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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2022, RV/1100379/2020

Drittelbegünstigung für Freizügigkeitsauszahlungen einer Schweizer Pensionskasse

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Eugen Josef Bertsch, Sportplatzweg 11, 6811 Göfis, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die im Jahr 2018 an die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) geleistete Auszahlung des Schweizer Freizügigkeitsguthabens in Höhe von insgesamt 69.136,74 Euro (81.068,95 CHF) zur Gänze oder gemäß § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 nur zu einem Drittel der Einkommensteuer zu unterziehen war.

Mit dem angefochtenenBescheid versteuerte das Finanzamt die gesamte Auszahlung mit der Begründung, die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 stehe nur zu, wenn dem Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt sei. Wie der VwGH mit Erkenntnis vom , 2009/15/0188, ausgeführt habe, liege keine steuerlich begünstigte "Abfindung" vor, wenn der Gläubiger eine freie Wahl zwischen der einmaligen Auszahlung des angesparten Kapitals und dem Bezug einer Rente habe. Da die Bf. ein solches Wahlrecht gehabt habe, sei die Drittelbegünstigung nach § 124b Z 53 EStG 1988 nicht anzuwenden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wandte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung ein, sie habe die Schweiz endgültig verlassen, noch bevor ein Pensionsbezug möglich gewesen sei. Ein solcher Pensionsbezug sei frühestens mit Erreichen des 62 Lebensjahres, in ihrem Fall per , möglich gewesen. Da sie anschließend nur noch Krankengeld und Arbeitslosengeld bezogen habe, seien die Voraussetzungen für die Auszahlung des Guthabens gegeben gewesen. Weil noch kein Rentenanspruch bestanden habe, habe nur die Möglichkeit auf Auszahlung des Guthabens bestanden. Der Beschwerde werde eine Bestätigung der Pensionskasse, der BVG-Sammelstiftung ***X*** AG (in der Folge: ***X***), vom beigelegt, wonach das Guthaben auf einem Freizügigkeitskonto bzw. auf einer Freizügigkeitspolice bis zur Auszahlung verwaltet worden sei.

Mit dem erwähnten Schreiben der ***X*** vom wurde Folgendes bestätigt:

"Aufgrund der Austrittsmeldung Ihres ehemaligen Arbeitgebers haben wir Ihnen die vorhandene Freizügigkeitsleistung per zur Verfügung gestellt. Gemäß Ihrem Antrag und Ausreise aus der Schweiz haben wir Ihnen den überobligatorischen Teil von CHF 32.991,60 bar ausbezahlt. Der obligatorische Teil konnte aufgrund der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU nicht ausbezahlt werden und wurde auf eine Freizügigkeitspolice bei der ***X*** deponiert. Per wurde die Freizügigkeitspolice aufgelöst und das vorhandene Guthaben von CHF 43.279,50 ausbezahlt. Aus der Freizügigkeitspolice besteht keine Möglichkeit für einen Rentenbezug."

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus, gemäß Art. 1 und 2 des Schweizer Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) werde im Rahmen der beruflichen Vorsorge zwischen dem Vorsorgefall und dem Freizügigkeitsfall unterschieden. Während im Vorsorgefall eine Vorsorgeeinrichtung des privaten oder öffentlichen Rechts aufgrund ihrer Vorschriften (Reglement) bei Erreichen der Altersgrenze, bei Tod oder bei Invalidität einen Anspruch auf Leistungen gewähre, trete ein Freizügigkeitsfall dann ein, wenn Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verließen, bevor ein Vorsorgefall eintrete, und aus diesem Anlass einen Anspruch auf eine Austrittsleistung hätten. Träten Versicherte in eine neue Vorsorgeeinrichtung ein, so habe die frühere Vorsorgeeinrichtung die Austrittsleistung an die neue Vorsorgeeinrichtung zu überweisen, während Versicherte, die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung einträten, ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen hätten, in welcher zulässigen Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollten (Art. 3 und 4 FZG). Gemäß Art. 10 FZV der aufgrund Art. 16 FZG erlassenen Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV) werde der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten. Freizügigkeitspolicen im Sinne dieser Bestimmung seien besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- und Rentenversicherungen, einschließlich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- und Invaliditätsfall bei einer Versicherungseinrichtung. Die Bf. habe anlässlich der Erreichung des Pensionsalters von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich das angesparte Pensionskassenguthaben sowohl vom Freizügigkeitskonto als auch von der Freizügigkeitspolice einmalig auszahlen zu lassen. Im Hinblick auf die der Bf. zustehende und auch nachweislich genutzte Wahlmöglichkeit, den Vorsorgeschutz in der Weise aufrechtzuerhalten, dass eine spätere Auszahlung der Leistungen in Rentenform oder als Einmalzahlung erfolge, könne die begünstigende Bestimmung des § 124b Z 53 EStG bei Barauszahlung der Austrittsleistung von einem Freizügigkeitskonto und von der Freizügigkeitspolice unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung nicht zur Anwendung kommen.

