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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.11.2022, RV/5100426/2022

Keine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges bei Verzicht zugunsten der Lebensgefährtin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt, Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Übergabsvertrag vom

***ÜG*** (übergebende Partei) haben Liegenschaftsvermögen (den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit der Hofstatt ***Name*** und weitere Grundstücke) ihrer Tochter ***Tochter*** und deren Lebensgefährten ***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., beide wohnhaft in ***Adresse***, beide gemeinsam übernehmende Partei, wie folgt übergeben:

I. Übergabsgegenstand
1. Die übergebende Partei ist je zur Hälfte Eigentümerin der Liegenschaften ***EZ1***, ***EZ2***, ***EZ3***, ***EZ4***, ***EZ5***.
2. Übergeben wird der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in ***Name***.
3. Es werden keine Grundstücke zurückbehalten.

II. Übergabsvereinbarung
1. Die übergebende Partei übergibt an ***Tochter*** einen 2/3-Anteil sowie an ***BF*** einen 1/3-Anteil.
3. Aufgrund der umfangreichen Gegenleistungen in Art. III halten die Vertragsparteien ausdrücklich fest, dass beiderseits keine Schenkungsabsicht vorliegt.

III. Gegenleistungen
1. Finanzielle Leistungen der übernehmenden Partei
a) Es erfolgen keine finanziellen Leistungen an die übergebende Partei.
b) Hinsichtlich der weichenden Kinder wird ein Pflichtteilsverzichtsvertrag errichtet.
2. Benützungsrecht für die übergebende Partei
Die übernehmende Partei räumt der übergebenden Partei ein Mitbenützungsrecht am bestehenden Folientunnel inkl. Zubehör, an der Hofwerkstätte sowie die Mitbenützung am gesamten Übergabsobjekt im Sinne eines freien und angemessenen Umgangsrechts - mit Ausnahme der Privaträumlichkeiten der übernehmenden Partei - ein.
3. Fruchtgenussrecht
b) Die übernehmende Partei räumt der übergebenden Partei an der ***EZ5*** ein umfassendes Fruchtgenussrecht, insbesondere hinsichtlich des Mietvertrages (***Markt***) mit der ***Mieter***, ein.
4. Ausgedinge - Versorgung, Betreuung und Pflege der übergebenden Partei
b) Frau ***Tochter2r*** (die Schwester von ***Tochter***) hat mit Übergabsvertrag vom die Liegenschaft mit der ***EZ6*** erhalten und wird darauf ein Wohnungsrecht am ***Haus*** für die übergebende Partei einverleibt. Die nachfolgenden Leistungen werden von jedem Teil der übernehmenden Partei und von Frau ***Tochter2r*** zu gleichen Teilen übernommen.

V. Wirkliche Übergabe
Die Übergabe des Übergabsobjektes durch die übergebende Partei in den physischen Besitz und Genuss der übernehmenden Partei erfolgte bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages und zwar .

VII. Zu- und Verpachtungen
Die übernehmende Partei ist bereits im Jahre 2012 in bestehende Pachtverträge als Pächter eingetreten und wird sie die Verpächter vom Eigentums- und Besitzwechsel informieren.

VIII. Grundverkehrsgesetz
Die Vertragsparteien erklären, dass das gegenständliche Rechtsgeschäft nach den Bestimmungen des OÖ Grundverkehrsgesetzes 1994 aufgrund der Gesamtbetriebsübergabe eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gemäß § 4 Abs. 1 lit. d OÖ GVG 1994 darstellt und es somit keiner Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf.

Nachtrag vom

Mit Nachtrag zum Übergabsvertrag vom haben die obigen Vertragsparteien den Übergabsvertrag vom im Wesentlichen wie folgt abgeändert:

I. Präambel
Nach Unterfertigung des Übergabsvertrages am stellte sich heraus, dass dieser aus steuerlichen Gründen in der vorliegenden Form nicht geschlossen werden hätte sollen. Wären den Vertragsparteien die steuerlichen Folgen des Übergabsvertrages bewusst gewesen, hätten sie diesen so nicht geschlossen und handelt es sich dabei um einen gemeinsamen beachtlichen wesentlichen Irrtum über die Gebührenpflicht, aufgrund dessen die Vertragsparteien den Übergabsvertrag vom hiermit anpassen. Abweichend zum Übergabsvertrag vom wird daher vereinbart, dass das Übergabsobjekt zur Gänze an Frau ***Tochter*** übergeben wird und Herr ***BF*** keinen Anteil am Übergabsobjekt erhält.

