Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2022, RV/3100036/2022

Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens durch eine nicht legitimierte Person

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf****, vertreten durch die ***V***, ***Bf-Adr**** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Zurückweisung eines Rückzahlungsantrages, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom beantragte das ***Bf*** die Überweisung noch zu beziffernder Steuergutschriften auf ein näher bezeichnetes Bankkonto des ***Bf***. Das ***Bf*** habe aus Mitteln der Mindessicherung die nicht gedeckten Pflegekosten für Frau ***1*** übernommen. Die vom zuständigen Finanzamt festzustellenden Steuergutschriften für die Jahre 2019 und 2020 seien gemäß § 2 Abs. 22 des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes dem Einkommensbegriff zuzuordnen. 80 % des festzustellenden Steuerguthabens seien gemäß § 22 iVm § 43 Abs. 1 lit. a Tiroler Mindestsicherungsgesetz für geleistete Mindestsicherung (Pflegekosten) heranzuziehen. Zudem werde ausdrücklich auf die gesetzliche Bestimmung des § 324 ASVG (Legalzession) verwiesen.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom zurück. Gemäß § 19 BAO würden nur bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Im Hinblick darauf sei es nur einem Erben oder Miterben mit entsprechender Bevollmächtigung möglich Anträge im Abgabenverfahren betreffend der Verstorbenen zu stellen, insbesondere die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung oder die Rückzahlung von Abgabenguthaben gemäß § 239 Abs. 1 BAO zu beantragen.

Mit Wiedereinsetzungsantrag vom wurde dagegen gleichzeitig Beschwerde erhoben und unter Zitierung der diesbezüglichen Rechtsprechung des OGH vorgebracht, dass dem ***Bf*** Aktivlegitimation zukomme.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Ein Abgabenguthaben im Sinne des § 215 Abs. 4 in Verbindung mit § 239 Abs. 1, welches mangels bisheriger Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung überhaupt erst aufgrund einer postmortalen Antragstellung durch einen gerichtlich ermächtigten Verlassenschaftskurator oder erbantrittserklären Erben entstehen könnte, könne schon mangels zeitlicher Kongruenz mit der naturgemäß nur zu Lebzeiten der Verstorbenen bezogenen Mindestsicherung nicht von der in § 324 abs. 3 ASVG angeordneten Legalzession umfasst sein. Zur Stellung eines Rückzahlungsantrages im Sinne des § 239 Abs. 1 könne grundsätzlich nur ein im Sinne des § 239 Abs. 1 BAO dazu ermächtigter und bestellter Verlassenschaftskurator oder ein erbantrittserklärter Erbe berechtigt sein. Das ***Bf*** sei daher nicht antragslegitimiert.

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.

Im Beschwerdefall ist der an das ****Bf*** adressierte angefochtene Bescheid so zu deuten, dass dieser an das ***Bf*** ergangen ist. Zweifelhafte Angaben beim Bescheidadressaten sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) durch Auslegung zu erschließen. Im Beschwerdefall wollte das Finanzamt zweifelslos die bescheidmäßige Erledigung des als Antrag auf Rückzahlung (noch zu beziffernder) Steuergutschriften an das ***Bf*** als Träger der Sozialhilfe richten. Es ist daher bloß von einem Fehler in der Bezeichnung auszugehen, zumal das ***Bf*** selber davon ausgegangen ist, Bescheidadressat zu sein und eine Beschwerde erhoben hat (vgl. hierzu auch ).

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Zur Antragstellung ist somit der Abgabepflichtige berechtigt, auf dessen Namen das Abgabenkonto lautet (vgl. ). Im Falle des Todes wird die Verlassenschaft bis zur Einantwortung der Erbschaft durch die erbserklärten Erben bzw. erforderlichenfalls durch einen vom Gericht bestellten Verlassenschaftskurator vertreten.

Das ***Bf*** ist weder Abgabepflichtiger, noch Vertreter der Verlassenschaft. Dem ***Bf***, welches den Rückzahlungsantrag im eigenen Namen gestellt hat, kommt somit im Beschwerdefall keine Aktivlegitimation zu. Die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages mit Erledigung vom erfolgte daher zu Recht.

Soweit sich das ***Bf*** in diesem Zusammenhang auf die Legalzession im Sinne des § 324 Abs. 3 ASVG beruft, ist anzumerken, dass eine Abtretung eines Rückzahlungsanspruches ein vorhandenes Guthaben voraussetzt. Auf dem Abgabenkonto ist jedoch kein Guthaben ausgewiesen. Es liegt somit weder eine zedierbare Forderung, noch ein Aktivum der Verlassenschaft vor. Im Gegenteil, das Abgabenkonto weist einen Abgabenrückstand aus. Eine Veranlagung der Einkünfte für die Jahre 2019 und 2020 ist bisher nicht erfolgt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage zur Aktivlegitimation betreffend die Rückzahlung von Guthaben ist durch die Rechtsprechung ausreichend geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100036.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at