Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2022, RV/7400200/2016

Abstellen eines Fahrzeuges auf einem "Behindertenparkplatz" ohne Einlegen des Ausweises gemäß § 29b StVO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Werdertorgasse 14/4/14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien MA6 vom betreffend Vorschreibung einer Parkometerabgabe in Höhe von 34,00 € zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-****** vom , 10:30 Uhr bis , 17:30 Uhr, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 16., Gerunggasse 1, eine Parkometerabgabe in Höhe von 34,00 € vorgeschrieben. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Kurzparkzone in Wien 16., Gerunggasse 1, sei im Vorschreibungszeitraum verordnet und ordnungsgemäß durch Aufstellen der betreffenden Straßenverkehrszeichen kundgemacht gewesen. Aus einer Organstrafverfügung bzw. einer Anzeige von Parkraumüberwachungsorgangen gehe hervor, dass das Fahrzeug im genannten Zeitraum in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei. Es sei weder mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen noch seien elektronische Parkscheine aktiviert gewesen.

Nach Zitat der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, im Verwaltungsstrafverfahren habe das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/7501988/2014, zwar die von der Magistratsabteilung 67 ausgesprochene Ermahnung aufgehoben und das Verfahren eingestellt, in der Begründung aber ausgesprochen, dass der objektive Tatbestand gesetzt und die Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Lediglich aufgrund des geringfügigen Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Übertretung sei das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden.

Es habe aufgrund der fehlenden Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 die Verpflichtung bestanden, die Parkometerabgabe zu entrichten.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin aus, die Beschwerdeführerin sei von der Parkometerabgabe befreit, weil auf dem Behindertenparkplatz in Wien 16., Gerunggasse 1, ausschließlich das Fahrzeug der Beschwerdeführerin mit dem behördlichen Kennzeichen W-******, abgestellt werden dürfe.

Das in § 6 Abs. 1 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung genannte Erfordernis der Kennzeichnung des Fahrzeuges mit einem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 StVO 1960 erscheine im gegenständlichen Fall unsachlich und sohin verfassungswidrig, weil die Beschwerdeführerin ihr Fahrzeug in einer ausschließlich für sie verordneten Behindertenzone, die durch eine auf ihr Kennzeichen lautende Zusatztafel explizit auf ihr Fahrzeug beschränkt sei, abgestellt habe.

Der Nachweis über die die Voraussetzungen des § 29b Abs. 1 StVO 1960 erfüllende Behinderung der Beschwerdeführerin sei bereits durch die eigens für sie verordnete und ausschließlich auf ihr Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-****** lautenden Behindertenzone erbracht. Insofern erscheine eine zusätzliche Anbringung des Ausweises im gegenständlichen Fall unsachlich bzw. handle es sich beim Unterbleiben einer diesbezüglichen Ausnahmeregelung für kennzeichengebundene Behindertenparkplätze um eine planwidrige Gesetzeslücke, welche durch teleologische Interpretation zu schließen sei.

Im Rahmen einer sachlichen, verfassungsgemäßen Regelung des § 6 Abs. 1 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung bzw. der richtigen teleologischen Auslegung dieser Norm sei die Beschwerdeführerin von der Entrichtung der Parkometerabgabe befreit und habe folglich auch keine fahrlässige Parkometerabgabenverkürzung begangen.

Dass das Fahrzeug der Beschwerdeführerin nicht mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 StVO 1960 gekennzeichnet gewesen sei, sei daran gelegen gewesen, dass der Ausweis bei der mit dem Ehemann unternommenen Urlaubsreise nach Kroatien mitgenommen worden sei, um die dortigen Behindertenparkplätze benützen zu können. Die Ausstellung eines Ersatzdokumentes sei nicht vorgesehen.

Da auf dem Behindertenparkplatz in Wien 16., Gerunggasse 1, ausschließlich das Fahrzeug der Beschwerdeführerin mit dem behördlichen Kennzeichen W-****** abgestellt werden dürfe, wäre es dem Organ der Parkraumüberwachung und in späterer Folge der belangten Behörde durch Vergleich des Kennzeichens möglich gewesen, die Befreiung von der Parkometerabgabe zu erkennen.

