Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.07.2022, RV/1100105/2021

Rückzahlungsantrag eines Trägers der Mindestsicherung auf Basis der Legalzession nach § 324 Abs. 3 ASVG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Auszahlung eines Guthabens, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriges Verwaltungsverfahren und Sachverhalt

Mit dem am beim Finanzamt eingebrachten Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt Bf.) die Überweisung von 3.053,91 € auf ein auf ihren Namen lautendes Bankkonto. Begründend wurde ausgeführt, aufgrund der Abtretung (insbesondere Legalzession gemäß § 324 Abs. 3 ASVG, § 185 Abs. 3 GSVG, § 173 Abs. 3 BSVG, § 121 Abs. 3 B-KUVG sowie Abtretungserklärung) stünden 80% der auf die laufenden Pensions-/Rentenzahlungen für ***1*** entfallenden Abgabengutschrift (Steuerguthaben) dem Mindestsicherungsträger zu, soweit dieser Mindestsicherung für den Pflegeheimaufenthalt gewährt habe.

Mit Bescheid vom wurde der gegenständliche Antrag wegen fehlender Aktivlegitimation als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, Sozialhilfeträger seien nicht berechtigt, Anträge auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung oder Anträge auf Rückzahlung von Einkommensteuergutschriften beim Finanzamt zu stellen. Derartige Anträge seien zurückzuweisen, weil der einschreitende Sozialhilfeträger nicht Abgabenschuldner (§ 77 BAO) und nicht Partei des Abgabenverfahrens (§ 78 BAO) sei und es auch durch § 324 Abs. 3 ASVG iVm landesrechtlichen Sozialhilfevorschriften nicht werden könne. Allfällige Abgabenguthaben seien vom Finanzamt an den Abgabepflichtigen oder dessen gesetzlichen oder mit Geldvollmacht ausgestatteten gewillkürten Vertreter im Sinne der §§ 80 ff BAO auszuzahlen. Die Rückzahlung an eine andere Person oder Einrichtung käme nur auf Grund eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses gemäß § 154 AußStrG (Überlassung an Zahlungs statt) in Betracht.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom beantragte die Bf. die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der Auszahlungsanspruch bejaht werde und dem Auszahlungsantrag Folge gegeben werde. Begründend wurde ausgeführt, ***1*** habe während ihres Aufenthaltes im Pflegeheim ***2*** vom bis zu ihrem Todestag am von der Bf. Mindestsicherung erhalten. Im Jahr 2019 hätte aus Mitteln der Mindestsicherung monatlich rd. 2.600,00 € bis 3.100,00 € zugeschossen werden müssen, da die Einkünfte der Verstorbenen, bestehend aus einer Alterspension und Pflegegeld der Pensionsversicherungsanstalt, nicht zur Deckung der gesamten Kosten im Pflegeheim ausgereicht hätten. Der Aufwand der gewährten Mindestsicherung habe sich insgesamt auf 52.748,59 € belaufen.

Der OGH habe sich in seiner Entscheidung vom , 2 Ob 161/18t, erstmals unter dem Aspekt des § 330a ASVG mit der Definition von Vermögen und Einkommen auseinandergesetzt und zudem die Legalzession des § 324 Abs. 3 ASVG behandelt. Nach dieser Entscheidung sei das im Beschwerdefall nachträglich hervorgekommene Einkommensteuerguthaben nicht als Vermögen, sondern als Teil des Einkommens zu qualifizieren. Weiters habe der OGH ausgeführt, dass ein Steuerguthaben, das die in zeitlicher Kongruenz zur Unterbringung in einer in § 324 Abs. 3 ASVG genannten Einrichtung erbrachten Pensionseinkünfte betreffe, von der Legalzession (zu 80% der laufenden Einkünfte) erfasst werde. Da nach der im ASVG verankerten Legalzession im vorliegenden Fall 80% der laufenden Pension (ohne Sonderzahlungen) auf den Mindestsicherungsträger übergegangen seien, stünden diesem ebenfalls 80% des Steuerguthabens zu, soweit dieses die laufenden Pensionszahlungen betreffe. Der Anspruch auf diesen Anteil des Guthabens falle somit nicht in den Nachlass.

