Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.10.2022, RV/7101478/2016

Verpachtung eines Geschäftlokals, Kündigungsgrundes des § 30 Abs. 2 MRG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Gebühren gemäß § 33 TP 5 GebG, ErfNr. ***123***, Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Die Gebühr wird gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG iVm § 200 Abs. 2 BAO endgültig festgesetzt mit € 192.051,11 (1% einer Bemessungsgrundlage iHv € 19.205.110,80).

Soweit durch dieses Erkenntnis ein Mehrbetrag der Abgabe festgesetzt wird, ist dieser Betrag (€ 64.006,31) gemäß § 93a BAO iVm § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monats nach Zustellung des Erkenntnisses fällig.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am schloss die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge Bf.) als Verpächterin mit der B als Pächterin einen Pachtvertrag über ***TOP*** im ***Gebäude***. Zusätzlich wurden noch zwei Räumlichkeiten unterhalb der Rolltreppen zur Nutzung für Nebenräume, die in der Miet- und Nebenkostenberechnung außer Ansatz bleiben, übergeben.
Die Verpachtung erfolgt zum Betrieb eines Handelsgewerbes mit Waren aller Art. Der Pächter ist jedoch auch berechtigt, im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit Dienstleistungen und sonstige Serviceleistungen, sowie auch notwendige kleine Erzeugungstätigkeiten auszuüben.
Der Pächter darf den Pachtgegenstand nur im Rahmen des Vertragszweckes nutzen.

Der Vertrag wurde mit Schreiben vom dem Finanzamt angezeigt.

Mit Gebührenbescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Bf. für den gegenständlichen Pachtvertrag eine Rechtsgebühr gem. § 33 TP 5 GebG iHv € 128.044,80 vorläufig fest und führte in der Begründung aus, dass die vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten bei der Vertragsdauer zu berücksichtigen gewesen wären. Als Bemessungsgrundlage wurde der monatliche Gesamtpachtzins laut § 3 des Vertrages für 216 Monate (=18 Jahre) herangezogen.

Gegen den Gebührenbescheid vom wurde am Beschwerde eingebracht. In dieser bringt die Bf. im Wesentlichen vor, dass ein unbefristeter Pachtvertrag vorliege, sodass sich die Rechtsgeschäftsgebühr nach dem 3-fachen Jahreswert richte und vorläufig € 21.340,80 betragen hätte müssen. Nach § 2 Abs. 2 des Pachtvertrages stehe dem Verpächter ungeachtet der vereinbarten Befristung das Recht zu, bei Vorliegen von folgenden Kündigungsgründen das Pachtverhältnis vorzeitig unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten aufzukündigen:
"a) Kündigungsgründe analog §§ 30 und 31 MRG
b) dringender Eigenbedarf des Verpächters oder eines sonstigen Unternehmers des
***Y*** zur Erfüllung der im ***a*** vorgesehenen Aufgaben, wobei in diesem Falle die vom Pächter getätigten Investitionen im Ausmaß der offenen Abschreibungen zu ersetzen sind
c) Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung und Fristsetzung"
Die Vereinbarung der Kündigungsgründe des Mietrechts hätte im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausgereicht, um einen Vertrag von unbestimmter Dauer anzunehmen. Umso mehr als die Vertragspartner sogar noch über alle Kündigungsgründe des MRG hinausgehende Kündigungsgründe vorgesehen hätten.
Dies gelte auch dann, wenn ein seinem Kündigungsregime nach als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen zu qualifizierender Vertrag durch einseitige Erklärung einer Partei zu gleichen Konditionen, insbesondere wie im vorliegenden Fall unter Fortgeltung des bisherigen Kündigungsregimes, verlängert werden könne.
Auch sei verfehlt, zur Bemessungsgrundlage im Ausmaß des 18-fachen Jahreswertes auf § 15 Abs. 1 BewG anstatt die autonome Bewertungsvorschrift des § 13 TP 5 Abs. 3 iVm § 26 GebG zu verweisen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass gegenständlicher Pachtvertrag laut Punkt § 2 (1) auf bestimmte Dauer (10 Jahre + Optionsrecht bis = 20 Jahre) abgeschlossen worden sei. Dem Verpächter stehe jedoch laut Punkt § 2 (2) das Recht zu, das Pachtverhältnis bei Vorliegen folgender Kündigungsgründe vorzeitig aufzukündigen
a) Kündigungsgründe analog §§ 30 und 31 MRG
b) …
c) …
Die vertraglich vereinbarte analoge Anwendung der §§ 30 und 31 MRG sei nicht mit der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG - wie sie der Gerichthof in seiner Rechtsprechung fordere - gleichzusetzen. Analog bedeute "ähnlich", "entsprechend". Durch die Beifügung des Adjektivs "analog" sei aber klargestellt, dass auf den vorliegenden Pachtvertrag das Mietrechtsgesetz nicht anwendbar sei.
Das Recht der Verpächterin auf vorzeitige Aufkündigung des Vertrages sei sohin auf einzelne, im Vertrag vereinbarte Kündigungsgründe eingeschränkt und sei der Vergebührung gemäß § 15 Abs. 1 BewG die bestimmte Dauer von 18 Jahren zu Grunde zu legen.

