Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.11.2022, RV/6100355/2022

NoVA- Rückvergütung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0010.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Normverbrauchsabgabe 2022 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Vergütungsbetrag wird mit EUR 809,68 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang und Sachverhalt

A/1. Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) betreibt in Ort X, Deutschland, einen KFZ-Handel. Er erwarb im Mai 2022 von einem Fahrzeughändler in Österreich einen Gebrauchtwagen mit der Fahrgestellnummer Nr**** um EUR 19.500 (Rechnung vom ). Dieses Fahrzeug war am von der Verkehrszulassung in Österreich abgemeldet worden.

Der Bf. verbrachte dieses Fahrzeug nach Deutschland und verkaufte es mit Kaufvertrag vom an eine Käuferin mit Wohnsitz in Deutschland. Am wurde das Fahrzeug in Deutschland angemeldet und zum Verkehr zugelassen.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Rückerstattung der NoVA für dieses Fahrzeug in Höhe von EUR 1.087,50 und berief sich dabei auf geltendes EU-Recht. Gleichzeitig beantragte der Bf. die Sperre des Fahrzeuges in der Genehmigungsdatenbank, welche vom Finanzamt am durchgeführt wurde.

A/2. Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag des Bf. auf Rückerstattung der NoVA gemäß § 12a 2. TS NoVAG ab. Nach einer kurzen Darstellung der Systematik des § 12a NoVAG führte das Finanzamt aus, dass aufgrund des Wortlautes und der Systematik des § 12a NoVAG 1991 eine Vergütung an den ausländischen Fahrzeughändler nicht vorgesehen sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Bf. mit der Begründung, dass die Entscheidung des Finanzamtes nicht EU-konform sei. Sie stelle eine massive Diskriminierung von allen Ausländern/EU-Ausländern bzw. Personen, die keinen Wohn/Geschäftssitz in Österreich haben, dar. Diese Personengruppe werde in ihren geschäftlichen Tätigkeiten erheblich behindert, dadurch würde das Recht auf geschäftliche Freizügigkeit und freien Warenverkehr innerhalb der EU verletzt.

Die NoVA sei eine Umweltabgabe, daher entfalle bei einer Ausfuhr aus Österreich und einer Sperre die Grundlage für diese Gebühr vollständig. Durch die Sperre in der Genehmigungsdatenbank sei ein Missbrauch ausgeschlossen. Es sei völlig bedeutungslos, ob ein inländischer oder ein ausländischer Fahrzeughändler oder ein Privater die Erstattung der NoVA beantrage. Die Einschränkung des Personenkreises in § 12a NoVAG hätte nur das Ziel, einen Missbrauch von Erstattungen zu vermeiden.

A/3. Da der Bf. auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtete, legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht innerhalb der Frist des § 262 Abs 2 BAO direkt vor.

Über Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht, zur Höhe der beantragten NoVA-Vergütung Stellung zu nehmen, teilte das Finanzamt mit, dass als Bemessungsgrundlage für die Vergütung höchstens der Fahrzeugbewertungslisten-Mittelwert zwischen Händler-Einkaufspreis und dem Händler-Verkaufspreis (jeweils ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabekomponente) heranzuziehen sei. In diesem Fall sei gemäß der Eurotax Fahrzeugbewertung ein Mittelwert von EUR 16.618,50 brutto anzunehmen. Der Steuersatz von 7 % sei vom Bf. korrekt berechnet worden.

B. Beweiswürdigung

Der vorstehend geschilderte Sachverhalt ist in dem vom Finanzamt vorgelegten Akt abgebildet und unstrittig. Es steht außer Streit, dass das gegenständliche Fahrzeug in Österreich von der Zulassung abgemeldet wurde, ins Ausland gelangte und dort angemeldet wurde, dass die Sperre in der Genehmigungsdatenbank erfolgte und dass der inländische Verkäufer keine Rückerstattung der NoVA beantragt hat.

Strittig ist lediglich, ob der Bf. die Rückerstattung der NoVA beantragen kann.

C. Rechtliche Würdigung

C/1. § 12a NoVAG 1991 idF BGBl I Nr. 99/2020 lautet:

(1) Wird ein Fahrzeug
- durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert
- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,

dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.

(2) Der Antrag kann binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes in jenen Fällen, in denen der Antragsteller ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994 ist, bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer des Antragstellers zuständigen Finanzamt gestellt werden, in allen anderen Fällen beim Finanzamt Österreich.

C/2. In der Stammfassung des NoVAG war keine Vergütung der NoVA für Fälle, in denen ein bereits zuvor mit NoVA belastetes Fahrzeug in das Ausland geliefert oder verbracht wird, vorgesehen. Die Einführung des § 12a und die sukzessive Ausweitung seines Anwendungsbereiches ist vielmehr erst durch die Rechtsprechung des EuGH und des Verfassungsgerichtshofes erzwungen worden (siehe Haller, NoVAG [2017], § 12a Tz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Der Verfassungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom aus, dass der EuGH und ihm folgend der österreichische Gesetzgeber die NoVA als Verbrauchsabgabe ansehen und Belastungsgrund für die NoVA nicht der Verkehrsakt der Zulassung, sondern die laufende Nutzung des Fahrzeuges im Inland sei ().

