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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2022, RV/7400130/2021

Haftung Kommunalsteuer, Berechnung der Gläubigergleichbehandlung nunmehr zeitraumbezogen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400130/2021-RS1
Aufgrund der Änderung der VwGH-Judikatur zur Berechnung der Gläubigergleichbehandlung betreffend Kommunalsteuer im Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0067, kommt eine Ermittlung der liquiden Mittel lediglich im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr in Betracht, sondern ist nach der bisherigen Judikatur des VwGH zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (zB ) auf die Zeiträume der jeweiligen Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzustellen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , N-1, betreffend Haftung gemäß §§ 6a KommStG und DGAG, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 1.909,20 (anstatt € 2.765,83) herabgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
08/2014
82,66
Kommunalsteuer
09/2014
562,80
Kommunalsteuer
10/2014
560,13
Kommunalsteuer
11/2014
311,47
Kommunalsteuer
12/2014
185,48
Säumniszuschlag
2014
55,02
Säumniszuschlag
2014
5,64
Kommunalsteuer
01/2015
61,79
Kommunalsteuer
02/2015
25,76
Dienstgeberabgabe
02/2015
18,60
Pfändungsgebühr
07/2015
31,66
Barauslagen
07/2015
8,19


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA 6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 2.765,83 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Abzüglich 20% Quote
Kommunalsteuer
2014
2.925,35
Säumniszuschlag
58,50
Kommunalsteuer
01-02/2015
93,08
Pfändungsgebühr
07/2015
33,66
Barauslagen
07/2015
8,70
Dienstgeberabgabe
2014
300,00
Säumniszuschlag
6,00
Dienstgeberabgabe
01-02/2015
32,00
gesamt
3.457,29
2.765,83


Vom ursprünglich offenen Rückstand in der Höhe von € 3.457,29 werde nur ein Betrag von € 2.765,83 geltend gemacht, da eine 20%ige Sanierungsplanquote bestätigt worden sei.

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach § 6a Abs. 1 DGAG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet worden. Es sei eine 20%ige Sanierungsplanquote bestätigt worden. Der die Quote übersteigende Rückstand sei bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Der Bf. sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da der die Quote übersteigende Rückstand nicht eingebracht werden könne.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass der Geschäftsführer nur für schuldhafte Pflichtverletzungen hafte. Er hafte für nicht entrichtete Abgaben dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, der Geschäftsführer weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten.

Der Geschäftsführer hafte jedoch nicht für sämtliche Abgabenschulden der von ihm vertretenen GmbH in voller Höhe, sondern nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers und dem Entgang von Abgaben bestehe. Reichten somit die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden und hafte der Geschäftsführer nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger benachteiligt habe, so erstrecke sich die Haftung des Geschäftsführers auch nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsführers tatsächlich bekommen habe. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Geschäftsführer.

Vermöge er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung.

Die Behörde habe im bekämpften Bescheid die gesamten Abgabenbeträge dem Bf. zur Haftung vorgeschrieben, in Summe € 3.225,35.

Als Geschäftsführer habe der Bf. seinen Pflichten zur Entrichtung der Abgaben für die Gesellschaft nur deshalb nicht vollständig nachkommen können, weil für die vollständige Entrichtung der Abgaben die notwendigen liquiden Mittel nicht vorhanden gewesen seien.

Zum allfälligen schuldhaften Verhalten des Bf. sei also zu prüfen, inwieweit er gegen das geforderte Gleichbehandlungsgebot der Gläubiger verstoßen habe. Nur bei einem derartigen Verstoß hafte der Bf. und hier wieder nur für jenen Differenzbetrag, um den die Abgabenbehörde gegenüber den anderen Gläubigern schlechter gestellt worden sei.