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Im Vertrag sei keinesfalls eine Einschränkung im Hinblick auf die Kündigungsgründe gemäß § 30 MRG vorgenommen worden. Da § 30 MRG nicht normativ gelte, wäre naturgemäß anzuführen, dass die Kündigungsgründe analog § 30 MRG gelten. Angesichts der Nichtanwendung des MRG sei jedenfalls keine Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten im Verhältnis zu einem Mietvertrag, der dem MRG unterliegt und bei dem sämtliche Kündigungsgründe des MRG herangezogen werden könnten, gegeben. Die einschlägige Judikatur sei daher zu beachten gewesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin beantragte das Finanzamt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, und brachte im Wesentlichen vor, dass die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes primär auf die Miete von Wohnraum abstelle. Gewisse Kündigungsmöglichkeiten seien selbst bei sinngemäßer Anwendung auf den vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete zwischen zwei Gesellschaften nicht anwendbar. Es verblieben einzelne wenige Kündigungsgründe, womit allerdings nicht alle Kündigungsgründe vereinbart worden seien. Aus der Vertragsgestaltung ergebe sich ein Interesse beider Vertragspartner an einer langfristigen Verpachtung.

In der Ladung zur mündlichen Verhandlung ersuchte das Bundesfinanzgericht die Bf. um Übermittlung der bis dato tatsächlich gezahlten Pachtzinse und Betriebskosten.

Mit E-Mail vom übersandte der steuerliche Vertreter der Bf. eine Aufstellung der bisherigen tatsächlichen Zahlungen.

Mit E-Mail vom übermittelte die Richterin eine Berechnung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG unter Zugrundelegung einer unbestimmten (3 Jahre) und einer bestimmten Dauer von 18 Jahren des Bestandsvertrages.

In der mündlichen Verhandlung am verwiesen der steuerliche Vertreter der Bf. und die Vertreterin des Finanzamtes im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen und stellten die Berechnung der Gebühr außer Streit.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am schloss die Bf. als Verpächterin mit der B als Pächterin einen Pachtvertrag über ***TOP*** mit 1.968,48 m2 und drei Nebenräumen im Ausmaß von 59, 30,2 und 31 m2 im ***Gebäude***. Zusätzlich werden noch zwei Räumlichkeiten unterhalb der Rolltreppen zur Nutzung für Nebenräume, die in der Miet- und Nebenkostenberechnung außer Ansatz bleiben, übergeben.
Die Verpachtung erfolgt zum Betrieb eines Handelsgewerbes mit Waren aller Art. Die Pächterin ist jedoch auch berechtigt, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Dienstleistungen und sonstige Serviceleistungen, sowie auch notwendige kleine Erzeugungstätigkeiten auszuüben.
Die Pächterin darf den Pachtgegenstand nur im Rahmen des vereinbarten Verpachtungszweckes nutzen.

Der Pachtvertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"§ 2 Beginn, Ende, Kündigung

  1. Das Pachtverhältnis beginnt am und endet ohne Kündigung am . Der Pächter hat das Recht, den Pachtvertrag durch einseitige Erklärung bis zu verlängern. Diese Erklärung muss mittels eingeschriebenem Brief erfolgen und ist nur wirksam, wenn sie dem Verpächter bis spätestens zugeht.

