Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 13.10.2022, RV/5100421/2016

Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bei Ruhendmeldung des Gewerbes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durchdie Senatsvorsitzende Mag. Susanne Haim, die Richterin Mag. Ulrike Stephan sowie die fachkundigen Laienrichter Leopold Pichlbauer und Mag. Stefan Raab in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Einkommensteuer 2008, Einkommensteuer 2009, Einkommensteuer 2010, Einkommensteuer 2011, Einkommensteuer 2012, Einkommensteuer 2013, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2008, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2009, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2010, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2012, Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2013, Umsatzsteuer 2009, Umsatzsteuer 2010, Umsatzsteuer 2011, Umsatzsteuer 2012, Umsatzsteuer 2013, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2009, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2010, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2011, Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2012 und Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Kerstin Nicole Schinagl zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf.) hat im Jahr 2004 von ihrem Vater ein Fotofachgeschäft und Handelsunternehmen am Standort, ***Ort 1*** übernommen und bis als Einzelunternehmerin betrieben.

Mit meldete die Bf. das Ruhen der Gewerbeausübung an die Wirtschaftskammer OÖ. Nach Aufforderung durch die belangte Behörde, reichte die Bf am das Formular Verf 25 (Fragebogen anlässlich der Aufgabe einer gewerblichen Tätigkeit) ein, in der sie bekannt gab, dass der Betrieb bis auf weiteres ruhend gemeldet sei. In den folgenden Jahreserklärungen 2008 bis 2012 wurden jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und von der belangten Behörde auch so veranlagt.

Im Rahmen einer von der belangten Behörde durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2013 - siehe Bericht vom - wurde festgestellt, dass der Betrieb bereits seit November 2008 ruhend gemeldet und bislang keine Betriebsaufgabe erfolgt sei. In den Jahren 2009 bis 2013 seien Verluste durch Afa, Zinsaufwand sowie Heizung und Strom erklärt worden. Bei einer im Dezember 2014 durchgeführten Nachschau habe die Abgabepflichtige ausgesagt, sie könne nicht sagen, wann das Gewerbe wiederaufgenommen werde. Sie könne sich eine Verpachtung vorstellen, sei aber nicht aktiv auf Pächtersuche. Sie habe den Betrieb im Juni 2004 von ihrem Vater übernommen. Die Ruhendmeldung sei auf Grund einer im Frühjahr 2008 in Auftrag gegebenen Marktanalyse erfolgt, die keine positive Aussicht für die weitere betriebliche Tätigkeit erbracht habe. Seit Dezember 2008 sei sie als Sekretärin Vollzeit in einer Steuerberatungskanzlei tätig. Seit der Übernahme des Betriebes im Jahr 2004 seien nur geringe Gewinne erwirtschaftet worden. Die Bankverbindlichkeiten hätten mit November 2008 rund € 80.000,00 betragen. Die Verbindlichkeiten hätten bis Ende 2013 auf € 47.800 reduziert werden können. Diese Rückzahlungen wären durch die gewerbliche Tätigkeit nicht möglich gewesen. Die betrieblich genutzten Räume befänden sich im EG des Hauses ***Str.*** und bestünden aus: Büroraum, Verkaufsraum (Spielwaren/Foto/Geschirr) und Fotoatelier (gesamt rund 100 m²). Die Auslagen seine durch Rollos verdeckt, im Verkaufsraum seien Regale an der Wand montiert, teilweise sei noch alte vom Abverkauf übrig gebliebene Ware vorhanden. Diese sei veraltet und wertlos, ebenso wie diverse Einrichtungsgegenstände. Nach Ansicht der Prüferin sei von einer Betriebsaufgabe 2011 auszugehen, da das Gewerbe bereits 2008 ruhend gemeldet worden sei, nach Ablauf von 3 Jahren keine Wiederaufnahme des Betriebes erfolgt sei und auch keine Umstände vorlägen, die die objektive Absicht der Wiederaufnahme erkennen ließen. Der Gebäudeentnahmewert stamme aus einem von der Bf. im Juli 2008 in Auftrag gegebenen Schätzgutachten und wurde der Aufgabegewinn wie folgt berechnet:

Entnahmewert Gebäude laut Schätzgutachten € 80.000,00
abzügl Afa €- 3.146,00
Buchwert zum € 76.854,00
Freibetrag gem § 24(4) EStG € -7.300,00
Aufgabegewinn € 69.554,00

In der Folge ergingen seitens der belangten Behörde im wiederaufgenommenen Verfahren Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013, sowie Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 jeweils vom , in denen die im Bericht dargelegten Ergebnisse der Außenprüfung berücksichtigt wurden.

