Zulässigkeit der Abgabenerhöhung gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 für ein am 11.06.2008 im übrigen Gemeinschaftsgebiet erstmalig zugelassenes Fahrzeug
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen RA Dr. Christian Schöffthaler, Franz-Xaver-Renn-Straße 4/30, 6460 Imst, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 4/2013 zu Recht:
I)
Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO Folge gegeben. Die Normverbrauchsabgabe wird in Höhe von € 5.123,97 festgesetzt.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Innsbruck legte die Berufung vom (ab 2014 als Beschwerde zu behandeln) am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 4012 zur Erledigung zugewiesen.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde sie mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung 6022 übertragen.
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) reichte am die Erklärung über die Normverbrauchsabgabe für das von ihm am von der holländischen Firma D B.V. um einen Bruttopreis von € 38.750,00 (darin enthalten 21 % holländische Umsatzsteuer, Nettopreis € 32.024,79) gebraucht erworbene Fahrzeug Mercedes Benz 216 CL beim Finanzamt ein.
Das Finanzamt setzte die Normverbrauchsabgabe für 4/2013 mit Bescheid vom in Höhe von 16 % des Nettokaufpreises (= € 5.123,97) gem. § 6 NoVAG 1991, einem Malus gem. § 6a NoVAG 1991 in Höhe von € 2.180,45 und einem Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 in Höhe von € 1.460,88 (insgesamt somit € 8.765,30) fest.
Mit Schreiben vom erhob der BF Beschwerde gegen den angeführten Bescheid und beantragte die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe in Höhe von € 5.123,97. In der Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Abgabe gem. § 6 Abs 3, 2. Satz NoVAG 1991 höchstens 16 % betrage. Weiters wurde vorgebracht, dass § 6a NoVAG 1991 europarechts- und verfassungswidrig sei. Diesbezüglich wurde ein Kurzgutachten von Univ.-Prof. Dr. A zur Unionsrechtskonformität der Handhabung des § 6a NoVAG 1991 vorgelegt. Zudem wurde der Antrag gestellt, der Unabhängige Finanzsenat möge die aufgezeigten Verletzungen europarechtlicher Vorschriften dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gem. § 234 EG-Vertrag vorlegen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt und setzte die Normverbrauchsabgabe für 4/2013 gem. § 6 NoVAG 1991 in Höhe von 16 % des Nettokaufpreises (= € 5.123,97) und einem Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 in Höhe von € 1.024,79 (insgesamt somit € 6.148,76) fest. Der Malus gem. § 6a NoVAG 1991 sei aufgrund der Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeuges im übrigen Gemeinschaftsgebiet vor (Verweis auf das EuGH-Urteil "Ioan Tatu" C 402/09 vom ) nicht festzusetzen. Da die Normverbrauchsabgabe aber nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sei, sei der Zuschlag gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 festzusetzen (Verweis auf Europäische Kommission/Republik Österreich).
Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag beim Finanzamt ein.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Verfahrensgang/Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.
Der BF kaufte am von der holländischen Firma D B.V. das gebrauchte Fahrzeug Mercedes Benz 216 CL um einen Bruttopreis von € 38.750,00 (darin enthalten 21 % holländische Umsatzsteuer, Nettopreis € 32.024,79).
Das Fahrzeug wurde am erstmals in der Europäischen Union zugelassen.
Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und sind diese unstrittig.
Vor diesem Hintergrund können die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs 1 BAO an die Stelle des die angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes Innsbruck getreten ist.
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall ausschließlich die Anwendbarkeit des § 6 Abs 6 NoVAG 1991.
Nach § 6 Abs. 6 NoVAG 1991 in der für den gegenständlichen Zeitraum anzuwendenden Fassung erhöht sich die Normverbrauchsabgabe um 20%, wenn die Normverbrauchsabgabe nicht auch in die Bemessungsgrundlage einer anfallenden Umsatzsteuer einbezogen wurde.
Die Festsetzung eines Zuschlages nach § 6 Abs. 6 NoVAG 1991 ist nach , Weigel/Weigel im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeuges aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson nicht zulässig (; , 2001/14/0170; RV/1563-L/02), da diese Zusatzabgabe im Allgemeinen nur auf eingeführte Fahrzeuge und nur in Ausnahmefällen auf inländische Vorgänge erhoben wird. Grundlage für diese Entscheidung des EuGH war Art. 90 des EG-Vertrages, nach dem die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben erheben, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Diese Bestimmung soll eine vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten. In diesem Zusammenhang kam der EuGH dann zu dem Ergebnis, dass im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeuges aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson die Erhebung eines Zuschlags von 20% auf die Normverbrauchsabgabe zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen unionsrechtswidrig ist (vgl. ).
Die Festsetzung eines Zuschlages ist aus unionsrechtlichen Gründen nur bei einer Tatbestandsverwirklichung nach dem zulässig, da erst ab diesem Zeitpunkt die Festsetzung dieses Zuschlages nicht mehr diskriminierend wirkt. Nach dem , Komm/Ö, gehört die Normverbrauchsabgabe generell nicht mehr zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer und es ist auch bei allen innerstaatlichen Vorgängen bis zum Inkrattreten des AbgÄG 2014 der 20% Zuschlag nach § 6 Abs. 6 NoVAG 1991 zu verhängen (vgl. ).
Nach Auffassung der belangten Behörde sei in Umsetzung des , der 20-prozentige Erhöhungsbetrag nach § 6 Abs 6 NoVAG 1991 in sämtlichen Fällen des Eigenimports von Kraftfahrzeugen aus einem anderen Mitgliedstaat in das Inland im Zuge der Erhebung der Normverbrauchsabgabe anzuwenden.
Nach der Literatur dürfe für Gebrauchtfahrzeuge aus dem übrigen Unionsgebiet mit Erstzulassung vor Ergehen des kein Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe erhoben werden. Dies deshalb, weil ein in diesem Zeitraum in Österreich normverbrauchsabgabepflichtiges (Inlands-)Fahrzeug, welches unionsrechtlich den Vergleichsmaßstab für die zulässige Normverbrauchsabgabeerhebung bilde, ebenfalls nicht mit dem Normverbrauchsabgabe Zuschlag belastet wurde. Das EuGH-Urteil in der Rs Weigel/Weigel stehe der Erhebung eines Normverbrauchsabgabe-Zuschlages für Gebrauchtfahrzeuge aus dem übrigen Unionsgebiet mit Erstzulassung bis daher entgegen (vgl. Haller Normverbrauchsabgabegesetz2, § 6, Rz 79).
Aufgrund der obigen Ausführungen ist ein Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 nur bei einer Tatbestandsverwirklichung nach dem zulässig. Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass für den Zeitraum in dem ein Normverbrauchsabgabezuschlag auch bei Inlandslieferungen erhoben worden ist, ein Zuschlag auch für Gebrauchtfahrzeuge aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet zu erheben ist.
Für Inlandslieferungen wurde ab ein Zuschlag gem. § 6 Abs 6 NoVAG 1991 erhoben. Dies betrifft somit Gebrauchtfahrzeuge mit Erstzulassung im übrigen Gemeinschaftsgebiet zwischen und (Inkrafttreten des AbgÄG 2014).
Das vom BF erworbene Fahrzeug Mercedes Benz216 CL wurde am erstmals im übrigen Gemeinschaftsgebiet zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt wurde für Inlandslieferungen kein Zuschlag nach § 6 Abs 6 NoVAG 1991 erhoben.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Im gegenständlichen Fall wird von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) nicht abgewichen, weshalb gem. § 25 a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 6 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100083.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at