  2. Dem Verpächter steht ungeachtet der vereinbarten Befristung das Recht zu, bei Vorliegen folgender Kündigungsgründe das Pachtverhältnis vorzeitig unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten aufzukündigen:
    a) Kündigungsgründe analog §§ 30 und 31 MRG
    b) dringender Eigenbedarf des Verpächters oder eines sonstigen Unternehmens des
    ***Y*** zur Erfüllung der im ***a*** vorgegebenen Aufgaben, wobei in diesem Falle die vom Pächter getätigten Investitionen im Ausmaß der offenen Abschreibungen zu ersetzen sind
    c) Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung und Fristsetzung

§ 3 Entgelt

  1. Das Entgelt setzt sich zusammen aus dem Pachtzins und den Betriebskosten. Der Verpächter macht von seinem Wahlrecht gemäß § 6 Abs 2 UStG 1994 Gebrauch, sodass sich alle Beträge um die gesetzliche Umsatzsteuer erhöhen.

  2. Der vom Pächter zu bezahlende jährliche Pachtzins beträgt 3,25% des Jahresnettoumsatzes. Ungeachtet des tatsächlichen Umsatzes ist der Pächter verpflichtet, einen monatlichen Mindestpachtzins in der Höhe von EUR 40.000,00 zu entrichten. Als Nettoumsatz ist der im Betrieb des jeweiligen Pachtgegenstandes erzielte Umsatzerlös nach Abzug von Skonti und Umsatzsteuer aus dem Verkauf und der Nutzungsüberlassung von Erzeugnissen und Waren sowie aus Dienstleistungen zu verstehen.

  3. Der Pächter ist verpflichtet, monatlich und zwar jeweils bis zum 20. des Folgemonats eine Meldung über die Summe der tatsächlich gemachten Nettoumsätze des vorangegangenen Monats zu übermitteln. …

  4. Werden Meldungen unterlassen, können die Umsätze nicht einwandfrei festgestellt werden oder entstehen aufgrund von durchgeführten Kontrollen Bedenken gegen die Richtigkeit der durch den Pächter übermittelten Meldungen, steht dem Verpächter das Recht zu, den Umsatz zu schätzen. Dies erfolgt gegebenenfalls unter Verwendung von valorisierten Vorjahresdaten.

  5. Der Pächter verpflichtet sich, monatlich gleich bleibende Pachtzins-Akontobeträge zu bezahlen. Die Festlegung der Höhe des Akontobetrages ist dem Verpächter vorbehalten, wobei diese unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des vorangegangenen Kalenderjahres ermittelt wird.

  6. Der Verpächter wird jährlich aufgrund der vom Pächter vorgelegten Umsatzmeldungen eine Jahresabrechnung durchführen. …

  7. Der Pachtzins, welcher ab jeweils am 1. eines jeden Monats im Vorhinein unter Einhaltung eines 5-tägigen Respiros auf ein vom Verpächter bekannt zu gebendes Konto zur Anweisung zu bringen ist, besteht aus

  8. PachtzinsakontoEUR 40.000,00
    Betriebskostenpauschale
    EUR 9.400,00
    -------------------
    EUR 49.400,00
    20% Umsatzsteuer
    EUR 9.880,00-------------------
    Zahlungsbetrag
    EUR 59.280,00

§ 10 Weitergabe

  1. Der Pächter ist berechtigt, seine Rechte aus diesem Vertrag an sämtliche Unternehmen innerhalb seines Konzerns, sowie auch an künftige in den Konzern einzugliedernde bzw. innerhalb des Konzern neu errichtete Unternehmen, auch wiederholt, abzutreten und/oder den Pachtgegenstand ganz oder teilweise innerhalb eines Konzerns unterzuvermieten oder Unternehmen innerhalb seines Konzerns entgeltlich oder unentgeltlich die Mitbenutzung des Pachtgegenstandes zu gestatten, ohne dass sich deshalb der Pachtzins ändert. Gleiches gilt bei rechtlicher und/oder wirtschaftlicher Veränderung innerhalb des Pächters oder dessen (Groß-) und Muttergesellschaften, solange er eine Konzerngesellschaft des ***X***-Konzerns bleibt.

  2. Jede sonstige Art der Weitergabe des Pachtgegenstandes an natürliche oder juristische Personen ausgenommen die Fälle des Absatzes 1, sei es ganz oder teilweise, entgeltlich oder unentgeltlich, durch Unterbestandgabe, Übertragung eines Unternehmens (Unternehmensveräußerung oder -verpachtung, etc) oder durch Gründung einer Gesellschaft bzw. Eintritt in eine solche unter Einbringung des Pachtvertrages ist nicht gestattet. Alle derartigen Umstände werden ausdrücklich als Kündigungsgründe vereinbart.