Dagegen erhob die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter innerhalb offener Rechtsmittelfrist Beschwerde vom , die sich gegen die Wiederaufnahme der Bescheide und gegen die Annahme der Betriebsaufgabe im Jahr 2011 richtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es läge kein Neuerungstatbestand vor, da die Ruhendmeldung des Gewerbes der belangten Behörde bekannt gegeben worden sei und regelmäßig und fristgerecht die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2011 bis 2013 eingereicht worden seien. Es läge keine Betriebsaufgabe vor, da die wesentlichen Betriebsmittel weder veräußert noch ins Privatvermögen überführt worden seien. Die Räumlichkeiten seien seit der Ruhendmeldung unverändert und der Betrieb könne jederzeit wiederaufgenommen werden.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom bat die belangte Behörde um Beantwortung folgender Fragen:

"Die Fa. ***Fa*** am eine Rechnung über € 9.000,00 für die Erbringung jener Leistung gelegt, die mit "Unternehmensanalyse, Konzeption" bezeichnet wird.

Dem Finanzamt liegt eine 26seitige Unterlage mit der Bezeichnung "Marktstudie Einkaufsverhalten ***Ort*** (Stand 2008)" mit beiliegendem Inhaltsverzeichnis vor. In dieser Marktstudie wird jedoch kein Bezug zum gegenständlichen Unternehmen genommen.

  1. Gibt es weitere Unterlagen, die der oben in Rechnung gestellten Unternehmensanalsyse/Konzeption entspricht?

  2. Wenn ja, ersuche ich um Beilage dieser Unterlagen.

  3. wenn nein, welche Feststellungen aus der "Marktstudie Einkaufsverhalten ***Ort***" haben sie bewogen, ihren Betrieb ruhend zu stellen. Verweisen sie dabei auf die entsprechenden Textpassagen in der Studie. Was hätte in Bezug auf obige Feststellungen ab dem Zeitpunkt der Ruhendmeldung eintreten müssen, dass sie veranlasst hätte, ihren Betrieb wieder fortzuführen? Warum hielten sie es zum Zeitpunkt der Ruhendmeldung für wahrscheinlich, dass diese Umstände in relative kurzem Zeitraum eintreten?

  4. Welche weiteren Umstände haben sie dazu veranlasst (ausgenommen die Marktstudie), den Betrieb ruhend zu stellen? Was hätte sie ab dem Zeitpunkt der Ruhendmeldung in Bezug auf diese Umstände veranlasst, den Betrieb fortzuführen? Warum hielten sie es zum Zeitpunkt der Ruhendmeldung für wahrscheinlich, dass diese Umstände in relative kurzem Zeitraum eintreten?

  5. Welche Umstände müssten zum gegenwärtigen Zeitpunkt eintreten, damit sie ihren Betrieb fortführen? Warum hielten sie es zum Zeitpunkt der Ruhendmeldung für wahrscheinlich, dass diese Umstände in relative kurzem Zeitraum eintreten?

  6. Haben sie seit dem Zeitpunkt der Ruhendmeldung die Absicht aufgegeben, den Betrieb weiter fortzuführen?

  7. Wenn ja, wann war das?"

  8. Wenn nein, welche nach außen hin objektiv erkennbaren Umstände (abgesehen von derUnverändertheit der betrieblichen Einrichtung) machten es seit dem Zeitpunkt der Ruhendmeldung bis jetzt wahrscheinlich, dass sie ihren Betrieb wieder weiterführen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom wird dazu ausgeführt:

