Geschäftsführerhaftung bei mehreren Geschäftsführern, Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom Steuernummer ***123***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, dass die Firma ***X*** GmbH Abgaben in Höhe von 27.528,01 € nicht entrichtet hätte. Es möge dargelegt werden, weshalb der Beschwerdeführer nicht dafür Sorge getragen habe, dass die angeführten Abgaben entrichtet worden seien. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Anhand des beigelegten Fragenbogens mögen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers offengelegt werden.
Mit Schreiben vom gab der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers dazu bekannt, dass die vom Masseverwalter überwiesene Quote nicht berücksichtigt worden sei. Es seien auch keine Löhne mehr ausbezahlt worden, sodass sich für Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag keine Haftung ergeben würde. Für Körperschaftsteuer und Säumniszuschlag würden keine Haftungsnormen bestehen. Übrig bleibe die Umsatzsteuer. Es werde eine Aufstellung der Steuerberaterin übermittelt, aus der sich eine Ungleichbehandlung von einem Prozent ergeben würde, wobei man hier über eine Zug-um-Zug Verknüpfung streiten könne.
Mit Bescheid vom machte das Finanzamt die Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin im Ausmaß von 20.088,01 € geltend. Die Abgaben wurden wie folgt aufgeschlüsselt:
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Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeit | Betrag (Euro) |
Umsatzsteuer | 2019 | 245,18 | |
Umsatzsteuer | 12/2019 | 7.959,66 | |
Umsatzsteuer | 11/2019 | 6.701,20 | |
Lohnsteuer | 12/2019 | 3.976,62 | |
Dienstgeberbeitrag | 12/2019 | 718,18 | |
Dienstgeberbeitrag | 01/2020 | 84,76 | |
Dienstgeberbeitrag | 02/2020 | 84,76 | |
Dienstgeberbeitrag | 03/2020 | 75,01 | |
Dienstgeberbeitrag | 04/2020 | 73,07 | |
Dienstgeberbeitrag | 05/2020 | 73,07 | |
Zuschlag zum DB | 12/2019 | 62,61 | |
Zuschlag zum DB | 01/2020 | 7,39 | |
Zuschlag zum DB | 02/2020 | 7,39 | |
Zuschlag zum DB | 03/2020 | 6,55 | |
Zuschlag zum DB | 04/2020 | 6,37 | |
Zuschlag zum DB | 05/2020 | 6,37 | |
Summe | 20.088,01 |
Nach Darlegung der rechtlichen Grundlagen wurde begründend ausgeführt, dass die im Spruch angeführten Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin uneinbringlich seien, da mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** das Konkursverfahren nach Verteilung aufgehoben worden sei. Da Miete, aktuelle Lebensversicherung und div. Versicherung zur Gänze beglichen worden seien, sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt zwar Geldmittel vorhanden gewesen seien, diese aber nicht zur (anteiligen) Entrichtung der Abgabenschulden verwendet worden seien. Da bei der Tilgung der Schulden der Gesellschaft die Abgabenschulden schlechter als die übrigen Verbindlichkeiten behandelt worden seien, sei von einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes auszugehen.
Unter Hinweis auf § 78 Abs. 3 EStG 1988 wurde darauf hingewiesen, dass die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sei.
Die Geltendmachung der Haftung stelle die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Weiters könne aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. künftigen Erwerbsmöglichkeiten nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Haftungsschulden auch beim Haftungspflichtigen uneinbringlich seien. Der Haftungspflichtige habe in Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Pflichten auffallend sorglos gehandelt. Aus diesen Gründen sei die Geltendmachung der Haftung geboten.
Die Quote in Höhe von 25,063966 % sei berücksichtigt worden.
Mit Schriftsatz vom wurde durch den rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gar nichts mit der Geschäftsführung des Unternehmens zu tun gehabt hätte. Er sei lediglich für den Fall, dass seine Frau als Geschäftsführerin ausfallen würde, zum Geschäftsführer bestellt worden. Der Beschwerdeführer sei bei einer Baufirma tätig.
Weiters sei der Beschwerdeführer mit als Geschäftsführer gelöscht worden. Relevante Vorgänge nach diesem Datum seinen dem Beschwerdeführer nicht zurechenbar.
Es sei hervorzuheben, dass die Haftung des Geschäftsführers nur greifen würde, wenn eine Ungleichbehandlung von Statten gegangen sei. Die GmbH habe ihre Zahlungen im Dezember 2020 vollkommen eingestellt. Es seien keine Löhne mehr ausbezahlt worden, keine Lieferanten bezahlt worden und nur notwendige Zug-um-Zug Geschäfte wie Rechtsanwalt, Gericht, Steuerberater, Miete, Leasing etc. betrieben worden. Aus der beiliegenden Geldflussrechnung der Steuerberaterin würde sich ergeben, dass eine Ungleichbehandlung von 1 % vorliege. Dieser Betrag werde auch anerkannt.
