Liegenschaftsverkauf durch die Verlassenschaft/ruhenden Nachlass
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bfin***, ***Bfin-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BfinStNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf
Die Beschwerdeführerin (infolge Bfin) brachte über Finanz Online am die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 ein. Darin beantragte Sie Sonderausgaben
- Versicherungsaufwendungen von 1.440 €- zu berücksichtigen. Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen wurden nicht berücksichtigt.
Der Einkommensteuerbescheid 2020 wurde am vom Finanzamt erklärungsgemäß mit einer Gutschrift für das Jahr 2020 iHv 197 € erlassen.
Mit Fax vom brachte die Bfin Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 - ohne Unterschrift - ein und brachte vor:
"AB Adresse1 ist am zz.zz.zzzz (Anm. Richterin ***zz.zz.zzzz***) verstorben.
Ihre Verlassenschaft, ihr Nachlass verkaufte mit richterlicher Genehmigung das Haus, das der Verstorbenen seit etwa 1950 als Hauptwohnsitz diente.
Die Verlassenschaft wurde zur Aktenzahl xy beim Bezirksgericht S, Gerichtskommissär Notar Dr. W, 0000 S …. abgewickelt. Der Notar, der auch als Vertragserrichter fürden Verkauf agierte, führte laut Beilage für mich Immobilienertragsteuer an das Finanzamt … ab.
Ich bin eingeantwortete Erbin zu einem Achtel.
Ich bin mir des Umstandes bewusst, dass das in den Einkommensteuerrichtlinien so drinnen steht, dass der Nachlass der Hauptwohnsitzbegünstigung nicht teilhaftig wird, finde dafür im Gesetz aber keinen geeigneten Tatbestand.
Der Nachlass ist Träger der Rechte und Pflichten des Verstorbenen und das Einkommensteuergesetz trifft keine Regelung, die den Nachlass in diesen Rechten beschränkt, sodass nach meinem Dafürhalten mir die Hauptwohnsitzbegünstigung und die damit einhergehende Steuerfreiheit zusteht.
Ich ersuche daher, um die Rückzahlung des fürmich laut Beilage angeführten Betrages von 1.890 € und um Überweisung auf mein beim FA aufscheinenden Konto.
Soweit sie weitere Unterlagen benötigen, ersuche ich sie am Mobiltelefon anzurufen, ich war die Nachlasswalterin die auch das Haus verkaufte und verfüge über sämtliche Unterlagen.
§ 30 Abs. 2 EStG regelt, dass von der Immobilienertragsteuer eine Ausnahme besteht, wenn die veräußerte Liegenschaft dem Veräußerer als Hauptwohnsitz gedient hat.
Ich bin mir bewusst, dass die Einkommensteuerrichtlinien die Thematik so regeln, dass die Verlassenschaft nicht in diese Begünstigung fällt.
Der Autor der Einkommensteuerrichtlinien dürfte übersehen haben, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise nur in Angelegenheiten der Sachverhaltsfeststellung zur Anwendung kommen darf und nicht bei der Rechtsanwendung.
Da das BFG die Einkommensteuerrichtlinien nicht zur Anwendung bringt, wird davon auszugehen sein, dass dieses die Rückerstattung der Immobilienertragsteuer veranlassen wird.
Ich stelle sohin den Antrag mir im Rahmen der Erstveranlagung die Immobilienertragsteuer rückzuerstatten bzw mir in eventu gem § 240 BAO die Immobilienertragsteuer rückzuerstatten.
Auf meine Telefaxe vom 11. und weise ich hin".
Beigelegt war die Rechnung vom des Notars bzgl Durchführung des Immobilienertragssteuerverfahrens im Zusammenhang mit der Errichtung des Kaufvertrages vom der Liegenschaft EZ ***xxx*** KG ***yyy*** S sowie die Aufstellung des Parteienkontos Nr. xx KV VS B/S
Laut der im Akt aufliegenden ZMR Auskunft vom hat die Bfin seit ihren Hauptwohnsitz in ***A***.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom als unbegründet abgewiesen.
Aus der gesondert zu diesem Bescheid zugegangenen Begründung geht folgendes hervor.
