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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.09.2022, RV/2100180/2021

Mängelbehebungsauftrag unzureichend entsprochen - Beschwerde gilt gem. § 278 Abs 1 lit b iVm § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***XY-KG***, ***Bf-Adr*** vertreten durch ***NN***, ***Adresse NN***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung (nunmehr gem § 323b BAO Finanzamt Österreich) vom zu Steuernummer ***Bf-StNr*** betreffend Feststellung der Einkünfte gem § 188 BAO für das Jahr 2018 beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs 1 lit b iVm § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Gemäß § 101 Abs 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Begründung

Für das Jahr 2018 wurde von der ***XY-KG*** keine Steuererklärung abgegeben. Die ***XY-KG*** wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom amtswegig im Firmenbuch gelöscht. Die Gesellschaft wurde infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst. Am wurde die KG bzw ihr Vertreter (§ 81 BAO) aufgefordert eine Abgabenerklärung betreffend die Einkünfte der KG für das Veranlagungsjahr 2018 einzureichen. Da weiterhin keine Abgabenerklärung eingereicht wurde, erging am eine neuerliche Aufforderung zur Abgabe einer Abgabenerklärung für das Jahr 2018. In diesem Schreiben wurde für den Fall der Nichtabgabe einer Abgabenerklärung eine Zwangsstrafe in der Höhe von € 220,- angedroht. Da weiterhin keine Abgabenerklärung eingereicht wurde, wurde am eine Zwangsstrafe gem § 111 BAO mit € 220,- festgesetzt. Gleichzeitig wurde neuerlich die Abgabe einer Abgabenerklärung für das Jahr 2018 eingefordert. Da trotz mehrmaliger Aufforderung eine Abgabenerklärung nicht eingereicht wurde, erging am ein Auftrag zur Schätzung der Einkünfte der KG und in weiterer Folge am ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem § 188 BAO für das Veranlagungsjahr 2018. Gegen diesen Feststellungsbescheid brachte die ***XY-KG*** als Beschwerdeführerin (Bf) am fristgerecht eine Beschwerde ein und führte aus wie folgt:
"Gegen den Bescheid vom erheben wir Beschwerde wegen Schätzung und Aufteilung der Einkünfte.
Sämtliche Aufwendungen sind nicht berücksichtigt.
"

Mit Bescheid vom erging durch das Finanzamt ein Mängelbehebungsauftrag in welchem auf die Inhaltserfordernisse einer Beschwerde gem § 250 BAO hingewiesen und die Bf aufgefordert wurde insbesondere eine Erklärung abzugeben, welche Änderungen mit der Beschwerde beantragt werden und eine Begründung der Beschwerde einzureichen. Als Frist für die Behebung der Mängel wurde der festgelegt. Im Mängelbehebungsauftrag wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Versäumung der Frist zur Mängelbehebung das Anbringen als zurückgenommen gilt. Der Mängelbehebungsauftrag wurde in einem zweiten Zustellversuch am zugestellt. Der erste Zustellversuch misslang, weil der Vertreter nach § 81 BAO der KG trotz Kenntnis des Verfahrens die Behörde nicht von seinem Adresswechsel informierte.

Am brachte die Bf in Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages ein Schreiben mit folgendem Inhalt ein:
"Ich erkläre im Sinne der Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Feststellung Von Einkünften BESCHWERDE ZU FÜHREN

In allen Punkten, da nur Einkünfte - aber nicht entsprechende Ausgaben - berücksichtigt wurden. Punkte a.b.c.d.

Die verordnete Frist () wird wahrgenommen."

Am erging eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) mit welcher ausgesprochen wurde, dass die Beschwerde gem § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen gilt. Begründend wurde ausgeführt:
"Der von Ihnen beantwortet Mängelbehebungsauftrag hat, wie schon die Beschwerde vom , folgende gesetzlichen Inhaltserfordernisse einer Beschwerde gemäß § 250 (1) BAO nicht erfüllt.
1) lit c, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
2) lit d, eine Begründung

Sie haben als Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, welche Änderungen beantragt werden und als Begründung folgenden Satz geschrieben.

"In allen Punkten, da nur Einkünfte - aber nicht entsprechende Ausgaben - berücksichtigtwurden. Punkte a.b.c.d."

Sie haben weder erklärt um welche Ausgaben es sich handelt, noch in welcher Höhe Ausgabengeltend gemacht werden. Es handelt sich dementsprechend um eine Erklärung die keinenbestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt hat.
Entsprechend der Rechtsprechung des VwGH's sind die beantragten Änderungen konkret zu
bezeichnen und es sind konkrete Beträge zu nennen. ()
Ebenso enthält Ihre Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags keine, beziehungsweise eine
unzureichende Begründung.