Das Verwaltungsstrafverfahren sei mit Erkenntnis des , eingestellt worden. Mit den Ausführungen, es handle sich beim Verwaltungsstrafverfahren und beim Abgabenverfahren um zwei voneinander getrennte Verfahren und die Parkometerabgabe sei unabhängig davon zu entrichten, ob eine Verwaltungsübertretung begangen worden sei, übersehe die Behörde, dass die Beschwerdeführerin aus den oben angeführten Gründen von der Abgabepflicht befreit sei.

Selbst wenn eine Verkürzung der Parkometerabgabe durch die Beschwerdeführerin erfolgt sei, weil das mangelnde Verschulden irrelevant sei, sei es der belangten Behörde möglich, der Beschwerdeführerin Nachsicht für die Abgabenschulden gemäß § 236 BAO wegen Unbilligkeit der Einhebung zu gewähren.

Mit Schreiben vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und ausgeführt, die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung sei gemäß § 262 Abs. 3 BAO unterblieben.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1046 zur Entscheidung über die Beschwerde vom fußt auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom , mit welcher die gegenständliche Rechtssache der bisher zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen worden ist. Die Umverteilung trat mit in Kraft.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Ausweises gemäß § 29b StVO und Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-******.

Mit Verordnung der Magistratsabteilung 46, datiert mit , wurde eine Halte- und Parkverbotszone (Behindertenzone) wie folgt festgelegt:

"In Wien 16., Gerunggasse ONr. 1 ist in einer Länge von 7m (genau Lage gemäß beiliegender Planskizze) beginnend mit der bestehenden 1. Baumscheibe bzw. endend mit der bestehenden 2. Baumscheibe, ab Gallitzinstraße das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art verboten. Ausgenommen ist das Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen W-****** versehen mit dem Behindertenausweis gem. § 29 mit der Nummer: xxxxx zu Zahl: MA 15-II-***1*** ausgestellt von der Magistratsabteilung 15."

Das Fahrzeug der Beschwerdeführerin war in der Zeit vom , 10:30 Uhr, bis , 17:30 Uhr, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 16., Gerunggasse 1, abgestellt. Zur Tatzeit war das Fahrzeug weder mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet, noch eine Parkgebührenbefreiung durch sichtbare Hinterlegung des § 29b StVO Ausweises in der Form eines Originalausweises nachgewiesen.

Dass das Kraftfahrzeug von der Beschwerdeführerin zur Tatzeit am Tatort ohne gültig entwerteten Parkschein abgestellt war und ohne sichtbare Hinterlegung des § 29b StVO Ausweises, wird von ihr nicht bestritten.

Von Organen der Parkraumüberwachung wurde das Abstellen des Fahrzeuges ohne gültig entwertete Parkscheine bzw. ohne elektronisch aktivierte Parkscheine beanstandet, das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren wurde vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/7501688/2014, wegen geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung eingestellt.

Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den aktenkundigen Unterlagen und ist unbestritten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 29b StVO 1960 lautet:

"Menschen mit Behinderungen

§ 29b. (1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

(1a) (Verfassungsbestimmung) Die Ausfolgung und Einziehung eines Ausweises gemäß Abs. 1 kann unmittelbar durch Bundesbehörden besorgt werden.

(2) Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 dürfen

  1. auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Halten und Parken verboten" oder eine nicht unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 1 lit. p) ein Halte- und Parkverbot kundgemacht ist,

  2. entgegen der Vorschrift des § 23 Abs. 2 über das Abstellen eines Fahrzeuges am Rand der Fahrbahn

mit dem von ihnen selbst gelenkten Fahrzeug oder mit einem Fahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten.

(3) Ferner dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern,

  1. auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Parken verboten" oder eine unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 3 lit. a) ein Parkverbot kundgemacht ist,

  2. in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung,

  3. auf Straßen, für die ein Parkverbot, das gemäß § 44 Abs. 4 kundzumachen ist, erlassen worden ist, und

  4. in einer Fußgängerzone während der Zeit, in der eine Ladetätigkeit vorgenommen oder die Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a befahren werden darf,

parken.

(4) Beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a hat der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 gelten auch für Inhaber eines Ausweises, der von einer ausländischen Behörde oder Organisation ausgestellt worden ist und der im wesentlichen einem Ausweis nach Abs. 1 entspricht.

(6) Ausweise, die vor dem ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom , BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit . Ausweise, die nach dem ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig."