Die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides des Finanzamtes, wonach die Rückzahlung des Guthabens an eine andere Person oder Einrichtung nur aufgrund eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses gemäß § 154 AußStrG (Überlassung an Zahlungs statt) in Betracht komme, gehe daher völlig ins Leere.

Die zwischenzeitlich verstorbene ***1*** sei auch zu Lebzeiten nicht über das oben beschriebene Steuerguthaben im Ausmaß von 80% verfügungsberechtigt gewesen. Dieser Anteil am Steuerguthaben stünde dem Träger der Mindestsicherung ex lege zu. Es bedürfe dazu keines weiteren Gerichtsbeschlusses.

Der Bundesgesetzgeber habe durch diese Regelung den Trägern der Sozialhilfe auf Landesebene einen unmittelbaren Zugriff auf bestimmte Geldleistungen eröffnen wollen (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar, § 324 ASVG, Stand ).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, der Begriff der Rückzahlung eines Guthabens bedeute die Auszahlung an den Abgabepflichtigen selbst oder an eine von ihm zur Übernahme von Geld und Geldeswert bevollmächtigte Person, nicht jedoch die Auszahlung an andere Personen. Es erscheine in diesem Zusammenhang jedoch vertretbar, wenn auf Antrag des Abgabepflichtigen oder seines durch Geldvollmacht ermächtigten Vertreters die Auszahlung an dritte Personen erfolge. Schreite ein bevollmächtigter Vertreter für einen Antrag auf Rückzahlung ein, so genüge eine allgemeine Vollmacht, wenn die Rückzahlung auf ein Konto des Abgabepflichtigen erfolgen solle. Eine Geldvollmacht (§ 1008 ABGB) sei hingegen nötig, wenn die Rückzahlung auf ein Konto, das nicht dem Abgabepflichtigen gehöre, beantragt werde (vgl Ritz, BAO6, § 239 Rz 6 mwN).

Ein Antrag auf Rückzahlung von Guthaben sei nach den Abgabenvorschriften - unbeschadet der Regime der Stellvertretung und der Gesamtrechtsnachfolge - daher ausschließlich für Abgabepflichtige statthaft. Jenseits des § 239 BAO (abgesehen von den auf den gegenständlichen Fall nicht zutreffenden §§ 239a ff) existiere ein Auszahlungsanspruch nach den Abgabenvorschriften nicht. Eine Auszahlung an von Abgabepflichtigen verschiedenen Personen außerhalb der Stellvertretung bzw der Gesamtrechtsnachfolge sei in den Abgabenvorschriften ebensowenig vorgesehen und könne daher von der Abgabenbehörde nicht rechtswirksam verfügt werden. Der Sozialhilfeträger als Zessionar fungiere jedoch weder als Stellvertreter noch als Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen Abgabepflichtigen, weshalb die Zurückweisung des Antrags mangels Antragslegitimation rechtmäßig gewesen sei.

