Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2023, RV/7102870/2022

Mail am Fälligkeitstag der Abgaben an die Bank mit dem Ersuchen, den Kontorahmen zu erhöhen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch ***1*** über die Beschwerde der ***Bf1***, Adresse, vertreten durch die ***1***, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer 0123, über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf.), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erste Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt 1.756,51 Euro fest, da die am fälligen Abgaben (Einfuhrumsatzsteuer 04/2022 in der Höhe von 13.916,16 Euro, Umsatzsteuer 04/2022 in der Höhe von 61.384,50 Euro und Lohnsteuer 05/2022 in der Höhe von 12.525,23 Euro nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurden.

In der gegen diesen Bescheid am eingebrachten Beschwerde wird ausgeführt:

"Mein Mandant hat die am fällige Finanzamtszahlung iHv insgesamt EUR 89.751:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Betrag
Einfuhrumsatzsteuer 04/2022
13.916,16
Umsatzsteuer 04/2022
61.384,50
Lohnsteuer 05/2022
12.525,23
DB 05/2022
1,754,56
DZ 05/2022
170,96

im Onlinebanking seiner Bank erfasst und die Durchführung der Zahlung für inAuftraggegeben. Gleichzeitig wurde der zuständige Bankmitarbeiter informiert den verfügbaren Kontorahmen kurzfristig zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die Zahlung durchgeführt wird.
Kurzfristige Erhöhungen des Kontorahmen wurden in der Vergangenheit bereits mehrmals bei der Bank beantragt und von der Bank jeweils aufgrund eines kurzen Informationsmail durchgeführt.

Im konkreten Fall wurde die Informationsmail betreffend die Rahmenerhöhung vom zuständigenBankbetreuer bzw. dessen Vertretung übersehen, da er zu diesem Zeitpunkt nicht im Haus war(Quarantäne/Urlaub/etc). Mangels entsprechendem Rahmen auf dem Bankkonto konnte die für denbeauftragte Zahlung nicht durchgeführt werden. Die ***Bf1*** wurde weder über dieAbwesenheit des Sachbearbeiters noch über die Nichtdurchführung der Zahlung von der Bank informiert,sodass die Säumnis erst einige Tage später bemerkt wurde. Sobald die Säumnis aufgefallen ist, wurde dieZahlung umgehend nachgeholt und ging am bei der Finanzverwaltung ein.

Wie bereits ausgeführt, wurde in Abstimmung mit der Bank bereits mehrmals der zur Verfügung stehende Rahmen des Bankkontos der ***Bf1*** erhöht. Bisher wurden die Erhöhungen immer aufgrundentsprechender Informationsmails problemlos durchgeführt. Vielmehr Die für die Finanzamtszahlungbeantragte Erhöhung wurde aufgrund eines Versehens der Vetretung des zuständigen Bankmitarbeiterübersehen. Weiters wurde die ***Bf1*** nicht von der Nichtdurchführung derZahlunginformiert. Es gab daher keinerlei Grund an der Durchführung der Finanzamtszahlung vom zuzweifeln,weshalb dies von der ***Bf1*** auch nicht überprüft wurde. Das Nichtüberprüfen derZahlungsdurchführung durch den zuständigen Mitarbeiter der ***Bf1*** stellt ein Versehen dar, welchesgelegentlich auch einem sorgfältigem Menschen unterläuft, sodass kein grobes Verschulden der ***Bf1*** vorliegt. Die Säumnis ist zudem rasch aufgefallen und mein Mandant hat die fehlendeZahlung umgehend geleistet.

Beschwerdebegehren

Aus obigen Ausführungen geht klar hervor, dass kein grobes Verschulden an dem Fristversäumnis vorliegt, sondern dieses vielmehr auf ein Missverständnis mit der Bank zurückzuführen ist. Es wird daher beantragt die verhängten Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs 7 BAO nicht festzusetzen. ….."

