arbeitsprozessen im Zuge der Jahresabschlusserstellung. Aus diesem Grund ist das Bundesfinanzgericht überzeugt, dass diese erst nach Abschluss der Prüfung erstellt wurden. Sie wurden schließlich anlässlich der Beschwerde am mit den jeweiligen Jahresabschlüssen an das Finanzamt gesendet.
Buchungsabfolge
In der Anlage der Beschwerde vom wurde ein Kassajournal für die Monate 1-12/2010 nachgereicht. Im Gegensatz zu den Feststellungen im Außenprüfungsbericht (siehe Tz 2) erfolgten hier die Buchungen chronologisch. Infolge der Widersprüchlichkeiten, sieht das Bundesfinanzgericht keinen Grund diesen Aufzeichnungen mehr Glauben zu schenken, als jenen, welche Grundlage für die Feststellungen im Prüfbericht waren. Das Prüforgan beschreibt im Detail die festgestellten Mängel in den Aufzeichnungen. Bei den Mängeln handelt es sich um fehlende Chronologie, Differenzen zwischen bonierten Erlösen und jenen, die in das Kassajournal eingetragen wurden, sowie um konkret fehlende Buchungen vor Barzahlungen im Kassajournal. Die Aufzeichnungen wurden in monatsweisen Intervallen durchgeführt und zwar in nicht ansteigender Reihenfolge. Bei den nachgereichten Unterlagen könnte es sich um zu einem beliebigen Zeitpunkt - zB mittels Word oder Excel - erstellte Dateien handeln. Dass diese aus den Original-Kassajournalen stammen und in den steuerlich erfassten Erlösen verbucht wurden, kann damit nicht einmal ansatzweise überprüft bzw. glaubhaft - geschweige denn nachgewiesen - werden.
Buchungsabfolge laut Feststellungen der Außenprüfung für Juli 2010:
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Erfassung der Barerlöse
Vom steuerlichen Vertreter wurde hinsichtlich der "Erfassung der Barerlöse" ausgeführt, dass am eine Rechnung über € 3.544,81 ins Kassabuch eingetragen worden sei, welche unter anderem die sogenannte "Z Summierung" in Höhe von € 1.925,40 (brutto) enthalten habe. Wie sich jedoch erst am Monatsende () herausgestellt habe, sei versehentlich am keine Z- Summierung, bei der die bisherigen Zahlen gelöscht werden, sondern eine X-Summierung, bei der dies nicht erfolgt sei, durchgeführt worden. Die bereits am eingetragenen Erlöse seien deshalb in den Erlösen laut Z-Summierung enthalten gewesen und mussten daher herausgerechnet werden. Hierzu ist anzumerken, dass der Bf. gesetzlich verpflichtet ist alle Bareingänge und Barausgänge täglich einzeln festzuhalten. Das ABC wertet dieses Vorbringen als reine Schutzbehauptung. Es ist keinesfalls dazu geeignet die bestehenden Mängel auszuräumen. Vielmehr bekräftigt dieses Argument die Feststellung der Außenprüferin, dass die Z-Ausdrucke willkürlich und in unregelmäßigen Abständen durchgeführt wurden. Hierzu ist anzumerken, dass lediglich eine Z-Summierung /ein Z- Bericht stellt einen Tagesabschlussbericht dar und sollte am Ende eines jeden Handelstages erstellt werden. Erst dieser setzt alle Vorgänge des Tages zurück. Denn nur dadurch kann ein neuer Handelstag mit neuen Zahlen beginnen. Eine X-Summierung ist lediglich ein Zwischenschlussbericht über die bisherigen Kassenaktivitäten. Er kann jederzeit durchgeführt werden, ohne dass die Datensammlungen im Kassensystem zurückgesetzt werden. Nur eine Z-Summierung kann eine ordnungsgemäße Erfassung durchführen, da sie nur einmal durchgeführt werden kann.