"Der Gesetzestext des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG bestimmt, dass Einkünfte aus der Veräußerung vonEigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b) von derBesteuerung ausgenommen sind, wenn sie dem Veräußerer:
a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zweiJahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wirdoder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend alsHauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
In dieser Regelung wird somit klar zum Ausdruck gebracht, dass die Begünstigung ein höchstpersönliches nicht vererbbares Recht darstellt, dass nur demjenigenVeräußerer, der die angeführten gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt zukommen kann.
Im vorliegenden Fall wurde das Grundstück durch die Verlassenschaft veräußert. Ab dem Todestag des Erblassers sind die Einkünfte grundsätzlich den Erben zuzurechnen dh die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung sind den Erben zuzurechnen. Für die Anwenbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung müssen aber die Veräußerer selbst die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Da das Grunsdstück aus der Verlassenschaft verkauft wird, kann somit die Befreiung für denVerstorbenen nicht mehr zur Anwendung kommen. Nur wenn die Veräußerer (die Erben) selbst die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen (das verkaufte Haus hat innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient) ist die Hauptwohnsitzbefreiung anwendbar.
Diese Voraussetzung ist im Fall der Pflichtigen lt ZMR Auskunft jedoch nicht erfüllt und kann somit die Hauptwohnsitzbefreiung nicht zur Anwendung gelangen".
Mit Schreiben vom 29.10.021 beantragte die Bfin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht bezüglich Rückerstattung der Immobilienertragssteuer. (Beschwerdevorentscheidung vom ).
Aus der Stellungnahme des am übermittelten Vorlageberichts an das BFG geht folgendes hervor:
"… Es darf auf die ausführliche Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen werden, ergänzend wird ausgeführt:
Im vorliegenden Fall beantragt die Bfin. die Hauptwohnsitzbefreiung für den von ihrerverstorbenen Verwandten vererbten Anteil des Hauses, welches im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung im Jahr 2020 verkauft wurde.
§ 30 Abs. 2 Z 1 EStG bestimmt, dass Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b) von der Besteuerung ausgenommen sind, wenn sie dem Veräußerer:
a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre
durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Das Hauptwohnsitzerfordernis muss für Veräußerungen ab vom Veräußerer selbst erfüllt worden sein und ist damit nicht im Erb- oder Schenkungsweg übertragbar.
Die Befreiung ist auch dann nicht anwendbar, wenn der Hauptwohnsitz des Verstorbenen (mit gerichtlicher Zustimmung) bereits aus der Verlassenschaft heraus veräußert wird, weil die Einkünfte ab dem Todestag grundsätzlich dem/den Erben (und nicht dem Verstorbenen) zuzurechnen sind, es sei denn, er/sie erfüll(t)/en selbst das Hauptwohnsitzerfordernis nach dem 2. Tatbestand.
Weder hatte die Bfin. ihren Hauptwohnsitz in dem veräußerten Haus gemeldet, noch erfüllt sie den 2. Tatbestand der oa. gesetzlichen Regelung.
Es wird daher angeregt, die Beschwerde aus oa. Gründen abzuweisen."
Aufgrund des Vorhalts vom wurden von der Bfin folgende Unterlagen übermittelt:
- Kaufvertragsentwurf
- Aufstellung Parteienkonto Nr. xx KV VS B/S (Immoest)
- Protokoll vom (Inventarerrichtung)
- Grundbuchsbeschluss vom (Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Käuferin)
- Protokoll der Tagsatzung vom betreffend Ergänzung des Inventars, Errichtung eines Erbteilübereinkommens und Stellung der Schlussanträge samt Antrag die Verlassenschaft einzuantworten;
- Aufstellung Parteienkonto Nr. 140/19/1 "VS ***B***" Stand vom
- Einantwortungsbeschluss vom
Mit E-Mail vom wurde die Bfin ersucht den Kaufvertrag vom mit der verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung vorzulegen.
Als Anhang zum Mail vom wurde der Beschluss vom mit der verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung des Kaufvertrages vom übermittelt und mit E-Mail vom der Kaufvertrag vom .
Mit Schreiben vom wurden die von der Bfin übermittelten Unterlagen dem Finanzamt zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis übermittelt.