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dem Vorbringen, es liege kein grobes Verschulden an der Fristversäumnis vor, könne nicht gefolgt werden. Die Bf. habe bereits bei Fälligkeit der Abgaben am gewusst, dass der Kontorahmen der Bank nicht ausreiche, weshalb sie auch ein Informationsmail an die Bank gesendet habe, um eine Erhöhung des Kontorahmens zu bewirken.
Hätte die Bf. in diesem Fall mit der erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt gehandelt, hätte sie sich in Anbetracht des nicht ausreichenden Kontorahmens selbst um eine Bestätigung der Durchführung der Bezahlung bemühen müssen, um eine fristgerechte Bezahlung sicherstellen zu können. Dies wäre ohne größeren Aufwand durch Nachfragen bei der Bank oder noch einfacher durch Einsicht in das Onlinebanking möglich gewesen.
Die Säumniszuschläge seien daher zu Recht vorgeschrieben worden.

Im Schriftsatz vom beantragte der Vertreter der Bf. die Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht und führte aus:

"Wie bereits in der Beschwerde vom ausgeführt hat mein Mandant folgende Abgaben: EUSt 4/22, USt 4/22, L 5/22 nicht fristgerecht bezahlt, da die Zahlung seitens der Bank nicht durchgeführt wurde. Konkret hat mein Mandant die Zahlung am durchgeführt und per TAN-Verfahren freigegeben, sodass diese im ELBA zur Durchführung vorgemerkt wurde. Aufgrund der Überweisung wäre es zu einer kurzfristigen Überschreitung des Kontorahmens gekommen. In diesem Fall wird bankintern eine Mail an den zuständigen Kundenbetreuer zurFreigabe der Zahlung versandt. Mein Mandant hat den Kundenbetreuer daher vorab per Mail über die notwendigeErhöhung informiert. Kurzfristige Erhöhungen des Rahmenswurden von der Bank bisher immer genehmigt unddurchgeführt. Leider befand sich im konkreten Fall derzuständige Kundenbetreuer nicht im Haus und seineVertretung hat laut Auskunft der Bank das Postfach desBetreuers der ***Bf1*** nicht abgerufen, sodassweder das Infomail meines Mandanten noch das bankinterneMail zur Freigabe der Zahlung bearbeitet wurde. LautAuskunft der Bank wird die freizugebende Zahlungautomatisiert und ohne Kundeninformation aus dem Verlaufbzw. vom Konto gelöscht, wenn innerhalb von2 Tagen keineFreigabe des Betreuers erfolgt. Mein Mandant hatte wederKenntnis von diesem fragwürdigen bankinternen Ablauf,noch über die Abwesenheit des Kundenbetreuers. MangelsInformation fiel die Säumnis erst wenige Tage später auf -die Zahlung wurde umgehend nachgeholt. Es gab seitensder ***Bf1*** keinen Grund an der Durchführung derZahlung zu zweifeln, sodass kein grobes Verschuldenvorliegt. Es wird daher beantragt die verhängtenSäumniszuschläge nicht festzusetzen. Es wird zudem auf diebisher stets fristgerecht geleisteten Finanzamtszahlungenmeines Mandanten hingewiesen."

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies im Vorlagebericht auf gegenüber der Bf. in der Vergangenheit festgesetzte Säumniszuschläge (am Säumniszuchlag 510,70 Euro, am Säumniszuschlag 166,80 Euro, am Säumniszuschlag 166,10 Euro). Die Bf. habe nicht dargetan, ob und gegebenenfalls auf welche Weise sie der ihr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegenden Kontroll- und Überwachungspflicht nachgekommen sei, weshalb die Abgabenbehörde zur Annahme berechtigt war, dass für die Säumnis ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden ursächlich war.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß
§ 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass die Einfuhrumsatzsteuer, die Umsatzsteuer 04/2022 sowie die Lohnsteuer 05/202 nicht zeitgerecht entrichtet wurden, weshalb die Säumniszuschläge im angefochtenen Bescheid in der Höhe von insgesamt 1.756,51 Euro gemäß § 217 Abs. 1 BAO dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgesetzt wurden.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Grobes Verschulden liegt vor, wenn das Verschulden nicht nur als leichte Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht ().
Grobe Fahrlässigkeit wird mit auffallender Sorglosigkeit gleichgesetzt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

(Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist ().

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Bf. ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der verspäteten Entrichtung der gegenständlichen Abgaben trifft.