II. Übergabsvereinbarung
Die übergebende Partei übergibt an Frau ***Tochter*** das in Art. I des Übergabsvertrages vom bezeichnete Übergabsobjekt zur Gänze …

III. Weitere Vertragsänderungen
… [Entlassung des Bf. aus allen Verpflichtungen zu Lasten von ***Tochter***]

Betreffend diese Übergabe hat der Schriftenverfasser (am ) zur Erfassungsnummer (ErfNr) ***ErfNr*** die Grunderwerbsteuer (GrESt) mit 0,-- € dergestalt selbst berechnet, dass er unter dem Titel Übergabsvertrag vom die Versteuerung für den Erwerb von ***Tochter*** in deren Alleineigentum - mit Inanspruchnahme der Befreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 2a Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) - vorgenommen hat.

Im Grundbuch wurde unter der Tagebuchzahl ***TZ*** das Alleineigentum an den Übergabsliegenschaften für ***Tochter*** aufgrund des Übergabsvertrages vom (samt Nachtrag vom und einem weiteren, die Aufsandung berichtigenden Nachtrag vom ) eingetragen.

Mit Schenkungsvertrag vom hat ***Tochter*** sodann dem Bf. je einen Hälfteanteil an den folgenden, ihr nunmehr allein gehörigen Liegenschaften geschenkt:
***EZ2***, ***EZ4***, ***EZ1***.

Am haben die Lebensgefährten die Ehe geschlossen und führt die Tochter der Übergeber nunmehr den Namen ***Gattin***.

Prüfung ABNr. ***Zahl***

Anlässlich einer Überprüfung der Selbstberechnungen des Schriftenverfassers hat das Finanzamt (FA) festgestellt, dass aus steuerlicher Sicht die Erwerbe gemäß Übergabsvertrag vom zu versteuern seien, weshalb die folgenden Werte erhoben wurden.

Für die Übergabsliegenschaften waren als Einheitswerte (EW) festgestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
EW-AZ
EW
L + F (Bf Adr)
***1***
EZ 14, 19, 91, 309
18.400,00 €
Mietwohngrundstück
***2***
EZ 19
17.659,50 €
unbebautes Grundstück
***3***
EZ 91
4.700,00 €
unbebautes Grundstück
***4***
EZ 751
31.500,00 €

Lt. Bewertungsgutachten des Sachverständigen Architekt ***SV*** vom hat der Verkehrswert aller Liegenschaften im Zeitpunkt der Übergabe - Stichtag - 2,130.759,00 € betragen. Davon entfallen 1,387.219 € auf den landwirtschaftlichen Betrieb (Bodenwert 1,194.299 €, Gebäudewerte 192.920 €) und 743.540 € auf das Grundvermögen.
Zur Festlegung des Verkehrswertes hat Der Gutachter hat den Bodenwert im Vergleichswertverfahren und die Gebäudewerte nach dem Sachwertverfahren ermittelt. Die ortsüblichen Verkehrswerte von Grundstücken im Jahr 2015 haben durchschnittlich betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bauland
Landwirtschaft
Wald
Wasser
8.222
161.086
16.506
673
Preis/m²
70 €
7 €
4 €
1 €

In seinem Befund [Lokalaugenschein am ] stellt der Sachverständige fest, dass der landwirtschaftliche Betrieb (Obstanbau) eingestellt sei, zum Zeitpunkt der Befundaufnahme seien keine Anzeichen einer aufrechten Landwirtschaft vorgefunden worden.

Die Gegenleistung aus dem Fruchtgenussrecht (Vertragspunkt III.) hat lt. den Bescheiden über die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2015 bis 2019 jährlich im Durchschnitt 33.457 € betragen. Zuzüglich geschätzter Leistungen gemäß Vertragspunkte II. und IV.a. ist das FA von einer jährlichen Rate in Höhe von 34.500 € ausgegangen, was einen Barwert der wiederkehrenden Leistungen von 503.818,65 € ergeben hat.

Abschließend trifft das FA in Bezug auf die gegenständliche Vertragsgestaltung der Übergabe die folgenden Prüfungsfeststellungen:

"Der Übergabsvertrag war gemäß Punkt VIII. des Vertrags von keiner Genehmigung abhängig und rechtskräftig. Somit hätte die Selbstberechnung bis erfolgen müssen, was nicht erfolgt ist. Am wurde ein Nachtrag zum Übergabsvertrag errichtet, mit welchem vereinbart wurde, dass aus steuerlichen Gründen (GrESt) die Übergabe des l/3tel Anteiles an LG nicht erfolgen soll. Stattdessen wurde vereinbart, dass die Tochter ***Tochter*** die Liegenschaft zur Gänze übernimmt. Am erfolgte die (verspätete) Selbstberechnung in der Form, dass ***Tochter*** die Liegenschaft zur Gänze übernimmt. Bei der Selbstberechnung wurde die Befreiung gemäß §3(1)2 GrEStG angewendet. Die Steuerbefreiung gemäß §3(1)2a GrEStG ist bei Übergabe von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nur bei unentgeltlichen Erwerben (Gegenleistung geringer als der EW) zulässig. Für die Übergabe von sonstigen Grundvermögen (Einfamilienhaus) ist die Befreiung nicht vorgesehen.
§ 17 GrEStG:
Mit dem Nachtrag vom haben die Übergeber nicht die ursprüngliche Verfügungsmacht über die Liegenschaft zurückerhalten, weil feststand, dass die Tochter die Liegenschaft alleine erhält. Somit ist eine Nichtfestsetzung der GrESt nicht zulässig.
Aus steuerlicher Sicht ist der Übergabsvertrag vom an beide Erwerber zu versteuern."