Mit dem Vorlageantrag vom begehrte die Bf. erneut die Drittelbegünstigung gem. § 124b Z 53 EStG 1988. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bf. habe die Schweiz nach der Kündigung durch den Arbeitgeber in einer Zeit verlassen, in der ihr noch keine Rente zugestanden sei. Nachdem sie in Österreich nur noch Krankengeld und Arbeitslosengeld bezogen habe, habe sie einen Antrag auf Auszahlung des Guthabens aus der 2. Säule gestellt. Da ihr das Geld wegen eines laufenden Verfahrens betreffend eine Invalidenrente noch nicht ausbezahlt worden sei, sei das Guthaben in einer Freizügigkeitspolice und auf einem Freizügigkeitskonto angelegt worden. Nach dem für sie negativen Abschluss des Verfahrens betreffend eine Invalidenrente sei die Pensionskassenauszahlung schlussendlich zum Antritt ihrer Alterspension erfolgt. Im Zeitpunkt der Beantragung der Auszahlung des Guthabens aus der 2. Säule habe keine Möglichkeit eines Bezugs einer Rente bestanden.

Im Zuge eines vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden von der Bf. weitere Unterlagen aus dem Schriftverkehr zwischen der Pensionskasse und dem Bf. vorgelegt, und zwar:

• Eine Bestätigung der ***X*** vom folgenden Inhalts: "Eine vorzeitige Pensionierung und damit ein Rentenbezug ist im erwähnten Vorsorgewerk ab Alter 60 möglich. In ihrem Fall wäre dies per gewesen. Aus diesem Grund bestand bei ihrem Austritt per keine Möglichkeit, eine Rente aus der 2. Säule zu beantragen. Aufgrund definitiven Verlassens der Schweiz haben wir ihnen den überobligatorischen Anteil der Freizügigkeitsleistung bar ausbezahlt und für den obligatorischen Teil eine Freizügigkeitspolice erstellt. Auf ihren Antrag hin wurde die Freizügigkeitspolice im Februar 2018 aufgelöst und das gesamte vorhandene Guthaben ausbezahlt. Bei der Freizügigkeitspolice ist keine Rente versichert, weshalb nur eine Kapitalauszahlung möglich war."

• Eine weitere Bestätigung der ***X*** vom über den chronologischen Ablauf des Austrittsverfahrens und der abschließenden Bemerkung, dem beilgelegten Vorsorgereglement der ***X*** sei zu entnehmen, dass eine vorzeitige Pensionierung ab Alter 58 möglich sei. Aufgrund der erhaltenen Austrittsmeldung des Arbeitgebers sei im Zahlungsauftrag die Möglichkeit der Pensionierung nicht angeführt worden.

• Ein "Zahlungsauftrag" betiteltes Formular mit mehreren Optionen zur Vergütung des Freizügigkeitsanspruchs (Überweisung auf eine Vorsorgeeinrichtung; prämienfreie Freizügigkeitspolice; Freizügigkeitskonto; Überweisung Stiftung Auffangeinrichtung; Barauszahlung).

