Werbungskosten, doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ing. Thomas Millesich, Dr. Wlasakstraße 83, 2410 Hainburg a.d. Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind den am Ende der Entscheidung angeführten Berechnungen zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) beantragte mit der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (ANV) für das Jahr 2018 vom die Berücksichtigung von Reisekosten in der Höhe von Euro 10.491,86.
Da das Ersuchen der Behörde um Ergänzung vom (Frist bis ) unbeantwortet geblieben war, erging mit Datum der Einkommensteuerbescheid (ANV) 2018. Durch die Behörde blieben die beantragten Werbungs-/ Reisekosten mangels Nachweis unberücksichtigt. Die Vorlage der abverlangten Fahrtenaufzeichnungen, Bus-/Bahntickets, Tankbelege, Zulassungsschein in Kopie etc. war nicht erfolgt.
Mit Schreiben des Bf. vom wurde Beschwerde gegen den o.a. Bescheid erhoben. Darin war u.a. festgehalten, dass für das Jahr 2018 die Anerkennung der Differenz zwischen den vom Dienstgeber ausbezahlten Reisekosten und den tatsächlichen Kosten, d.h. Euro 10.491,96, beantragt werde.
Es wurde vorgebracht, dass der Bf. bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen mit Sitz in der Slowakei angestellt gewesen sei und von diesem nach Stadt1 entsendet worden sei. Der Arbeitgeber führte die Lohnabgaben beim zuständigen Finanzamt ab.
Der Beschwerde lagen Reisekostenabrechnungen (aus welchen die Anzahl der Fahrten ersichtlich seien), das Lohnkonto 2018 (aus welchem die tatsächlich bezahlten Reisekostenersätze ersichtlich seien) sowie eine Aufstellung zur Berechnung der Werbungskosten 2018 bei.
Es wurden die Anerkennung dieser Kosten iHv Euro 10.491,96 und die Änderung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Sollte die Behörde den Argumenten des Bf. nicht folgen können, werde alternativ die Berücksichtigung von Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv Euro 2.050,00 sowie für Familienheimfahrten in der maximalen Höhe des großen Pendlerpauschales iHv Euro 3.672,00 beantragt.
Nach Ergehen eines weiteren Vorhaltes der Behörde ( mit Frist bis ) mit dem Ersuchen die beantragten Haushaltskosten belegmäßig nachzuweisen und mit dem Hinweis, dass die Kosten für Familienheimfahrten durch die vom Dienstgeber gewährten Ersätze bereits abgegolten seien, wies die Behörde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom die Beschwerde als unbegründet ab. Der Fragenvorhalt war unbeantwortet geblieben.
Mit Schreiben des Bf. vom wurde der Antrag auf Entscheidung durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag) gestellt.
Die Behörde habe in der BVE den Antrag betreffend die Werbungskosten nicht behandelt. Zum Alternativantrag war u.a. angeführt, dass insgesamt 90x die Strecke Wohnort/Arbeitsort in Österreich zum Wohnort in der Slowakei zurückgelegt worden sei. Es wurde der Mietvertrag für die Wohnung in Österreich / Stadt1 vorgelegt, aus welchem ersichtlich sei, dass 10x Euro 410,00 bezahlt worden seien. Der Arbeitgeber habe nur Euro 900,00 ersetzt, sodass als Differenz Euro 3.200,00 beantragt werden.
Der Bf. hielt fest, dass die Werbungskosten wie in der Erklärung zur ANV enthalten, beantragt werden.
Alternativ wurden die Anerkennung der Familienheimfahrten in max. Höhe von Euro 3.672,00 sowie die angeführten Kosten für die doppelte Haushaltsführung (gem. Mietvertrag) beantragt.