Das Finanzamt teilte mit Schreiben vom im Wesentlichen mit, dass die Beschwerde abweisende Rechtsmeinung beibehalten werde. In diesem Zusammenhang wurde das Telefax vom übermittelt (um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Beschwerde verwiesen, da das Vorbringen in beiden Schriftsätzen inhaltlich gleich ist).
Mit E- Mail vom reichte die Bfin die Unterlagen in Zusammenhang mit dem Bescheid über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages vom , sowie das Schreiben vom , nach, die laut Telefonat - festgehalten im Aktenvermerk vom - von der Richterin angefordert wurden.
Der Mängelbehebungsauftrag vom wurde von der Bfin erfüllt. Der Mangel der fehlenden Unterschrift wurde rechtzeitig behoben, somit gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Die am ***zz.zz.zzzz*** verstorbene ***B*** war Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***xxx*** KG ***yyy*** und diese diente der Erblasserin als Hauptwohnsitz.
Die gegenständliche Liegenschaft und das Vermögen wurde - da die Erblasserin keine Kinder hatte - an Seitenverwandte als gesetzliche Erben ua auch an die Bfin vererbt.
Nach einer umfassenden Suche des Gerichtskommissärs nach potentiellen Erben fand am eine Tagsatzung mit den bis dahin bekannten präsumtiven Erben statt. In der am stattgefundenen Tagsatzung wurden von den Erben die Erbantrittserklärungen abgegeben und der weitere Verfahrensgang besprochen. Im Zuge dessen wurde vom Gerichtskommissär eine Amtsbestätigung zum Nachweis der Vertretungsbefugnis der Bfin ausgestellt.
Am wurde zwischen
1. der ruhenden Verlassenschaft nach VN1 ***B*** (im Grundbuch: VN2 ***B***), …, diese vertreten durch Frau Bfin,…. - im Folgenden "Verkäuferseite" genannt -
und
2. Frau Dipl.-Ing. Mag. Dr. ***DS***, geb. … ,
- im Folgenden "Käuferseite" genannt -
ein Kaufvertrag wie folgt abgeschlossen:
1. Kaufobjekt und Kauf
1.1 Die Verkäuferseite ist Eigentümerin der Liegenschaft Einlagezahl ***xxx*** der Katastralgemeinde ***yyy*** S, bestehend aus den Grundstücken …..
Gegenstand dieses Kaufvertrages und somit Kaufobjekt ist diese Liegenschaft mit den darauf befindlichen Baulichkeiten, dem vorhandenen Bewuchs und sämtlichen Liegenschaftseinrichtungen.
1.2 Die Verkäuferseite verkauft und übergibt an die Käuferseite und diese kauft und übernimmt von der Ersteren das vorstehend beschriebene Kaufobjekt in ihr Alleineigentum.
1.3 Das Kaufobjekt wird mit allen Rechten und Befugnissen verkauft, wie die Verkäuferseite dieses bisher besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war.
1.4 Im Innenverhältnis verkauft und übergibt die Verkäuferin das Kaufobjekt zur Gänze und kauft und übernimmt die Käuferin das Kaufobjekt zur Gänze.
1.5 Sämtliche Vermögenswerte, wie beispielsweise Bargeld, Schmuck, Sparbücher, etc. die nach Abschluss des Kaufvertrages hervorkommen, sind nicht vom Kaufobjekt umfasst und verpflichtet sich die Käuferseite unverzüglich die vorgefundenen Gegenstände bzw. Vermögenswerte der Verkäuferseite auszufolgen.
1.6 Das im Haus und in der Gartenhütte befindliche Inventar, soweit dieses nicht bis längstens Übergabestichtag gemäß Punkt 4. vom Kaufobjekt entfernt wurde, gilt entschädigungslos als mitverkauft, ausgenommen die unter Punkt 1.5 angeführten Pretiosen. Die Verkäuferseite ist jedoch zu keiner Räumung und Entsorgung des Inventars verpflichtet.
2. Kaufpreis
2.1 Der für das Kaufobjekt vereinbarte zivil rechtliche Gesamtkaufpreis beträgt € 360.000,- (Euro dreihundertsechzigtausend).
Die Vertragsparteien vereinbaren den Kaufpreis umsatzsteuerfrei zu behandeln.
