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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2022, RV/5101083/2016

Diebstahl eines privaten PKW - weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. Marion Riezinger, Grieskirchner Straße 9/4/3, 4600 Wels, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2013, elektronisch eingelangt am , beantragte die Beschwerdeführerin andere außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt (unter der Formularkennziffer 735) iHv Euro 13.800,00. Es handle sich hierbei um den Restwert des gestohlenen Privat-PKW der Beschwerdeführerin (Euro 13.100,00), sowie Kosten für einen Ersatz-PKW (Euro 700,00). Dieser PKW sei in der Nacht zum gestohlen worden, bevor die Beschwerdeführerin eine dienstliche Fahrt antreten habe können. Der Dieb wurde verurteilt und für schuldig befunden, einen Schadenersatz iHv Euro 13.100,00 zu leisten.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 erlassen, in dem der KFZ-Diebstahl, unter dem Hinweis auf Wiederbeschaffung untergegangener Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt worden ist.

Am langte eine Beschwerde gegen den Bescheid vom elektronisch beim Finanzamt ein. Die Beschwerdeführerin forderte, den Betrag von Euro 13.100,00 nun als Werbungskosten anzuerkennen. Begründend für die Berücksichtigung für Werbungskosten gab die Beschwerdeführerin an, dass der PKW Voraussetzung sei, um die berufliche (nichtselbständige) Tätigkeit als Betreuerin für Unternehmensgründer innerhalb Österreichs ausüben zu können. Die Beschwerdeführerin legte Reiseabrechnungen bei. Weiters verwies sie auf § 16 EStG 1988 iVm Rz 374 der Lohnsteuerrichtlinien, wo angeführt werde, dass im Falle des Eintretens eines Totalschadens im Zuge der beruflichen Verwendung, es zu einer Absetzung für außergewöhnliche technische Abnutzung komme. Sollten keine Werbungskosten geltend gemacht werden können, beantragte die Beschwerdeführerin im Sinne der Subsidiarität eine Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung. Auf einen Diebstahl treffe laut Beschwerdeführerin der Charakter von außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 34 EStG 1988 zu.

Darüber hinaus beantragte die Beschwerdeführerin Differenzwerbungskosten iHv Euro 348,54, da vom Arbeitgeber nicht das amtliche Kilometergeld und die Tagessätze bezahlt worden seien.

Am erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung in der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass der Diebstahl des privaten KFZ lediglich zu einem steuerlichen Abzug führen könne, wenn der Verlust bei einer beruflichen Verwendung eintrete. Kann die berufliche Verwendung des KFZ zum Zeitpunkt des Diebstahls nicht nachgewiesen werden, ist der Restbuchwert nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Eine eventuelle Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 würde ebenfalls keine Anwendung finden können.

Am erließ das Finanzamt einen berichtigten Einkommensteuerbescheid 2013 gemäß § 293 BAO, in dem die beantragten Differenzwerbungskosten iHv Euro 348,54 berücksichtigt wurden.

Am langte der Vorlageantrag beim Finanzamt ein. Die Beschwerdeführerin bezog sich dabei auf ihre bisherigen Ausführungen und argumentierte, dass im gegenständlichen Fall ein Katastrophenschaden vorliege. Das Argument des Katastrophenschadens sei insofern treffend, als das Wesen des Katastrophenschadens (ungewollt und nicht gebilligt und treten eher außergewöhnlich auf) dem des Diebstahls entspricht - auch dahingehend, dass es beim Katastrophenschaden meist mehrere Betroffene gebe und auch im gegenständlichen Fall der Dieb wiederholt Autos gestohlen habe.

