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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2022, RV/3100234/2019

Arbeitnehmerveranlagung: Kosten Hörgerät als außergewöhnliche Belastung - keine Geltung des vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen festgestellten Grades der Behinderung für das Vorjahr, wenn dies nicht ausdrücklich bescheinigt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin *** in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer xxx zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (folglich kurz Bf.) beantragte die Berücksichtigung von € 2.933,- für ein Hörgerät samt Zubehör als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt in seiner Arbeitnehmerveranlagung 2017.

Die zuvor angeführten Kosten fanden im Einkommensteuerbescheid 2017 keine Berücksichtigung. Die Abgabenbehörde führte begründend aus, dass der Selbstbehalt € 2.950,97 betrage und die niedrigeren Kosten als außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt werden können.

Mit fristgerechter Beschwerde ersuchte der Bf. um Berücksichtigung der oa. Kosten, da eine Behinderung vorliege. Beiliegend wurde die Rechnung vom , das Schreiben des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Landessstelle X (= folglich kurz BASB) vom samt beiliegendem Sachverständigengutachten vom und der am ausgestellte Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 % übermittelt.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung begründetete die Abgabenbehörde, dass es sich aus dem angeführten Gesetzestext des § 35 Abs. 2 EStG 1988 ergäbe, dass der Nachweis der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit nur durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Stelle erbracht werden könne. Die Bescheinigung des BASB sei für die Abgabenbehörde bindend. Andere Beweismittel lasse das Gesetz nicht zu. Eine Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung ohne Selbstbehalt sei daher für das streitgegenständliche Jahr 2017 nicht möglich.

Im fristgerechtem Vorlageantrag brachte der Bf. zusammengefasst vor, dass er erst im Jahr 2018 durch Zufall erfahren habe, dass man die Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung bei Vorliegen eines Behindertenpasses steuerlich geltend machen könne. Seit Mitte 2016 sei er bereits in Behandlung beim HNO-Arzt und habe zu Beginn des Jahres 2017 das Hörgerät tragen können. Er habe nie daran gedacht, dass man sich vom "Vater-Staat" etwas holen könne und habe zuvor auch nie davon gehört. Er appelliere an die Menschlichkeit, hoffe auf Verständnis und ersuche um positive Erledigung.

Die Abgabenbehörde legte den elektronischen Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Aufgrund der schriftlichen Anfrage des Bundesfinanzgerichtes vom beim BASB, ob eine rückwirkende Feststellung der Behinderung für das Jahr 2017 möglich wäre, teilte das BASB mit E-Mail vom mit, dass es keine rückwirkende Bestätigung für das Jahr 2017 ausstellen könne.

Die zuvor genannten Schreiben vom wurden den Parteien zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme durch den Bf. erfolgte per E-Mail vom . In dieser teilte der Bf. mit, dass der Gehörverlust durch ein Cholesteatom entstanden sei und es als schlimmes Ereignis angesehen werden könne. Er verstehe nicht, dass er nur 50 % Behinderung zugesprochen erhalten habe und ersuche um wohlwollende Erledigung.

Die Abgabenbehörde gab betreffen der übermittelten Schreiben keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. bezog im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (KZ 245) in Höhe von € 25.507,36 sowie sonstige Bezüge (KZ 220) in Höhe von € 4.760,24. Die Sozialversicherungsbeiträge der sonstigen Bezüge (KZ 225) betragen € 509,-.

Der Bf. kaufte mit Rechnungsdatum ein Hörgerät samt Zubehör in Höhe von € 2.933,-. Der Kassenanteil in Höhe von € 1.092,- wurde vom Rechnungsbetrag in Abzug gebracht.

Das BASB stellte dem Bf. am , aufgrund des Antrages des Bf. vom , einen unbefristet gültigen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% aus. Der Behindertenpass hat eine Gültigkeit ab . Laut Sachverständigengutachten vom , erstellt am , besteht ein Hörverlust rechts von 100 % und links vom 65 %. Dies ergibt einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50%.