2.2 Dieser Kaufpreis ist binnen 2 Wochen ab allseitiger grundbuchsgültiger Kaufvertragsunterfertigung auf das vom Schriftenverfasser öff. Notar Dr. W für diesen Kaufvertrag zu eröffnende Anderkonto treuhändig von der Käuferseite zu erlegen. Bezüglich der Verfügungsberechtigung des Treuhänders über den Kaufpreis werden die Vertragsparteien mit dem Schriftenverfasser eine gesonderte Treuhandvereinbarung im Sinne der Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer abschließen.
2.3 Für den Fall des fristgerechten Kaufpreiserlages wird eine Verzinsung und/oder Wertbeständigkeit weder begehrt noch vereinbart. Auch eine bankmäßige Besicherung durch Vorlage einer entsprechenden Bankgarantie für die Bezahlung derselben wird weder begehrt noch vereinbart. Für den Fall der nicht fristgerechten Kaufpreisberichtigung gelten 4 % Verzugszinsen per anno ab Fälligkeitstag als vereinbart. Sollte die Käuferseite trotz Mahnung und Nachfristsetzung von 14 (vierzehn) Tagen ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen, so ist die Verkäuferseite berechtigt, durch Abgabe einer einseitigen Erklärung den Rücktritt von diesem Rechtsgeschäft zu erklären, was in diesem Fall die Käuferseite schadenersatzpflichtig macht.
3. Belastungen
………..
3.6 Zur Besicherung der Käuferseite beantragt die Verkäuferseite unmittelbar bei Vertragsunterfertigung die Erlassung eines Ranganmerkungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung hinsichtlich des Kaufobjektes zu Händen des Vertragserrichters.
4. Besitzübergabe
4.1 Als Stichtag für den Übergang von Besitz, Gefahr, Schaden und Zufall, Lasten und Vorteil wird - vorbehaltlich mit Einlagen des Kaufpreises beim Schriftenverfasser - der Tag der Rechtswirksamkeit dieses Vertrages vereinbart.
4.2 Mit Ablauf dieses Tages gehen alle Rechte, Pflichten, Nutzungen und Lasten aus dem Kaufobjekt auf die Käuferseite über (Zahlung der Betriebskosten und Hausversicherung).
4.3 Die Übergabe des Kaufobjektes erfolgt in keinem schlechteren Zustand wiebei Besichtigung.
…..
6. Staatsbürgerschaft und Rechtswirksamkeit
6.1 Für die Käuferseite wird an Eides statt erklärt, dass diese die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
6.2 Die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages ist abhängig von:
6.2.1 der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung des Kaufobjektes bei unverändertem Lastenstand,
6.2.2 der verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung,
7. Kosten, Steuern und Gebühren
…
7.3 Die Käuferseite erlegt bei Rechtswirksamkeit des Vertrages die Grunderwerbsteuer und gerichtliche Eintragungsgebühr in die treuhändige Verwahrung des Urkundenverfassers und erteilt diesem den Auftrag zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer und gerichtlichen Eintragungsgebühr.
8. Allgemeine Bestimmungen
8.1 Dieser Vertrag wird in einem Original errichtet, das die Käuferseite nach grundbücherlicher Durchführung dieses Vertrages erhält. Die Verkäuferseite erhält eine einfache, über Wunsch beglaubigte, Kopie.
8.2 Zwischen den Vertragsparteien besteht Einvernehmen, dass der Schriftenverfasser Dr. W, öff. Notar, die grundbücherliche Durchführung dieses Rechtsgeschäftes besorgt. Ein Auftragswiderruf kann nur durch alle Vertragsparteien erfolgen.
8.3 ...
8.5 Die Verkäuferseite wurde über die steuerlichen Pflichten hinsichtlich der Immobilienertragsteuer (Veräußerungsgewinn der Liegenschaft) belehrt.