Abstimmungen Offene-Posten Debitoren und Kreditoren
Zu den Prüfungsfeststellungen hinsichtlich der fehlenden Abstimmungen der Offenen-Posten (OP)-Listen Debitoren und Kreditoren mit der vorgelegten Buchhaltung räumte der steuerliche Vertreter in seiner Beschwerde ein, dass er aus jahrelanger Berufserfahrung sagen könne, dass es immer wieder zu Abweichungen zwischen Salden der Offener Posten Liste mit jenen der Saldenliste komme. Für ihn stelle dies jedoch keinen Buchführungsmangel dar. Weiters führt der steuerliche Berater aus, dass die OP-Liste dem Unternehmer in erster Linie zur Überwachung der Zahlungseingänge und der offenen Verbindlichkeiten diene. Dies um Zahlungsziele allenfalls unter Ausnutzung von Skontofristen einhalten zu können und um ein effizientes Mahnwesen unterhalten zu können.
Hinsichtlich der Überwachung und des Führens eines effizienten Mahnwesens stimmt das BFG den Ausführungen des steuerlichen Beraters durchwegs zu. In seinen weiteren Ausführungen übersieht der steuerliche Berater, dass der Bf. den unternehmensrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gem. § 5 Abs. 1 EStG unterliegt. Bei den OP-Debitoren-Listen und den OP-Kreditoren-Listen handelt es sich wie beim Anlageverzeichnis und auch beim Kassabuch um Nebenbücher. Die Gesamtsalden dieser Nebenbuchhaltungen werden in das Hauptbuch übernommen. Die Salden aller in einer Bilanz ausgewiesener Forderungen und Verbindlichkeiten müssen belegt werden.
Darstellung der Differenzen der Salden der Konten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zu den Gesamtsalden OP-Listen-Debitoren und Kreditoren:
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Kundenford. | ||||
Ansatz lt. Saldenliste | 567.472,17 | 1.007.044,80 | 763.571,14 | 791.660,65 |
Lt. OP-Debitoren | 542.819,54 | 970.717,29 | 720.353,72 | 750.177,00 |
DIFFERENZ | 24.652,63 | 36.327,51 | 73.217,42 | 41.483,65 |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lieferverbindl. | ||||
Ansatz lt. Saldenliste | -944.790,80 | -1.433.963,16 | -1.111.878,94 | - 1.237.750,59 |
Lt. OP-Kreditoren | -635.071,60 | -1.326.155,44 | - 987.840,44 | -1.190.780,86 |
DIFFERENZ | 309.719,20 | 107.807,72 | 124.038,50 | 43.969,73 |
Zum Einwand des steuerlichen Vertreters, dass ohne Kenntnis davon, auf welche Listen sich die Prüferin beziehe, keine Aussage getroffen werden könne, wird darauf verwiesen, dass diese Zahlen den jeweiligen OP-Listen per 31.12 des jeweiligen Streitjahres, welche am vom steuerlichen Vertreter ausgedruckt wurden und den jeweiligen Saldenlisten per 31.12., welche am ausgedruckt wurden, entnommen worden sind.
Bäckerei ABC GmbH
Mit Anlage 4 zur Beschwerde wurde eine Excel-Aufstellung an das Finanzamt übersendet. Der Beweis wurde lediglich hinsichtlich des Punktes - Barzahlungen des Bf. an die ABC GmbH - versucht. In dieser Aufstellung ging der steuerliche Berater auf die festgestellten Barzahlungen mit dem Datum ein. Eine Antwort zu den anderen Feststellungen (Abweichungen zwischen Kundenkonto Bf bei der Fa ABC GmbH per , und , Abweichungen zwischen Kundenkonto ABC GmbH beim Bf. mit dem Lieferantenkonter Bf bei der Fa. ABC GmbH, Bareingänge bei der Fa. ABC GmbH, die beim Bf. nicht verbucht wurden, etc.) blieb er schuldig. Mit dieser Aufstellung hat der Bf. den gebotenen Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht zweifelsohne nicht entsprochen. Die Zweifel der korrekten Verbuchung bzw. Erfassung des Aufwandes bzw. Ertrages zu beweisen, ist somit nicht geglückt.
Für das BFG steht im vorliegenden Fall fest, dass die Kunden- und Lieferantenkonten nicht abgestimmt wurden und das Kassabuch des Prüfzeitraums unrichtig ist. Das Gesamtbild wird durch das Protokoll der Außenprüferin vom - Prüfungschronologie anlässlich der Prüfung - noch verstärkt. Nachstehend wird dieses wörtlich wiedergegeben:
" Anmeldung zur Prüfung am beim steuerlichen Vertreter Dr. StB. Bei diesem Gespräch wurde als Prüfungsbeginn, Montag der , 8.00 Uhr vereinbart.
