Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.12.2022, RV/6100432/2022

Zurückweisung einer Vorlageerinnerung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Vorlageerinnerung vom des Bf., vertreten durch die Steuerberatungs- und WP GmbH, ***Stb-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Abweisung einer Nachsicht, St.Nr. xxx/yyyy beschlossen:

Die Vorlageerinnerung wird als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Begründung

1. gesetzliche Grundlagen

Über Bescheidbeschwerden ist gemäß § 262 Abs 1 BAO nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs 2 BAO zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist gemäß § 262 Abs 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Weiters ist gemäß § 262 Abs 4 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gegen Beschwerdevorentscheidungen kann gemäß § 264 Abs 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) gemäß § 264 Abs 6 BAO beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

2. Sachverhalt samt Beweiswürdigung

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) durch seine steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Abweisung einer Nachsicht. In der Beschwerdeschrift wurde auf die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet und um umgehende Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ersucht.

Laut telefonischer Auskunft der zuständigen Dienststelle ist diese Beschwerde beim Finanzamt eingelangt und im Abgabeninformationssystem des Bundes angemerkt.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. durch seine steuerliche Vertretung beim Bundesfinanzgericht eine Vorlageerinnerung ein (eingelangt am ) und führte darin aus, dass er gegen den Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht Beschwerde erhoben und gleichzeitig auf die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet habe. Die steuerliche Vertretung des Bf. habe jedoch bis dato keine Verständigung darüber erhalten, dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wurde.

Dieser Vorlageerinnerung wurde eine Ablichtung der Beschwerde vom samt Postaufgabeschein beigelegt.

Eine Vorlage dieser Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ist tatsächlich nicht erfolgt. Eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ist laut Abgabeninformationssystem des Bundes bisher ebenfalls nicht ergangen.

Das Ergebnis der Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes sowie der telefonischen Anfrage beim Finanzamt deckt sich mit dem Inhalt der Vorlageerinnerung, welche keine Beschwerdevorentscheidung und keinen Vorlageantrag anspricht. Es kann daher bedenkenlos davon ausgegangen werden, dass bisher weder eine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist noch ein Vorlageantrag eingebracht wurde.

3. Rechtliche Würdigung

Die steuerliche Vertretung des Bf. hat in der Vorlageerinnerung dezidiert auf den in der Beschwerdeschrift gemäß § 262 Abs 2 BAO gestellten Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung hingewiesen.

Dieser Antrag hat jedoch nicht zwingend das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung zur Folge. § 262 Abs 2 BAO legt unter lit b nämlich als weitere Voraussetzung dafür fest, dass die Abgabenbehörde die Beschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt. Ein Rechtsanspruch auf rechtzeitige Vorlage der Beschwerde besteht ebenso wenig wie ein Rechtsanspruch auf Unterbleiben der Beschwerdevorentscheidung. Das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung setzt somit de facto "Einvernehmen" des Bf. und der Abgabenbehörde voraus. Wird trotz des Antrages nach § 262 Abs 2 lit a BAO die Bescheidbeschwerde nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 262 Abs 2 lit b BAO dem Verwaltungsgericht vorgelegt, so besteht die Pflicht zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung. (Vgl Ritz, BAO6, § 262 Rz 5 ff, Fischerlehner, Abgabenverfahren, § 262 Rz 3, ; , RV/6100073/2021).

Dementsprechend sieht § 264 Abs 6 BAO (neben der grundsätzlichen Möglichkeit der Vorlageerinnerung nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages) die Vorlageerinnerung nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde nur für die Fälle des § 262 Abs 3 BAO (= bei Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, Gesetzwidrigkeit von Verordnungen oder Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen) und für die Fälle des § 262 Abs 4 BAO (= bei Bescheiden des BMF) vor. Die Möglichkeit der Einbringung einer Vorlageerinnerung in Fällen des § 262 Abs 2 BAO nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde wurde in § 264 Abs 6 BAO nicht vorgesehen (vgl. , ).

Die in § 262 Abs 3 und 4 BAO angeführten Ausnahmen von der grundsätzlichen Verpflichtung der Abgabenbehörde, über Bescheidbeschwerden mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen, sind im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die Einbringung einer Vorlageerinnerung im Fall eines - wie hier vorliegend - Antrages gemäß § 262 Abs 2 BAO nach Ablauf von zwei Monaten ab Einbringung der Bescheidbeschwerde ist nicht zulässig.

Unzulässige Anbringen sind zurückzuweisen (Vgl. Ritz, BAO6, § 85a Tz 10, unter Hinweis auf , und ). Die Vorlageerinnerung setzt nach § 264 Abs 6 BAO das Vorliegen einer Beschwerdevorentscheidung und eines Vorlageantrages voraus. Da hier beide Voraussetzungen fehlen, ist die Vorlageerinnerung als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100432.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at