9. Aufsandungserklärung…".
Mit Beschluss vom wurde der Kaufvertrag vom - mit folgendem auszugsweisen Inhalt - verlassenschaftsgerichtlich genehmigt:
"…. Die präsumtiven Erben sind übereingekommen, die oben genannte Liegenschaft um 360.000 € zu verkaufen. Da dieser Verkauf im Interesse der Erbengemeinschaft liegt und der Verkaufserlös der vereinfachten Verwertung und Realisierung des Verlassenschaftsvermögens dient. Die Vertragsbestimmungen des zu genehmigenden Kaufvertrages sind ortsüblich und entsprechend der Vereinbarung redlicher Vertragsparteien. Da der Kaufpreis deutlich über den vom Sachverständigen ermittelten Verkerswert liegt, gereicht das Rechtsgeschäft sowohl für den ruhenden Nachlass, als auch für allfällige Gläubiger der Verlassenschaft bzw unbekannten Erbe oder Noterben zum Vorteil ...".
Dieser Beschluss vom ist vollstreckbar und rechtskräftig am .
Mit Beschluss vom wurde das Eigentumsrecht der Käuferin der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen. Davon wurden alle Erben verständigt.
In der Tagsatzung vom wurde noch ein Pflichtteilsübereinkommen zwischen den Erben vom Gerichtskommissär zu Protokoll genommen und von allen Erben der Antrag gestellt, die Verlassenschaft einzuantworten. Im Protokoll ist auch festgehalten, dass die Liegenschaft um einen Kaufpreis von 360.000 € verkauft wurde.
Aus dem Einantwortungsbeschluss vom geht hervor, dass die Verlassenschaft den dort genannten Erben (dazu gehört die Bfin), die mit der Rechtswohltat des Inventars auf Grund des Gesetzes je die bedingten Erbantrittserklärungen abgegeben haben nach Maßgabe des Erbteilübereinkommens vom eingeantwortet wurde. Die Realisierung des gesamten Geldnachlasses erfolgt aufgrund der Übereinkunft sämtlicher Erben durch den Gerichtskommissär.
Die Liegenschaft wurde mit verlassenschaftsgerichtlich genehmigten Kaufvertrag vom zum Gesamtkaufpreis von 360.000 € veräußert. Die Bfin ist zu einem Achtel Erbin.
Der mit dem Verkauf der Liegenschaft beauftragte Notar und Gerichtskommissär nahm eine Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer und der Grunderwerbsteuer vor. Die Immobilienertragsteuer für die Bfin und die übrigen Erben sowie die Grunderwerbsteuer wurden laut vorliegender Aufstellung des Parteienkontos als Ausgänge vom vom Parteienkonto xx KV VS B/S" (siehe Akt) an die verschiedenen Finanzämter gebucht.
Am wurde auf das Abgabenkonto der Bfin - 1.890 € mit der FT (FV) gebucht. Mit einer zweiten Buchung am wurde das Abgabenkonto der Bf. mit der Verrechnungsweisung "IE 05/20" dem Betrag von 1.890 € und mit der Fälligkeit belastet (Auszug aus dem Abgabenkonto).
Mit wurde der Einkommensteuerbescheid 2020 erlassen.
Dagegen brachte die Bfin. Beschwerde ein und beantragte die Rückzahlung der Immoest in Höhe von 1.890,00 € im Rahmen der Erstveranlagung im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Nachlass Träger der Rechte und Pflichten des Verstorbenen sei und das Einkommensteuergesetz keine Regelung treffe, die den Nachlass in diesen Rechten beschränke, sodass nach dem Dafürhalten der Bfin ihr die Hauptwohnsitzbegünstigung und die damit einhergehende Steuerfreiheit zustehe.
Die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Nach dem rechtzeitig von der Bfin eingebrachten Vorlageantrag wurde die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen und den von der Bfin und vom Finanzamt nachgereichten und übermittelten Unterlagen (siehe Punkt 1) Verfahrensablauf).
Dagegensprechende Umstände sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund sind die Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen anzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
A) Verfahren:
Einleitend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Konzept des Gesetzgebers entspricht, dass die Korrektur eines vom Parteienvertreter selbstberechneten Betrages an Immobilienertragsteuer im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat (, , Ro 2015/15/0032; ; ).
B) Rechtsgrundlagen und rechtliche Ausführungen:
Gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer neben anderen Einkünften auch sonstige Einkünfte im Sinne des § 29.
Sonstige Einkünfte sind gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31).
Private Grundstücksveräußerungen sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 2012/22, Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen.