Diese Prüfung betreffend das gegenständliche Gleichbehandlungsgebot sei für den Beurteilungszeitraum bis durchgeführt worden:


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Gesamtverbindlichkeiten
5.373.495,48
Gesamt geleistete Zahlungen
2.848.630,48
Zahlungsquote Gesamtverbindlichkeiten
53,01%
Zahlungsquote Stadt Wien
0,00%
Ungleichbehandlung - Haftungsquote
53,01%


Aus dieser Darstellung ergebe sich, dass der Bf. die Stadt Wien in einem Ausmaß von 53,01% durch Ungleichbehandlung benachteiligt habe. Er beantrage daher die Abänderung des bekämpften Bescheides unter Ansatz des Haftungsbetrages von € 1.709,84 (53,01% von € 3.225,35).

---//---

Mit Schreiben vom der MA 6 wurde der Bf. eingeladen, eine monatliche Aufschlüsselung der abgegebenen Jahreserklärungen an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung jeweils für den Zeitraum Jänner 2014 bis Februar 2015 vorzulegen.

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit falle:

- eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats)

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

Zudem stehe es dem Bf. frei, zu diesem Vorhalt Stellung zu nehmen.

---//---

Da die geforderte Aufstellung nicht erfolgt sei, wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO ausgeführt:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Zum Beschwerdevorbringen werde festgehalten:

Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden, eine monatliche Aufschlüsselung der abgegebenen Jahreserklärungen sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Jänner 2014 bis Februar 2015 vorzulegen. Die Aufstellung in der Beschwerde entspreche nicht den Anforderungen an einen Liquiditätsnachweis, der - wie in der Beschwerde selbst zitiert - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte zu erfolgen habe. Auch sei keine Aufstellung der liquiden Mittel enthalten. Der Fälligkeitszeitpunkt der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe sei jeweils der 15. eines Monats für den vorangegangenen Monat, daher liege der Betrachtungszeitraum für den geforderten Liquiditätsnachweis zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats.

Im gegenständlichen Fall sei für 2014 eine Zahlung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe aufgrund einer Pfändung erfolgt, für den Zeitraum 2015 sei keine einzige Abgabenzahlung erfolgt.

Nicht die Abgabenbehörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer hafte für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Widrigenfalls hafte der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze ().

Gegen die Gleichbehandlungspflicht verstoße ein Geschäftsführer, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichte, dann nicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stünden, nicht für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichten, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandle und diesem Verhältnis entsprechend erfülle; insoweit sei auch das Ausmaß der Haftung bestimmt. Dies setze allerdings voraus, dass der Geschäftsführer im Verfahren betreffend seine Heranziehung zur Haftung die Grundlagen für die behördliche Feststellung des zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Anteils an liquiden Mitteln beigebracht habe ().

Der Vertreter habe den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermöge er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könne dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Der Bf. habe trotz Aufforderung nicht die erforderliche Liquiditätsaufstellung erbracht und hafte daher für den Abgabenbetrag zur Gänze.

Er habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Auf Grund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte ergänzend vor:

Der Geschäftsführer hafte nur für schuldhafte Pflichtverletzungen. Er hafte für nicht entrichtete Abgaben dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, der Geschäftsführer weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten.

Vermöge er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung.

Dies bedeute, dass im gegenständlichen Fall der Bf. nicht einen Liquiditätsnachweis zu erbringen, sondern die Gleichbehandlung aller Gläubiger innerhalb eines bestimmten Beurteilungszeitraums nachzuweisen habe. Nachdem von der Abgabenschuldnerin auf Grund der Insolvenz keine Zahlung geleistet habe werden können, sei also ein allfälliger Haftungsumfang hinsichtlich des Geschäftsführers, eben des Bf., zu ermitteln.

Die Grundsätze für die Ermittlung des Haftungsbetrags habe der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , 2012/08/0227, und vom , Ra 2015/08/0040, klar festgelegt:

"Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Zuschlagsverbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen."

"Die Grundsätze für die Ermittlung des Haftungsumfangs wurden im hg. Erkenntnis vom , 2012/08/0227, dargelegt.