Soweit der Sozialhilfeträger vermeine, eine Legalzession berechtige ihn ohne Geldvollmacht der Gesamtrechtsnachfolgerin zur Antragstellung, sei anzumerken, dass die Zession auch dann eine privatrechtliche Verfügung darstelle, wenn sie ex lege zugunsten einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung erfolge. Eine Zession vermöge jedoch nicht, dergestalt in das öffentlich-rechtliche Abgabenschuldverhältnis einzugreifen, dass aus diesem resultierende Rechte und Pflichten auf den Zessionar (Neugläubiger) übergehen würden. Ein davon zu unterscheidender Abgabenguthabensrückzahlungsanspruch setze jedoch ein Guthaben auf dem Abgabenkonto voraus, und nicht bloß eine Einkommensteuergutschrift, welche etwa mit anderen auf demselben Abgabenkonto bestehenden Abgabenschuldigkeiten zwingend zu verrechnen wäre. Nur ein danach verbleibender Überling würde ein rückzahlbares Guthaben darstellen. Insofern sei die Rechtsansicht des Sozialhilfeträgers verfehlt, wonach der Zessionar in das dem Zedenten zustehende Recht eintreten könne, die Rückzahlung von Guthaben bzw. eines bestimmten Teils von Einkommensteuergutschriften zu beantragen. Vielmehr sei der Sozialhilfeträger als Neugläubiger mit seinem Bestreben auf Durchsetzung eines - im Hinblick auf die zahlreichen im Antrag genannten, konkurrierenden Anspruchsgrundlagen nach ASVG, GSVG, BSVG, B-KUVG sowie rechtsgeschäftliche Zession bzw. in der Beschwerde zusätzlich nach BPGG - allfälligen zedierten zivilrechtlichen Anspruchs gegen die Republik Österreich aus dem Titel der Legalzession auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Zur Anwendbarkeit des vom Sozialhilfeträger ins Treffen geführten Beschlusses des OGH zu 2 Ob 161/18t betreffend § 324 Abs 3 ASVG auf Guthaben aus Arbeitnehmerveranlagungen werde in der Literatur die Rechtsansicht vertreten, dass die Auslegung des § 324 Abs 3 ASVG durch den OGH unter anderem deshalb verfassungsrechtlich bedenklich sei, weil sie Aussagen zu Fragen treffe, deren Beantwortung nicht der Zivilgerichtsbarkeit, sondern der Verwaltung(sgerichtsbarkeit) zustünde (Gewaltenteilung). Gegenstand der Legalzession könnten nach dem klaren Wortlaut des § 324 Abs. 3 ASVG nur laufende Geldleistungsansprüche auf eine Pension oder Rente aus der Sozialversicherung sein. Zivilgerichtliche Urteile könnten für das Abgabenverfahren nach § 116 Abs 2 BAO grundsätzlich nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn im betreffenden Gerichtsverfahren bei der Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen vorzugehen gewesen sei. Dies treffe zwar auf das Außerstreitverfahren grundsätzlich zu, allerdings sei die Abgabenbehörde im Kontext eines derartigen zivilgerichtlichen Urteils nur an die im Spruch getroffenen Feststellungen gebunden, die im genannten Beschluss nur Fragen des Verlassenschaftsverfahrens betroffen hätten. Somit könne von einer bindenden Wirkung der Aussagen in der Begründung des zitierten OGH-Beschlusses für die Abgabenbehörde nicht ausgegangen werden (vgl Steffl, Abgabenverfahren, Verlassenschaftsverfahren und Sozialhilfe, Aktuelle Rechtsfragen in Zusammenhang mit Arbeitnehmerveranlagungen, AVR 1/2020, S 24).

Im fristgerecht am eingebrachten Vorlageantrag wurde kein neues Vorbringen erstattet.

Im Vorlagebericht vom führte das Finanzamt in seiner Stellungnahme ergänzend aus, die direkte Befassung der Abgabenbehörde durch einen aufgrund einer Legalzession anspruchsberechtigten Zessionar sei in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehen. Nach Ansicht der Abgabenbehörde wäre der zedierte Anspruch im Zivilrechtsweg durchzusetzen. Es werde darauf hingewiesen, dass aus dem in der Beschwerde zitierten (Punkt 5.), sowie aus dem (Punkt 6), hervorgehe, dass die Sozialhilfeträger die betreffenden Steuerguthaben selbst einzuziehen hätten. Das bedeute jedenfalls, dass die Abgabenbehörde nicht zuständig für derartige "Anträge" sei, sondern dass gegebenenfalls die Republik Österreich Adressat einer solchen Einziehung wäre. Zudem könnte nur auf diesem Wege die korrekte Höhe des Auszahlungsbetrags geklärt werden. Es könne nicht angehen, dass die Abgabenbehörde selbst zu ermitteln hätte, wie hoch der an den Zessionar zu bezahlende Betrag eines vom Abgabepflichtigen zedierten Teils eines Guthabensrückzahlungsanspruchs ausfalle.