Beim Prüfungsbeginn waren keinerlei Unterlagen vorhanden. Auf Nachfrage wurde ein Datenträger mit dem Buchungsjournal vorgelegt. Dr. StB erklärte gegenüber der Prüferin, Herr Bf würde in ca. einer halben Stunde kommen. Dieser erschien zwar, aber ohne irgendwelche Unterlagen. Er erklärte sich jedoch bereit, diese zu holen. Im Laufe des Vormittags wurden Unterlagen (Ein- und Ausgangsrechnungen, Bankauszüge) vorgelegt.
Im Laufe des Tages () wurde Dr. StB um die Vorlage weiterer Unterlagen (Saldenlisten, Inventuren, Afa-Details, OP-Listen) gebeten. Dr. StB erklärte darauf, die Inventuren befänden sich beim Unternehmer.
Am Nachmittag des erfolgte die Betriebsbesichtigung in Ort, Straße 22 in Anwesenheit des Unternehmers Bf sowie der Prüferin. Im Zuge dieser Betriebsbesichtigung wurde auch Herr Bf um die Vorlage der Inventuren gebeten. Dieser erklärte, die Inventuren müssten sich beim steuerlichen Vertreter befinden.
Auch am Dienstag, den konnte die Inventur wiederum nicht vorgelegt werden. Wieder erklärten Dr. StB und Herr Bf die Inventuren würden sich jeweils beim anderen befinden.
Am erfolgte ein Anruf des Teamleiters bei Dr. StB bezüglich weiterer Vorgangsweise. Dr. StB wurde u. a. auf die fehlenden Inventuren (sowie weitere Punkte bezüglich der nicht ordnungsgemäßen Buchführung sh. auch Prüfungsfeststellungen) angesprochen. Dr. StB dem Teamleiter, das sei unrichtig, es sei "alles da".
Es folgten weitere Prüfungstage in der Kanzlei Dr. StB: Montag, , Dienstag,
Obwohl im Telefongespräch mit dem Teamleiter erklärt wurde - es sei "alles da" - wurden - trotz neuerlicher Nachfrage der Prüferin - auch an diesen beiden Tagen keine Inventuren vorgelegt.
Die Prüferin verabschiedete sich nicht mit dem Hinweis sie sei "die nächsten zwei Wochen im Urlaub". In der KW 24 wurde eine bereits vor Wochen anberaumte Betriebsprüfung durchgeführt und lediglich in der KW 25 war die Prüferin im Urlaub.
Zur Bemerkung Dr. StB im Schreiben vom "Fragen oder Feststellungen hat sie zu dem Zeitpunkt keine hinterlassen, die wir zwischenzeitlich bearbeiten hätten können" sei festzuhalten, dass Herr Bf am Freitag, den gebeten wurde, zwecks Abstimmung der Lieferantenkonten die OP-Listen Kunden der Lieferanten D (ab bis dato) und K (ab bis dato) vorzulegen.
Anruf der Prüferin bei Dr. StB am um 9.09 mit der Bitte um Rückruf bezüglich der Vereinbarung eines Schlussbesprechungstermines und mit dem Hinweis auf die Übersendung der Feststellungen.
Im Zuge dieses Gespräches wurde von Dr. StB zu keiner Zeit erwähnt, dass sich die Inventuren nun möglicherweise in der Kanzlei befinden würden. Die Prüfungsfeststellungen wurden um 9.16 Uhr mittels E-Mail geschickt.
Nachdem sich weder der Unternehmer noch der steuerliche Vertreter bezüglich der Vereinbarung eines Schlussbesprechungstermines meldeten, wurde am Mittwoch den die Vorladung zur Schlussbesprechung auf Freitag den mittels Rückschein verschickt.
Zum Schlussbesprechungstermin am erschienen weder der steuerliche Vertreter noch der Unternehmer, weshalb die Schlussbesprechung als abgehalten gilt.