In Beantwortung des weiteren Vorhalts der Behörde vom (Frist ), mit welchem um Nachweis der Kosten der doppelten Haushaltsführung ersucht worden war, wurden mit Schreiben vom zum Nachweis der Mietzahlungen Ausdrucke aus dem Telebanking des Bf. für April bis Dezember 2018 vorgelegt. Daraus waren Zahlungen von 5 x 410,00 (Miete Wohnung in Stadt1) und 4 x 387,50 (Miete Wien) ersichtlich. Aus dem beiliegenden Lohnkonto war ersichtlich, dass der Arbeitgeber dem Bf. Euro 700,24 km-Geld ersetzt hatte.
Das Rechtsmittel wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) mit Vorlagebericht vom vorgelegt. Die Behörde hielt im Vorlagebericht fest, dass trotz mehrmaligen Ersuchens keine Belege zum Nachweis bzw. zur Glaubhaftmachung der Anzahl der Familienheimfahrten und der gefahrenen Kilometer vorgelegt worden seien.
Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Das BFG ersuchte mit Beschluss vom aufgrund des aus dem bisherigen Verfahrensgang und den beigebrachten Unterlagen feststellbaren Sachverhalts, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen, um Klärung der folgenden Punkte:
"1)Nach den Angaben im Zentralen Melderegister bestand für den Bf. seit Dezember 2017 ein Nebenwohnsitz in Österreich:
- - Wohnsitz1
- - Wohnsitz2
ab - Wohnsitz3).
a)Es wird ersucht eine Meldebestätigung für den Wohnsitz in der Slowakei in Slowakei1 vorzulegen.
b)Es wird ersucht Angaben zum als Familienwohnsitz angeführten Wohnsitz in der Slowakei zu machen. Um welche Unterkunft handelte es sich (Haus, Wohnung, Eigentum oder Miete)?
Wieviele Personen wohnten dort bzw. waren an der Adresse gemeldet (Meldebestätigung)?
In welchem Verhältnis standen die Personen zum Bf.?
c)Welche Kosten wurden für diesen Wohnsitz durch den Bf. getragen? Nachweise der Miete, Betriebskosten - Zahlungsnachweise für 2018.
d)Zum Nachweis der Mietaufwendungen in Österreich war festzustellen, dass der Bf. bis Anfang März in Stadt2 und von 13. März bis August 2018 in Stadt1 gemeldet war. Danach befand sich der Nebenwohnsitz in Wien. Demzufolge wären als Wohnsitz nur 6 Monate in Stadt1 nachgewiesen.
2)Der Bf. ist lt. Lohnkonto seit bei der Firma S.R.O beschäftigt.
a)Die beigebrachten Unterlagen / Reisekostenabrechnungen sind in slowakischer Sprache und tragen keine Jahreszahl.
Eine Zuordnung der angeführten Beträge zu den Beträgen auf dem Lohnkonto war nicht möglich. Es wird um Klärung ersucht.
b)Der Bf. gab in der Beschwerde an ca. 90x (lt. der Beschwerde beiliegendem Berechnungsblatt von Jänner bis Dezember 2018) von seinem Wohnsitz in der Slowakei nach Stadt1 (279 km) gefahren zu sein.
Es wird um Vorlage von Bestätigungen, Entsendungsaufträgen, Dienstreiseaufträgen des Arbeitgebers an den Bf. für diese Reisen ersucht.
c)Wie erklärt sich, dass in den Reiseabrechnungen ab September keine Reisen nach Stadt1 angeführt waren und trotzdem Kilometergeld dafür beantragt wurde? Ab September waren Reisen nach Wien angeführt.
d)Mit welchem Fahrzeug (privates Fahrzeug oder Dienstfahrzeug) wurden die 90 Fahrten unternommen für die das Kilometergeld beantragt wird?
Es wird ersucht die Fahrzeugpapiere, Zulassungsschein des privaten PKW oder eine Bestätigung des Arbeitgebers bei Zurverfügungstellung eines Firmenfahrzeuges vorzulegen.
e)Ersucht wird um Vorlage von Fahrtenaufzeichnungen, Fahrtenbüchern, Service- und Reparaturrechnungen des privaten Fahrzeuges zum Nachweis der angegebenen Kilometer sowie Tankbelege oder ggf. Bus-/Bahntickets.