Aufgrund dieser Feststellungen hat das FA mit GrESt Bescheid vom unter der ErfNr. ***ErfNr*** betreffend den Übergabsvertrag vom für den Bf. die anfallende GrESt mit 3,5 % vom Wert der Grundstücke in Höhe von 710.000 € (1/3 vom gemeinen Wert lt. SV Gutachten) in Höhe von 24.850 € festgesetzt.

Beschwerde vom

Am hat der Bf. einen Antrag auf Nichtfestsetzung der GrESt nach § 17 Abs. 5 GrEStG gestellt.
Gleichzeitig hat der Bf. gegen den Bescheid vom Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Zur Begründung stützt sich der Bf. im Wesentlichen auf die folgenden Argumente:

"a) keine Gesamtbetriebsübergabe nach § 4 OÖ GVG
Auch wenn im Vertrag keine Klausel über die Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde enthalten ist, ist festzuhalten, dass es sich beim Übergabsvertrag um eine Landwirtschaft im Sinne des § 1 OÖ GVG handelt. Mangels Verwandschaftsverhältnis und vor allem Lebensgefährtenstellung des Bf. lag jedenfalls keine Gesamtbetriebs-übergabe im Sinne des § 4 OÖ GVG an einen nahen Angehörigen vor. Schon aus diesem Grund ist der Übergabsvertrag vom nie in Rechtskraft erwachsen und wäre dies auch nicht. Ein Bescheid über die Genehmigung der Grundverkehrsbehörde liegt nicht vor, wurde nicht beantragt und wäre auch nicht bewilligt worden. Durch den Vertrag vom wurde dieser Mangel durch eine Gesamtbetriebsübergabe an die Tochter der Übergeber saniert.
b) Fehlender Notariatsakt des Übergabsvertrages vom
Unstrittig ist, dass der Übergabsvertrag vom nicht in Form eines Notariatsaktes errichtet wurde. Gerade bei Übergabsverträgen mit zahlreichen Gegenleistungen stellt sich die Frage der wirklichen Übergabe nach § 943, bei deren Fehlen ein Notariatsakt zwingend ist. Es ist auf die ständige Rechtsprechung des OGH zu dieser Thematik zu verweisen (siehe jüngst 2 Ob 60/18i). Durch die zahlreichen Gegenleistungen an die Übergeber wurde die Liegenschaft nie real aus der Hand gegeben, sodass der Übergabsvertrag mangels wirklicher Übergabe nie in Rechtskraft erwachsen ist. Da dieser Mangel nicht geheilt ist, ist der Vertrag nicht in Rechtskraft erwachsen. Nur der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass der "richtige" Vertrag mit der Tochter der Übergeber durch die Eintragung ins Grundbuch nach § 1432 ABGB geheilt wurde.
c) Aufhebung der Steuerpflicht durch Aufhebung nach § 17 GrEStG
Sollte das BFG der Ansicht sein, dass der Übergabsvertrag vom gültig zustande gekommen ist so ist in weiterer Folge auf die Aufhebung nach § 17 GrEStG einzugehen. Seitens des Bf. wurde gemäß § 17 Abs. 5 GrEStG fristgerecht unter einem ein Antrag auf Nichtfestsetzung nach § 17 Abs. 1 GrEStG der GrESt an das FA gestellt.Nach der Rsp. des VwGH stellt die Rückgängigmachung eines bloß obligatorischen Übereignungsanspruchs aus einem Vertrag keinen Erwerbsvorgang iSd. § 1 GrEStG dar. Die Rückgängigmachung eines Übereignungsanspruchs erfüllt den gesetzlichen Tatbestand nicht (noch einmal), da es sich bei diesem Verpflichtungsgeschäft nicht um ein Rechtsgeschäft handelt, das auf die Übereignung eines Grundstücks gerichtet ist. Vielmehr wird allein ein bestehender Übereignungsanspruch vernichtet und nicht ein Anspruch auf Rückerwerb geschaffen … (vgl. ; , ; ).
Voraussetzung für die Anwendung des § 17 GrEStG ist eine Parteienvereinbarung. Rückgängigmachung bedeutet, dass der Erwerbsvorgang aufgrund eines nachfolgenden Willensaktes einer oder beider Parteien hinfällig wird. Eine fehlende Anzeige des ursprünglichen Erwerbsvorganges schließt die Anwendung des § 17 GrEStG nicht aus. Der Veräußerer muss dazu den Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhalten, über das Grundstück wieder verfügen zu können wie vor dem ursprünglichen Erwerbsvorgang. Rechtlich entscheidend ist dafür bereits die Parteienvereinbarung selbst ( uva.). Daraus ergibt sich, dass der Übergabsvertrag durch den Nachtrag dahingehend nach § 17 GrEStG aufgehoben worden ist, dass nach dem Parteiwillen, das gesamte Übergabsobjekt durch eine Irrtumsanpassung an die Tochter ***Tochter*** übergeben wurde. Durch diese Vertragserklärung wurde der Übergabsvertrag nichtig und aufgehoben und kam es zur neuerlichen Übergabe an die Tochter. Der Tatbestand nach § 17 GrEStG ist daher sowohl in materieller als auch in zeitlicher Hinsicht erfüllt.
d) Befreiungsbestimmung nach § 3 GrEStG
Sollte das Bundesfinanzgericht (BFG) zu der Ansicht gelangen, dass die GrESt-Tatbestände erfüllt wären, so ist auf die Befreiungsbestimmung im Sinne des § 3 GrEStG zu verweisen, insbesondere liegt im Zusammenhang mit dem Bewertungsgutachten jedenfalls ein unentgeltlicher Erwerb vor, der zur Ausnahmebestimmung des § 3 GrEStG führt. Sofern dies für Nichtangehörige nicht gelten sollte, wird vorgebracht, dass der Gleichheitsgrundsatz jedenfalls verletzt ist. Diesbezüglich wird beantragt, dass der Akt dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt wird.
e) Bemessungsgrundlage
Auch verstößt die Heranziehung des gemeinen Wertes gegen den Gleichheitsgrundsatz. Im Übrigen handelt es sich beim Übergabsobjekt um einen Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes, sodass jedenfalls nur der Ertragswert heranzuziehen gewesen wäre. Dieser liegt bei maximal 100.000 €, sodass eine maximale Steuerpflicht von 3.500 € heranzuziehen wäre. Diesbezüglich fehlen Feststellungen, die den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belasten."