Demnach ist in einem ersten Schritt der Beurteilungszeitraum zu ermitteln, der mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums noch offenen Beitragsverbindlichkeit beginnt und der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Hinweise auf eine frühere allgemeine Zahlungseinstellung oder Beendigung der Vertreterstellung sind hier nicht gegeben) endet.

In einem zweiten Schritt sind sodann einerseits das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Beitragsschulden (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsschulden (Beitragszahlungsquote) zu ermitteln.

Das Produkt aus der Differenz der beiden Quoten und den insgesamt fälligen Beitragsschulden ergibt letztlich den Haftungsbetrag (zu alternativen Berechnungsmethoden vgl. das schon angeführte Erkenntnis 2012/08/0227). [Hier: Die Gebietskrankenkasse hat den ehemaligen Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin (GmbH) zu einem Vorbringen der gegen seine Haftung sprechenden Tatsachen sowie zur Vorlage einer Liquiditätsaufstellung bzw. der Geschäftsunterlagen aufgefordert. Eine solche - am Beginn eines Verfahrens stehende, einer ersten Informationsaufnahme vorrangig zum Grund der Haftung dienende - Aufforderung ist keinesfalls ausreichend, um der aufgezeigten Ermittlungspflicht zu genügen (vgl. die den hg. Erkenntnissen vom , 92/08/0250, vom , 93/08/0221, und vom , 99/08/0065, zugrundeliegenden Sachverhalte).]"

Aus diesen, hier auszugsweise zitierten, Erkenntnissen ergebe sich klar die vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebene Ermittlungsweise des Haftungsbetrags. Genau diese Ermittlungsform des Haftungsumfangs bzw. des Haftungsbetrags sei in der mit der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung abgewiesenen Beschwerde vorgenommen bzw. dargelegt worden.

Die belangte Behörde gehe also in ihrer Bescheidbegründung von einer unrichtigen Ermittlungsweise des Haftungsbetrags aus. Insbesondere die Ansicht, dass der Beurteilungszeitraum (von der belangten Behörde als Betrachtungszeitraum bezeichnet) zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats liege, entspreche nicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und sei daher nicht auf die Entscheidung über die gegenständliche Behörde anzuwenden. Ganz klar spreche der Verwaltungsgerichtshof davon, dass der Beurteilungszeitraum mit der ältesten offenen Verbindlichkeit beginne und mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ende. Eine Unterteilung in monatliche Betrachtungszeiträume sei also falsch.

Vielmehr sei die in der Beschwerde dargelegte Ermittlung des Haftungsbetrags dafür heranzuziehen und daraus ergebe sich eben eine Haftung des Bf. im Ausmaß von 53,01 Prozent somit in einer Höhe von Euro 1.709,84.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien um Beantwortung folgender Fragen:

  1. "Wurden die haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge, Pfändungsgebühren und Barauslagen 2014 bescheidmäßig festgesetzt?
    Wenn ja, wird um Übermittlung der Bescheide und Bekanntgabe der Fälligkeitstage ersucht.

  2. In welchem prozentuellen Ausmaß wurde die 20%ige Sanierungsplanquote (Sanierungsverfahren vom D-1 bis D-8) sowie die 1%ige Konkursquote (Konkursverfahren vom D-6 bis D-7) entrichtet?"

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In Beantwortung dieses Ersuchens übermittelte der Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom die Bescheide über die Festsetzung der Säumniszuschläge vom und sowie der Pfändungsgebühren und Barauslagen vom .

Weiters werde mitgeteilt, dass im Sanierungsverfahren der Primärschuldnerin nur die 5%ige Barquote bezahlt worden sei. Die Quote sei jeweils auf den ältesten Rückstand (2014) verbucht worden, die entrichtete Quote für Kommunalsteuer betrage € 155,97, die Quote für Dienstgeberabgabe € 2,07.

Aufgrund der Aufrechnung bzw. aufgrund eines auf einem weiteren Abgabenkonto der G-1 bestehenden Guthabens seien Beträge in der Höhe von € 1.059,35 auf die Kommunalsteuer und € 296,61 auf die Dienstgeberabgabe (jeweils Zeitraum 2014) verbucht worden.