Beweiswürdigung

Der geschilderte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Wird ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe oder auf Kosten eines Trägers der Jugendwohlfahrt in einem Alters(Siechen)heim oder Fürsorgeerziehungsheim, einer Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke, einer Trinkerheilstätte oder einer ähnlichen Einrichtung bzw. außerhalb einer dieser Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes oder auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege oder von einer kirchlichen oder anderen karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle verpflegt, so geht gemäß § 324 Abs. 3 ASVG für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, wenn der Renten(Pensions)berechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen hat, bis zu 50 vH dieses Anspruches auf den Träger der Sozialhilfe oder auf den Träger der Jugendwohlfahrt über; das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einer der genannten Einrichtungen oder auf einer der genannten Pflegestellen untergebracht wird, mit der Maßgabe, daß der vom Anspruchsübergang erfaßte Teil der Rente (Pension) auf das jeweilige Land übergeht. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich für jeden weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen um je 10 v. H. dieses Anspruches. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich in dem Maß, als der dem unterhaltsberechtigten Angehörigen verbleibende Teil der Pension (Rente) zuzüglich seines sonstigen Nettoeinkommens (§ 292 Abs. 3) den jeweils geltenden Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb nicht erreicht. Die dem Renten(Pensions)berechtigten für seine Angehörigen zu belassenden Beträge können vom Versicherungsträger unmittelbar an die Angehörigen ausgezahlt werden.

Gemäß § 15 Abs. 1 des Vorarlberger Gesetzes über Sozialleistungen für hilfsbedürftige Personen (Sozialleistungsgesetz - SLG) ist über die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe, deren Einschränkung und Entfall sowie über den Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe und Ersatzansprüche Hilfe leistender Dritter von der Bezirkshauptmannschaft im Verwaltungsweg zu entscheiden, soweit sich aus Abs. 2 nichts anderes ergibt.

Gemäß § 42 Abs. 1 des Vorarlberger Gesetzes über Sozialleistungen für hilfsbedürftige Personen (Sozialleistungsgesetz - SLG) ist über die Gewährung von Leistungen bei Unterbringung in stationären Einrichtungen, deren Einschränkung und Entfall sowie über den Kostenersatz für Leistungen bei Unterbringung in stationären Einrichtungen und Ersatzansprüche Dritter von der Bezirkshauptmannschaft im Verwaltungsweg zu entscheiden, soweit sich aus Abs. 2 nichts anderes ergibt.

Gemäß § 42 Abs. 2 erster Satz Vbg.-SLG obliegt die Gewährung von Leistungen zur Unterstützung in besonderen Lebenslagen und zur Unterstützung im Todesfall (§ 41 Abs. 3 zweiter Satz in Verbindung mit den §§ 13 und 14) sowie von Leistungen für hilfsbedürftige Personen zur Vermeidung von Härtefällen (§ 39 Abs. 5), deren Einschränkung und Entfall der Bezirkshauptmannschaft für das Land als Träger von Privatrechten.

Gemäß § 50 Vbg.-SLG ist das Land Träger der Sozialleistungen für hilfsbedürftige Personen und hat die Aufgaben nach diesem Gesetz, soweit sie nicht ausdrücklich den Gemeinden oder dem Sozialfonds übertragen sind, zu besorgen.

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

Gemäß § 77 Abs. 1 BAO ist Abgabepflichtiger im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt.

Gemäß § 78 Abs. 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag (§ 264) gestellt hat.

Gemäß § 78 Abs. 3 BAO haben andere als die genannten Personen die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Sind Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden oder übersteigen sie nicht den Wert von 5000 Euro oder tritt die Rechtsnachfolge nach dem maßgebenden Recht von Gesetzes wegen ein und sind keine Eintragungen in die öffentlichen Bücher erforderlich, so unterbleibt gemäß § 153 Abs. 1 Außerstreitgesetz (AußStrG) die Abhandlung, wenn kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird. Einer Verständigung bedarf es nicht.

Ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden, so hat das Gericht gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG auf Antrag denjenigen, deren Anspruch nach der Aktenlage bescheinigt ist, die Ermächtigung zu erteilen, das Verlassenschaftsvermögen ganz oder zu bestimmten Teilen zu übernehmen, dazu gehörende Rechte geltend zu machen oder aufzugeben, über erhaltene Leistungen rechtswirksam zu quittieren und Löschungserklärungen auszustellen.

Ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden, so hat das Gericht gemäß § 154 Abs. 1 AußStrG die Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft auf Antrag den Gläubigern zu überlassen, wenn nicht schon eine unbedingte Erbantrittserklärung oder ein Antrag auf Überlassung als erblos vorliegt und kein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren eröffnet wurde (Überlassung an Zahlungs statt).

Wie in der Beschwerde zutreffend unter Bezugnahme auf den , ausgeführt wurde, ist ein nachträglich hervorgekommenes Einkommensteuerguthaben nicht als Vermögen iSd § 330a ASVG, sondern als Einkommen zu qualifizieren. Zutreffend ist auch, dass ein Steuerguthaben, das die in zeitlicher Kongruenz zur Unterbringung in einer in § 324 Abs. 3 ASVG genannten Einrichtung erbrachten Pensionseinkünfte betrifft, von der Legalzession erfasst wird (wiederum ).

Zu klären ist aber, ob und wie das Land ***3*** seinen Ersatzanspruch durchsetzen kann.

Der Abgabenbehörde ist zuzustimmen, dass zur Stellung eines Rückzahlungsantrages gemäß § 239 BAO lediglich der Abgabepflichtige selbst, sein bevollmächtigter Vertreter sowie, im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge, der Rechtsnachfolger befugt ist (siehe dazu Ritz, BAO6, § 19 Tz 1ff und § 239 Tz 3ff samt der dort angeführten Judikatur).

Erfolgt nach dem Tod des Steuerpflichtigen eine Einantwortung, kann der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 547 ABGB einen Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens gemäß § 239 BAO stellen. Sofern es zu keiner Einantwortung kommt (beispielsweise bei einer überschuldeten Verlassenschaft oder wenn die Aktiven der Verlassenschaft den Wert von 5000 Euro nicht übersteigen) setzt die Verlassenschaft als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 546 ABGB die Rechtsposition des Verstorbenen fort. Die Verlassenschaft bedarf als juristische Person einer Vertretung. Wie der , dargelegt hat, obliegt die Vertretungsvorsorge für die Verlassenschaft ausschließlich dem Verlassenschaftsgericht, welches einem Gläubiger im vereinfachten Verfahren mit Beschluss gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG die Ermächtigung erteilen kann, namens der Verlassenschaft, also als deren Vertreter, Anträge bzw. Erklärungen bei Finanzbehörden zu stellen oder abzugeben. Der Vertreter laut Ermächtigungsbeschluss hat eine einem Verlassenschaftskurator vergleichbare Position. Der Intention des Gesetzgebers für Verlassenschaftsverfahren, die im Vorverfahren beendet werden sollen und ohne Abhandlung und Einantwortung erfolgen, entsprechend, handelt es sich um eine vereinfachte Form der Vertreterbestellung für jemanden, dessen Ansprüche sich schon aus der Aktenlage ergeben. In diesem Fall sollen dann auch keine zusätzlichen Gebühren anfallen (siehe dazu ; davon abweichend ).

Im Beschwerdefall hat die Bf. expressis verbis als Vertreterin des Landes ***3*** und nicht als - infolge einer Ermächtigung durch das Verlassenschaftsgericht - Vertreterin der Verlassenschaft einen Antrag auf Rückzahlung des Guthabens eingebracht. In einem solchen Fall ist - wie das BFG bereits mit Erkenntnis vom , RV/5100118/2022, judiziert hat - der Rückzahlungsantrag mangels Antragslegitimation als unzulässig zurückzuweisen (siehe dazu insbesondere Berger/Unterberger in BFGjournal 2022, 125, Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung durch einen gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG ermächtigten Sozialhilfeverband). Es bedarf der Durchführung eines Nachtragsverfahrens der Verlassenschaft (§ 183 AußStrG), wodurch die Ermächtigung nachträglich erteilt werden kann (Berger, Steuerguthaben und Arbeitnehmerveranlagung im Verlassenschaftsverfahren, iFamZ 2022, 51f; davon abweichend ).

Da somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, konnte der Beschwerde nicht Folge gegeben werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im gegenständlichen Verfahren zu beurteilende Rechtsfrage ist bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 154 Abs. 1 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 324 Abs. 3 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 78 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 153 Abs. 1 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 153 Abs. 2 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100105.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at