"ad 1) Nein, es gibt keine weiteren Unterlagen

ad 2) -

ad 3) Auf Basis der Marktstudie und den mehreren Beratungsgesprächen hat sich dieser Handlungsbedarf für die Ruhendmeldung ergeben, weil laut Konklusio zum damaligen Zeitpunkt der Marktstudie (Seite 21) eine mögliche Ursache für die Kaufkraftabwanderung darin zu finden war, dass kein attraktives "Einkaufserlebnis" wie ein solches in modernen Einkaufszentren angeboten wird, möglich war. Ergänzend dazu trug die individuelle Mobilität der Menschen laut Studie dazu bei, dass Einkäufe als Ablenkung des täglichen Lebens erkannt und durchgeführt wurden, was wiederum zu einer Abwanderung der Kaufkraft aus dem Markt ***Ort*** führte. Als hinderlich für ein entspanntes, mit Unterhaltung unterlegtes Einkäufen stellte sich die Verkehrssituation heraus. Die breite Durchzugsstraße sowie der geradlinige Straßenverlauf ließen kein angenehmes Klima entstehen. Die nüchterne, zweckorientierte Straßenführung, fehlende optische Auflockerungen sowie Aus- und Einbuchtungen fehlten, weshalb auch mit der Einrichtung von Straßencafes und dergleichen keine Verbesserung zu erzielen gewesen wäre. Wenn sich herausgestellt hätte, dass die oben beschriebene Situation sich kurzfristig änderte, hätte ich den Betrieb fortgeführt und nicht ruhend gemeldet. Durch meine Mitgliedschaft als Schriftführerin im Verein Ortserneuerung ***Ort*** und Mitglied der Jungen Wirtschaft und Gesprächen mit lokalen Politikern hatte ich den Eindruck, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwar nicht kurzfristig aber mittelfristig verbessern könnten - und somit in einem relativ kurzen Zeitraum.

ad 4) Keine

ad 5) Die bereits teilweise umgesetzte Ortsentwicklung zur Attraktivierung des Einkaufserlebnisses in ***Ort*** schreitet voran und der sich abzeichnende Trend insbesonders bei älteren Konsumenten hin zu mehr Kundenbetreuung und Service manifestiert sich. Ein paar Beispielefür die begonnene und noch nicht abgeschlossene Orts- und Kaufkraftentwicklung: Neu- undZubau Marktgemeindeamt ***Ort***, Neubau Lagerhaus, Neubau Ärztezentrum, AusbauSchuhe ***SS***, Neubau Fußpflege ***1***, Neubau GS ***5***, Umbau ***2***, in KürzeNeubau ***3*** und Umbau ***4*** -> dadurch mehr Einkaufserlebnis und Ortsbindung.Gleichzeitig sind einige Ortsbildmankos und Mängel in der Straßenführung in Sanierung(Umbau Neue Mittelschule, Parkplätze)

ad 6) Nein

ad 7) -

ad 8) Außenfassade mit Schriftzug ***7*** auf der Vorderfront, große Firmenbeschriftung ***7*** auf der rechten Seite des Hauses, Schaufenster, Eingangsbereich, Firmenschilder, Leuchtreklame, Aufrechterhaltung der Domain ***7***, Homepage www.***7***.com, Mail-Adresse ***@***7***.com, Mitgliedschaft Junge Wirtschaft, Grundumlage WKO, Mitglied Verein Ortserneuerung ***Ort***."

In der Folge ergingen seitens der belangten Behörde im wiederaufgenommenen Verfahren Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010, sowie Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2013 jeweils vom . Die belangte Behörde ging nunmehr von einer Betriebsaufgabe bereits im Jahr 2008 aus und kürzte die geltend gemachten Betriebsausgaben sowie Vorsteuerbeträge. Es sei nicht erkennbar, unter welchen konkreten Umständen der Betrieb wiederaufgenommen werde bzw ob dies überhaupt noch wahrscheinlich sei. Es sei keine objektive Absicht erkennbar, den Betrieb fortzuführen.

Auch dagegen erhob die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter innerhalb offener Rechtsmittelfrist Beschwerde vom , die sich gegen die Wiederaufnahme der Bescheide und gegen die Annahme der Betriebsaufgabe im Jahr 2008 richtet und in welcher auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde verzichtet wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass aus Sicht der Bf. kein Wiederaufnahmegrund vorliege.

Ergänzend zur Begründung der Beschwerde vom wurde vorgebracht, es komme auf den subjektiven Willen der Bf. an, den Betrieb fortzuführen, welcher nach wie vor bestehe. Dieser subjektive Wille sei dadurch objektivierbar, dass die Bf. diesen mehrfach im Verfahren mündlich und schriftlich geäußert habe und dass der Betrieb im Wesentlichen unverändert weiterbesteht und jederzeit wiederaufgenommen werden könne. Sie habe keinerlei Maßnahmen zur Umgestaltung oder Veräußerung des Geschäftslokales vorgenommen.