Beschwerdevorentscheidung vom

Das FA hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Auf die einzelnen Beschwerdepunkten ist das FA eingegangen und hat dazu wie folgt ausgeführt:

"Genehmigung nach § 4 OÖ GVG
Gemäß § 4 Abs. 1 lit. d OÖ. GVG 1994 ist eine Genehmigung bei der Übertragung des Eigentums an allen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht erforderlich, wenn durch die Übertragung Alleineigentum eines nahen Angehörigen oder Miteigentum von nahen Angehörigen, die Ehegatten, eingetragenen Partnerinnen bzw. Partner oder Lebensgefährtinnen bzw. Lebensgefährten sind, begründet wird. Der Vertrag bedarf also zur Erlangung der Rechtswirksamkeit keiner Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde.
Fehlender Notariatsakt
Im Zeitpunkt der Beurkundung des Übergabsvertrages vom war die Übergabe bereits vollzogen und zwar laut Punkt V. des Vertrages bereits am . Der vorliegende Übergabsvertrag fällt gemäß der Aufzählung im § 1 des Notariatsgesetzes nicht unter jene Verträge, deren Gültigkeit von der Aufnahme eines Notariatsaktes bedingt ist. Die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG ist mit Unterfertigung des Übergabsvertrages vom entstanden.
Aufhebung nach § 17 GrEStG
Da die Steuerschuld für den Übergabsvertrag vom entstanden ist und § 17 GrEStG von der Selbstberechnung ausgenommen ist, war die Selbstberechnung nicht zulässig. Ein Erwerbsvorgang ist dann im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Veräußerer jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt, die er vor Vertragsabschluss innehatte. Die Abänderung eines bestehenden schriftlichen Vertrages dergestalt, dass einer von zwei Eigentümern aus dem Vertrag aussteigt, damit der andere den frei gewordenen Anteil erwerben kann, ist keine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 GrEStG (vgl. 88 /16/0187 und vom , 99/16/0481 und -G/06).Vielmehr geht in diesem Fall der Übereignungsanspruch direkt vom zurückgetretenen Erwerber auf den anderen Erwerber über ().
Befreiungsbestimmung nach § 3 GrEStG
Gemeint ist die Befreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG. Begünstigt sind unentgeltliche Erwerbe von bestimmten Vermögen, wenn die Steuer nach § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a oder Z 2 lit. a oder b zu berechnen ist. Diese Bestimmungen gelten alle nur für Erwerbe durch den im § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 2 angeführten Personenkreis. Der Bf. gehört im Verhältnis zu den Übergebern nicht zum begünstigtem Personenkreis.
Bemessungsgrundlage
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG ist die Steuer - beim Erwerb durch eine nicht begünstigte Person - vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn die Gegenleistung ua. geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes. Da die vereinbarte Gegenleistung jedenfalls geringer ist als der gemeine Wert der erworbenen Liegenschaftsanteile, war die Steuer vom anteiligen gemeinen Wert zu erheben. Für die Bewertung ist der im bereits angeführten Gutachten ermittelte Wert heranzuziehen. Ein Ertragswert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist darin nicht enthalten und wurde auch in der Beschwerde nicht näher begründet und dargestellt."