  3. Alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen unwiderruflich auf die Rechtsnachfolger der Vertragsparteien über. Im Falle eines Eigentumswechsels auf Seiten des Verpächters ist dessen Verpflichtung, seinem Rechtsnachfolger das vorliegende Pachtverhältnis zur Kenntnis zu bringen und ihn zur Erhaltung aller darin dem Verpächter obliegenden Verbindlichkeiten zu verpflichten.

  4. Alle derartigen Umstände werden ausdrücklich als Kündigungsgründe vereinbart.

An Pachtzins und Betriebskosten wurden die in der Berechnungbeilage angeführten Beträge von der Verpächterin an die Pächterin gezahlt.

Beweiswürdigung

Zu den Sachverhaltsfeststellungen gelangte das Bundesfinanzgericht durch Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile, insbesondere dem Pachtvertrag und dem Vorbringen der Parteien.
Die Sachverhaltsfeststellungen wurden daher gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen.

Der Berechnung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG wurden die von der Bf. übermittelten tatsächlichen Zahlungen zugrunde gelegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG ist für Bestandsverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen eine Gebühr von 1 v.H. zu entrichten.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft entrichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

§ 30 Mietrechtgesetz (kurz MRG) lautet:

"(1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."

§ 31 MRG lautet:

(1) Benötigt der Vermieter oder ein Miteigentümer des Hauses, der wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist, einzelne Teile eines Mietgegenstandes für sich oder für Verwandte in gerader Linie dringend, so kann er den Mietvertrag in Ansehung dieser Teile aufkündigen, wenn der restliche Teil des Mietgegenstandes abgesondert benutzbar ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden kann und zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters und der schon bisher mit ihm im gemeinsamen Haushalt darin wohnenden eintrittsberechtigten Personen oder zur Besorgung seiner Geschäfte ausreicht. Die hiefür erforderlichen Kosten hat mangels anderweitiger Vereinbarung der Vermieter zu tragen.

(2) Im Rechtsstreit auf Grund von Einwendungen gegen eine Aufkündigung kann auf Antrag die Kündigung hinsichtlich einzelner Teile des ganz aufgekündigten Mietgegenstandes oder anderer als der vom Vermieter in Anspruch genommenen Teile als wirksam erkannt, hinsichtlich der übrigen aber aufgehoben werden, wenn der Kündigungsgrund nicht hinsichtlich des ganzen Mietgegenstandes gegeben ist und eine abgesonderte Benutzung der entstehenden Teile des Mietgegenstandes möglich ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten möglich gemacht werden kann. Die Bestimmung des Abs. 1 über die Kosten findet Anwendung.

(3) Wird eine Kündigung nur hinsichtlich eines Teiles des Mietgegenstandes als wirksam erkannt, so steht es dem Mieter frei zu erklären, daß er den Mietvertrag auch hinsichtlich des restlichen Teiles des Mietgegenstandes nicht fortsetzen will. Eine solche Erklärung ist, um rechtsgültig zu sein, ohne Verzug nach Rechtskraft des Urteils gegenüber dem Vermieter abzugeben; der Mietvertrag endet dann hinsichtlich des ganzen Mietgegenstandes an dem Tage, der sich für den wirksam gekündigten Teil aus dem Urteil ergibt. Muß der restliche Teil des Mietgegenstandes erst abgesondert benutzbar gemacht werden, so hat der Mieter dem Vermieter den diesem zugesprochenen Teil erst zu übergeben, wenn der ihm verbleibende Teil abgesondert benutzbar gemacht ist. Die erforderlichen Arbeiten hat der Mieter zu gestatten. Dies ist im Urteil auszusprechen

(4) In Fällen der in den vorhergehenden Absätzen bezeichneten Art hat der Mieter für den verbleibenden Teil des Mietgegenstandes einen Mietzins zu entrichten, der gegenüber dem bisher entrichteten Mietzins angemessen vermindert ist. Entsteht darüber Streit, so kann der Vermieter oder der Mieter bei Gericht den Antrag auf Entscheidung stellen.

(5) Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß, wenn der Vermieter, der den Mietgegenstand mit Einrichtungsgegenständen vermietet hat, die Einrichtungsgegenstände oder einzelne von ihnen dringend benötigt, desgleichen für Nebenräume, wie Keller- oder Dachbodenräume, oder Nebenflächen, wie Terrassen, Hausgarten, Abstell- oder Ladeflächen, die mit einer Wohnung, einem Wohnraum oder einer sonstigen Räumlichkeit mitvermietet worden sind.