Ein weiteres Indiz für die Fortführungsabsicht in einem überschaubaren Zeitraum sei die von der Bf. beantragte Herabsetzung der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden im Spätherbst 2015, auf Wunsch des Dienstgebers sei die Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden ab Jänner 2016 herabgesetzt worden. Der überschaubare Zeitraum, innerhalb welchem der Betrieb wiederaufgenommen werden müsse, sei gesetzlich nicht normiert. Der BFH halte auch einen Zeitraum von 6 Jahren für möglich. Außerdem seien die wesentlichen Betriebsgrundlagen weder veräußert noch ins Privatvermögen überführt worden, was eine Betriebsaufgabe ausschließe.

Bestritten wurden die Feststellungen der Betriebsprüferin, die noch vorhandene Ware sei veraltet und wertlos, da für diese Feststellung ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre. Des Weiteren bekämpft der steuerliche Vertreter der Bf. die Feststellung, die Bankverbindlichkeiten seien aus der gewerblichen Tätigkeit nicht mehr finanzierbar gewesen, weil diese Feststellung einen Finanzplan verlange, der nicht aufgestellt worden sei.

Die Marktstudie zum Einkaufsverhalten in ***Ort*** (Stand 2008) sei der Grund für die Ruhendmeldung gewesen und später bei verbesserter Marktlage wiederaufzunehmen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom bzw wurden die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 abgeändert, wobei auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2008 verwiesen wurde. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 sowie gegen den Einkommensteuerbescheide 2013 als unbegründet abgewiesen. Auch hier wurde auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2008 verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend USt 2012 und 2013 sowie ESt 2011, 2012 und 2013 als unbegründet abgewiesen. Erst durch die Darlegung der Beweggründe im Rahmen der Nachschau bzw Betriebsprüfung sei die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen, dass die Ruhendmeldung mit einer Betriebsaufgabe einhergehe. Des Weiteren wurde auf die Bescheidbegründung zum Einkommensteuerbescheid 2008 vom verwiesen.

Mit Schriftsätzen vom , und beantragte die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2013, Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2013, Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2013, Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2013 zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) durch den gesamten Senat samt Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am fand die mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat statt.

Der steuerliche Vertreter der Bf. führt ergänzend aus, dass die Bf. im Jahr 2017 die Tätigkeit bei ihm zunächst reduziert und dann aufgegeben habe, weil sie in den Handel zurückwollte, allerdings nicht mehr auf selbständiger Basis. Der subjektive Wille der Bf. sei immer auf Ruhen des Betriebes gerichtet gewesen, nur auf Bestreben vom steuerlichen Vertreter (als ihr Arbeitgeber) habe sie im Jahr 2008 die Tätigkeit als Sekretärin aufgenommen. Dieser subjektive Wille sei auch mehrfach geäußert worden, zum einen gegenüber der Gewerbebehörde durch Meldung des Ruhens, zum anderen durch Durchführung eines Abverkaufes. Daher sei auch keine Wiederaufnahme möglich, da nichts Neues hervorgekommen sei. Dass die nunmehr vorgelegte Homepage von Beendigung spreche, schade nicht, da alle Urkunden von einem Ruhen sprechen würden. Es habe ein Abverkauf des Warenlagers stattgefunden, da manche Dinge dem Verderb oder modischen Einflüssen unterliegen würden. Dies sei aber auch nicht das entscheidende Kriterium. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen seien die Registrierkasse, das Fotoentwicklungsgerät, der Raum in welchem Passbilder gemacht worden seien und die Regale. Nichts davon sei privat genutzt worden. Die Scheiben seien verdunkelt gewesen, um die Einrichtung vor Licht zu schützen. Die tatsächliche Betriebsaufgabe sei erst 2017 erfolgt, als der Sohn ein Wohnbedürfnis für diese Räumlichkeiten angemeldet habe. Die Bf. habe wiedereröffnen wollen, wenn das Ortsentwicklungskonzept die Lage in ***Ort*** verbessert habe. Die Geschäftsräumlichkeiten hätten mit Ausnahme der Ware unverändert bestanden, alles sei unverändert gewesen.

Die Amtspartei ergänzt, dass ein Leerstand nicht zwingend einer Betriebsaufgabe entgegenstehe.