Es werde beantragt, den angefochtenen Haftungsbescheid als rechtwidrig aufzuheben und die Haftung der Beschwerdeführerin mit 0,00 € festzusetzen, in eventu die Haftung mit 200,88 € festzusetzen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und dem Beschwerdeführer den Ersatz der Kosten des Verfahrens zuzusprechen.
Mit Schreiben vom forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, folgende Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorzulegen: Auflistung sämtlicher Gläubiger, alle auf die einzelnen Verbindlichkeiten geleisteten (auch die zur Gänze bezahlten) Zahlungen, Kontoauszüge ab , bis zu welchem Zeitpunkt wurden die Geschäftsführer-Bezüge ausbezahlt bzw. auf dem entsprechenden Konto verbucht?
Mit Schreiben vom gab die Vertretung des Beschwerdeführers bekannt, dass die Kontoauszüge nicht in Händen des Beschwerdeführers sondern beim Masseverwalter seien. Vorgelegt wurde ein Konvolut Kontoblätter der Primärschuldnerin.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde nach Darlegung der Rechtslage im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den im haftungsgegenständlichen Zeitraum getätigten Zahlungen (Überweisungen) lediglich um Zug-um-Zug Geschäfte gehandelt habe, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig gewesen seien. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführe, könne im Fall der Befriedigung betriebsnotwendiger Forderungen von einer anteiligen Begleichung aller Verbindlichkeiten keine Rede sein.
Da laut Beschwerde erst im Dezember 2020 die Zahlungen vollständig eingestellt worden seien, sei davon auszugehen, dass zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entsprechende Mittel zur Begleichung der Abgabenschuldigkeiten vorhanden gewesen seien.
Mit Schreiben vom wurde Vorlageantrag eingebracht. Ein ergänzendes Vorbringen wurde nicht erstattet.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Am richtete das Bundesfinanzgericht folgendes Schreiben den Beschwerdeführer betreffend an das Finanzamt:
"Eine Firmenbuchabfrage hat ergeben, dass Herr ***Bf1*** nur bis Geschäftsführer der Primärschuldnerin war. Folgende Abgaben, die im Haftungsbescheid vom enthalten sind, waren nach diesem Stichtag fällig: DB 02/2020, DB 03/2020, DB 04/2020, DB 05/2020, DZ 02/2020, DZ 03/2020, DZ 04/2020, DZ 05/2020. Es ist beabsichtigt, der Beschwerde des ***Bf1*** insofern stattzugegeben, als jene Abgaben, die nach fällig geworden sind, von der Haftung ausgeschieden werden.
Um Stellungnahme wird ersucht.
Um Beantwortung dieses Schreibens wird binnen drei Wochen ab dessen Zustellung ersucht!"
Am richtete das Bundesfinanzgericht folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:
"Es ist unbestritten, dass Sie in der Zeit zwischen und Geschäftsführer der ***X*** GmbH waren, welche am wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht wurde. Die derzeit beim Finanzamt noch aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten sind daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.
Aufgabe des Geschäftsführers ist es, im Verwaltungsverfahren allfällige Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, die Abgabenschulden am oder nach dem Fälligkeitstag zu begleichen. Er hat darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden sind, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden waren. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel.
Die haftungsgegenständlichen Abgaben waren zwischen und fällig. In diesem Zeitraum wurden keine Zahlungen gegenüber dem Finanzamt getätigt. Der Beschwerde vom ist zu entnehmen, dass jedenfalls Zug-um-Zug Geschäfte getätigt wurden, sodass davon auszugehen ist, dass die liquiden Mittel nicht anteilig auf alle Gläubiger gleichmäßig verteilt wurden.
Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden ().
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren kann nur dann teilweise erfolgreich sein, wenn nachgewiesen wird, mit welchem Anteil die Finanzverwaltung bei einer Gleichbehandlung befriedigt worden wäre. Dafür ist eine Aufstellung vorzulegen, aus der hervorgeht, über welche finanziellen Mittel die Primärschuldnerin im haftungsgegenständlichen Zeitraum verfügt hat, wie diese verwendet wurden und in welchem Ausmaß die haftungsgegenständlichen Abgaben bei Gleichbehandlung aller Verbindlichkeiten befriedigt worden wären. Dann würde die Haftung auf diesen Anteil eingeschränkt werden. Es wird darauf hingewiesen, dass die bloße Vorlage von Kontoblättern dieser Nachweispflicht nicht entspricht.
Im Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0097, hat der Verwaltungsgerichtshof auf Folgendes hingewiesen: "In den Erkenntnissen vom , 2008/15/0283, und vom , 2000/15/0168, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verpflichtung nach § 80 BAO hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (aller Gläubiger) hinausgeht; aus den Bestimmungen des § 78 Abs. 3 EStG ergibt sich die Verpflichtung, dass die Lohnsteuer - ungeachtet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller andrängenden Gläubiger - jeweils zur Gänze zu entrichten ist."
Das Beschwerdevorbringen, es seien keine Löhne mehr ausbezahlt worden, deckt sich nicht mit der Aktenlage, zumal Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag bis einschließlich Mai 2020 gemeldet wurden."