Eine rückwirkende Bestätigung des Grades der Behinderung und Ausstellung einer Bestätigung der Feststellung einer Behinderung für das Jahr 2017 kann durch das BASB nicht erfolgen.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt, den im Verfahrensgang und Sachverhalt angeführten Schreiben und Unterlagen und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung. Darunter befinden sich insbesondere die Rechnung vom , das Schreiben des BASB vom samt beiliegendem Sachverständigengutachten vom in welchem der Gesamtgrad der Behinderung aufgrund des Audiogramms vom mit gesamt 50 % festgestellt wurde, der am ausgestellte Behindertenpass, sowie das E-Mail des BASB vom und des Bf. vom .

Im E-Mail des BASB vom wird in Beantwortung der schriftlichen Anfrage des Bundesfinanzgerichtes mitgeteilt, dass keine rückwirkende Bestätigung für das Jahr 2017 ausstellt werden kann. Im Akt gehe nicht hervor, ob der Gehörverlust aufgrund eines Ereignisses/Unfalles/Operation entstanden ist.

Mit E-Mail vom wurde vom Bf. mitgeteilt, dass der Gehörverlust durch ein Cholesteatom rechts entstanden ist und dass sehr wohl als schlimmes Ereignis angesehen werden kann.

Die Beantwortung von Vorhalten zählt zu Anbringen im Sinne von § 85 BAO, die nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH grundsätzlich nicht als E-Mail eingebracht werden können. Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. E-Mails sind zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes in freier Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

Für das Bundesfinanzgericht ist es nachvollziehbar, dass der Gehörverlust für den Bf. selbst, aus subjektiver Sicht, ein schlimmes Ereignis darstellt. Dass sich der Gehörverlust aufgrund eines Ereignisses, welches für die rückwirkende Zuerkennung einer Behinderung und Erstellung eines diesbezüglichen Gutachtens durch die BASB erforderlich ist, ergibt, geht für das BASB aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor.

Für das Bundesfinanzgericht ergibt aufgrund der Ausführungen des BASB - als zuständige Stelle für die Ausstellung von amtlichen Bescheinigungen - unzweifelhaft, dass eine rückwirkende Zuerkennung und Ausstellung einer Bestätigung des Grades der Behinderung für das streitgegenständliche Jahr 2017 durch das BASB nicht möglich ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I (Abweisung)

Strittig ist in gegenständlichen Fall, ob der Bf. die Aufwendungen für das Hörgerät inkl. Zubehör im Veranlagungsjahr 2017 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend machen kann, obwohl das Gutachten des BASB, welches den Grad und das Ausmaß der Behinderung des Bf. feststellt, und der ausgestellte Behindertenpass aus dem Jahr 2018 stammt.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

- sie muss außergewöhnlich sein,

- sie muss zwangsläufig erwachsen,

- sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

[…]

Letzteres ist nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 dann der Fall, wenn die Belastung einen u.a. nach dem Einkommen des Steuerpflichtigen berechneten Selbstbehalt übersteigt. Krankheitskosten erfüllen dem Grunde nach diese Voraussetzungen, allerdings ist in der Regel von diesen Kosten der Selbstbehalt abzuziehen.

Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens 7 300 Euro …………………6%. mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ……8%. mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ……10%. mehr als 36 400 Euro ………………………………12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt -wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht -wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt -für jedes Kind (§ 106).

[…]

Davon abweichend können nach der Bestimmung des § 34 Abs. 6 EStG 1988 gewisse Aufwendungen auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden.

[….[

-Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

-Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mitVerordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 EStG 1988:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen - durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3),- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe- )Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blinden¬zulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr 183/1947).- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach § 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

[…]

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

Die aufgrund der § 34 und 35 EStG 1988 ergangene Verordnung BGBl. 303/1996 in der Fassung BGBl. II Nr. 2010/430 lautet (auszugsweise) wie folgt:

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen - durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, [...] so sind die in den § 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. (2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit ( Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt. (3) Die Mehraufwendungen gemäß § 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen. […]

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.[…]

Für den gegenständlichen Fall bedeutet die folgendes:

Mit Schreiben vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt wurde. Der Behindertenpass wurde am mit einer Gültigkeit ab unbefristet ausgestellt.