Mit Beschluss vom D-2 sei über das Vermögen des Bf. ein Sanierungsverfahren eröffnet und mit Beschluss vom D-3 die Bezeichnung auf ein Konkursverfahren geändert worden. Der Schlussverteilungsentwurf des Masseverwalters sei am D-4 genehmigt (Quote ca. 3,94%), der Zahlungsplan nicht angenommen worden. Am D-5 sei das Abschöpfungsverfahren rechtskräftig eingeleitet und der Konkurs aufgehoben worden. Die Quote betrage € 104,69 (Kommunalsteuer) und € 1,03 (Dienstgeberabgabe).

Die Quote im Konkursverfahren (D-6 bis D-7) der Primärschuldnerin in der Höhe von € 25,31 (dies entspreche 1,06782%) sei in der Höhe von € 24,98 auf die Kommunalsteuer und in Höhe von € 0,33 auf die Dienstgeberabgabe verbucht worden.

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Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. um Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises für die Zeiträume ab der jeweiligen Fälligkeit der Abgaben bis jeweils zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens am D-1.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung war zunächst festzustellen, dass die bisher aktenkundige Steuerberatungsgesellschaft mit Schreiben vom bekanntgab, den Bf. nicht mehr zu vertreten. Die Ladung sei ihm im Original weitergeleitet worden. Weiters teilte der Bf. am telefonisch mit, zur Verhandlung ebenfalls nicht kommen zu wollen.

Da die Ladung somit ordnungsgemäß zugestellt wurde, erging der Beschluss auf Verhandlung in Abwesenheit des Bf.

Seitens des Magistrates der Stadt Wien wurde darauf hingewiesen, dass über das Vermögen des Bf. das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei und im Abschöpfungsweg bereits Beträge auf das Abgabenkonto entrichtet worden seien, sodass eine teilweise Tilgung der Haftungsschuld erfolgt sei.

Die gemeldete Überrechnung stamme aus dem Vermögen der Gesellschaft, und zwar betreffend Gebrauchsabgabe, und sei daher haftungsmindernd zu berücksichtigen.

Abschließend erläuterte die Verhandlungsleiterin anhand der aktuellen Judikatur des , die nunmehrige Vorgangsweise bei der Berechnung der Gläubigergleichbehandlung insofern, als nicht mehr von einer monatlichen Betrachtungsweise auszugehen sei, sondern ein je Abgabe jeweiliger Zeitraum zwischen der Fälligkeit und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heranzuziehen sei.

Abschließend beantragte der Magistrat der Stadt Wien die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Dienstgeberabgabe

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (DGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Haftungsvoraussetzungen

- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben

Abgabenforderungen

Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen an Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben 2014 und 01-02/2015 wurden nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern als zusammengefasste Abgaben gemäß § 224 Abs. 1 und 3 BAO im Haftungsbescheid erstmals geltend gemacht.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch eine Haftungsinanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer oder mehrerer Monate) für die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben aufzugliedern waren.

Dazu wird darauf verwiesen, dass zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben Prüfungen stattgefunden haben. Folgende Abgaben wurden gemäß Berichten vom , und festgestellt bzw. im Schätzungsweg ermittelt (Dienstgeberabgaben 07-12/2014):


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Zeitraum
Kommunal-steuer
Dienstgeber-abgabe
01/2014
584,74
56,00
02/2014
608,22
78,00
03/2014
549,64
88,00
04/2014
652,62
76,00
05/2014
408,87
60,00
06/2014
342,00
50,00
07/2014
639,63
50,00
08/2014
563,36
50,00
09/2014
598,40
50,00
10/2014
595,57
50,00
11/2014
331,18
50,00
12/2014
197,21
50,00
01/2015
65,69
10,00
02/2015
27,39
22,00