Mit übermittelte das Finanzamt die Beschwerdevorlage und beantragte im Vorlagebericht die Abweisung der Beschwerde, da weder Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988 noch eine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 vorliegen würden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ist aus dem Verfahrensgang ersichtlich und besteht darin, dass der PKW der Beschwerdeführerin gestohlen worden ist. Der Autodieb wurde strafrechtlich verurteilt und er wurde vom Gericht zu einer Schadenersatzleistung iHv Euro 13.100,00 verpflichtet. Der PKW stand im Eigentum der Beschwerdeführerin, die ihr Auto auch für Dienstfahrten benützte. Die Beschwerdeführerin beantragt die steuerliche Berücksichtigung dieses Vermögensschadens (Restbuchwert) und damit zusammenhängende Aufwendungen (Miete für ein Ersatzfahrzeug) entweder als Werbungskosten oder in eventu als außergewöhnliche Belastung. Werbungskosten könnten es laut der Beschwerdeführerin deshalb sein, weil sie mit ihrem PKW auf Dienstreisen Kunden ihres Arbeitgebers besucht. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist ein Diebstahl einem Katastrophenschaden gleichzusetzen und somit könne ebenso eine außergewöhnliche Belastung vorliegen.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus dem Vorlagebericht des Finanzamts sowie den vorgelegten Akten eindeutig hervor.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der durch den PKW-Diebstahl eingetretene Vermögensverlust der Beschwerdeführerin samt Mietkosten für ein Ersatzauto bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten zum Abzug gebracht werden kann.

Der Verlust bzw. die Beschädigung privater Gegenstände, etwa eines PKW, kann lediglich in bestimmten Fällen zu einem steuerlichen Abzug (z.B. als Werbungskosten) führen. So kann eine steuerliche Berücksichtigung dann erfolgen, wenn der Verlust unmittelbar während einer beruflichen Verwendung eintritt (vgl. z.B. Unfall mit einem gelegentlich beruflich verwendeten PKW anlässlich einer Dienstfahrt). Auch bei einem Verlust eines privaten Wirtschaftsgutes im Rahmen einer Dienstreise (z.B. Diebstahl des notwendigen Reisegepäcks, Diebstahl eines PKW) ist eine steuerliche Berücksichtigung als Werbungskosten möglich (UFSK , RV/0026-K/06).

Derartige Verhältnisse liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. So wurde der in Rede stehende PKW unzweifelhaft weder während einer Dienstreise noch auf einer beruflichen Fahrt gestohlen. Die Beschwerdeführerin hatte ihr Auto zuhause geparkt und wollte am nächsten Tag mit ihrem PKW in die Arbeit fahren. Somit liegen auch keine abzugsfähigen Werbungskosten vor.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist, dass die Belastung außergewöhnlich ist (Z 1), zwangsläufig erwachsen ist (Z 2) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt wird (Z 3). Weiters darf die Belastung weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988). Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).

Gemäß § 34 Abs. 6 erster Teilstrich EStG 1988 können Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten abgezogen werden.

Eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung kommt nur dann in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 34, Rz 58; ).

Die außergewöhnliche Belastung ist als Einkommensermittlungsvorschrift konzipiert. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 1 EStG 1988 und den darin enthaltenen Verweis auf die Einkommensermittlung nach § 2 Abs. 2 EStG 1988. Mit dem Einkommen als Steuergegenstand will die Einkommensteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfassen. Je höher das disponible Einkommen, desto höher ist auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Entsprechend dem auch dem Einkommensteuergesetz zu Grunde liegenden Leistungsfähigkeitsprinzip ist unter Bedachtnahme auf das so genannte subjektive Nettoprinzip dafür zu sorgen, dass dem Steuerpflichtigen das zur Abdeckung des notwendigen Lebensbedarfes verfügbare Einkommen steuerfrei bleibt. Dies wird einerseits durch die Berücksichtigung des allgemeinen Existenzminimums im Rahmen der Tarifvorschriften (§ 33 EStG 1988) des Einkommensteuergesetzes gewährleistet und andererseits für Fälle besonderer Ausnahmesituationen, in die Steuerpflichtige bei ihrer Lebensführung geraten können, durch die Vorschriften über die außergewöhnliche Belastung (§§ 34, 35 EStG 1988). Belastungen die den Einzelnen zwangsläufig erwachsen, können nach dem subjektiven Nettoprinzip von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abgezogen werden (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 Abs. 1, Tz 1).