• Den Vorsorgeausweis per

In einer Stellungnahme zur Vorlage dieser Unterlagen führte die steuerliche Vertretung aus, im Vorsorgeausweis zum werde nur die voraussichtliche Leistung zum ordentlichen Pensionsalter per angegeben, es gebe aber keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung ab Vollendung des 58. Lebensjahres. Die Austrittsmeldung der Arbeitgeberin enthalte zwar einen Hinweis zur Krankenversicherung, aber keinen auf die Möglichkeit eines vorzeitigen Pensionsbezuges. Auch in den Austrittsunterlagen werde die Möglichkeit der Frühpension nicht erwähnt. Es könne nicht von einer gleichwertigen Alternative zur vorzeitigen Pensionierung gesprochen werden, wenn keiner davon wisse und der finanzielle Nachteil von einem Drittel als Abschlag hingenommen werden müsse.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf., geboren am ***1***1955, war vom bis zum bei der ***Y*** Switzerland AG (***Y***) in ***2*** in der Schweiz als Monatemitarbeiterin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit der ***Y*** wurde am von dieser aufgrund einer langen, krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Bf. zum aufgelöst. Über die ***Y*** war die Bf. bei der BVG Sammelversicherung ***X*** AG, Zürich, in der zweiten Säule des Schweizer Vorsorgesystems vorsorgeversichert.

Vom bis zum bezog die Bf. Krankengeld (Taggeld) von der ***Z*** Versicherungen AG, ab bezog sie Arbeitslosenunterstützung aus der österreichischen Arbeitslosenversicherung.

Per erfolgte der Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung ***X***.

Eine Verfügung über das bis zum Austritt angesammelte Vorsorgekapital war zunächst noch nicht getroffen werden, weil unmittelbar an den Austritt anschließend ein Verfahren über einen Antrag auf Gewährung einer Invalidenrente bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen eröffnet wurde. Das Verfahren wurde im November 2017 für die Bf. abschlägig abgeschlossen.

Aufgrund des Abschlusses des Verfahrens über die Invalidenrente wurde der Austritt der Bf. aus der Vorsorgeeinrichtung bei dieser rückwirkend per erfasst.

Am erging eine Mitteilung der ***X*** an die Bf. über den bestehenden Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung in Höhe von CHF 79.731,00, mit der gleichzeitigen Einladung bekanntzugeben, in welcher Form die Freizügigkeitsleistung zu vergüten sei. In der Folge erteilte die Bf. der ***X*** den Auftrag auf Barauszahlung des Vorsorgeguthabens aufgrund ihrer definitiven Ausreise aus der Schweiz und Überweisung auf ein Bankkonto bei der Liechtensteinischen Landesbank.

Am überwies die ***X*** den überobligatorischen Anteil an der Freizügigkeitsleistung abzüglich Quellensteuer in Höhe von CHF 32.991,60 auf das Bankkonto der Bf. In der über diese Auszahlung erstellten Abrechnung war der Vermerk enthalten, dass der obligatorische Anteil in Höhe von CHF 45.844,00 als Einlage für ihre Freizügigkeitspolice verwendet werde.

Am wurde die Freizügigkeitspolice aufgelöst und der obligatorische Anteil abzüglich Quellensteuer in Höhe von CHF 43.279,00 auf das Konto der Bf. überwiesen.

Die auf die Kapitalleistung entfallene und einbehaltene Quellensteuer in Höhe von CHF 4.798,00 wurde an die Bf. rückerstattet.

Beweiswürdigung

Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf folgende Beweisunterlagen:

Das Kündigungsschreiben der ***Y*** vom sowie den Vorsorgeausweis per , den Zahlungsauftrag zum Austritt per sowie Abrechnungen vom und vom der ***X***.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2020 lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Der letzte Satz wurde der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 mit BGBl. I Nr. 54/2002 angefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (927 BlgNR 21. GP 2) wird dazu ausgeführt:

"Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern".

Zweck diese Bestimmung ist es also, eine volle tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, falls keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht (vgl. ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, setzt § 124b Z 53 EStG 1988 somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mwN). Ist hingegen bei einer obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) dem Gläubiger das Wahlrecht eingeräumt, liegt keine "Abfindung" vor, wenn der Gläubiger seine freie Wahl zwischen den mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen trifft (vgl. ).

