Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.11.2022, RV/3100676/2020

Keine Energieabgabenvergütung für Dienstleistungsbetriebe ab 2/2011

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., vertreten durch die Schwaiger & Partner Steuerberatung, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes F vom und betreffend Abweisung eines Antrages auf Vergütung von Energieabgaben für den Zeitraum Februar bis Dezember 2011, das Kalenderjahr 2012, das Kalenderjahr 2013 und das Kalenderjahr 2014, Steuernummer abc, zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Abgabepflichtige führt einen Hotelbetrieb. Mit Anträgen vom , , und begehrte er die Vergütung von Energieabgaben für die Kalenderjahre 2011, 2012, 2013 und 2014.

2. Mit Bescheid vom wies das Finanzamt F die Anträge des Abgabepflichtigen auf Vergütung von Energieabgaben für den Zeitraum Februar bis Dezember 2011, das Kalenderjahr 2012 und das Kalenderjahr 2014 als unbegründet ab (Abweisungsbescheid). Mit Bescheid vom wies das Finanzamt F weiters den Antrag des Abgabepflichtigen auf Vergütung von Energieabgaben für das Kalenderjahr 2013 als unbegründet ab (Abweisungsbescheid). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Vergütung von Energieabgaben (EnAbgVergG) idF Budgetbegleitgesetz 2011 (BudBG 2011), BGBl. I Nr. 111/2010, ein Anspruch auf die Vergütung von Energieabgaben nur für Betriebe bestehe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liege und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 EnAbgVergG genannten Energieträgern erzeugt worden sei, lieferten.

Bis zum BudBG 2011 hätten auch die sog. "Dienstleistungsbetriebe", deren Tätigkeitsschwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liege, einen Anspruch auf Energieabgabenvergütung gehabt. Die Frage, ob bzw. ab wann die mit dem BudBG 2011 vorgesehene Einschränkung des Vergütungsanspruchs auf sog. "Produktionsbetriebe" gelte, habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0041, beantwortet und entschieden, dass die mit dem BudBG 2011 normierten Änderungen des EnAbgVergG mit in Kraft getreten seien. Damit bestehe für sog. "Dienstleistungsbetriebe" für Zeiträume ab dem (nach dem ) kein Anspruch mehr auf Energieabgabenvergütung.

Da auch im vorliegenden Fall der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des antragstellenden Betriebs nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liege, könne für Zeiträume ab dem (nach dem ) keine Energieabgabenvergütung mehr gewährt werden.

3. Gegen die Abweisungsbescheide vom und erhob der Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerden. Die Abweisung sei dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2016/15/0041, gefolgt. In der (näher bezeichneten) Literatur werde die Auffassung vertreten, dass hier noch verfassungsrechtliche Überlegungen nötig sein werden. Inzwischen sei beim Verfassungsgerichtshof unter der Geschäftszahl E 1720/2020 ein Verfahren bezüglich der angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken anhängig.

§ 4 Abs. 7 EnAbgVergG lege das Inkrafttreten der Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe mit - vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission - fest. Da zu diesem Zeitpunkt eine Genehmigung der Europäischen Kommission nicht vorgelegen sei, habe das Gesetz nicht in Kraft treten können. Ein möglicher späterer Termin für das Inkrafttreten sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Art. 18 Bundes-Verfassungsgesetz normiere, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden dürfe. Um das Inkrafttreten der Norm auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wäre eine Gesetzesänderung notwendig gewesen, die gemäß § 3 Bundesgesetzblattgesetz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen gewesen wäre. Da bis heute keine Gesetzesänderung erfolgt sei, sei die Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, bislang nicht in Kraft getreten.

Bei der Interpretation von Gesetzen - im vorliegenden Fall des Begriffes der Genehmigung - seien die Auslegungsgrundsätze gemäß §§ 6 ff ABGB zu beachten. Grenze jeder Auslegung sei der Wortlaut. Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom , Ro 2016/15/0041, meine, in der Veröffentlichung einer Beihilfenregelung durch die Kommission könne eine Art der Genehmigung durch die Kommission erblickt werden, wie sie § 4 Abs. 7 EnAbgVergG verlange, würden die Grenzen der Auslegung überschritten werden. Der Gesetzgeber habe sich für den Genehmigungsvorbehalt entschieden. Wäre die Veröffentlichung ausreichend gewesen, hätte der Gesetzgeber einen Veröffentlichungsvorbehalt wählen können.

In der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , B 321/12, sei es vorrangig um eine mögliche Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegangen. Da nun aber Verstöße gegen das Legalitätsprinzip gemäß Art. 18 Bundes-Verfassungsgesetz vorgebracht werden, könne die Beschwerde nicht unter Hinweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom abgewiesen werden.

Der Abgabepflichtige stellte daher den Antrag, die verfassungsrechtlichen Bedenken aufzugreifen und die Energieabgabenvergütung für den Zeitraum Februar bis Dezember 2011 sowie für die Kalenderjahre 2012 bis 2014 wie beantragt zu gewähren.

4. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt F die gegenständlichen Beschwerden vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) führt einen Dienstleistungsbetrieb (Hotelbetrieb), dessen Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht. Für diesen Betrieb beantragte er die Vergütung von Energieabgaben für die Kalenderjahre 2011, 2012, 2013 und 2014.

2. Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und steht unbestritten fest. Streitpunkt des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Rechtsfrage, ob und wann die Änderung des EnAbgVergG durch das BudBG 2011, nämlich die Einschränkung des Vergütungsanspruches auf Produktionsbetriebe, wirksam in Kraft getreten ist.

III. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Vergütung von Energieabgaben (EnAbgVergG) in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011 (BudBG 2011), BGBl. I Nr. 111/2010, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

§ 2 Abs. 2 Z 1 EnAbgVergG in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung lautet:

"Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen."

Gemäß § 4 Abs. 7 EnAbgVergG idF BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, sind die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

IV. Erwägungen

Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner Entscheidung () - nach Befassung des Europäischen Gerichtshofes im Vorabentscheidungsweg (, Dilly's Wellnesshotel (II)) - unter Berufung auf seine bisherige ständige Rechtsprechung zum Ergebnis gekommen, dass die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 normierten Änderungen des EnAbgVergG mit in Kraft getreten sind. Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehegt und die unionsrechtlichen Fragen als geklärt angesehen (vgl. dazu ausführlich ; der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diese BFG-Entscheidung eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom , E 2744/2020, abgelehnt).

In seiner Entscheidung () hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass es in Bezug auf das vom Gesetzgeber vorgesehene Inkrafttreten der Novelle des EnAbgVergG durch das BBG 2011 nicht darauf ankommt, dass alle Bedingungen für die Anwendung der AGVO 800/2008 bzw. 651/2014 erfüllt seien. In Hinblick auf die ausführliche Argumentation des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in der Veröffentlichung der Beihilfenregelung jedenfalls die "Genehmigung durch die Europäische Kommission" iSd § 4 Abs. 7 EnAbgVergG zu erblicken ist und daher die Regelung des BBG 2011 - aus der Sicht des nationalen Rechts - mit in Kraft getreten ist, ist auch dem Vorbringen des Bf., der zum gegenteiligen Ergebnis kommt, nicht zu folgen. Damit besteht für Dienstleistungsbetriebe ab dem kein Anspruch mehr auf Energieabgabenvergütung.

Vom Bundesfinanzgericht werden auch die vom Bf. aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt. So ging auch der Verfassungsgerichtshof zuletzt ( ua) davon aus, dass durch das , Dilly's Wellnesshotel, lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass die in einem weiten Sinn verstandene Genehmigung durch die Europäische Kommission in Form der Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt der EU nicht den Vorgaben des Unionsrechts entsprochen hat, und das Gruppenfreistellungsverfahren nach dem Zweck der Regelung des § 4 Abs. 7 EnAbgVergG einer Genehmigung durch die Europäische Kommission gleichzuhalten ist. Wenngleich § 4 Abs. 7 EnAbgVergG den zeitlichen Anwendungsbereich des § 2 EnAbgVergG nicht exakt festlegt, ist dieser doch insofern bestimmbar, als die Vorschrift dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches der Vorschrift durch den von der Europäischen Kommission bestimmten Genehmigungszeitraum festgelegt wird ( ua).

Der Verfassungsgerichtshof folgert daraus, dass mit der Durchführung dieses Verfahrens die Bedingung für die Anwendbarkeit der Beihilferegelung eingetreten ist. Dass die Anwendung dieses Verfahrens im Zeitpunkt seiner Durchführung nicht den Vorgaben des Unionsrechts entsprach (der Gerichtshof verweist dabei auch auf die EuGH-Folgeentscheidung, Rs C-585/17, Dilly's Wellnesshotel (II), wonach die Übergangsbestimmung der VO 651/2014 diesen Mangel rückwirkend heilen kann), ändert auch für ihn nichts an der Tatsache, dass mit der Veröffentlichung der Mitteilung die "Genehmigung" durch die Kommission vorlag und damit die in § 4 Abs. 7 EnAbgVergG geregelte Bedingung für die Anwendung des § 2 Abs. 1 EnAbgVergG eingetreten war (der VfGH verweist auch auf ). Die Beschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe (und damit der Ausschluss der Dienstleistungsbetriebe) liegt daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Bundesgesetzgebers. Eine berechtigte Erwartung, der Vergütungsanspruch würde für steuerpflichtige Dienstleistungsbetriebe bis auf weiteres unbeeinträchtigt fortbestehen, liegt somit aber nicht vor ( ua).

Eine gleichheitswidrige Diskriminierung von Produktionsbetrieben gegenüber Dienstleistungsbetrieben, auch wenn diese im Einzelfall einen höheren Energieverbrauch haben können, liegt somit nicht vor.

Hinsichtlich des vom Bf. ins Treffen geführten Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof (anhängig unter der Geschäftszahl E 1720/2020) wird ergänzend festgehalten, dass der Verfassungsgerichtshof diesbezüglich die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt hat.

Im vorliegenden Beschwerdefall liegt der Schwerpunkt des Betriebes des Bf. nachweislich nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter, was im Übrigen auch vom Bf. nicht bestritten wird. Zufolge der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Dienstleistungsbetriebe für den Zeitraum ab Februar 2011 keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung, weshalb die Beschwerden vom gegen die Abweisungsbescheide vom und als unbegründet abzuweisen sind.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; vgl. auch ). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100676.2020

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