Einkünfte begründender Tatbestand des § 30 Abs. 1 EStG 1988 ist die Veräußerung eines Grundstückes. Unter Veräußerung ist jede entgeltliche Übertragung zu verstehen.
§ 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 bestimmt, dass Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b) von der Besteuerung ausgenommen sind, wenn sie dem Veräußerer:
a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Nach steht die Hauptwohnsitzbefreiung bei Veräußerung eines vom Erblasser durchgehend als Hauptwohnsitz genutzten Grundstücks durch die Verlassenschaft nicht zu, wenn die Erben selbst nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen.
Wesentlich ist, dass diese Kriterien beim Veräußerer vorliegen müssen. Es reicht daher nicht aus, wenn der Geschenkgeber oder Erblasser diese Kriterien zum Hauptwohnsitz erfüllt, der Geschenknehmer oder Erbe als Verkäufer jedoch nicht. In diesem Fall kommt die Befreiung daher nicht zum Tragen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts () handelt es sich sowohl bei der Hauptwohnsitzbefreiung als auch bei der Herstellerbefreiung um ein höchstpersönliches Recht, welches durch Verschenken oder Vererben jedenfalls untergeht. Der Veräußerer muss selbst die Befreiungsvoraussetzungen erfüllen.
Das Einkommensteuerrecht orientiert sich seit 1973 am Prinzip der Einzelpersonenbetrachtung, dh der Individualbesteuerung (Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 2 Anm 2; ). Bei der Einkommensteuer geht es um die Besteuerung der im Einkommen zu Tage tretenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Einkommensteuerrecht enthält in verschiedenen Zusammenhängen Regelungen, die eine Rechtsnachfolge berücksichtigen. So sieht etwa § 30 Abs. 1 EStG 1988 ausdrücklich vor, dass bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen ist. § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 wurde durch das 1. StabG 2012 dahingehend geändert, dass die Hauptwohnsitzbefreiung nur dann gilt, wenn der Veräußerer die Voraussetzungen selbst erfüllt. Anders als nach der zuvor geltenden Rechtslage sind im Falle eines Erwerbes von Todes wegen die Besitzzeiten nicht mehr zusammenzurechnen. Damit kommt die Höchstpersönlichkeit der Befreiung zum Ausdruck. Während Grundstücke an sich unter Lebenden übertragen werden können, erscheint es ausgeschlossen, die Errichtereigenschaft durch rechtsgeschäftliches Handeln einer anderen Person zukommen zu lassen. Auch bei der Gesamtrechtsnachfolge gehen nur jene Rechtspositionen auf den Rechtsnachfolger über, bei denen es sich nicht um höchstpersönliche Rechtspositionen handelt (zB Jakom, ESt, Kommentar 2021, § 30 Tz 33; , ).
Anzumerken ist, dass hinsichtlich der Hauptwohnsitzbefreiung eine Gesetzesänderung derart durchgeführt wurde, dass der Rechtsnachfolger ebenfalls die Befreiungsvoraussetzungen erfüllen muss. In der Bestimmung des "alten" Spekulationstatbestandes des § 30 Abs. 2 war der Übergang auf den Rechtsnachfolger im Gesetz angeführt…. Die Hauptwohnsitzbefreiung musste also ausdrücklich geändert werden, da der Übergang auf den Rechtsnachfolger so im Gesetz stand. Im Gegensatz dazu musste die Herstellerbefreiung nicht geändert werden (vgl. auch Info des BMF, GZ BMF-010203/0402-VI/6/2012 vom )".
Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der Fassung 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 2012/22, als Einkünfte anzusetzen: Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86 Prozent des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
§ 30a Abs. 1 EStG 1988 bestimmt: Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 30% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Jahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Betrag ist danach nicht nur dann als dem Abgabepflichtigen zugeflossen anzusehen, wenn er ihm bar ausbezahlt wurde, sondern genügt es, dass der Empfänger in der Lage ist, über den Betrag rechtlich und wirtschaftlich zu verfügen.
Bürgerliches Recht:
Der Nachlass im Sinne des § 531 ABGB setzt sich aus den vom Erblasser zurückgelassenen Vermögenswerten zusammen und existiert als Rechtssubjekt vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers bis zum Eigentumserwerb durch den Erben mittels der Einantwortung (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht 9 I 66; ).
