Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2022, RV/7103299/2021

Zwangsstrafe: Herabsetzung der Höhe aufgrund berücksichtigungswürdiger Umstände

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Vors, den Richter R sowie die fachkundigen Laienrichter LR1 und LR2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Zwangsstrafe 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Monika Holub zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erinnerungsschreiben vom wurde die ***Bf1*** (FNr Nr., Beschwerdeführerin, i.d.F. Bf.) aufgefordert, eine gemäß § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (i.d.F. WiEReG) zu erstattende Meldung bis nachzuholen, widrigenfalls eine Zwangsstrafe i.H.v. € 1.000,- verhängt werde.

Da innerhalb der gesetzten Nachfrist keine Meldung erfolgte, wurde über die Bf. mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe verhängt. Zudem erging darin eine Aufforderung, die unterlassene Meldung bis nachzuholen, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe i.H.v. € 4.000,- festgesetzt werde.

In einer elektronischen Eingabe vom (FinanzOnline) wurde von der Bf. dargelegt, dass der Antrag ,WiEReG' binnen einer Woche nachgebracht werden würde.

Mangels erfolgter Meldung erging am vom Finanzamt Österreich der gegenständliche bekämpfte Bescheid, mit der eine Zwangsstrafe i.H.v. € 4.000.- verhängt wurde.
In der Begründung wird ausgeführt, dass eine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer i.S.d. § 5 WiEReG dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung diene, wobei die Behörde die Vornahme der Meldung gemäß § 16 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe (§ 111 BAO) erzwingen könne.

Die Meldung zum WiERe erfolgte am .

Mit Eingabe vom erhob die Bf. Beschwerde gegen den Bescheid vom .
Die Buchhalterin sei durch eine Corona-Erkrankung mit Intensivaufenthalt (im Spital) nicht in der Lage gewesen, die Meldung zu erstatten. Eine solche sei zwischenzeitig erfolgt. Es wurde beantragt, den Strafbetrag auch in Hinblick auf den coronabedingten Umsatzrückgang der Bf. zu erlassen.

Das Finanzamt forderte die Bf. mit Ersuchen um Ergänzung vom zur Stellungnahme bzw. Vorlage einer Bestätigung des Spitalsaufenthaltes auf.

Der Vorhalt blieb unbeantwortet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass seit dem ersten Erinnerungsschreiben ca. 8 Monate vergangen und auch ein zwischenzeitig ergangener Vorhalt des Finanzamtes unbeantwortet geblieben sei.

Mit Schreiben vom brachte die Bf. einen Vorlageantrag ein.
Der Geschäftsführer der Bf., Gf habe sofort nach Erhalt der Unterlagen diese am an die Steuerberaterin K, X Wien mit dem Auftrag, eine Meldung gemäß WiEReG zu erstellen, übermittelt.
Frau Knapp sei von Dezember 2020 bis April 2021 erkrankt gewesen. Das Büro habe keinerlei Entscheidungen, die ihr vorbehalten gewesen seien, treffen können.
Die Bf. sei mehrmals vom Lockdown betroffen gewesen (Betretungsverbot Gastronomie).
Beantragt wurde eine mündliche Verhandlung, eine Entscheidung durch den Senat sowie eine Aussetzung des Betrages i.H.v. € 5.000,-.
Dem Vorlageantrag wurden folgende Unterlagen beigelegt:
- Eine Aufenthaltsbestätigung von K von bis zur Pflege in der Klinik Hietzing.
- Ein Schreiben von K vom an das Finanzamt Österreich, worin sie ausführt, dass sie die Angelegenheiten der Bf. seit Jahren ,bearbeite' und alle Angaben und Berechnungen eingehalten worden seien.
Sie sei von Dezember 2020 bis Februar 2021 schwer erkrankt. Im Zuge eines Atemstillstandes sei eine bakterielle Lungenentzündung festgestellt und im KH Hietzing behandelt worden. Ihr leistungsloser Zustand habe bis Ende April 2021 angedauert. Ihre Kollegen seien nicht in der Lage gewesen, die Unterlagen ordnungsgemäß zu beantworten.
- Ein Ausdruck des WiEReG, wonach die Bf. eine Meldung am eingebracht hat.
- Eine Kopie des bekämpften Bescheides.

In der mündlichen Verhandlung wiederholt die Bf., dass ihre Buchhalterin schwer erkrankt gewesen sei und die Meldung raschestmöglich nachgeholt wurde. Es wurde darauf verwiesen, dass die Bf. ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen bisher eingehalten hat.
Die Vorsitzende verkündet im Anschluss das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Anwendungsbereich des WiErEG betrifft u.a. gemäß § 1 Abs. 2 Z 4 Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz im Inland.