Gemäß § 43 Abs. 1 lit d StVO hat die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung für Menschen mit Behinderungen, die wegen ihrer Behinderung darauf angewiesen sind, das von ihnen selbst gelenkte Kraftfahrzeug oder ein Kraftfahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung oder ihrer Arbeitsstätte oder in unmittelbarer Nähe von Gebäuden, die von solchen Personen in der Regel häufig besucht werden, wie etwa Invalidenämter, bestimmte Krankenhäuser oder Ambulatorien, Sozialversicherungseinrichtungen u. dgl., oder in unmittelbarer Nähe einer Fußgängerzone abstellen zu können, Straßenstellen für die unbedingt notwendige Zeit und Strecke zum Abstellen der betreffenden Kraftfahrzeuge durch ein Halteverbot freizuhalten.

Der Gesetzgeber ging bei Einführung der Bestimmung des § 43 Abs. 1 lit d StVO davon aus, dass es der Mangel an Parkplatz im dicht verbauten Gebiet Personen mit starker Gehbehinderung vielfach unmöglich macht, in der Nähe ihrer Wohnung oder ihrer Arbeitsstätte eine geeignete Parkmöglichkeit zu finden; sie müssten daher oft unzumutbar weite Wege gehen. Die Behörde soll aus diesem Grund mit der vorgesehenen Verordnungsermächtigung die Möglichkeit erhalten, für Kraftfahrzeuge Personen mit starker Gehbehinderung im notwendigen Ausmaß Parkraum freizuhalten (ErläutRV 23 BlgNR 14. GP 27).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein "Behindertenparkplatz" auch für ein bestimmtes Kraftfahrzeug unter Angabe des Fahrzeugkennzeichens auf einer Zusatztafel auf Grund der gesetzlichen Bestimmung des § 43 Abs. 1 lit. d StVO rechtlich zulässig verordnet werden, was die Erlassung eines generellen Verbotes, ein anderes Fahrzeug dort abzustellen, bedeutet ().

Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

Entsprechend der Bestimmung des § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, nicht zu entrichten, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.

Der Bestimmung des § 29b Abs. 4 StVO und des § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist.

Die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren und damit die Vermeidung eines Verkürzungsdeliktes ist somit unabdingbar an das Einlegen des Behindertenausweises im Original geknüpft. Entspricht eine Person, die im Besitz eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO ist, nicht diesem Gebot, so hat sie damit die Möglichkeit vertan, das Fahrzeug ohne Entrichtung von Parkgebühren abzustellen.

Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass Kurzparkzonen nicht durch Stellen, für welche eine weitergehende Verkehrsbeschränkung (etwa nach § 24 Abs. 1 und 3 StVO) gilt, unterbrochen werden ().

Der Verordnungsgeber knüpft für die Parkgebührenpflicht an das Sachverhaltselement eines als Kurzparkzone bezeichneten Gebietes an, ohne auf die konkreten straßenverkehrsrechtlichen Rechtsfolgen in Bezug auf bestimmte Stellen dieses Gebietes abzustellen. Die Abgabepflicht kann somit auch für Bereiche von Halte- und Parkverbotszonen in Kurzparkzonen bestehen (vgl. ; und , mwN).

Ein gebührenpflichtiges Abstellen liegt deshalb auch dann vor, wenn innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein Kraftfahrzeug an einer Stelle abgestellt wird, an welcher nach anderen Bestimmungen das Parken oder das Halten und Parken verboten ist.

Der Umstand, dass es sich um einen in einer Kurzparkzone gelegenen, für die Beschwerdeführerin reservierten Behindertenparkplatz gehandelt hat, ist nicht relevant, weil eine Kurzparkzone nur dann unterbrochen wird, wenn das Fahrzeug rechtmäßig abgestellt ist (vgl Zl 81/87/0168 und , Zl 84/17/0076).

Das war aber nicht der Fall, da das Fahrzeug ohne Anbringung des Ausweises abgestellt war. Der Ausweis ist nach § 29b Abs. 4 StVO für das Parken an gemäß § 43 Abs. 1 lit d StVO freigehaltenen Straßenstellen (wozu auch Behindertenparkplätze eingeschränkt auf ein bestimmtes Kennzeichen zählen, vgl Zl 94/02/0489) bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar anzubringen.