(6) Überdies kann auch der Mieter die Miete von mitgemieteten Nebenräumen oder Nebenflächen aufkündigen, wenn die aufgekündigten Nebenräume oder Nebenflächen abgesondert benutzbar sind oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden können. In diesen Fällen hat die für die Abtrennung erforderlichen Kosten mangels anderweitiger Vereinbarung der aufkündigende Mieter zu tragen."

1. Unbestimmte oder bestimmte Dauer des Pachtvertrages

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Pachtvertrag auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen wurde.

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (zB als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich (vgl. ; ).

Das Unterscheidungmerkmal zwischen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsparteien durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht (vgl. ).

Während die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt, vermögen ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandsverhältnis nicht aufzuheben (vgl. ).

Was eine Beschränkung aller Kündigungsgründe auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ; ; und 0112 mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. und 0112; ; ; ).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann ().

Im gegenständlichen Fall wurde der Pachtvertrag auf einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschlossen. Die Pächterin hat das Recht, den Pachtvertrag durch einseitige Erklärung um weitere zehn Jahre zu verlängern. Die Verpächterin kann das Pachtverhältnis vorzeitig aus den Kündigungsgründen analog §§ 30 und 31 MRG, dringenden Eigenbedarf oder Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung und Fristsetzung und vertragswidriger Weitergabe des Pachtgegenstandes den Vertrag kündigen.

Die Bf. wendet ein, dass nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Anführung aller Kündigungsgründe des Mietrechts ein Vertrag von unbestimmter Dauer vorliege. Da § 30 MRG nicht normativ gelte, wäre naturgemäß anzuführen gewesen, dass die Kündigungsgründe analog § 30 MRG gelten.

Zunächst ist festzuhalten, dass es unerheblich ist, ob das MRG dezidiert auf einen Bestandvertrag anwendbar ist oder nicht, denn es steht den Vertragsparteien iSd Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen.

Dem Einwand, dass bei Anführung aller Kündigungsrechte des Mietrechtes ein Vertrag von unbestimmter Dauer vorliege, ist die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass, wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen kann, dass von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen ist.

Die Anführung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG in einem Vertrag bedeutet somit nicht, dass in allen Fällen von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen ist. Der gesamte Vertragsinhalt ist einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, die ergeben kann, dass von den Vertragsparteien eine zeitlich konkret begrenzte Bestanddauer gewollt ist, die bei vertragsgetreuem Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach auch erreicht wird.

Zu den Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ist auszuführen:

§ 30 Abs. 2 Z 1 MRG (Mietzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteilige Nutzung des Bestandgegenstandes), Z 4 (Untervermietung) und Z 7 (vertragswidrige Verwendung) kommen nicht zur Anwendung, da diese Kündigungsgründe in der ausschließlichen Sphäre des Bestandnehmers liegen und somit jeglichem Einfluss der Bestandgeberin entzogen sind (vgl. ).

§ 30 Abs. 2 Z 2 MRG kommt nicht zur Anwendung, da das Entgelt für den Pachtgegenstand nicht in einer Dienstleistung besteht.

§ 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG scheiden aus, da diese auf die Vermietung von Wohnraum abstellen und im gegenständlichen Fall der Pachtgegenstand ausschließlich zum Betrieb eines Handelsgewerbes mit Waren aller Art verpachtet wird.

§ 30 Abs. 2 Z 9 MRG regelt den Eigenbedarf für sich oder für Verwandte in gerader Linie. Juristische Personen können grundsätzlich den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes geltend machen, doch nur unter der Voraussetzung, dass sie die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes dringend benötigen werden und die vorliegende unabweisliche Notwendigkeit nur durch Aufkündung des Bestandsverhältnisses erreicht werden kann. Es muss sich dabei um einen Bedarf der juristischen Person selbst handeln (vgl. , mwN). Dies erscheint bei der Verpachtung eines Geschäftslokales im ***Gebäude*** kaum vorstellbar.

§ 30 Abs. 2 Z 10 MRG scheidet aus, da der Mietgegenstand zu Geschäftszwecken und nicht zur Unterbringung von Arbeitern und sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt ist.

§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG ist nicht anwendbar, da es sich bei der Bestandnehmerin um keine Gebietskörperschaft handelt.

§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, worauf es im gegenständlichen Fall keinen Hinweis gibt.

§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG sieht die Möglichkeit der Vereinbarung weiterer Kündigungsgründe vor und ist somit kein eigenständiger Kündigungsgrund.

§ 30 Abs. 2 Z 14 MRG setzt voraus, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Da der Pachtgegenstand in keinem Mietshaus gelegen ist, scheidet dieser Kündigungsgrund aus.