Aufgrund der genannten Punkte gilt die Beschwerde vom als zurückgenommen."

Am hat die Bf einen mangels Zustellnachweis der BVE als fristgerecht zu beurteilenden Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht (BFG) erhoben.

Rechtliche Beurteilung:

Personengesellschaften des Unternehmensrechts verlieren ihre Parteifähigkeit erst mit ihrer Beendigung (zB ). Ihre Auflösung und die Löschung ihrer Firma im Firmenbuch beeinträchtigt nach der Judikatur des VwGH (zB ; , 2006/13/0187; , 2007/15/0049; , 2009/16/0202) ihre Parteifähigkeit solange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (zB noch nicht abgeschlossenes Feststellungsverfahren gem § 188 BAO, ; , 2000/14/0142; , 2010/15/0131, 2011/15/0143; , 2013/13/0003; vgl dazu auch Ritz/Koran, BAO7, § 79 Rz 10)

§ 85 Abs 2 BAO lautet wie folgt:

"(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

§ 250 Abs 1 BAO lautet wie folgt:

"(1) Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.
"

Entspricht die Bescheidbeschwerde nicht den in § 250 Abs 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, so hat gem § 85 Abs 2 BAO die Abgabenbehörde der Beschwerdeführerin die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Bescheidbeschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt (vgl Ritz/Koran, BAO7, zu § 250 Rz 2).

Gem § 85 Abs 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Die Abgabenbehörde hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Verstreichen einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Wird einem (rechtmäßigen) Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen (vgl ), so ist mit Bescheid (Zurücknahmebescheid) auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt. Die Zurücknahme der Beschwerde hat mit Beschwerdevorentscheidung gem § 263 Abs 1 lit b BAO bzw durch Beschluss gem § 278 Abs 1 lit b BAO zu erfolgen.

Im konkreten Fall erfüllt weder die Beschwerde vom , noch die Eingabe vom in Beantwortung des Mängelbehebungsbescheides die inhaltlichen Erfordernisse des § 250 Abs 1 lit c und d BAO. Weder führt die Bf aus welche Änderungen beantragt werden, noch wird eine Begründung der Beschwerde aus den Eingaben der Bf ersichtlich.

Durch das in § 250 Abs 1 lit c BAO vorgesehene Erfordernis der Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, soll das Verwaltungsgericht in die Lage versetzt werden, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit die Bf dem angefochtenen Bescheid zuschreiben will (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 2573f; Ritz/Koran, BAO7, § 250 Rz 11 mwN)

Die im § 250 Abs 1 lit d BAO geforderte Begründung einer Bescheidbeschwerde sollen das Verwaltungsgericht in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen die Bf die Beschwerde für erfolgversprechend hält. Eine Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. (vgl , Stoll, BAO-Kommentar, 2575f mwN; Ritz/Koran, BAO7, § 250 Rz 14 mwN)

Keine Begründung iSd § 250 Abs 1 BAO stellt etwa die bloße Behauptung dar, eine Schätzung entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen (; Ritz/Koran, BAO7, § 250 Rz 15).

Das allgemeine Vorbringen, dass sämtliche Aufwendungen nicht berücksichtigt würden ohne eine weitergehende konkrete Darstellung, welche konkreten Aufwendungen überhaupt angefallen wären; oder dass die Beschwerde wegen "Schätzung und Aufteilung" erhoben wurde, ist zu unbestimmt, um als ausreichende Begründung einer Beschwerde angesehen werden zu können. Auch die Ausführungen in der Eingabe vom , die auf Grund des erteilten Mängelbehebungsauftrages eingebracht wurde, und die ausführt, dass der Bescheid in allen Punkten angefochten wird, da nur Einkünfte, aber nicht die entsprechenden Ausgaben berücksichtigt worden seien, stellen sich ohne weitere Präzisierungen als zu unbestimmt dar, um als ausreichende Begründung einer Beschwerde angesehen werden zu können.

Nach Auffassung des BFG enthält weder die Beschwerde noch die von der Bf mit Schreiben vom erfolgte Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages eine Begründung im Sinne eines Vorbringens, welches es der Behörde zu erkennen ermöglicht hätte, aus welchen Gründen die Bf den bekämpften Bescheid für unrichtig und die Beschwerde für erfolgversprechend hält.

Da dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen wurde, war gem § 85 Abs 2 BAO zwingend die Zurücknahme der Beschwerde zu erklären. Der Ausspruch des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erging daher zu Recht.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (vgl , mwN). Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100180.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at