Am hat der Bf. einen Vorlageantrag gestellt, wobei die Beschwerdepunkte vollinhaltlich aufrechterhalten wurden. Am hat das FA die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Am hat der Bf. auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

Betreffend den Übergabsvertrag vom sind die Bestimmungen des GrEStG 1987 idF BGBl. I 2014/36 (in Geltung von bis ), maßgeblich.

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der GrESt Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 sind von der Besteuerung ausgenommen, unentgeltliche Erwerbe von Vermögen gemäß lit. a, wenn ein Grunderwerbsteuertatbestand verwirklicht wird und die Steuer nach § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a oder b oder Z 2 lit. a oder b zu berechnen ist, nach Maßgabe der lit. b und c bis zu einem Wert von 365 000 Euro (Freibetrag), sofern …
Ein unentgeltlicher Erwerb liegt vor, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung für den Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes (§ 4 Abs. 2 Z 2) geringer ist als der einfache Einheitswert des Grundstückes, im Übrigen geringer ist als der dreifache Einheitswert des Grundstückes oder 30% des gemeinen Wertes des Grundstückes, wenn dieser nachgewiesen wird.
lit. a) Zum Vermögen zählen nur
- Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, in der jeweils geltenden Fassung, dienen; …

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen (Besteuerungsgrundsatz).

(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:
1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30 % des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis; …
2. Bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist die Steuer vom Einheitswert (§ 6) zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis; …
3. Die Steuer ist - abgesehen von Z 1 und Z 2 - vom gemeinen Wert zu berechnen:
a) wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes;

Der in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG 1987 angeführte Personenkreis umfasst den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers.

§ 8 GrEStG 1987 über das Entstehen der Steuerschuld lautet in seinen maßgeblichen Absätzen 1 und 2 wie folgt:
(1) Die Steuerschuld entsteht, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.
(2) Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Gemäß § 17 Abs. 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt,
1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,
2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,
3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäfts beseitigt wird,
4. wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.
Nach § 17 Abs. 2 GrEStG 1987 gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1, 2 und 4 sinngemäß, wenn zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich ist, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt.
Ist die Steuer bereits festgesetzt, so ist nach § 17 Abs. 4 GrEStG 1987 auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

Gemäß § 10 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.
Nach Abs. 2 wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. d Notariatsaktsgesetz ist die Gültigkeit von Schenkungsverträgen ohne wirkliche Übergabe durch die Aufnahme eines Notariatsaktes über dieselben bedingt.

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. d OÖ Grundverkehrsgesetz (GVG) bedürfen Rechtserwerbe gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon der Genehmigung der Behörde. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich bei der Übertragung des Eigentums … an allen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn durch die Übertragung Alleineigentum eines nahen Angehörigen (§ 2 Abs. 7) oder Miteigentum von nahen Angehörigen, die Ehegatten, eingetragene Partnerinnen bzw. Partner oder Lebensgefährtinnen bzw. Lebensgefährten sind, begründet wird, …

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktesn ErfNr. ***ErfNr***. Insbesondere auf die Urkunden Übergabsvertrag vom und Nachtrag zum Übergabsvertrag vom , wobei kein Hinweis dafür vorliegt, dass deren Inhalt nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht. Die der Steuerbemessung zugrunde gelegten Werte bzw. die GrESt Berechnung an sich sind unstrittig.

Dass der Bf. im Zeitpunkt der Übergabe der Lebensgefährte der ***Tochter*** und Zweitübernehmerin war, ist unzweifelhaft vor allem daraus zu erschließen, dass lt. den maßgeblichen Urkunden die beiden Übernehmer die gleiche Wohnadresse (***Wohnadresse***) hatten und im kurze Zeit später nachfolgenden Schenkungsvertrag vom ausdrücklich (Punkt VII.2.) auf die Stellung des Bf. als Lebensgefährte Bezug genommen wird und haben nicht zuletzt die Übernehmer im Jahr 2020 die Ehe geschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründen, unterliegen der GrESt (§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987). Gemäß § 8 GrEStG entsteht die Steuerschuld sobald ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Strittig ist zunächst die Frage, ob für den Übergabsvertrag vom (mit seinen darin beurkundeten Regelungen - Übergabe an die Tochter zu 2/3 und an den Bf. zu 1/3 - die Steuerschuld überhaupt entstanden ist.

Entstehen der Steuerschuld

Nach herrschender Rechtsansicht wird ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang bereits durch das - zivilrechtliche - Verpflichtungsgeschäft verwirklicht, dh. es reicht die nach außen tretende Einigung der Parteien, das Rechtsgeschäft zu den vereinbarten Konditionen abzuschließen; ja schon ein mündlicher Vertragsabschluss ist relevant.