Mit Schreiben vom legte die beschwerdeführende Partei eine Erklärung der Gattin des Beschwerdeführers vom vor:
"Hiermit bestätige ich das mein Mann ***Bf1***, geb. ***Datum***.1982 zum als Geschäftsführer in die ***X*** GmbH eintrat. Allerdings NUR am Papier.
Ich leitete die Firma immer alleine und mein Mann hatte kein Interesse an der Firma und auch keine Ausbildung in der Spedition (seine gesamte berufliche Laufbahn verbrachte er im Baugewerbe). Allerdings war ich 2017 mit Zwillingen schwanger - die im August 2017 geboren wurden. Aus diesem Grund wurde mein Mann zum Geschäftsführer gemacht, da ich mir natürlich Gedanken machte, was passiert im Fall das ich mit den Kindern länger im Krankenhaus bin. Natürlich war ich auch die erste Zeit mit den Zwillingenrund um die Uhr beschäftigt und es war für mich ein sicheres Gefühl das mein Mann auch eine Unterschrift abgeben konnte. Darum trat er auch mit ein - also kurz vor der Geburt der Kinder.
Ab September 2018 war mein Mann nur noch geringfügig gemeldet in der Firma - wirklich nur für den Fall des Falles.
Wie gesagt er war wirklich nur am Papier Geschäftsführer für den Fall der Fälle, aber ich führte wirklich die Gespräche mit dem Steuerberater, Bankgespräche, Bilanzbesprechungen usw ausschließlich selbst."
Mit Email vom wurde dem Finanzamt die Erklärung vom 30. August 2022weitergeleitet. Das Finanzamt gab in Zusammenhang mit der Verantwortung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer keine Stellungnahme ab. Die Ausführungen bezogen sich lediglich auf die Höhe seines Entgelts.
Mit Schreiben vom zog die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Entscheidungsrelevante Sachverhalt
Die Firma ***X*** GmbH (Primärschuldnerin) wurde durch Einbringung des Einzelunternehmens ***X*** e.U. mit Erklärung vom gegründet.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom wurde das Sanierungsverfahren über das Vermögen der ***X*** GmbH eröffnet.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom wurde die Bezeichnung von Sanierungs- auf Konkursverfahren geändert.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom wurde das Konkursverfahren nach Schlussverteilung (Quote 25,063966 %) aufgehoben.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom wurde die Firma wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
Der am ***Datum***1982 geborene Beschwerdeführer war in der Zeit von bis im Firmenbuch als Geschäftsführer der Primärschuldnerin eingetragen.
In der Zeit von bis war auch ***GattinBf1***, die Gattin des Beschwerdeführers, Geschäftsführerin der Primärschuldnerin.
Aus der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Erklärung geht hervor, dass der Beschwerdeführer tatsächlich die Funktion als Geschäftsführer nur in der Zeit von bis ausübte.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, den Parteienvorbringen, Einsicht in das Firmenbuch und aus dem Abgabeninformationssystem.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde überzeugend dargelegt, dass ***Bf1*** nur deshalb als Geschäftsführer eingesetzt worden war, weil seine Frau im August 2017 Zwillinge zur Welt gebracht hatte und daher nicht als Geschäftsführerin zur Verfügung stand. Ab September 2018 übte sie diese Tätigkeit wieder aus. Der Beschwerdeführer war zwar noch weiterhin als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen, die für die abgabenrechtlichen Belange zuständige Geschäftsführerin war jedoch wieder ***GattinBf1***. Der Beschwerdeführer ging einer sichtselbständigen Tätigkeit im Baugewerbe nach.
Hinsichtlich des Zeitraumes, in dem der Beschwerdeführer die Funktion des Geschäftsführers tatsächlich ausübte, trat auch das Finanzamt der vorgelegten Erklärung der Gattin des Beschwerdeführers nicht entgegentrat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Die in den Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 BAO voraus, dass eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht, die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis des §§ 80 ff BAO gehört, eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertreters vorliegt und die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.
Der Beschwerdeführer übte die Geschäftsführertätigkeit tatsächlich zwischen und aus.
Nur als Geschäftsführer der Primärschuldnerin war der Beschwerdeführer ihr abgabenrechtlicher Vertreter. Vor und nach der Zeitspanne, während der er Geschäftsführer war, war er nicht der abgabenrechtlich verantwortliche Vertreter der Primärschuldnerin und damit nicht für die Entrichtung der Abgabenverbindlichkeiten verantwortlich. Dass er seine Vorsorge- und Überwachungspflicht verletzt hätte, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor.
Von den nunmehr haftungsgegenständlichen Abgaben wurden keine während der Vertretertätigkeit des Beschwerdeführers fällig. Für die nach seiner Vertretertätigkeit fällig gewordenen Abgabenverbindlichkeiten kann er nicht zu Haftung herangezogen werden, sodass der beschwerdegegenständliche Haftungsbescheid aufzuheben ist.
3.2. Zu Spruchpunkt II.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine dieser Alternativen vor, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 78 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100315.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at