Zu den fehlenden Inventuren ist festzuhalten: Die Hinzurechnung von Sicherheitszuschlägen zu Umsatz und Gewinn erfolgte aufgrund diverser formeller und materieller Buchführungsmängel (nicht nur aufgrund fehlender Inventuren) sh. dazu auf den BP-Bericht."
Das BFG hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt des Bf. und Würdigung der Parteienerklärungen. Weder konnten im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung die vorgehaltenen Mängel entkräftet werden bzw. ihr Nichtauswirken auf die Bemessungsgrundlage dargetan werden, noch sind die vom Bf. erstatteten Vorbringen geeignet, diese Annahme zu entkräften.
Rechtslage und rechtliche Beurteilung
2.1 Rechtslage
§ 189 UGB lautet:
" (1) Soweit in der Folge nichts anderes bestimmt wird, ist das Dritte Buch anzuwenden auf:
…
3. alle anderen mit Ausnahme der in Abs. 4 genannten Unternehmer, die hinsichtlich der einzelnen einheitlichen Betriebe jeweils mehr als 700 000 Euro Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen. …"
§ 190 UGB normiert ua. wie folgt:
(1) Der Unternehmer hat Bücher zu führen und in diesen seine unternehmensbezogenen Geschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.
(2) Bei der Führung der Bücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Unternehmer einer lebenden Sprache zu bedienen. Werden Abkürzungen, Zahlen, Buchstaben oder Symbole verwendet, so muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.
(3) Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden.
(4) Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch darf durch eine Veränderung keine Ungewissheit darüber entstehen, ob eine Eintragung oder Aufzeichnung ursprünglich oder zu einem späteren Zeitpunkt gemacht wurde.
(5) Der Unternehmer kann zur ordnungsmäßigen Buchführung und zur Aufbewahrung seiner Geschäftsbriefe (§ 212 Abs. 1) Datenträger benützen. Hierbei muss die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete, hinsichtlich der in § 212 Abs. 1 genannten Schriftstücke auch die urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen jederzeit gewährleistet sein. Werden solche Schriftstücke auf elektronischem Weg übertragen, so muss ihre Lesbarkeit in geeigneter Form gesichert sein. Soweit die Schriftstücke nur auf Datenträgern vorliegen, entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe.
§ 5 EStG lautet:
(1) Für die Gewinnermittlung jener Steuerpflichtigen, die nach § 189 UGB oder anderen bundesgesetzlichen Vorschriften der Pflicht zur Rechnungslegung unterliegen und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) beziehen, sind die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend, außer zwingende steuerrechtliche Vorschriften treffen abweichende Regelungen. Die Widmung von Wirtschaftsgütern als gewillkürtes Betriebsvermögen ist zulässig. Beteiligt sich ein Gesellschafter als Mitunternehmer am Betrieb eines nach § 189 UGB rechnungslegungspflichtigen Gewerbetreibenden, gilt auch diese Gesellschaft als rechnungslegungspflichtiger Gewerbetreibender.
…"
§ 131 BAO normiert ua. wie folgt:
"(1) …Die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie die ohne gesetzliche Verpflichtung geführten Bücher sind so zu führen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können. Die einzelnen Geschäftsvorfälle sollen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Dabei gelten insbesondere die folgenden Vorschriften: (…)
2. Die Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. (…) Abgabepflichtige, die gemäß § 126 Abs. 2 verpflichtet sind, ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen, sollen alle Bargeschäfte einzeln festhalten. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung Erleichterungen bei den Büchern und Aufzeichnungen festlegen, wenn das Festhalten der einzelnen Bareingänge und Barausgänge unzumutbar wäre, sofern die ordnungsgemäße Ermittlung der Grundlagen der Abgabenerhebung dadurch nicht gefährdet wird.
3. Die Bezeichnung der Konten und Bücher soll erkennen lassen, welche Geschäftsvorgänge auf diesen Konten (in diesen Büchern) verzeichnet werden. (…)
4. Soweit Bücher oder Aufzeichnungen gebunden geführt werden, sollen sie nach Maßgabe der Eintragungen Blatt für Blatt oder Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein. Werden Bücher oder Aufzeichnungen auf losen Blättern geführt, so sollen diese in einem laufend geführten Verzeichnis (Kontenregister) festgehalten werden.