3)Der Bf. stellte in der Beschwerde den Alternativantrag auf Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung und die daraus erwachsenen Mehraufwendungen (Euro 2.050,00 bzw. lt. Vorlageantrag 3.200,00) sowie Familienheimfahrten in der maximalen Höhe des großen Pendlerpauschales von Euro 3.672.
Wie den Unterlagen zu entnehmen war, war der Bf. im Jahr 2018 ledig.
Es wird ersucht darzulegen worin sich die Notwendigkeit einer doppelten Haushaltsführung iSe beruflichen Veranlassung begründet?
Nur wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wären daraus resultierende Mehraufwendungen als Werbungskosten zu qualifizieren.
Eine derartige Unzumutbarkeit wäre aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht gegeben.
Aufgrund welcher Umstände und Ursachen wird die Verlegung des (Familien-) Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung in Österreich als unzumutbar angesehen und wurde trotz des seit Dezember 2017 bestehenden Wohnsitzes in Österreich ein Wohnsitz in der Slowakei beibehalten?"
Mit Schreiben des Vertretersdes Bf. vom wurde zum o.a. Beschluss Stellung genommen.
Es war angeführt, dass der Bf. an der bekanntgegebenen Adresse in der Slowakei wohnhaft war. Eine amtliche Meldebestätigung über den Zeitraum von - lag dem Schreiben bei. Der Bf. sei im Jahr 2018 noch bei seinen Eltern gemeldet gewesen. Er habe aber schon seit 2015 ein Grundstück und seit 2018 ein darauf befindliches Haus in derselben Ortschaft besessen. Dafür habe er die Kosten getragen und lägen als Beispiel Stromrechnungen bei. Das bedeute, dass er als Eigentümer der Liegenschaft die Kosten zu tragen hatte.
In Österreich seien Mietaufwendungen iHv Euro 410,00 monatlich für Stadt1 und in gleicher Höhe für Wien angefallen. Zahlungsnachweise seien dazu der Behörde vorgelegt worden.
Zu den Punkten 2a - c) brachte der Bf. von sich aus vor, dass die angesetzten Kilometergelder schwer haltbar seien. Daher wurde die Beschwerde auf den Alternativantrag eingeschränkt. D.h. es werden Kosten für Familienheimfahrten in maximaler Höhe des großen Pendlerpauschales, d.s. Euro 3.672,00, beantragt.
Lege man diesen Betrag auf das Kilometergeld um, so entspreche dies monatlich 4 Familienheimfahrten ohne Berücksichtigung der Zeit in Wien. Der Bf. sei durch seinen Arbeitgeber von 12/2017 bis 8/2018 einem Unternehmen in Steyr überlassen worden und habe deshalb in dieser Zeit in Stadt2 bzw. Stadt1 gewohnt. Danach habe sich seine Arbeitsstätte in Wien befunden. Es seien irrtümlich Fahrtkosten nach Stadt1 auch für die Zeit ab 9/2018 angegeben worden.
Fahrtaufzeichnungen lägen nicht vor. Es gebe nur die Reisekostenabrechnungen, bei denen es sich um Excel-Tabellen handle, die dem Arbeitgeber übermittelt werden.
Zum Punkt 3) wurde damit argumentiert, dass unter dem Titel Familienheimfahrten und Werbungskosten auch Kosten lediger Personen zu verstehen seien. Es sei nicht zumutbar den Heimatwohnsitz für einen längeren Zeitraum zu verlassen, am Arbeitsplatz ein Zimmer zu nehmen und während der gesamten Zeit niemals an den Heimatwohnsitz zurückzukehren.
Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung sei damit zu begründen, dass der Bf. immer wieder an andere Beschäftigungsorte/-betriebe überlassen werde. Der Bf. könne sein Wohnhaus nicht aufgeben, wenn er sicher weiß, dass er lediglich ein paar Monate an einen anderen Dienstort entsandt werde.
Dem Schreiben lagen Unterlagen in slowakischer Sprache bei.