Das Gesetz bindet somit die Steuerpflicht an das erste, im Rechtsleben in Erscheinung tretende Ereignis, das ist das (obligatorische) Verpflichtungsgeschäft, und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft (Verfügungsgeschäft) der Eintragung des Eigentumsrechtes in das Grundbuch. (vgl. ).
Die Steuerschuld entsteht aufgrund des Gesetzes; ist einmal ein GrESt-pflichtiger, gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, dann entsteht die Abgabenschuld unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Schuldners und der Abgabenbehörde bzw. hängt nicht vom Willen der beteiligten Parteien, GrESt auszulösen, ab (vgl. zB ).

In diesem Sinn hat ohne Zweifel im Zeitpunkt der Unterfertigung der Urkunde am grundsätzlich zwischen Übergeber- und Übernehmerseite die ernsthafte Willenseinigung über den Vertragsinhalt bestanden; wie aus der Präambel des Nachtrages zu erschließen ist, hat sich erst nach dem Vertragsabschluss herausgestellt, dass die getroffene Regelung in steuerlicher Hinsicht ungünstig war, weshalb die Vertragsparteien den Übergabsvertrag vom angepasst haben.

Allerdings verlangt das Gesetz darüber hinaus in gewissen Fällen, zB einem Schenkungsvertrag, bei dem die Sache nicht tatsächlich übergeben wird, für die Gültigkeit des Geschäftes eine besondere Form. So hat eine Schenkung ohne wirkliche Übergabe als Notariatsakt zu erfolgen. Zweck dieser Formvorschrift ist es, den Schenkenden vor unbedachten, übereilten Schenkungsversprechen zu schützen.
Diesbezüglich besagt der Übergabsvertrag vom ausdrücklich, dass einerseits aufgrund der umfangreichen Gegenleistungen gar keine Schenkungsabsicht vorgelegen ist (Punkt II.3.) und andererseits die Übergabe bereits vor Vertragsunterfertigung am erfolgt ist (Punkt V.), sodass in concreto von einer Notariatsaktspflicht keine Rede sein kann.

Auch aus der vom Bf. zu diesem Thema angeführten Judikatur () ist nichts zu gewinnen, da dieser ein Sachverhalt zugrunde liegt, bei dem die Übergeberin weiterhin das lebenslängliche, ausschließliche Wohnrecht an der gesamten Übergabsliegenschaft innehatte, während dem Übernehmer keine Räumlichkeiten zur ausschließlichen Benützung vorbehalten blieben. Die Liegenschaft wurde daher nicht "real" aus der Hand gegeben, sodass "die Stellung der Übergeberin in tatsächlicher Hinsicht keine wesentliche Änderung erfahren" hat. Ein solches gänzliches Zurückbehalten der übergebenen Liegenschaften liegt gegenständlich nicht vor, da den Übergebern nur ein teilweises (Mit)benützungsrecht eingeräumt wird (Punkt III.2.a.) und sich das Wohnungsrecht auf die Liegenschaft ***EZ6*** der Schwester bezieht (Punkt III.2.b.).

Damit ist aber das Vorliegen eines schuldrechtlich gültigen Übergabsvertrags durch eine unbedenkliche Urkunde anzunehmen und wurde durch den Übergabsvertrag vom ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht.

Von der Verwirklichung des Erwerbsvorganges zu trennen ist die Frage des Entstehens der Steuerschuld. Ist nämlich die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG 1987 die Steuerschuld erst mit der Genehmigung.
Relevant sind Genehmigungen, bei deren Nichteinholung der Erwerbsvorgang mit Nichtigkeit bedroht ist, insbesondere eine Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde.
Nach § 4 OÖ GVG bedürfen Rechtserwerbe an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken der Genehmigung der Behörde. Eine Genehmigung ist allerdings bei einer Gesamtbetriebsübertragung ins Miteigentum von nahen Angehörigen und deren Lebensgefährten nicht erforderlich (Abs. 1 lit. d).
Lt. den Erläuterungen zu diesem Gesetz ist der Ausnahmetatbestand der Gesamtbetriebsübergabe als Angehörigenprivileg weit auszulegen. Genehmigungsfreiheit soll insbesondere bestehen, wenn an einen nahen Angehörigen allein oder zusammen mit dessen Ehegatten oder Lebensgefährten alle land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Eigentum des Übergebers übereignet werden (vgl. Erl. der Oö LReg, Agrar-110.135/2003 vom und vom ).
In concreto haben sich die Übergeber lt. Punkt I.3. des Übergabsvertrages vom keine Grundstücke zurückbehalten und der Bf. und ***Tochter*** waren im Übergabszeitpunkt Lebensgefährten (siehe Beweiswürdigung). Da somit eindeutig eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nach dem Gesetz nicht erforderlich war, was die Vertragsparteien auch ausdrücklich festgestellt haben (Punkt VIII.2.), kommt § 8 Abs. 2 GrEStG 1987 von vornherein nicht zur Anwendung, sodass für den Übergabsvertrag vom die Steuerschuld bereits mit Verwirklichung des Erwerbsvorganges entstanden ist.