Steuerrecht:
Der Erbe tritt hinsichtlich des Nachlassvermögens und der daraus erzielten Einkünfte schon mit dem Todestag in die Rechtsstellung des Erblassers ein ().
Ein ruhender Nachlass wird einkommensteuerrechtlich im Allgemeinen nicht als Rechtssubjekt angesehen und die Einkünfte, die dem Nachlass zufließen, werden dem Erben zugeordnet (; ).
Dem (oder den) Erben sind die Einkünfte nach der Einantwortung rückwirkend ab dem Erbanfall (dem Todestag des Erblassers; ) nach den jeweiligen Erbquoten oder Regelungen des Erbübereinkommens zuzurechnen. Vom ruhenden Nachlass erwirtschaftete Überschüsse sind auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbar beim Erben zu erfassen (). Eine zwischenzeitliche Besteuerung des Nachlasses wird vermieden, weil die Rechtsfigur des ruhenden Nachlasses nicht ins Steuerrecht übertragbar ist (). Miterben können bis zur Einantwortung Vereinbarungen hinsichtlich jener WG treffen, die zur Einkünfterzielung beitragen ().
Der Grundsatz der Zurechnung der Einkünfte ab dem Todestag an den Erben gilt auch für Grundstücksveräußerungen. Wird ein Grundstück aus der Verlassenschaft veräußert, sind die Einkünfte entsprechend den Erbquoten auf alle Erben aufzuteilen (Fraberger/Kampitsch JEV 16, 67).
C) Erwägungen:
Die Bfin führt für ihren Standpunkt ins Treffen: "Der Nachlass ist Träger der Rechte und Pflichten des Verstorbenen und das EStG trifft keine Regelung, die den Nachlass in diesen Rechten beschränkt, sodass nach meinem dafür halten mir die Hauptwohnsitzbefreiung und damit die einhergehende Steuerfreiheit zusteht".
Die Bfin beantragt nun für ihren (eingeantworteten) 1/8 Teil der verkauften Liegenschaft die Rückerstattung der Immoest im Rahmen der Veranlagung.
Bei Erstattung dieses Vorbringens übersieht die Bfin Folgendes:
Am gaben die Erben die Erbantrittserklärungen ab und es wurde die weitere Vorgangsweise besprochen. Im Zuge dessen wurde vom Gerichtskommissär eine Amtsbestätigung zum Nachweis der Vertretungsbefugnis durch die Bfin ausgestellt (siehe Ausführungen im Einantwortungsbeschluss vom ).
Die Bfin war nicht nur Vertreterin der Verlassenschaft, sondern auch Erbin (zu 1/8).
Wenngleich die Bfin auch niemals "grundbücherlicher Eigentümer" der von der Verlassenschaft verkauften Liegenschaft ist, erfolgte der Verkauf, durch die erbantrittserklärten (Einantwortungsbeschluss vom ) und zum Kreis der gesetzlichen Erben Zählenden (Kaufvertrag vom samt verlassenschaftsgerichtlicher Genehmigung, Beschluss vom und Beschluss vom ). Alle Erben wurden von der Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferin mit Beschluss vom auch verständigt.
In der Tagsatzung vom wurde noch ein Pflichtteilsübereinkommen zwischen den Erben vom Gerichtskommissär zu Protokoll genommen.
Aufgrund des Einantwortungsbeschlusses vom wurde die Verlassenschaft den dort genannten Erben und der Bfin, die mit der Rechtswohltat des Inventars auf Grund des Gesetzes je die bedingten Erbantrittserklärungen abgegeben haben nach Maßgabe des Erbteilübereinkommens und des Verkaufes der Liegenschaft eingeantwortet. Die Realisierung des gesamten Geldnachlasses erfolgte auf Grund der Übereinkunft sämtlicher Erben durch den Gerichtskommissär.
Die Aufteilung des Kaufpreises der Liegenschaft erfolgte entsprechend der Erbquoten (für die Bfin 1/8 Anteil). Die Immoest wurde entsprechend der Erbquote vom Gerichtskommissär und Notar - für die Bfin in Höhe von 1.890 € - berechnet und an das Finanzamt abgeführt.