Nach einer schrittweisen Erweiterung der Vergütungstatbestände hat der Gesetzgeber in Reaktion auf höchstgerichtliche Rechtsprechung schließlich eine neue Fassung des § 12a NoVAG kundgemacht, die im Ergebnis alle typischen Fälle erfasst, in denen ein Gebrauchtfahrzeug nach Beendigung der Nutzung im Land physisch dauerhaft in das Ausland gelangt. Somit soll § 12a eine Vergütung der im Restwert von exportierten Gebrauchtfahrzeugen enthaltenen NoVA-Komponente erlauben (vgl. Haller, aaO, § 12a Tz 12). (Zur historischen Entwicklung des § 12a NoVAG 1991 siehe auch .)

C/3. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass ein von 2018 bis 2021 im Inland zum Verkehr zugelassenes und mit NoVA belastetes KFZ vom Bf., der ein befugter Fahrzeughändler in Deutschland ist, gekauft und dauerhaft nach Deutschland verbracht wurde. Sein Verkäufer, ein inländischer Fahrzeughändler, beantragte keine Rückerstattung von NoVA.

In derartigen Fällen, in denen der Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeuges aus welchen Gründen immer keine NoVA-Rückvergütung beantragt, obwohl das Fahrzeug nachweislich ins Ausland gelangt, sondern die anteilige NoVA-Belastung an den Käufer weiterverrechnet, führt die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht, dass der ausländische Fahrzeughändler eine Rückvergütung nicht beantragen kann, dazu, dass das Fahrzeug mit der Abgabe belastet bleibt, obwohl es nicht mehr im Inland verwendet wird.

Aus dem Gesetzestext des § 12a Abs 1 2. Satz NoVAG ist diese Rechtsansicht nicht ableitbar, weil das Gesetz lediglich von einem "befugten Fahrzeughändler" spricht. Das Vorliegen eines "inländischen" befugten Fahrzeughändlers ist kein Tatbestandsmerkmal.

In einem kürzlich ergangenen Beschluss sprach das BFG dem ausländischen Fahrzeughändler allerdings die Aktivlegitimation ab. Im dort zu beurteilenden Sachverhalt beantragte auch der Verkäufer, ein inländischer Kraftfahrzeughändler, die NoVA-Vergütung ().

C/4. Im vorliegenden Fall würde dieser Ausschluss der Vergütung sowohl der Rechtsprechung des EuGH als auch der des VfGH widersprechen. Unionsrechtlich darf ein Kraftfahrzeug endgültig nur proportional zur Dauer der inländischen Nutzung mit der NoVA belastet werden (, Cura Anlagen GmbH). Nach der Rechtsprechung des VfGH differenziere der Belastungsgrund der NoVA weder danach, ob der Steuerschuldner ein Unternehmer oder ein Privater sei, noch danach, ob das Fahrzeug betrieblich oder privat benutzt werde (, Rz 12).

Auch soll die Vergütungsregelung offenbar bewirken, dass im Fall einer Beendigung der Inlandsnutzung durch Verbringung oder Veräußerung in das Ausland - in Zusammenschau mit § 1 NoVAG 1991, der zunächst bei Beginn der Inlandsnutzung eine volle Steuerpflicht vom Kaufpreis oder gemeinen Wert des Kfz vorsieht - die Belastung mit NoVA proportional zur Dauer der Inlandsnutzung zu beschränken, indem die während der Dauer der Inlandsnutzung wirtschaftlich noch nicht amortisierte Abgabe vergütet wird (; vgl. )

C/5. Im gegenständlichen Fall kann der unionsrechtlich und verfassungsrechtlich gebotene Zustand der pro-rata-temporis Besteuerung (siehe , Cura Anlagen GmbH) nur durch eine Vergütung der anteiligen NoVA-Belastung an den ausländischen Kraftfahrzeughändler erreicht werden.

Als Bemessungsgrundlage für die Vergütung der NoVA ist gemäß § 12a NoVAG der nachweisbare gemeine Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland anzusetzen. Der Bf. hat hingegen den Kaufpreis ohne Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlage herangezogen.

Das Finanzamt hat den gemeinen Wert mittels der anerkannten und objektiven Eurotaxbewertung ermittelt und nachvollziehbar dargestellt (zur Zulässigkeit der Bewertung laut Eurotax-Liste siehe Haller, NoVAG, § 5 Tz 40 ff. und die dort zitierte Judikatur). Demgemäß beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 16.618,50 brutto. Bereinigt um die Umsatzsteuer- und NoVA-Komponente beträgt der Wert EUR 13.174,02 (siehe offizieller NoVA-Rechner des BMF, https://onlinerechner.haude.at/BMF-NoVARechner).

Die Anwendung des Steuersatzes von 7% sowie der Abzugsposten von EUR 112,50 ergeben einen NoVA-Vergütungsbetrag von EUR 809,68.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Das Erkenntnis folgt der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur. Somit ist kein Grund gegeben, die Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise
Anmerkung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100355.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at