Auch die Abfindung von Pensionsanwartschaften wie beispielsweise eine Freizügigkeitsleistung, kann daher grundsätzlich von der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 erfasst sein (vgl. ). Jedoch ist auch in diesem Fall Voraussetzung der Begünstigung, dass keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Abfindung für den Anspruchsberechtigten offen gestanden ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob ein Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch durch eine entsprechende Disposition über die Freizügigkeitsleistung im Rahmen einer Freizügigkeitspolice aufrechterhalten werden kann (vgl. z.B. und , Ra 2018/15/0086). Unerheblich ist hierbei, ob die spätere Rentenleistung von der Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers oder durch ein "privates Versicherungsunternehmen" erfolgt, sofern ein Verbleib innerhalb des ausländischen Vorsorgesystems trotz Beendigung der Auslandstätigkeit möglich ist und daraus ein späterer Rentenbezug erfolgen kann (vgl. ).

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein begünstigungsschädliches Wahlrecht auch dann vor, wenn nach den Bestimmungen des jeweiligen Reglements die Möglichkeit besteht, statt die Kapitalauszahlung in Anspruch zu nehmen in den vorzeigen Ruhestand zu treten und die Altersleistung in Form eine Rente zu beziehen. Anderes soll nur dann gelten, wenn die Inanspruchnahme der Frühpension mit unzumutbaren rechtlichen Nachteilen verbunden ist (vgl. ).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Bf. in der 2. Säule des Schweizer Vorsorgesystems ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme einer Freizügigkeitsleistung und der Inanspruchnahme einer Altersrente hatte, sind die in der Schweiz geltenden einschlägigen Rechtsgrundlagen heranzuziehen.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) vom .

Gemäß Art. 10 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Die Versicherungspflicht endet u.a., wenn a. das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13) oder b. das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.

Nach Art. 13 Abs. 1 BVG haben Anspruch auf Alterstleistungen Männer, die das 65. Altersjahr, und Frauen, die das 62. Altersjahr zurückgelegt haben. Nach Art. 13 Abs. 2 BVG können die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtungen abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht. In diesem Fall ist der Umwandlungssatz (Art. 14) entsprechend anzupassen.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BVG werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet. Gemäß Art. 37 Abs. 4 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement aber vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten an Stelle einer Rente eine Kapitalabfindung wählen können.

Gesetzliche Grundlage für die Freizügigkeitsleistung ist das Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG).

Gemäß Art. 2 Abs. 1 FZG haben Versicherte, die die Vorsorgeeinrichtung verlassen, Anspruch auf eine Austrittsleistung.

Gemäß Art. 2 Abs. 3 FZG wird die Austrittsleistung fällig mit dem Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 FZG können Versicherte die Anspruchsleistung auch beanspruchen, wenn sie die Vorsorgeeinrichtung zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter verlassen und die Erwerbstätigkeit weiterführen oder als arbeitslos gemeldet sind.

Nach Art. 4 Abs. 1 FZG haben Versicherte, die nicht in die neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn a. sie die Schweiz endgültig verlassen, b. sie eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und der obligatorischen beruflichen Vorsorgeeinrichtung nicht mehr unterstehen und c. die Austrittsleistung weniger als ihr Jahresbeitrag beträgt.

Gem. Art. 25f FZG können Versicherter die Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG im Umfang des bis zum Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung erworbenen Altersguthabens nach Art. 15 BVG u.a. dann nicht verlangen, wenn sie a. nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert sind oder c. in Liechtenstein wohnen.

Gemäß Art. 1 der auf Grundlage des FZG ergangenen Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alter-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV) müssen Arbeitgeber die Adresse oder, wenn diese fehlt, die AHV-Nummer der Versicherten, deren Arbeitsverhältnis aufgelöst oder deren Beschäftigungsgrad reduziert wird, unverzüglich der Vorsorgeeinrichtung melden. Gleichzeitig ist mitzuteilen, ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist.

Gemäß Art. 10 FZV wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten. Die Barauszahlung richtet sich nach Art. 5 FZG.

Die konkreten Bestimmungen sowohl für die Inanspruchnahme der Altersrente als auch für die Inanspruchnahme einer Freizügigkeitsleistung im Vorsorgesystem der BVG-Sammelstiftung ***X***, Zürich, finden sich in dessen Vorsorgereglement.

Pensionierung

Gemäß Art. 13 Abs. 1 des Vorsorgereglements wird die ordentliche Pension im Vorsorgeplan festgelegt.