Insbesondere kann nur durch das Hinterlegen eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO (im Original) sichergestellt werden, dass das Abstellen eines Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone iZm dem Lenken eines solchen Fahrzeuges durch den Behinderten selbst oder iZm einer Beförderung einer gehbehinderten Person steht. Wenn - wie hier - der Behindertenausweis nicht entsprechend angebracht ist, wird die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe nicht wirksam. Die Parkometerabgabe wäre daher zu entrichten gewesen.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, eine zusätzliche Anbringung des Ausweises im gegenständlichen Fall sei unsachlich bzw. handle es sich beim Unterbleiben einer diesbezüglichen Ausnahmeregelung für kennzeichengebundene Behindertenparkplätze um eine planwidrige Gesetzeslücke, welche durch teleologische Interpretation zu schließen sei, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Eine Lücke ist nur dort anzunehmen, wo das Gesetz - gemessen an der mit seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie - unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechtes als beabsichtigt anzusehen ().

Die Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall einerseits eine Behindertenzone mit einem Halte- und Parkverbot für das Fahrzeug der Beschwerdeführerin eingerichtet worden ist (wobei in der Verordnung selbst ausdrücklich geregelt ist, dass das Fahrzeug der Beschwerdeführerin mit dem polizeilichen Kennzeichen W-****** versehen mit dem Behindertenausweis gem. § 29b mit der Nummer: xxxxx zu Zahl: MA 15-II-***1*** von diesem Halte- und Parkverbot ausgenommen ist) und sich andererseits diese Behindertenzone in einer flächendeckenden Kurzparkzone befindet: Für die Befreiung von der Parkometerabgabe ist in § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung ausdrücklich vorgesehen, dass der Behindertenausweis gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe eingelegt ist, weil die Befreiung nur greifen soll, wenn das Fahrzeug von Inhabern eines Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder im Fahrzeug der Inhaber eines Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960 befördert wird. Durch die Vorschrift, dass die Befreiung nur in diesen beiden Fällen eintritt, wird verhindert, dass Parkausweise gemäß § 29b StVO missbräuchlich verwendet werden.

Das Bestehen einer Lücke ist daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu verneinen, weil die Bestimmung - gemessen an der mit ihrer Erlassung verfolgten Absicht und ihrer immanenten Teleologie - nicht unvollständig, also nicht ergänzungsbedürftig ist.

Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Innerhalb dieser Schranken ist es dem Verordnungsgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen. Eine solche sachliche Rechtfertigung lässt sich für die Bestimmung des § 6 lit g Wiener Parkomterabgabeverordnung erkennen, weil der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass mit der gut sichtbaren Hinterlegung des Parkausweises gemäß § 29b StVO 1960 kundgetan wird, dass entweder der Inhaber selbst das Fahrzeug abgestellt hat oder dass der Inhaber mit dem Fahrzeug befördert worden ist. Damit ist ausgeschlossen, dass die Befreiungsvorschrift gleichzeitig für das abgestellte eigene Fahrzeug des Inhabers des Parkausweises und für ein anderes Fahrzeug, in dem der Inhaber des Parkausweises befördert wird, anwendbar ist. Eine Kennzeichnung der Fahrzeuge mit dem Original des Ausweises führt daher zum Ergebnis, dass die Befreiung nur einmal gewährt werden kann.

Ein Gesetz bzw. eine Verordnung ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein/ihr Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Nicht jede Härte im Einzelfall, die eine einheitliche Regelgun mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetz-/Verordnungsgeber muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl. VfSlg 11.616/1988, 14.694/1996, 16.361/2001, 16.641/2002). Der Gesetz-/Verordnungsgeber darf nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen; dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz/die Verordnung nicht gleichheitswidrig (VfSlg 11.615/1988, 14.841/1997).

Dem Bundesfinanzgericht ist bewusst, dass in der Tatsache, dass bei Abstellen des eigenen Fahrzeuges in der für das Kennzeichen des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin geschaffenen Behindertenzone, die sich in einer flächendeckenden Kurzparkzone befindet, für die Befreiung von der Parkometerabgabe der Originalparkausweis gemäß § 29b StVO 1960 gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe eingelegt werden muss, im Einzelfall zu einer Härte führt. Wie aber bereits oben ausgeführt, ist es dem Verordnungsgeber gestattet, eine Durchschnittsbetrachtung anzustellen. Für den durchschnittlichen Inhaber eines Parkausweises wird aber nicht ein Halte- und Parkverbot für das auf den Inhaber zugelassenen Fahrzeuges per Verordnung eingerichtet.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die vorliegende Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 6 Abs. 1 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 262 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400200.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at