Zur Feststellung der Tatsache der Behinderung, dem Ausmaß (Grad der Behinderung) und des Zeitpunktes der Behinderung wird in der einschlägigen Literatur folgendes ausgeführt:

Grundsätzlich erlaubt § 35 Abs. 5 iVm § 34 Abs. 6 Teilsatz 5 EStG 1988 die Geltendmachung tatsächlicher Kosten nur an Stelle des Freibetrags gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 (Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 35 Rz 21).

Die Feststellung, ob, ab wann und in welchem Ausmaß eine Person behindert ist, ist nicht von der Abgabenbehörde, sondern bindend von den in § 35 Abs. 2 EStG 1988 genannten Stellen zu treffen. Zuständig ist gemäß § 35 Abs. 2 letzter Teilstrich EStG 1988 im gegenständlichen Fall das BASB. Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland haben können bei der örtlich zuständigen Landesstelle einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses einbringen (Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 35 Rz 7).

Eine Bestätigung eines praktischen Arztes bzw. Amtsarztes oder Privatgutachten sind nicht ausreichend und können den gesetzlich ausdrücklich geforderten Nachweis nicht ersetzen. Die allgemeine Regel des § 166 BAO, wonach als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist, gilt daher hier nicht (Althuber/Schimmer in Hofstätter/Reichel (Hrsg),Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (62. Lfg 2016) zu § 35 EStG § 35 Rz 3 f).

Wie sich aus dem Gesetzestext (§ 35 Abs. 2 EStG 1988) unmissverständlich ergibt, kann der Nachweis der Behinderung und das Ausmaßes der Minderung der Erwerbsfähigkeit nur durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Stelle erbracht werden. Diese Bescheinigung ist für die Abgabenbehörden bindend. Andere Beweismittel lässt das Gesetz nicht zu.

Der Entscheidung der Abgabenbehörde sind die jeweils vorliegenden Daten zugrunde zu legen (). Eine rückwirkende Ausstellung eines Behindertenpasses ist grundsätzlich nicht möglich. Ist die Behinderung aber die Folge eines Ereignisses (Unfall, Operation, Spitalsaufenthalt), gilt der festgestellte Grad der Behinderung auch für steuerliche Zwecke rückwirkend bis zum Zeitpunkt des Ereignisses, wenn das Bundesamt die Behinderung rückwirkend festgestellt hat (siehe ; , RV/7105950/2017 ua.).

Das BASB teilte aufgrund der diesbezüglichen Nachfrage des Bundesfinanzgerichtes mit E-Mail vom mit, dass keine rückwirkende Bestätigung für das Jahr 2017 ausgestellt werden kann.

Die Feststellung des vom Bf. für einen vor dem Jahr 2018 liegenden Zeitraum kann weder durch die Abgabenbehörde noch durch das Bundesfinanzgericht vorgenommen werden, da die zitierten gesetzlichen Bestimmungen das nicht zulassen und die rückwirkende Geltung des Grades der Behinderung durch das BASB in gegenständlichen Fall nicht festgestellt werden kann.

Eine rückwirkende Berücksichtigung für das Jahr 2017, die vor dem in einer Bescheinigung der zuständigen Stelle nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 angegebenen Zeitraum liegt, ist wegen der Bindungswirkung an diese nicht möglich.

Daran vermag auch die Ausführung des Bf. er sei schon seit Mitte 2016 in Behandlung beim HNO-Arzt, habe seit Beginn 2017 ein Hörgerät, und das der Gehörverlust für den Bf. selbst als schlimmes Ereignis angesehen wird, nichts zu ändern.

Nachdem für das geforderte Jahr 2017 keine diesbezügliche amtliche Bestätigung des BASB vorliegt, hat die Abgabenbehörde zu Recht die Anerkennung der vom Bf. beantragten Kosten für das Jahr 2017 als unbegründet abgewiesen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Rechtsfolge bereits unmittelbar aus dem Gesetzestext. Es werden keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde nicht abgewichen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100234.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at