Davon wurde der Bf. für folgende Abgaben - vor Berücksichtigung der in Höhe von 20% vereinbarten, aber tatsächlich nur in Höhe von 5% entrichteten Sanierungsquote - zur Haftung in Anspruch genommen:

2014:


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Zeitraum
Kommunal-steuer
Dienstgeber-abgabe
07/2014
639,63
50,00
08/2014
563,36
50,00
09/2014
598,40
50,00
10/2014
595,57
50,00
11/2014
331,18
50,00
12/2014
197,21
50,00
Summe
2.925,35
300,00


2015:


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Zeitraum
Kommunal-steuer
Dienstgeber-abgabe
01/2015
65,69
10,00
02/2015
27,39
22,00
Summe
93,08
32,00


Die haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge sowie Pfändungsgebühren und Barauslagen wurden mit Bescheiden vom , und festgesetzt.

Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben in noch zu bestimmender Höhe fest, da mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom D-8 das über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Sanierungsverfahren nach Annahme eines Zahlungsplanes von 20% aufgehoben wurde. In weiterer Folge wurde allerdings lediglich eine Quote von 5% (obwohl die angenommene Quote von 20% im Haftungsbescheid berücksichtigt wurde) entrichtet und am D-6 das Konkursverfahren eingeleitet, das nach Schlussverteilung einer Quote von 1% am D-7 aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-9 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Im Zeitpunkt der Eröffnung des Sanierungsverfahrens hafteten die Abgaben aus wie folgt. Davon waren die in den Insolvenzverfahren erzielten Quoten sowie die Zahlung aufgrund einer Umbuchung eines auf dem Gebrauchsabgabenkonto der Gesellschaft bestehenden Guthabens haftungsmindernd zu berücksichtigen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
abzüglich 5%
Sanierungs-quote
abzüglich Über-rechnung
abzüglich 1%
Konkursquote
Kommunalsteuer
07/2014
639,63
607,65
0,00
---
Dienstgeberabgabe
07/2014
50,00
47,50
0,00
---
Kommunalsteuer
08/2014
563,36
535,19
83,49
82,66
Dienstgeberabgabe
08/2014
50,00
47,50
0,00
---
Kommunalsteuer
09/2014
598,40
568,48
---
562,80
Dienstgeberabgabe
09/2014
50,00
47,50
0,00
---
Kommunalsteuer
10/2014
595,57
565,79
---
560,13
Dienstgeberabgabe
10/2014
50,00
47,50
0,00
---
Kommunalsteuer
11/2014
331,18
314,62
---
311,47
Dienstgeberabgabe
11/2014
50,00
47,50
0,00
---
Kommunalsteuer
12/2014
197,21
187,35
---
185,48
Dienstgeberabgabe
12/2014
50,00
47,50
0,00
---
Säumniszuschlag
2014
58,50
55,58
---
55,02
Säumniszuschlag
2014
6,00
5,70
---
5,64
Kommunalsteuer
01/2015
65,69
62,41
---
61,79
Dienstgeberabgabe
01/2015
10,00
9,50
0,00
---
Kommunalsteuer
02/2015
27,39
26,02
---
25,76
Dienstgeberabgabe
02/2015
22,00
20,90
18,79
18,60
Pfändungsgebühr
07/2015
33,66
31,98
---
31,66
Barauslagen
07/2015
8,70
8,27
---
8,19
gesamt
1.909,20


Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-10 bis D-1 (Eröffnung des Sanierungsverfahrens) sowie vom D-8 (Beendigung des Sanierungsverfahrens) bis D-6 (Konkurseröffnung) Geschäftsführer der G-1 war.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern gemäß § 11 Abs. 2 KommStG und die haftungsgegenständlichen Dienstgeberabgaben gemäß § 6 Abs. 1 DGAG jeweils am 15. des folgenden Monats fällig waren, weshalb der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Die mit Bescheiden vom , und festgesetzten haftungsgegenständlichen Säumniszuschläge sowie Pfändungsgebühren und Barauslagen wurden gemäß § 217a Z 2 BAO mit der Zustellung der Festsetzungsbescheide bzw. gemäß § 26 Abs. 5 AbgEO mit Beginn der Amtshandlung fällig, weshalb dem Bf. auch diesfalls die Entrichtungspflicht zuzurechnen war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Gläubigergleichbehandlung