Die außergewöhnliche Belastung dient daher der Berücksichtigung von Aufwendungen der privaten Lebensführung, die das Einkommen eines Kalenderjahres belasten, bei der Erstellung des auf durchschnittliche Verhältnisse angelegten Einkommensteuertarifs aber unberücksichtigt bleiben. Es können daher nur Aufwendungen abgezogen werden, die das Einkommen des Steuerpflichtigen überverhältnismäßig belasten. Die Ausgaben müssen, weil sie zu Lasten der Allgemeinheit gehen, zwangsläufig erwachsen (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 34 Rz 1).

In aller Regel werden Aufwendungen als Geldleistungen erbracht, sie können aber auch in Sachleistungen bestehen, die dann entsprechend zu bewerten sind. Allerdings ist nicht jede Vermögensverminderung eine Aufwendung, sondern Einkommens- und Vermögensverwendung.

Reine Vermögensverluste, die ohne den Willen des Steuerpflichtigen eintreten (wie z.B. durch Diebstahl, Brand, Unfall, Kursverluste von Wertpapieren usw.) belasten nicht das Einkommen des Steuerpflichtigen und stellen daher keine außergewöhnliche Belastung dar, die unter Bedachtnahme auf das oben angesprochene Leistungsfähigkeitsprinzip bei der Bemessung der Einkommensteuer zu berücksichtigen ist (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 26 f, Tz 37).

Der Vermögensschaden den die Beschwerdeführerin durch den Diebstahl ihres PKW erlitten hat, stellt daher - mangels Belastung des Einkommens - von vornherein keine außergewöhnliche Belastung dar. Eine Steuerermäßigung kommt daher nicht in Betracht (). Insofern erübrigt sich auch die übrigen Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung näher zu prüfen.

Aber auch die in der Beschwerde angeführten Kosten für die Miete eines Ersatzfahrzeuges würde im gegenständlichen Fall zu keiner außergewöhnlichen Belastung führen. Aufwendungen, die zur Wiederbeschaffung untergegangener Wirtschaftsgüter des Privatvermögens getätigt werden, führen grundsätzlich zu keiner außergewöhnlichen Belastung (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 Abs. 1, Tz 2). Dies gilt beispielsweise idR auch für die Wiederbeschaffungskosten für durch Diebstahl des Reisegepäcks abhanden gekommene Kleidungsstücke (). Eine Zwangsläufigkeit von Aufwendungen unterstellt der Verwaltungsgerichtshof bei zerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung der zerstörten Wirtschaftsgüter nicht zuzumuten ist, wie dies beispielsweise bei der Zerstörung einer Wohnungseinrichtung durch Brand der Fall sein könnte ().

Soweit die Beschwerdeführerin den Vermögensschaden aus dem PKW-Diebstahl als Katastrophenschaden (ohne Selbstbehalt) geltend macht, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass auch bei Katastrophenschäden sämtliche allgemeinen Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 vorliegen müssen (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 34 Rz 58), die - wie bereits aufgezeigt - im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Abgesehen davon ist ein Autodiebstahl nicht als Katastrophe im Sinne der § 34 Abs. 6 EStG 1988 anzusehen. Zudem ist auch im Katastrophenfall nicht der Vermögensschaden an sich, sondern nur die das Einkommen belastenden Kosten zur Beseitigung der Katastrophenschäden abzugsfähig, zu denen auch Ersatzbeschaffungen der zur üblichen Lebensführung erforderlichen Gegenstände gehören (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 78, Stichwort: Katastrophenschäden, Pkt. 3).

Eine - wie im Vorlageantrag eingewendet - sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung gegenüber Vermögensschäden auf Grund von Diebstählen im gewerblichen Bereich vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu erkennen. Wirtschaftsgüter des Privatvermögens sind im Gegensatz zu den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens grundsätzlich nicht steuerhängig. Das bedeutet, es sind daher bei Wirtschaftsgütern des Privatvermögens weder Vermögensgewinne noch Vermögensverluste zu erfassen. Demgegenüber werden im betrieblichen Bereich sowohl Vermögensgewinne als auch Vermögensverluste erfasst.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der gegenständlichen Entscheidung war bloß einzelfallbezogen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 34 EStG 1988 zu beurteilen. Von der dazu ergangenen Rechtsprechung wurde nicht abgewichen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



-K/06
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101083.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at