Ebenso bezieht sich § 30 Abs. 2 Z 15 MRG (Abtragung, Umbau) auf ein Mietshaus und kommt somit als Kündigungsgrund ebenso nicht in Frage.

§ 30 Abs. 2 Z 16 MRG kommt nicht zur Anwendung, da es sich beim Mietgegenstand um keine "Wohnung der Ausstattungskategorie D" handelt.

§ 31 MRG regelt die Teilkündigung bei Eigenbedarf und spielt ebenso wie § 30 Z 9 MRG (siehe oben) im vorliegenden Fall inhaltlich keine Rolle.

Im gegenständlichen Pachtvertrag wurden weiteren Kündigungsgründe vereinbart. Der Verpächter kann gemäß § 2 Abs. 2 lit b bei dringenden Eingebbedarf des Verpächters oder eines sonstigen Unternehmens des ***Y*** zur Erfüllung der im ***a*** vorgegebenen Aufgaben, wobei in diesem Fall die vom Pächter getätigten Investitionen im Ausmaß der offenen Abschreibungen zu ersetzen sein und gemäß § 2 Abs. 2 lit c bei Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung und Fristsetzung kündigen; darüber hinaus bei vertragswidriger Weitergabe und/oder Untervermietung gemäß § 10 des Pachtvertrages.
Alle diese weiteren Kündigungsgründe sind entweder auch schon durch § 30 Abs. 2 MRG abgedeckt und/oder stellen auf ein schuldhaftes Verhalten der Pächterin ab und sind somit dem Einfluss der Verpächterin entzogen. Die Kündigungsgründe kommen daher nicht in Frage.

Nach dem Gesamtbild sind die der Verpächterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, so dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Pachtvertrages äußerst gering und von den Parteien - unter normalen Umständen - keinesfalls beabsichtigt ist.

Es liegt somit - entgegen der Ansicht der Bf. - ein beiderseitiger Kündigungsverzicht und somit ein Pachtvertrag auf bestimmte Dauer vor.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter der Bf. Sittenwidrigkeit des Verweises des Finanzamtes auf die neue Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und Bundesfinanzgerichtes vor, weil bei einer Entscheidung der Behörde innerhalb der verfahrensrechtlich vorgesehenen Fristen eine andere Judikatur zu beachten gewesen wäre. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht geändert hat, sondern diese ergänzt wurde (vgl. Lehner/Schaffer in Bergmann/Pinetz, GebG, 2. Aufl., § 33 TP 5 Rz 202).
Auch betreffen die den neuen Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde liegenden Sachverhalte Bestandsverträge, welche im Zeitraum wie der gegenständliche Pachtvertrag abgeschlossen wurden.
Darüber hinaus bestehen im Verfahrensrecht Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung, die nicht wahrgenommen wurden.

2. Vertragsdauer/Ausübung des Optionsrechtes:

Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Der steuerliche Vertreter der Bf. wendete in der mündlichen Verhandlung ein, dass für den Fall, dass von bestimmter Vertragsdauer auszugehen sei, von einer Vertragsdauer von 10 Jahren auszugehen sei, da gemäß § 2 Abs. 1 des Pachtvertrages das Pachtverhältnis nach 10 Jahren ohne Kündigung ende und die Pächterin das Recht habe, den Pachtvertrag durch einseitige Erklärung um weitere 10 Jahre zu verlängern.

Dem ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten: eine Vertragsverlängerung durch "Optionsausübung" bedeute nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert, und dass eine solche Bedingung nach § 26 GebG zu behandeln ist, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (vgl. ua ; ; ; ).

Es liegt somit ein Bestandsvertrag auf bestimmte Dauer von 20 Jahren vor.

3.Berechnung Rechtsgeschäftsgebühr:

Gemäß § 17 Abs. 3 GebG sind die wiederkehrenden Leistungen bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch mit dem 18-fachen des Jahreswertes.

Es war daher im gegenständlichen Fall der 18-fache Jahreswert heranzuziehen.

Zur Berechnung der Bemessungsgrundlage von € 19.205.110,80 und Rechtsgeschäftsgebühr iHv € 192.051,11 wird auf die Beilage verwiesen.

Die Berechnung wurde von beiden Verfahrensparteien außer Streit gestellt.

Da die Ungewissheit der tatsächlichen Pachtzinse und Betriebskosten bereits weggefallen ist, wird die Gebühr gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig festgesetzt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung und liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 Abs. 2 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101478.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at