Gemäß Art. 13 Abs. 2 Vorsorgereglement ist eine vorzeitige Pensionierung zwischen dem vollendeten 58. Altersjahr und dem ordentlichen Pensionierungsalter möglich. Eine vorzeitige Pensionierung setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Der Anspruch der Altersrente erfolgt zu reduzierten Umwandlungssätzen und richtet sich nach dem Alter bei der vorzeitigen Pensionierung.

Versicherungsleistungen-Altersleistungen

Gemäß Art. 18 Abs. 1 Vorsorgereglement hat Anspruch auf eine Altersrente die versicherte Person am Monatsersten, die das ordentliche Pensionierungsalter erreicht hat oder die Bedingungen für eine vorzeitige Pensionierung erfüllt oder den Aufschub der Pensionierung beendet.

Gemäß Art. 18 Abs. 2 Vorsorgereglement ergibt sich die Höhe der jährlichen Altersrente durch Umwandlung des vorhandenen obligatorischen und überobligatorischen Altersguthabens mit den anwendbaren Umwandlungssätzen. Die Auszahlung der Altersrente erfolgt lebenslänglich.

Auszahlung von Leistungen

Gemäß Art. 30 Abs. 1 Vorsorgereglement hat Anspruch auf Freizügigkeitsleistung eine versicherte Person, die das Vorsorgewerk vor Eintritt eines Vorsorgefalles verlässt, da das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird oder da sie die Bedingungen zur Aufnahme in die Personalvorsorge nicht mehr erfüllt.

Gemäß Art. 30 Abs. 2 Vorsorgereglement hat die versicherte Person auch Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung, wenn sie das Vorsorgewerk bzw. die Stiftung zwischen dem vorzeitigen und dem ordentlichen Pensionierungsalter verlässt und die Erwerbstätigkeit weiterführt oder als arbeitslos gemeldet ist.

Gemäß Art. 31 Abs. 2 Vorsorgereglement kann die versicherte Person die Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung u.a. verlangen, wenn sie die Schweiz endgültig verlässt und nicht in Liechtenstein Wohnsitz nimmt.

Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Die Bf. hat das Arbeitsverhältnis mit der ***Y*** per beendet und ist per aus dem Vorsorgesystem der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung, der BVG Sammelversicherung ***X*** AG, ausgeschieden. Da sie zu dieser Zeit das 58. Lebensjahr bereits vollendet hatte, hatte sie nach gemäß Art. 13 Abs. 2 Vorsorgereglement einen Anspruch auf eine vorzeitige Pensionierung und Bezug einer Altersrente. Gleichzeitig hatte sie gemäß Art. 30 Vorsorgereglement auch einen Anspruch auf Freizügigkeitsleistung und, weil sie die Schweiz endgültig verlassen und auch nicht in Liechtenstein Wohnsitz genommen hatte, gemäß Art. 31 Abs. 2 Vorsorgereglement einen Anspruch auf Barauszahlung derselben.

Die Bf. konnte daher zwischen zwei gleichwertigen Ansprüchen wählen. Aufgrund der alternativen Möglichkeit, an Stelle der Freizügigkeitsleistung auch eine Altersrente zu beziehen, steht ihr die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zu.

Die gegen diese Beurteilung in der Beschwerde und im Vorlageantrag vorgebrachten Einwände sind nicht zielführend, gehen sie doch von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Denn wie inzwischen auch vom der ***X*** bestätigt und von Seiten der Bf. eingeräumt wurde, hatte die Bf. im Zeitpunkt des Austritts aus dem Vorsorgewerk am nach dem damals geltenden Vorsorgereglement der ***X*** bereits mit Vollendung des 58. Altersjahres einen Anspruch auf vorzeitige Pensionierung und nicht erst mit Vollendung des 60. oder 62. Lebensjahres.