Auf Basis "Google-Übersetzer" konnte das Gericht feststellen, dass es sich konkret um Grundbuchauszüge zum Haus der Eltern, an der Adresse "Bf1-Adr", an der auch der Bf. wohnte, handelte. Ebenso lag ein "Auszug aus den Eigentumsurkunden, Kataster" vor. Daraus war ersichtlich, dass dem Bf. ein Grundstück mit Gartenfläche, Bau- und Hoffläche ab 2015 an der Adresse in Slowakei2, gehörte. Aus den Kopien der beigebrachten Stromabrechnungen (ebenfalls in slowakischer Sprache) war diese Adresse als "Adresse des Verbrauchsortes" ersichtlich; als Rechnungsadresse war die Wohnadresse des Bf. in "Bf1-Adr" angegeben.
Weiters lag die Kopie des Zulassungsscheins des in der Slowakei zugelassenen, privaten PKW des Bf. bei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig war im gegenständlichen Fall, ob dem Bf. der Abzug der beantragten Kosten aus dem Titel doppelte Haushaltsführung sowie Familienheimfahrten als Werbungskosten bei Bemessung der Einkommensteuer des Jahres 2018 zuzusprechen war.
Werbungskosten sind nach § 16 Abs 1 Satz 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dies gilt auch nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 sind Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.
Das Pendlerpauschale beträgt demgemäß bei unzumutbarer Verwendung eines Massenbeförderungsmittels bei einer Fahrtstrecke von über 60 km höchstens Euro 3.672,00 jährlich.
Gemäß § 167 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens in freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Der nachstehende, sich aus den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen des Bf. ergebende, Sachverhalt war der Entscheidung zugrunde zu legen.
Der Bf. ist slowakischer Staatsbürger, ist ledig und war im berufungsgegenständlichen Zeitraum bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen mit Sitz in der Slowakei unselbständig beschäftigt. Im Jahr 2018 war er nach Stadt1 und ab 9/2018 nach Wien entsendet worden.
Laut Zentralem Melderegister bestand für den Bf. ab bis laufend ein Nebenwohnsitz in Österreich. Im Jahr 2018 handelte es sich um drei aufeinanderfolgende Nebenwohnsitze in Stadt2, Stadt1 und ab September 2018 in Wien.
Der Hauptwohnsitz, Familienwohnsitz, befand sich laut vorgelegter amtlicher Meldebestätigung im Zeitraum - in der Slowakei, an der Adresse "Bf1-Adr".
Wie der Bf. gegenüber dem Bundesfinanzgericht (BFG) angab, lebte er mit seinen Eltern an der genannten Adresse im Haus der Eltern. Der Bf. gab an, dass er seit 2015 ein Grundstück in der Slowakei, in Slowakei2, besaß und sich seit 2018 darauf ein Haus befand. Für dieses Haus waren Stromkosten zu bezahlen und seien diese durch den Bf. bezahlt worden. Zum Nachweis wurden Stromabrechnungen der Jahre 2017 bis 9/2019, jedoch keine Zahlungsbelege, vorgelegt. Die in den Rechnungen angeführte Adresse Slowakei2 war daraus als Verbrauchsadresse ersichtlich; Rechnungsadresse war jedoch stets der angegebene Wohnort des Bf.
In der Beschwerde beantragte der Bf. für das Jahr 2018 das Kilometer-Geld für 90 Fahrten von Stadt1 zum Familienwohnsitz. Die Entfernung zum Wohnsitz in der Slowakei betrug von Stadt1 rund 270 km und von Wien rund 104 km. Hinsichtlich der Anzahl der Fahrten wurde auf die der Beschwerde beigelegten monatlichen Reisekostenabrechnungen hingewiesen.
Auf das Ersuchen um Vorlage von Aufzeichnungen über diese Fahrten, gab der Bf. in der Vorhaltsbeantwortung gegenüber dem BFG an, dass er die angegebenen Kilometer nicht mit Fahrtaufzeichnungen nachweisen könne, aber circa 4x im Monat nach Hause gefahren wäre. Das Beschwerdebegehren wurde deshalb auf die Höhe des großen Pendlerpauschales eingeschränkt.