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Am Vertreter, dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, ist es dabei gelegen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Wenn die Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung des Geschäftsführers bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Im gegenständlichen Fall wandte sich der Bf. gegen die Rechtsauffassung des Magistrates der Stadt Wien, einen Liquiditätsnachweis jeweils für den zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats gelegenen Betrachtungszeitraum erbringen zu müssen.

Dazu verwies er auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) (; ), wonach der jeweilige Beurteilungszeitraum mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraumes noch offenen Beitragsverbindlichkeit (Abgabenverbindlichkeit) beginne und in der Regel mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ende (gleichlautend auch ).

Dem war bis vor kurzem die zur Haftung nach § 9 BAO sowie § 6a KommStG ergangene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ), womit dieser klarstellte, dass eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen hatte, entgegenzuhalten.

Demnach hatte der Vertreter einen im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - aufzustellen ().

Allerdings wurden zum einen die im Sinne der Rechtsansicht des Bf. ergangenen Erkenntnisse des VwGH überwiegend nach den anderslautenden Judikaten erlassen und hielt zum anderen der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngst zur Haftung für Kommunalsteuer ergangenen Entscheidung () in Abkehr seiner bisherigen Judikaturlinie fest:

"Dabei kommt es für den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht nur auf die liquiden Mittel zum Fälligkeitstag an, die den an diesem einen Tag jeweilig fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, weil eine derartige Betrachtung für nur einen einzigen Tag im Monat ohne Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel für die Zeiträume nach der Fälligkeit der Abgaben keinen Nachweis über eine Gläubigergleichbehandlung geben kann."

Dazu kommt, dass die in der vom Bf. ins Treffen geführten Rechtsprechung des VwGH zum BUAG enthaltenen Grundsätze für die Ermittlung des Haftungsumfanges bzw. der Ungleichbehandlungsquote in Einklang mit dem vorstehend zitierten jüngst ergangenen Erkenntnis gebracht werden können.

Für den Bf. lässt sich jedoch daraus nichts gewinnen, da er in seiner Beschwerde

  1. die Quote für einen nicht vollständigen bzw. hier letztlich nicht relevanten Beurteilungszeitraum - berechnete,

  2. der Berechnung nicht die liquiden Mittel, sondern die (im Regelfall geringeren) Entrichtungen zugrunde legte und

  3. die Berechnungen lediglich für einen einzigen Zeitraum und nicht für jede Abgabe im Zeitraum ab der jeweiligen Fälligkeit bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens vornahm.

Aus der Gesamtschau aller angeführten Mängel ergibt sich, dass der vom Bf. unternommene Versuch zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises als gescheitert anzusehen ist.

Der eine umfassende Anleitung zur ordnungsgemäßen Quotenberechnung enthaltenden Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes zur Verbesserung leistete der Bf. keine Folge, weshalb nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weitere Ermittlungen seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht mehr vorzunehmen waren ().

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Aus dem Umstand, dass derzeit in einem Schuldenregulierungsverfahren versucht wird, die finanzielle Situation des Bf. zu bereinigen, erscheint es zweckmäßig, an der Geltendmachung der Haftung festzuhalten. Dies dürfte die einzige Möglichkeit sein, die Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin einzubringen. Im Übrigen ist es nicht zweckmäßig, wenn durch den vorzeitigen Verzicht des Abgabengläubigers andere Gläubiger eine höhere Quote im Schuldenregulierungsverfahren erhalten ().

Der Umstand der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über den Bf. war daher im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht haftungsmindernd zu berücksichtigen (vgl. ; ).

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei der Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 1.909,20 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor, die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 9 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400130.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at