Der steuerliche Vertreter führt aus, das Ruhen sei eine betriebswirtschaftliche Entscheidung und keine private Entscheidung gewesen. Wäre der Betrieb fortgeführt worden, hätten sich die Verbindlichkeiten erhöht. Die Bf. habe auch eine Verpachtung des Betriebes angestrebt und war in Verhandlung mit Herrn ***N.N.*** aus ***Ort***, der sich selbständig machen wollte. Allerdings sei auch für ihn die Lage nicht optimal gewesen, weshalb die Verpachtung nicht zustande gekommen sei. Man könne Herrn ***N.N.*** dazu befragen, er könne dies bestätigen. Die Bf. sei davon ausgegangen, dass sich die Lage durch das Ortsentwicklungskonzept verbessern würde. Für eine Betriebsaufgabe sei jedoch das Gesamtbild der Verhältnisse zu berücksichtigen und gehöre dazu auch das Entfernen der Geschäftseinrichtung. Die Waren seien im gegenständlichen Fall nicht das Kernstück, sondern die Betriebsräumlichkeiten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. hat im Jahr 2004 von ihrem Vater ein Fotofachgeschäft und Handelsunternehmen am Standort, ***Ort 1*** übernommen und bis als Einzelunternehmerin betrieben.

Die betrieblich genutzten Räumlichkeiten befanden sich im Erdgeschoss des Hauses und bestanden aus einem Büroraum, einem Verkaufsraum (Spielwaren/Foto/Geschirr) und dem Fotoatelier (gesamt rund 100 m²). Im Anlagenverzeichnis scheint das Betriebs- und Geschäftsgebäude zum mit einem Buchwert von € 5.662,84 auf.

Im Jahr 2008 wurde ein Schätzungsgutachten zur Feststellung des Verkehrswertes der Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses ***Ort***, ***Str.*** in Auftrag gegeben und per ein Verkehrswert iHv € 80.000,00 ermittelt.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen im Verhältnis zu den Zinszahlungen an die Bank im Jahr 2004 € 4.319,48/€ 3.348,64, im Jahr 2005 € 2.622,40/€ 5.393,16, im Jahr 2006 € - 1.018,19/€ 5.463,12, im Jahr 2007 € 3.549,40/6.142,74 und im Jahr 2008 € 8.501,04/€ 6.086,89. Die Bankverbindlichkeiten betrugen im Jahr 2008 € 80.597,82. Die Bank-verbindlichkeiten hätten mit den gewerblichen Einkünften nicht getilgt werden können.

Im Oktober 2008 fand ein Warenabverkauf statt, der mittels einer Postwurfsendung und einer Beilage in der Tipps-Zeitung beworben wurde.

Mit meldete die Bf. das Ruhen der Gewerbeausübung.

Ab Dezember 2008 arbeitete die Bf. Vollzeit als Sekretärin in einer Steuerberatungskanzlei.

Gegenüber der belangten Behörde wurde mitgeteilt (Formular Verf 25 vom ), dass keine Betriebsaufgabe, sondern eine Betriebsunterbrechung vorliegt. In sämtlichen folgenden Jahreserklärungen wurden negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Afa, Zinsen und sonstigen Betriebsausgaben) erklärt.

Mit der Homepage "Wayback Machine (archive.org)" ist es möglich frühere Versionen von Internetseiten aufzurufen. Der Internetauftritt der Bf. erfolgte unter dem Namen ***6***:

Auf dieser war jedenfalls im Zeitraum bis nachfolgender Text zu lesen:

"Der Geschäftsbetrieb wurde am beendet - Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen."

Der Betrieb wurde nicht mehr aufgenommen. Im Jahr 2017 wurde seitens der Bf. die Betriebsaufgabe erklärt, weil der Sohn der Bf. einen Wohnungsbedarf hatte.

Die Betriebsunterbrechung 2008 stellt eine Betriebsaufgabe dar, da keine nach außen erkennbaren Umstände, dass der Betrieb in ähnlicher Weise und in einem relativ kurzen Zeitraum wiederaufgenommen wird, vorlagen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde im Zuge der Vorlage elektronisch übermittelten Aktenteilen, darunter vor allem die unter dem Punkt "I. Verfahrensgang" chronologisch dargestellten Bescheide und Unterlagen des Finanzamtes (Betriebsprüfungsbericht, Bescheide im wiederaufgenommenen Verfahren, Ergänzungsersuchen, Beschwerdevorentscheidung) sowie Schriftsätze der Bf. (Beschwerde, Antwortschreiben auf das Ergänzungsersuchen der belangten Behörde, Vorlageantrag).