5. Die zu Büchern oder Aufzeichnungen gehörigen Belege sollen derart geordnet aufbewahrt werden, dass die Überprüfung der Eintragungen jederzeit möglich ist. (…)"
§ 163 BAO lautet:
"(1) Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 entsprechen, haben die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.
(2) Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, liegen insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist."
§ 124 BAO lautet:
Wer nach dem Unternehmensgesetzbuch oder anderen gesetzlichen Vorschriften zur Führung und Aufbewahrung von Büchern oder Aufzeichnungen verpflichtet ist, hat diese Verpflichtungen auch im Interesse der Abgabenerhebung zu erfüllen.
§ 184 BAO lautet:
§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
3.2. Rechtliche Würdigung
Gewinnermittlung
Der Bf. bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb und unterliegt gem. § 189 UGB kraft Schwellenwertüberschreitung (Umsatz von mehr als € 700.000,00) der Pflicht zur Rechnungslegung. Die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gem. § 5 Abs. 1 EStG sind daher für ihn zu beachten.
Schätzungsbefugnis
Schätzungsberechtigung besteht für die Behörde sowohl bei materiellen als auch bei formellen Unzulänglichkeiten der Aufzeichnungen. Der Umstand, dass Aufzeichnungen nicht vorhanden sind, stellt einen gravierenden Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung dar, wodurch die Schätzungsbefugnis der Behörde begründet wird.
Im Beschwerdefall entsprechen die Bücher und Aufzeichnungen aufgrund der festgestellten Mängel nicht den Vorschriften des § 131 BAO, sodass die in § 163 Abs 1 BAO normierte Vermutung der ordnungsgemäßen Führung derselben nicht zur Anwendung gelangt.
Liegen - wie im Beschwerdefall - formelle und materielle Fehler der Bücher und Aufzeichnungen vor, die zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen Anlass geben, bedarf es nach der Rechtsprechung des VwGH keines Nachweises, dass die genannten Unterlagen mit den Wirtschaftsabläufen tatsächlich nicht übereinstimmen (vgl zB ; ). Dem Abgabepflichtigen steht jedoch die Möglichkeit offen, die sachliche Richtigkeit seiner formell mangelhaften oder unrichtigen Aufzeichnungen zu beweisen und damit der ansonsten bestehenden Schätzungsbefugnis entgegenzuwirken (vgl wiederum ). Im vorliegenden Streitfall konnten die vorgehaltenen Mängel bzw. ihr Nichtauswirken auf die Bemessungsgrundlage weder im Zuge der umfangreichen abgabenbehördlichen Prüfung noch durch die vom Bf. erstatteten Vorbringen - siehe Ausführungen oben - entkräftet werden. Im Beschwerdefall war daher auf Grund der aufgezeigten wesentlichen formellen Mängel in der Buchführung und Aufzeichnungsführung eine Schätzung im Hinblick auf die Bestimmungen des § 184 BAO geboten (vgl zB ; und 0034).
Schätzungsmethode und die Anwendung eines Sicherheitszuschlages
Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist Ziel einer Schätzung, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (vgl zB ; und ), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB ; ). Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung dieses Zieles am geeignetsten erscheint (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).
Im Beschwerdefall wurde von der Prüferin bzw. von der den Feststellungen der Prüferin folgenden belangten Behörde ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 5 Prozent der Umsatzerlöse in Ansatz gebracht.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass - in Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind - auch die Anwendung eines Sicherheitszuschlages ein zulässiges Element der möglichen Schätzungsmethoden darstellt (zB ; ; ). Hiermit werden Fälle erfasst, in denen es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht gesetzeskonform aufgezeichnet wurden (vgl zB ; ; ). Solche Sicherheitszuschläge können sich (beispielsweise) an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder auch - wie im gegenständlichen Fall - an den Umsätzen orientieren (). Die im Wege der Beschwerde vorgelegten, den Prüfungszeitraum betreffenden Bilanzen und Steuererklärungen vermögen über die festgestellten formellen und materiellen Mängel der Buchführung nicht hinwegzutäuschen.
Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem Sicherheitszuschlag - ebenso wie anderen Schätzungskomponenten - kein Strafcharakter zukommt (kein "Straf-Zuschlag"; vgl Ritz, BAO 6 § 184 Rz 18 mwN). Auch der Sicherheitszuschlag hat damit dem Ziel, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, zu dienen.
Im Beschwerdefall liegen - wie unter dem Punkt Sachverhalt und Beweiswürdigung aufgezählt - eine Reihe von Sachverhaltselementen vor, die den Schluss zulassen, dass der Bf. nicht alle Geschäftsfälle erklärte bzw. noch weitere Vorgänge vorliegen, die nicht aufgezeichnet wurden.
Erschwerend wirkt sich nach Ansicht des BFG auch die Nichtabgabe der Steuererklärungen in den Vorjahren - im Jahr 2007 und 2008 - aus. Die Behörde ist berechtigt, in Ausübung freier Beweiswürdigung den Umstand mitzuberücksichtigen, dass der Abgabepflichtige 5 Jahre hindurch keine Steuererklärungen abgegeben hat. Ein solches Verhalten spricht gegen die Bereitschaft, der im § 119 BAO verankerten steuerlichen Offenlegungspflicht und Wahrheitspflicht nachzukommen. Vielmehr rechtfertigt es die Vermutung, dass der betreffende Steuerpflichtige bemüht ist, steuerlich relevante Tatsachen vor der Abgabenbehörde zu verbergen. Die Behörde handelt daher nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf Grund des Verhaltens des Steuerpflichtigen der Auffassung des Betriebsprüfers anschließt und Sicherheitszuschläge in Höhe von 5 Prozent des festgestellten Umsatzes vornimmt, weil die Einnahmen infolge Fehlens von Unterlagen nicht vollständig rekonstruierbar erscheinen. , ÖStZB 1992, 97.
Unter den gegebenen Umständen ist nicht zu erkennen, dass griffweise und sich dementsprechend einer detaillierten Begründung entziehende Zuschätzungen in Form von Sicherheitszuschlägen in der in Höhe von 5 Prozent der Umsatzerlöse auf den Gewinn, welche im Rahmen der Außenprüfung angesetzt wurden, im Beschwerdefall unsachlich wären. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wäre infolge der gravierenden Buchführungsmängel und der Nichtabgabe der Steuererklärungen sogar ein höherer Sicherheitszuschlag denkbar gewesen.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahren wurden die Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Steuererklärungen der streitgegenständlichen Jahre nachgereicht. Aus diesem Grund werden vom BFG die zugrundeliegenden Schätzungen der angefochtenen Bescheide insofern geändert, als dass die Werte aus den Bilanzen und Gewinn und Verlustrechnungen (GuV-Rechnungen) entnommen werden.
Berechnung des Sicherheitszuschlages in €:
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2009 | 2010 | 2011 | 2012 | |
€ | € | € | € | |
Umsatzerlöse lt. GuV | 1.464.861,95 | 2.448.961,42 | 1.939.780,84 | 1.446.712,57 |
SZ in % | 5 % | 5 % | 5 % | 5 % |
SZ | 73.093,10 | 122.448,07 | 96.989,04 | 72.335,63 |
Gewinn nach Sicherheitszuschlag:
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2009 | 2010 | 2011 | 2012 | |
€ | € | € | € | |
Lt. Jahresabschluss | 32.325,46 | 60.970,70 | 31.519,77 | 10.184,54 |
SZ | 73.093,10 | 122.448,07 | 96.989,04 | 72.335,63 |
Gewinn nach Sicherheits-zuschlag | 105.418,56 | 183.418,77 | 128.508,81 | 82.520,17 |
Die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer der Jahre 2009 bis 2012 werden daher abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen.
Mit Bescheiden vom und vom erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2009 bis 2011.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass diese Bescheide in der Beschwerde vom nicht angefochten wurden und daher darüber nicht abgesprochen wird.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt die Lösung in der Feststellung des Sachverhaltes und dessen Würdigung. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 190 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 163 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Schätzungsmethode Schätzungsberechtigung Schätzungsbefugnis Anwendung eines Sicherheitszuschlages |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100309.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at