Dieses ist dann auszuschließen, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleibediensteten nachgekommen ist ().

Im Fall eines wie hier vorliegenden, von der Bf. in Anspruch genommenen Begünstigungstatbestandes tritt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. So hat, wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann ().

Der Vertreter der Bf. führt dazu in der Beschwerde aus, dass "sein Mandant" (die ***Bf1***, laut Firmenbuchauszug, FN, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer G) durch einen Mitarbeiter die Durchführung der Zahlung der am fälligen Selbstbemessungsabgaben per Onlinebanking in Auftrag gegeben habe. Um sicherzugehen, dass die Zahlung durchgeführt werde, wurde der zuständige Bankmitarbeiter informiert, den verfügbaren Kontorahmen kurzfristig zu erhöhen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (vgl. ).

Wie bereits das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde, dass der Bf. (bzw. ihrem Vertreter) im Zeitpunkt des Zahlungsauftrages an die Bank bekannt war, dass der Kontorahmen für die Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben überschritten werden musste, weshalb an den zuständigen Bankmitarbeiter ein Mail mit dem Ersuchen gesendet wurde, den Kontorahmen zu erhöhen.

Dass bereits mehrmals (kurzfristige) Erhöhungen des Kontorahmens beantragt wurden, hätte beim Vertreter der Bf. bereits für eine entsprechende Aufmerksamkeit bei der Entrichtung fälliger Abgaben und zur Veranlassung von Maßnahmen führen müssen, die eine rechtzeitige Abgabenentrichtung sicherstellen. Am Fälligkeitstag der Abgaben an einen Bankmitarbeiter eine Mail mit dem Inhalt zu senden, der Kontorahmen müsse zur Abdeckung der fälligen Abgaben erhöht werden, und sich ohne weitere Nachfrage auf die rechtzeitige Entrichtung durch die Bank zu verlassen, ist in diesem Zusammenhang nicht als leichte Fahrlässigkeit zu werten, selbst wenn in der Vergangenheit die Bank dem Ersuchen um eine (kurzfristige) Erhöhung des Kontorahmens immer nachkam.

Dass die Bf. über die Abwesenheit des Banksachbearbeiters bzw. über die Nichtentrichtung der Abgaben nicht in Kenntnis gesetzt wurde, mindert nicht das von der Bf. zu verantwortende Organisationsverschulden, die keinerlei Kontrollmaßnahmen im Hinblick auf eine rechtzeitige Abgabenentrichtung gesetzt hat.
Dass Abgaben in der Höhe von fast 88.000 Euro erst zwei Wochen nach ihrer Fälligkeit entrichtet wurden, spricht ebenfalls nicht für eine laufende Überwachung der Zahlungen an das Finanzamt.

Insoweit die Bf. vorbringt, ihrem für die Zahlungsdurchführung zuständigen Mitarbeiter sei ein Versehen unterlaufen, das gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufe, wird nicht dargelegt, inwieweit die Bf. (bzw. ihr Vertreter) der nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber ihrem Mitarbeiter nachgekommen ist.

Das Vorbringen der Bf. zielt größtenteils auf die Versäumnisse und internen Abläufe der Bank ab, lässt aber Vorbringen zur eigenen Büroorganisation im Hinblick auf die Kontrolle und Überwachung der rechtzeitigen Abgabenentrichtung vermissen. Das Vorbringen der Bf. genügt im gegebenen Fall nicht, um die Anwendung der Begünstigung des § 217 Abs. 7 BAO zu erwirken.

Das Vorbringen, die Bf. sei bisher ihren Zahlungen immer fristgerecht nachgekommen, entspricht nicht den vorliegenden Aktenunterlagen. So wurden am , am und am Säumniszuschläge am Abgabenkonto der Bf. festgesetzt (Buchungsabfrage Abgabenkonto 0123). Im Übrigen kommt es für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages nicht auf das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit, sondern auf die Umstände der konkreten Säumnis an.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher als unbegründet abzweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall hatte das Bundesfinanzgericht an Hand der Sachlage zu würdigen, ob der Bf. grobes Verschulden an der Säumnis anzulasten ist. Da somit keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung durch den VwGH zu klären ist, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102870.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at