Vorgelegt wurden auch das Schätzungsgutachten zur Feststellung des Verkehrswertes der Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses ***Ort***, ***Str.*** vom , die Darstellung Entnahmewertermittlung der Prüferin sowie eine Marktstudie über das Einkaufsverhalten in ***Ort***, Stand 2008.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasst (zB ; , 2011/16/0011).

Soweit die Bf. den Betriebsaufgabezeitpunkt im Jahr 2008 bestreitet und behauptet, dieser habe erst 2017 stattgefunden, geht das Verwaltungsgericht gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung davon aus, dass die Betriebsaufgabe aus den folgenden Gründen im Jahr 2008 stattgefunden hat:

Bei der Beurteilung des Zeitpunktes der Betriebsaufgabe kommt der zielgerichteten eindeutigen Handlung der Bf., die nach außen ihren Willen erkennen lässt, besondere Bedeutung zu. Im Rahmen der vom VwGH geforderten Gesamtbetrachtung () sprechen folgende Indizien für das Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Jahr 2008:

  1. In den Jahren 2004 bis 2008 wurden nur geringe Gewinne erwirtschaftet mit welchen die Bankverbindlichkeiten nicht getilgt hätten werden können bzw sich sogar erhöht hätten (Begründung des steuerlichen Vertreters für die ruhend Meldung in der mündlichen Verhandlung vom ).

  2. Laut Marktstudie zum "Einkaufsverhalten in ***Ort***" (Stand 2008) ist in der Fotobranche kein adäquates Einkommen zu erwirtschaften.

  3. Im Jahr 2008 wurde ein Schätzungsgutachten zur Feststellung des Verkehrswertes der Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses ***Ort***, ***Str.*** in Auftrag gegeben und per ein Verkehrswert iHv € 80.000,00 ermittelt.

  4. Im Oktober 2008 hat ein Warenabverkauf stattgefunden, der in einer Postwurfsendung bzw. in einer Beilage zur Tipps-Zeitung beworben wurde.

  5. Mit der Homepage "Wayback Machine (archive.org)" ist es möglich frühere Versionen von Internetseiten aufzurufen. Der Internetauftritt der Bf. erfolgte unter dem Namen ***6***:

Auf dieser war jedenfalls im Zeitraum bis nachfolgender Text zu lesen:
"Der Geschäftsbetrieb wurde am beendet - Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen."

Dieser wurde spätestens ab durch nachfolgenden Text ersetzt:
"Der Geschäftsbetrieb wurde am ruhend gemeldet - Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen."

Durch diese Formulierung steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass man sich vom Kundenstock verabschiedete und somit keine Absicht mehr Bestand den Betrieb fortzuführen.

  1. Die Bf. hat am das Gewerbe ruhend gemeldet. Diese Ruhendmeldung wurde nicht mehr aktiviert. Die Bf. hat im Jahr 2017, also 9 Jahre nach der Ruhendmeldung, die Betriebsaufgabe erklärt. Der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe wurde damit begründet, dass der Sohn der Bf. ein Wohnungsbedürfnis angemeldet hatte.

  2. Ab Dezember 2008 arbeitete die Bf. Vollzeit als Sekretärin in einer Steuerberatungskanzlei.

  3. Im Zuge der Nachschau im Jahr 2014 wurde von der Prüferin ein Aktenvermerk angelegt, in welchem die Erstaussage der Bf. festgehalten wurde. Dort heißt es, sie könne nicht sagen, ob bzw wann das Gewerbe wieder ausgeübt werde. Es bestehe bei der derzeitigen Wirtschaftslage kein Interesse an dem Gewerbe. Die Ruhendmeldung sei auf Drängen der Bank erfolgt.