Weiters beantragte der Bf. als Kosten der doppelten Haushaltsführung die Berücksichtigung der angefallenen Mietaufwendungen und verwies dazu auf die beigebrachten Zahlungsnachweise. Aufgrund dieser Belege war für 9 Monate der Mietaufwand für Stadt1 und Wien von insgesamt Euro 3.600,00 festzustellen. Laut Mietvertrag handelte es sich in Stadt1 um eine Wohnung von 30 m2.
Als Begründung für die doppelte Haushaltsführung und die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung führte der Bf. an, dass er immer wieder an andere Beschäftigungsorte gesendet werde. Zudem könne er sein Wohnhaus in der Slowakei nicht aufgeben, da er lediglich ein paar Monate an andere Dienstorte entsendet werde.
Zur doppelten Haushaltsführung
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr-)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf Gründe zurückzuführen, die der privaten Sphäre zuzuordnenden sind, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig (vergleiche ).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.
Die berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (; , 2013/15/0146).
Die Begründung eines eigenen Haushalts am Beschäftigungsort, die doppelte Haushaltsführung, ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen
- von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist, weil der Ehepartner dort mit relevanten Einkünften erwerbstätig ist, oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus verschiedensten privaten Gründen, denen erhebliches Gewicht zukommt, nicht zugemutet werden kann (vgl. dazu auch Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 16 Abs. 1 Z 6 Tz 72 ff und dort zitierte VwGH-Rechtsprechung).
Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel nach einer gewissen Zeit zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen ().
Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Hausstand wäre eine Zeitspanne von 6 Monaten zu erwägen. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hätte der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Wohnsitz beibehalten wird.
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen, wobei es Sache des Steuerpflichtigen ist, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe etwa ).
Aufgrund des Sachverhaltes war zur gegenständlichen Beschwerde festzustellen, dass der Wohnsitz des Bf. in der Slowakei von seinen Arbeitsstätten im Jahr 2018, zumindest in den Monaten bis September, so weit entfernt war (bis zu 270 km), dass eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar war.
Der ledige Bf. war in der Slowakei an der Adresse der Eltern gemeldet und wohnte, nach seinen eigenen Angaben, im Haus der Eltern. Der Bf. hatte nicht vorgebracht, dass er für diese Wohnmöglichkeit Kosten zu tragen hatte. Als Begründung für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung gab der Bf. an, dass er für sein Haus in der Slowakei, Adresse Slowakei2, Stromkosten zu tragen hatte und dieses nicht hätte aufgeben können, wenn er immer nur ein paar Monate an einen anderen Dienstort entsandt werde.
Dazu war festzustellen, dass der Bf. an der Adresse dieses Hauses nicht gemeldet war und weder nachgewiesen noch vorgebracht worden war, dass sich dort im Jahr 2018 sein Wohnsitz befunden hätte.
Daraus folgte, dass der Bf. im Jahr 2018 über keinen eigenen Hausstand verfügt hatte. Die seitens des Bf. vorgebrachten privaten Gründe stellten keine Umstände von erheblichem objektiven Gewicht dar, die im Jahr 2018 die Beibehaltung des Wohnsitzes in der Slowakei als beruflich bedingt rechtfertigen hätten können. Eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung war durch die vorgebrachten Gründe nicht feststellbar. Eine berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen war ebenfalls darin nicht zu erblicken.
Infolge der nur der privaten Sphäre zuzuordnenden Gründe, waren die beantragten Kosten aus Mietzahlungen für eine doppelte Haushaltsführung im Jahr 2018 nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Die Beschwerde war in diesem Punkt abzuweisen.
Zu Familienheimfahrten
Grundsätzlich sind Aufwendungen für Familienheimfahrten nur unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung.