§ 17 GrEStG - Rückgängigmachung

Ein wesentlicher Streitpunkt ist überdies die Frage, ob der Übergabsvertrag vom durch den Nachtrag vom rückgängig im Sinne des § 17 GrEStG 1987 gemacht wurde.

Die Begünstigungsbestimmung des § 17 GrEStG setzt voraus, dass - wie gegenständlich - die Steuerschuld bereits entstanden ist und verfügt sodann Steuerfreiheit bei einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges.
Hinsichtlich der grundlegenden Voraussetzungen dieser Bestimmung kann auf Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, GrEStG, § 17, und die darin enthaltenen, zahlreichen Judikaturzitate verwiesen werden.
Die Bestimmungen des § 17 GrEStG sind erforderlich, weil die Steuerschuld grundsätzlich mit der Verwirklichung eines Steuertatbestandes unmittelbar auf Grund des Gesetzes entsteht und in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden kann. Das Gesetz lässt die Abänderung der Steuer aber nur in den ausdrücklich umschriebenen Fällen zu (vgl. Fellner, Rzn. 5 und 6).

1. Die GrESt wird nach dieser Bestimmung unter anderem dann nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird (§ 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG).

Rückgängigmachung im Sinne des § 17 GrEStG 1987 bedeutet, dass der Erwerbsvorgang aufgrund eines nachfolgenden Willensaktes der Parteien hinfällig wird. "Rückgängig gemacht" ist ein Erwerbsvorgang dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt und damit über das Grundstück wieder verfügen kann, wie vor dem ursprünglichen Erwerbsvorgang.
Ein Erwerbsvorgang ist aber nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar- was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt- der Form nach aufgehoben wird, die Auflösung des Vertrages aber nur vereinbart wird, um den Verkauf des Objektes an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu erfolgen (vgl. zB , , , , und ).
Ob der Übergabsvertrag bereits erfüllt und im Grundbuch eingetragen war, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges ohne Bedeutung (vgl. ).

In diesem Sinn liegt bei dem gegebenen Sachverhalt eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht vor. Durch den Nachtrag zum Übergabsvertrag sollten nach dem aus dessen Präambel eindeutig zu erschließenden Willen der Vertragsparteien die Übergeber nicht mehr die freie Verfügungsmacht wiedererlangen; letztere wollten ihr Vermögen nicht mehr zurück erhalten sondern sollte die Übergabe jedenfalls stattfinden und vollzogen werden. Es hat jedoch nunmehr Einvernehmen dahingehend bestanden, dass der zuvor dem Bf. zugedachte Drittelanteil am Übergabsgegenstand ebenfalls an die Tochter gehen sollte, sodass diese Alleineigentum erwirbt. Der Übergabsvertrag vom wurde deshalb auch nicht aufgehoben und gänzlich aus dem Rechtsbestand beseitigt, sondern lediglich "angepasst".

Da somit die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch den Nachtrag unzweifelhaft nicht beabsichtigt war, liegt eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht vor (vgl. auch -F/04).

2. § 17 GrEStG kommt auch in Fällen zur Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft ungültig ist und sein wirtschaftliches Ergebnis beseitigt wird (§ 17 Abs. 1 Z 3 GrEStG).

Nach der Präambel des Vertragsnachtrages vom und dem Beschwerdevorbringen habe zwischen den Vertragsparteien ein Irrtum über die Gebührenpflicht vorgelegen, weshalb die Vertragsparteien den Übergabsvertrag vom angepasst hätten. Durch Vertragserklärung sei somit der Übergabsvertrag nichtig und aufgehoben worden.

Der Tatbestand nach § 17 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 ist aber dann nicht erfüllt, wenn es zu einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung kommt; die Anfechtung eines Vertrages wegen eines dabei unterlaufenen Irrtums wäre gerichtlich vorzunehmen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall sind die Vertragsparteien aber offenkundig bloß einem unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum (falsche Vorstellung darüber, welche Rechtsfolgen unabhängig vom Willen einer bestimmten Person von der Rechtsordnung an ihr Verhalten geknüpft werden) unterlegen, der gerichtlich gar nicht anfechtbar ist.
Ein bloßer Irrtum über steuerliche oder sonstige zwingende Rechtsfolgen eines Geschäfts, über die der Vertragspartner nicht aufklären musste, ist unbeachtlich (siehe OGH 8 Ob 46/15w).