§ 18 (1) WiEReG lautet:
Die Rechtsträger haben die Meldungen gemäß § 5 Abs. 1 erstmalig bis zum zu erstatten.

Gemäß § 6 Abs. 2 WiEReG sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemäß § 1 Abs. 2 Z 4 von der Meldung gemäß § 5 befreit, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind.

Änderungen in Bezug auf wirtschaftliche Eigentümer müssen gemäß § 5 WiEReG von den Betroffenen selbst binnen vier Wochen angezeigt werden.

Die gemäß § 5 WiEReG übermittelten Daten sind gemäß § 5a Abs. 6 für Zwecke der Verhinderung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung zu speichern.

§ 16 WiEReG lautet:
(1) Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.
(2) Zwangsstrafen gemäß Abs. 1 gelten als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO.

§ 111 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Folgender Sachverhalt wird der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:
- Die Bf. stand zunächst im Eigentum von D (10%) bzw. B (90%). Am (Eintragung in das Firmenbuch) fand ein Gesellschafterwechsel statt und die Bf. ging auf die Dx, mit Sitz in L, GBR (100%) als nunmehr alleinige Gesellschafterin über.
- Die Bf. wurde mit Erinnerungsschreiben vom aufgefordert, ihrer Pflicht zur Abgabe einer erstattenden Meldung an das WiEReG bis nachzukommen. Eine Zwangsstrafe i.H.v. € 1.000.- wurde angedroht.
- Mangels Meldung wurde mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe in der angedrohten Höhe verhängt. Die Bf. wurde darin neuerlich aufgefordert, die Meldung bis nachzuholen, widrigenfalls es zur Festsetzung einer weiteren Zwangsstrafe i.H.v. € 4.000.- käme.
- Der Bescheid blieb unbekämpft.
- Binnen der eingeräumten Frist wurde von Seiten der Bf. keine Meldung abgegeben.
- Am wurde mit Bescheid eine weitere Zwangsstrafe i.H.v. € 4.000,- verhängt, die den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens darstellt.

In der mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 277 Abs. 4 BAO die Entscheidung des Senates über die Beschwerde mündlich wie folgt verkündet:

,Der Beschwerde über die Festsetzung der Zwangsstrafe aufgrund Versäumung der Nachmeldefrist zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer der ***Bf1*** wird teilweise statt gegeben.

Begründung:

Infolge der unterlassenen Meldung über den Eintritt der Bfx als Gesellschafterin der Bf. im Oktober 2020 wurde die Bf. durch die Behörde erstmals im November 2020 erinnert diese Meldung nachzuholen.
Die angefochtene Zwangsstrafe iHv 4.000,00 wurde mit Bescheid vom (mit einer Nachfrist bis ) angedroht und mit Bescheid vom verhängt.

Aufgrund der wiederholten Fristversäumnis zur Meldung ist der Grad des Verschuldens angesichts der Untätigkeit der Bf. bzw. des gesetzlichen Vertreters als hoch zu bewerten.
Insgesamt betrug die Säumnis bis zur Durchführung der Meldung mehr als neun Monate.
Als erschwerend wird beurteilt, dass trotz Kenntnis der Säumnis aufgrund der behördlichen Erinnerungen, Festsetzung einer Zwangsstrafe und Nachfristen die fehlende Meldung nicht nachgeholt wurde, sondern erst im August 2021 nach Ergehen des nunmehr angefochtenen Bescheides erfolgte.

Die Begründung des Bf., die Erkrankung der Buchhalterin, die im April 2021 endete, ist nicht geeignet, diesen Umstand zu entkräften. Die Übertragung der Aufgabe befreit die Bf. bzw. den gesetzlichen Vertreter nicht von seinen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Erfüllung der gesetzlichen Meldepflicht.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Der verlangten Meldung kommt angesichts des Zwecks der Meldung, nämlich der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, hohe Bedeutung zu.

Hinsichtlich der Beurteilung der Höhe der Zwangsstrafe war festzustellen, dass sich die Bf. in den Vorjahren abgabenrechtlich korrekt verhalten hat. Steuererklärungen wurden fristgerecht eingebracht und erklärungsgemäß veranlagt.
Die Umsätze waren in den Jahren ab 2019 rückläufig, die Körperschaftsteuer wurde in den Vorjahren zumeist i.H.d. Mindestkörperschaftseuer bzw. unbedeutend höher festgesetzt.
Die abgabenrechtliche Bedeutung der verlangten Leistung ist in Bezug auf die festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse daher als gering einzustufen.

Die Zwangsstrafe wird daher im Sinne des Ermessens mit € 2.000,- festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den VwGH gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.'



Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine für eine ordentliche Revision erforderliche grundsätzliche Bedeutung war bei der gegenständlichen Sach- und Rechtslage auszuschließen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103299.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at