Ausnahmen sind insofern möglich, als Alleinstehende, die an ständig wechselnden Arbeitsstätten tätig werden, unter Umständen die Kosten für Familienheimfahrten auch dann absetzen können, wenn die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt werden; d.h. wenn kein eigener Hausstand gegeben ist.
Über die Qualität des Familienwohnsitzes hat der VwGH ausgeführt, das Fehlen eines "eigenen Hausstands" im Heimatort ist kein absolutes Hindernis für die Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen (vgl. ).
Die Aufwendungen für Familienheimfahrten können in einem solchen Fall für eine gewisse Übergangszeit, maximal 6 Monate, als Werbungskosten anerkannt werden. Die Kosten sind jedoch gedeckelt und nur bis zu einem Höchstbetrag von Euro 306,00 pro Monat (auf Basis des großen Pendlerpauschales) abschreibbar.
Im Fall des Bf., der im Jahr 2018 bei einem slowakischen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen angestellt war, war es für das Gericht als glaubhaft anzusehen, dass er jederzeit damit rechnen musste an einen anderen Beschäftigungsort entsendet zu werden. Tatsächlich war der Bf. im Jahr 2018 an mehreren Standorten tätig. Die Verlegung des Familienwohnsitzes war daher für den alleinstehenden Bf. für eine Übergangszeit, konkret für sechs Monate, als unzumutbar zu beurteilen. Dem Grunde nach lag dadurch die Voraussetzung für die Geltendmachung von Kosten für Familienheimfahrten vor.
Hinsichtlich der Beurteilung der Höhe der Fahrtkosten, stützte sich das Gericht auf die nachvollziehbaren Angaben des Bf.. Das Gericht sah als glaubhaft an, dass der Bf. im Jahr 2018 regelmäßig, mit dem eigenen PKW, Fahrten von Stadt1 an den Familienwohnsitz in der Slowakei durchgeführt hatte. Die Anzahl der Fahrten ging aus den vorgelegten Reiseabrechnungen des Bf. hervor.
Im Sinne des § 167 BAO wurde es in freier Beweiswürdigung als erwiesen beurteilt, dass der Bf. ab Jänner 2018 bis zu 4x pro Monat zum Familienwohnsitz gefahren war. Die zurückgelegten Kilometer betrugen dafür pro Monat mehr als 2000 km. Infolge dieser Entfernung wäre bei Ansatz des amtlichen Kilometergeldes bereits der monatliche Deckelungsbetrag von Euro 306,00 überschritten gewesen.
Entsprechend dem abgeänderten Antrag des Bf., der Annahme einer Übergangszeit von sechs Monaten sowie der Deckelung des Aufwandes kam das Gericht zum Schluss, dass Werbungskosten aus dem Titel "Familienheimfahrten" iHv 6 x 306,00 somit Euro 1.836,00 anzuerkennen waren.
Der Beschwerde war daher in diesem Punkt wie angeführt stattzugeben.
Insgesamt war der Beschwerde teilweise stattzugeben.
Die Entscheidung war wie im Spruch angeführt zu treffen.
BERECHNUNG DER EINKOMMENSTEUER FÜR DAS JAHR 2018
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Steuerpflichtige Bezüge lt. Lohnzettel | 25.688,65 | |
Abzüglich Werbungskosten lt. Erkenntnis | -1.836,00 | |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 23.852,65 | |
Sonderausgaben Pauschbetrag | -60,00 | |
EINKOMMEN | 23.792,65 | |
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988: | ||
0% für die ersten 11.000,00 | 0,00 | |
25% f. die weiteren 7.000,00 | 1.750,00 | |
35% f. die restlichen 5.792,65 | 2.027,43 | |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 3.777,43 | |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 | |
Zzgl. Steuer f. sonstige Bezüge 4.795,53 | +250,53 | |
Einkommensteuer | 3.627,96 | |
Abzügl. anrechenbare Lohnsteuer | -4.489,15 | |
Festgesetzte Einkommensteuer / Gutschrift | 861,19 |
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der zur Thematik vorliegenden Rechtsprechung des VwGH ergeben. Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101520.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at