In einer Stellungnahme zu Tz 1 Betriebsunterbrechung/Betriebsaufgabe der Niederschrift vom wurden die Aussagen relativiert, so wird dort ausgeführt, die Bf. habe gesagt sie wisse nicht wann das Gewerbe wieder ausgeübt werde und die Ruhendmeldung sei nicht auf Drängen der Bank erfolgt, sondern wegen einer Marktanalyse. Der steuerliche Vertreter der Bf. war bei der Nachschau nicht anwesend. Die Glaubwürdigkeit der Bf. leidet unter den widersprüchlichen Aussagen.

Die (zunächst vorhandene) rechtliche Unbefangenheit kann nach der Lebenserfahrung als eine gewisse Gewähr für die Übereinstimmung der Erstaussage mit den tatsächlichen Verhältnissen angesehen werden (). Die Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen entsprechen. Die Erstaussage hat die Vermutung für sich, dass sie der Wahrheit am Nächsten kommt (; , 87/14/0016). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist einer Erstaussage mehr Beweiskraft zuzumessen als einem Schreiben nach Besprechung mit dem steuerlichen Vertreter.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Betriebsaufgabe im Jahr 2008 erfolgte, da keine nach außen erkennbaren Umstände, dass der Betrieb in ähnlicher Weise und in einem relativ kurzen Zeitraum wiederaufgenommen wird, vorlagen.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zur Wiederaufnahme der Verfahren

Gemäß § 303 Abs 1 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der steuerliche Vertreter wendet ein, dass kein Neuerungstatbestand vorliege, weil der belangten Behörde das Ruhen der Gewerbeberechtigung gemeldet wurde.

Die Frage, ob es seit Ruhendmeldung des Gewerbes 2008 zwischenzeitig zu einer Betriebsaufgabe gekommen sei, stand bis zur Außenprüfung im Jahr 2015 zwischen der Abgabenbehörde und der Bf. nie zur Debatte. Die belangte Behörde ging aufgrund des im Jahr 2009 abgegebenen Fragebogens und der jährlich abgegebenen Jahresabschlüsse bis zu diesem Zeitpunkt (2015) von einem fortdauernden Gewerbebetrieb aus. Eine gegenteilige Meldung erfolgte in den folgenden Jahren weder seitens der Bf., noch wurde seitens der belangten Behörde diesbezüglich nachgefragt.

Tatsachen sind nicht nur sinnlich wahrnehmbare Umstände, sondern auch innerer Vorgänge, soweit sie rational feststellbar sind (Ansichten, Absichten oder Gesinnungen, vgl )

Die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2013 sowie betreffend Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2013 verweisen in Ihrer Begründung auf die Feststellungen im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung bzw. auf die Begründung im Einkommensteuerbescheid 2008. Dort wird festgestellt, dass keine Absicht mehr besteht, den Betrieb wieder fortzuführen. Diese Tatsache ist neu hervorgekommen und berechtigt die belangte Behörde zur Wiederaufnahme der Verfahren.

Zur Betriebsaufgabe:

Zwischen den Parteien des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens war strittig, ob mit der Ruhendmeldung des Betriebes 2008 auch eine Betriebsaufgabe einherging.

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei
1. der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist,
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).

Eine Betriebsunterbrechung bzw ein vorübergehendes Ruhen des Betriebs stellt idR keine Betriebsaufgabe dar. Wird der Betrieb vorübergehend eingestellt mit der Absicht, ihn zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen (zB bei Krankheit des Betriebsinhabers, Saisonbetrieben, Beschädigung wesentlicher Betriebsgrundlagen), liegt keine Betriebsaufgabe vor. Es muss nach den nach außen erkennbaren Umständen wahrscheinlich sein, dass der Betrieb in vergleichbarer Form und in einem überschaubaren Zeitraum wiederaufgenommen wird (s Q/Sch § 24 Rz 15 nwN).

Die Prüfung der "nach außen erkennbaren Umstände der Wahrscheinlichkeit der Betriebsfortführung" erfordert die konkret vorliegenden Umstände des Einzelfalls zu würdigen.

Die Rechtsprechung zur Betriebsaufgabe durch Betriebsverpachtung ist auch auf die Betriebsunterbrechung anzuwenden, da diese als Unterfall der Betriebsunterbrechung gesehen werden kann (BFH GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStB II 1988, 260).

Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung (siehe zB ; ; ; ) ist die Verpachtung eines Betriebes für sich allein in der Regel noch nicht als Betriebsaufgabe anzusehen. Die Frage, ob eine solche dennoch anzunehmen ist oder nicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab; sie wird dann bejaht, wenn diese Umstände objektiv darauf schließen lassen, dass

  1. der Verpächter nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem vorhandenen Betriebsvermögen nicht mehr in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, ODER

  2. sonst das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht des Verpächters spricht, den Betrieb nach Auflösung des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen.

Maßgeblich sind die objektiv erkennbaren, äußeren Verhältnisse; einer (subjektiven) Absichtserklärung des Betriebsinhabers kommt keine entscheidende Bedeutung zu; eine Betriebsaufgabe(absichts)erklärung, wie sie etwa in der deutschen Rechtspraxis als konstitutives Element des Aufgabetatbestandes gefordert wird, ist für sich allein unmaßgeblich; dem Betriebsinhaber steht nach der österreichischen herrschenden Lehre und Rechtsprechung damit kein Wahlrecht zu.

Die Besteuerung des Aufgabegewinns hat zeitpunktbezogen in dem Jahr zu erfolgen, in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind ().

Erwägungen

Wie unter Punkt 2. "Beweiswürdigung" ausführlich dargelegt, steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass es bereits 2008 zu einer Betriebsaufgabe gekommen ist, da eine vorübergehende Stilllegung eines Betriebes nur dann vorliegt, wenn es nach außen erkennbare Umstände wahrscheinlich machen, dass der Betrieb in vergleichbarer Form und in einem überschaubaren Zeitraum wiederaufgenommen wird.

Zum Vorbringen der steuerlichen Vertretung der Bf., dass die wesentlichen Betriebsmittel weder veräußert noch in das Privatvermögen überführt worden seien und der Betrieb daher jederzeit wiederfortgeführt werden könne und schon deshalb die objektive Absicht zur Wiederaufnahme des Betriebes dokumentiert sei ist zu entgegnen, dass unabhängig vom Vorhandensein der wesentlichen Betriebsgrundlagen, nach höchstgerichtlicher Judikatur aber jedenfalls eine Betriebsaufgabe und keine Betriebsunterbrechung zu unterstellen ist, wenn das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht spricht, den Betrieb nicht mehr weiterzuführen.

Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob durch den Warenabverkauf im Oktober 2008 und die fehlende Nachbeschaffung von Waren dem Handelsbetrieb (vgl. ; , 87/13/0190 "…bei Einzelhandelsunternehmen stellt das Warenlager eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen dar, sofern es sich nicht um leicht verderbliche oder allgemein rasch umgesetzte Waren, Ladenhüter oder beschädigte Waren handelt") bzw. dem Fotofachgeschäft durch die Verabschiedung der Kunden bzw. durch die Einstellung der Tätigkeit als Fotografin (s , "…innerhalb der freien Berufe stellt der Kundenstock regelmäßig die wesentl Betriebsgrundlage dar") die wesentlichen Betriebsgrundlagen sehr wohl bereits entzogen wurden.

Dem Einwand der Bf. bzw des steuerlichen Vertreters, dass die Beschwerdevorentscheidung Behauptungs- und Beweislücken aufweist bzw Beweisfehler vorliegen ist auszuführen, dass Begründungsmängel im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (vgl. ; , 2001/13/0281, 0282).

Zum Vorbringen des steuerlichen Vertreters der Bf., dass maßgeblich für das Vorliegen des Sachverhaltes einer Ruhendmeldung und späteren Fortführung des Betriebes oder einer Betriebsaufgabe, der subjektive Wille der Bf. sei sie habe das Gewerbe auf Grund einer Marktstudie zum Einkaufsverhalten in ***Ort*** ruhend gemeldet und werde den Betrieb später bei verbesserter Marktlage wieder aufnehmen und dass sie mehrfach die Absicht bekundet habe, den Betrieb wiederaufnehmen zu wollen (mündliche Auskunft während der Nachschau und Außenprüfung, Stellungnahme zur Niederschrift, Vorhaltsbeantwortung vom ) ist zu entgegnen, dass einer (subjektiven) Absichtserklärung des Betriebsinhabers keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfrage, ob und ab wann im Falle einer Betriebsunterbrechung von einer Betriebsaufgabe auszugehen ist, gibt es schon ausreichende und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ob die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Kriterien für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind, ist jeweils im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse anhand der konkret vorliegenden Umstände zu beurteilen und liegt insofern nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100421.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at