Dass kein Zufluss ihres Achtel Anteiles erfolgt ist, wurde von der Bfin nicht vorgebracht.
Wie oben dargelegt wird die Liegenschaft bzw das geerbte Grundstück ab dem Todestag des Erblassers den Erben zugerechnet. Die Hauptwohnsitzbefreiung greift nur, wenn der Erbe bzw die Erben selbst die oben angegebenen Voraussetzungen erfüllen.
Laut Zentralmelderegisterauskunft vom hatte die Bfin ihren Hauptwohnsitz nie an der Adresse der verkauften Liegenschaft. Den Ausführungen in der Beschwerdevor-entscheidung vom (laut VwGH kommt dieser Vorhaltecharakter zu) hat die Bfin nichts entgegengesetzt.
Dass die Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung von der Bfin erfüllt wurden, wurde von ihr nicht aufgezeigt. Beweismittel wurden diesbezüglich weder angeboten noch vorgelegt. Auch aus den vorgelegten Unterlagen geht diesbezüglich nichts hervor.
Dass das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) vor dem Todesfall der Erblasserin abgeschlossen wurde, wurde auch nicht behauptet.
War in den Veräußerungsvorgang ein Treuhänder eingeschaltet und floss der Veräußerungserlös auf ein Treuhandkonto, im gegenständlichen Fall auf ein Anderkonto des Notars, ist die Rechtsprechung zu Fremdgeldern ist zu beachten (Doralt, EStG-Kommentar, § 19, Tz. 30):
Fremdgelder, die ein Rechtsanwalt für seinen Klienten verwahrt, sind bei ihm keine Einnahme, sondern durchlaufende Posten.
... eine gesonderte Verwahrung der Fremdgelder (zB auf 'Anderkonten') ist nicht Voraussetzung; ... Aus der Behandlung von Fremdgeldern als durchlaufende Posten ergibt sich der unmittelbare Zu- und Abfluss bei den beteiligten Parteien. Erhält der Rechtsanwalt vom Dritten einen Geldbetrag zur Weitergabe an seinen Klienten, dann ist der Geldbetrag dem Klienten damit zugeflossen, es sei denn, die Weitergabe ist an eine Bedingung geknüpft (vgl. EFG 1998, 1585: der Kaufpreis fließt dem Verkäufer noch nicht durch Einzahlungen auf das Notaranderkonto, sondern erst mit Auszahlungsreife zu).
Mangelnde Auszahlungsreife liegt etwa dann (noch) nicht vor, wenn die Weitergabe des Verkaufserlöses an eine (noch) nicht erfüllte Bedingung geknüpft ist, bspw. die Freigabe des Kaufpreises an den Verkäufer vor der grundbücherlichen Durchführung des Verkaufes nicht erfolgen darf und die grundbücherliche Durchführung des Verkaufes noch nicht erfolgt ist.
Dass die Bfin über den Betrag rechtlich und wirtschaftlich im Jahr 2020 nicht verfügen konnte wurde nicht eingewendet bzw. behauptet.
Im Übrigen wies der Notar bzw Gerichtskommissär bereits im Kaufvertrag daraufhin, dass "die Verkäuferseite vertreten durch die Bfin über die steuerlichen Pflichten hinsichtlich der Immobilienertragssteuer (Veräußerungsgewinn der Liegenschaft) belehrt wurde", sodass sie (Erben) die Veräußerung der erbl. Liegenschaft erbquotenmäßig zu versteuern haben.
Der gemäß der Bestimmung des § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 ermittelte Saldo von 14 Prozent unterliegt als Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken dem besonderen Steuersatz von 30 Prozent.
Daher wurde die Immoest für die Bfin vom Notar und Gerichtskommissär in Höhe von 1.890 €
(360.000 x 86% = € 309.600; € 360.000 - € 309.600 = € 50.400 davon 1/8 = € 6.300; € 6.300 x 30%) richtig berechnet und dem Finanzamt abgeführt. Dass die Immoest falsch berechnet wurde, wurde nicht mehr vorgebracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die hier strittigen Rechtsfragen sind durch die eindeutige Gesetzeslage und die im Erwägungsteil referierte Rechtsprechung des VwGH zweifelsfrei dargestellt, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 29 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100986.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at