Befreiungsbestimmung nach § 3 GrEStG

Der Bf. verweist in seiner Beschwerde überdies auf die Befreiungsbestimmung im Sinne des § 3 GrEStG. Gemeint kann damit aufgrund des maßgeblichen Stichtags nur § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG (alte Fassung!) sein.

Begünstigt sind unentgeltliche Erwerbe von Vermögen gemäß lit. a [hier: Betrieb, der der Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft dient] wenn ein GrESt Tatbestand verwirklicht wird und die Steuer nach § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a oder b oder Z 2 lit. a oder b [=Erwerbsvorgänge innerhalb des begünstigten Familienverbandes] zu berechnen ist. Bei der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 handelt es sich somit um einen betriebsbezogenen Freibetrag ausschließlich für Erwerbsvorgänge innerhalb des begünstigten Personenkreises.

Zum begünstigten Personenkreis gehören gemäß § 7 GrEStG eingetragene Partner, Lebensgefährten, Eltern, Kinder, Enkel-, Stief-, Wahl- oder Schwiegerkinder. Dieses Verhältnis muss allerdings zwischen Übergeber und Übernehmer vorliegen. Im Verhältnis zu den Übergebern war der Bf. als Lebensgefährte deren Tochter ***Tochter*** jedoch fremd. Auf Grund des fehlenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Bf. und ***ÜG***, den erst zukünftigen Schwiegereltern, ist der Erwerb daher nicht nach § 3 GrEStG befreit. Nicht zuletzt hält es der Bf. selbst für möglich, dass die Befreiung Nichtangehörigen nicht zukommt. Im Übrigen liegt kein unentgeltlicher Erwerb vor (vgl. BFG am heutigen Tag, RV/5100425/2022).

Bemessungsgrundlage

Da der Bf. nicht zum begünstigten Personenkreis gehört und die Gegenleistung jedenfalls geringer als der gemeine Wert ist (vgl. nochmals RV/5100425/2022), ist die GrESt im Beschwerdefall gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG vom gemeinen Wert zu berechnen.

Der gemeine Wert im Sinne des § 10 BewG wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Es handelt sich um eine fiktive Größe, welche durch verschiedene Beweismittel glaubhaft gemacht, insbesondere aber mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden kann.
Es bestehen keine Bedenken gegen das vom Bf. selbst vorgelegte Sachverständigengutachten, welches den Verkehrswert der übergebenen Liegenschaften im Übergabszeitpunkt ermittelt. Der in diesem Gutachten ermittelte "Preis" für das übergebene Vermögen kann daher unbedenklich der GrESt Bemessung zugrunde gelegt werden. Vor allem erscheinen die lt. Gutachten angesetzten ortsüblichen Verkehrswerte 2015 in Höhe von 7 € für die landwirtschaftlichen Flächen, in Höhe von 4 € für den Wald und in Höhe von 70 € für das Bauland nicht überhöht. Demgemäß hat das FA zu Recht den gemeinen Wert für den Drittelanteil des Bf. an den übergebenen Liegenschaften in Höhe von 710.000 € angesetzt.

Wenn nun der Bf. vorbringt, beim Übergabsobjekt handle es sich um einen Erbhof, welcher mit dem Ertragswert zu bewerten sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass im GrESt Recht die Steuer ausdrücklich vom gemeinen Wert zu berechnen ist. Landwirtschaftliche Grundstücke sind nur dann mit dem Ertragswert zu bewerten, wenn der Ertragswert auch dem Wert entspricht, der am Markt gezahlt wird.
Im Gegensatz dazu handelt es sich beim Anerbenrecht um eine Sondererbfolge, um die Zerschlagung lebensfähiger Bauernhöfe zu verhindern. Bei dieser "kauft" der Anerbe den Erbhof um einen festgelegten Übernahmepreis, von dem die Abfindungsansprüche der weichenden Miterben berechnet werden. Der Preis ist so festzusetzen, dass der Anerbe "wohl bestehen" kann, weshalb sich der Übernahmepreis jedenfalls nach dem Ertragswert des Betriebes bestimmt.

Soweit der Bf. verfassungsrechtliche Bedenken hegt, ist ihm entgegenzuhalten:

Auf Grund des Legalitätsprinzips sind die Abgabenbehörden und das BFG zur Anwendung der geltenden Gesetzesbestimmungen verpflichtet. Die Prüfung einer Gesetzesbestimmung auf eine eventuelle Verfassungswidrigkeit obliegt dem Verfassungsgerichtshof. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bf. werden vom BFG im Übrigen nicht geteilt.

Dem Gesetzgeber steht ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu, ihm ist es von Verfassungs wegen - außer im Fall eines Exzesses - durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSlg. 7864/1976, 7996/1977). Beim BFG bestehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn Lebensgefährten im Verhältnis zu den Eltern seiner Lebensgefährtin nicht zum "Familienverband" zählen und ein unentgeltlicher Erwerb in diesem Fall nach dem gemeinen Wert bemessen wird.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, bisherige Rechtsprechung Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

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