Aber auch der im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht von der steuerlichen Vertretung vorgebrachte Einwand, die Bf. sei von der ***X*** nie auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung und Bezug einer Altersrente aufmerksam gemacht worden, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Denn für die Beurteilung der Frage, ob der Bf. im maßgeblichen Zeitpunkt des Verlassens des betrieblichen Vorsorgesystems ein faktisches Wahlrecht im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zustand oder nicht, ist allein entscheidend, welche Rechtsansprüche nach dem Vorsorgereglement der ***X*** die Bf. in diesem Zeitpunkt hatte. Wie ausgeführt, hatte die Bf. nach dem Vorsorgereglement alternative Ansprüche auf vorzeitige Pensionierung und Ruhebezug oder auf Freizügigkeitsleistung. Ob die Bf. auf die Möglichkeit der vorzeitigen Pensionierung und Bezug einer Altersrente ausdrücklich aufmerksam gemacht wurde oder nicht, ist daher nicht entscheidend, weil der Rechtsanspruch auf die Altersrente nicht von entsprechenden Hinweisen durch die Vorsorgeeinrichtung abhängt, sondern sich unmittelbar aus dem Vorsorgereglement ergibt. Daher kann es nicht entscheidend sein, dass in der vorgelegten Korrespondenz betreffend die Freizügigkeitsleistung zwischen der ***X*** und der Bf. aus dem Jahr 2017, insbesondere dem Formular zum Zahlungsauftrag vom , kein Hinweis auf eine Rentenzahlung enthalten ist, änderte sich damit doch nichts am bestehenden Wahlrecht zwischen der Freizügigkeitsleistung und einem Rentenbezug in Folge der vorzeitigen Pensionierung.

Ebenso wenig vermag daher der Umstand, dass im Vorsorgeausweis zum lediglich auf die voraussichtlichen Leistungen im Alter am , also bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters, nicht aber die Leistungen im Falle der vorzeitigen Pensionierung angegeben sind, am faktisch bestehenden Wahlrecht etwas zu ändern. Abgesehen davon wurde im Vorsorgeausweis zum bezüglich Fälligkeit und Anspruchsberechtigung ausdrücklich auf das Vorsorgereglement verwiesen. Es wäre daher an der Bf. gelegen, sich über ihre Rechte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Austritt aus dem Vorsorgesystem im Vorsorgereglement zu informieren.

Dass aus der Freizügigkeitspolice kein Rentenbezug möglich war, wie von der ***X*** mehrfach bestätigt, mag zutreffen, ist aber für die Beantwortung der beschwerdegegenständlichen Streitfrage irrelevant. Denn der Rentenanspruch aufgrund der vorzeitigen Pensionierung hatte ja gerade an Stelle der Übertragung des angesparten Vorsorgekapitals auf eine Freizügigkeitspolice und anschließenden Auszahlung bestanden.

Schließlich steht auch der Umstand, dass im Falle der Verfügung über das Vorsorgekapital in Form einer Rente diese zu reduzierten Umwandlungssätzen erfolgt wäre, der Annahme eines begünstigungsschädlichen Wahlrechts nicht entgegen. Denn zum einen kommt auch bei der Inanspruchnahme der Freizügigkeitsleistung nur das bis zum Austritt aus dem Vorsorgesystem angesparte und verzinste und damit im Vergleich zum Ausscheiden bei Erreichen des ordentlichen Pensionsalters geringere Altersguthaben zur Barauszahlung. Zum anderen liegt es im Wesen einer vorzeitigen Pensionierung, dass die Rentenzahlungen aufgrund der geringeren Beitragszeiten und dem längeren Pensionszahlungszeitraum geringer ausfallen als bei Pensionsantritt mit Erreichen des ordentlichen Pensionsalters. Beurteilte man diesen Umstand im Sinne der steuerlichen Vertretung der Bf., läge im Falle der vorzeitigen Pensionierung nie ein begünstigungsschädliches Wahlrecht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber eben, wie weiter oben ausgeführt, ausdrücklich klargestellt, dass bei der Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionierung kein Zwang zur Abfindung der Pensionsanwartschaft und damit kein Anwendungsfall des § 124b Z 53 EStG 1988 gegeben ist. Im Umstand der vergleichsweise geringer ausfallenden Rentenzahlungen bei vorzeitiger Pensionierung kann daher allenfalls ein zumutbarer finanzieller Nachteil, nicht aber ein unzumutbarer rechtlicher Nachteil gesehen werden.

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage, ob der Bf. für die an sie ausbezahlte Freizügigkeitsleistung die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG zustand oder nicht, wurde auf Basis der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist mit diesem Erkenntnis nicht verbunden und ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nichtzulässig.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100379.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at