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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 05.09.2022, RV/7500361/2022

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Aktivlegitimation

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter ***R*** über die am eingebrachte Beschwerde der ***Bf.***, ***Bf.Adr.***, gegen den an Herrn ***Name2*** (gemeint zweifellos: ***Name1***), ***Bf.Adr.*** gerichteten Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 - Parkraumüberwachung, Zahl MA67/***1***/2021, vom , den Beschluss:

  1. Gemäß § 50 in Verbindung mit (iVm) § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR) wird die Beschwerde mangels Aktivlegitimation der Einschreiterin als unzulässig zurückgewiesen.

  2. Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Sachverhalt:

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl MA67/***1***/2021, wurde über Herrn ***NN2*** nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt. Im Adressfeld dieser Strafverfügung ist vermerkt:

Herr ***NN2*** p.A. ***Bf.*** **Bf.Adr** Deutschland

Im Nachhang zu dieser Strafverfügung erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, den an Herrn ***Name2*** (gemeint zweifellos: ***Name1***) gerichteten beschwerdegegenständlichen Zurückweisungsbescheid vom , Zahl MA67/***1***/2021, mit welchem sein Einspruch vom gegen die eben erwähnte Strafverfügung vom deshalb zurückgewiesen wurde, weil innerhalb der seitens der Behörde gewährten Frist der Aufforderung nicht nachgekommen worden sei, eine Vollmacht des Beschuldigten (***NN2***), nachzureichen. Im Adressfeld dieses Zurückweisungsbescheids ist vermerkt:

Herr ***Name2*** p.A. ***Bf.*** **Bf.Adr** Deutschland

Frau **NN3** brachte dazu in ihrer E-Mail vom , 16.56 Uhr, vor:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

leider ist es uns nicht möglich eine Vollmacht vom Beschuldigten einzuholen, da dieser wie sicherlich ersichtlich im Einspruch der Beschuldigte im Ausland wohnhaft ist.

Am haben wir Ihnen angeboten eine Kopie des Mietvertrages zu übermitteln und keine Antwort erhalten.

Wir sind eine Autovermietung und können Ihnen lediglich mitteilen wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt hat und dann den dazugehörigen Mietvertrag übermitteln.

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

**NN3**

Assistenz der Geschäftsführung"

Diese E-Mail ist (zusätzlich zur E-Mailadresse) mit folgender Signatur versehen:

***Bf.***, ***BfAdr***, Amtsgericht ***2***, HRB ***3***, Geschäftsführung ***Name1***

Der Magistrat der Stadt Wien (MA 67) betrachtete den Inhalt der E-Mail vom als Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom , und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit E-Mail vom bestätigte Frau **NN3** dem Bundesfinanzgericht, dass sie diese E-Mail als Vertreterin der ***Bf.*** versandt hat.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 50 Abs 1 VwGVG über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs 1 VwGVG durch Beschluss.

Das B-VG regelt in seinem Art 132 Abs. 1 unmittelbar die Berechtigung zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht, mit anderen Worten die "Beschwerdelegitimation" (RV 1618 BlgNR 24. GP 16; RV 2013, 6; Fister / Fuchs / Sachs, VwGVG § 7 Anm 2, vgl. weiters Leitl-Staudinger, Beschwerdelegitimation 324, sowie Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 9, Stand , rdb.at).

Nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG ist nur derjenige zur Einbringung einer Beschwerde gegen einen Bescheid berechtigt, gegen den sich dieser richtet. Dabei handelt es sich um jene Person, die in dem angefochtenen Bescheid als Bescheidadressat genannt ist, somit im vorliegenden Fall des Zurückweisungsbescheides vom , um Herrn ***Name1***. Bei der Bezeichnung ***Name2*** im Adressfeld dieses Bescheids handelt es sich nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes eindeutig um einen offensichtlichen (und damit unbeachtlichen) Schreibfehler, der nichts daran ändert, dass der Adressat zweifelsfrei feststeht (vgl. ). Nur diese Person kann auch durch eine an sie gerichteten Bescheid in ihren Rechten verletzt sein (vgl. zB , , ).

Eine Beschwerde kann daher nur von jener Person erhoben werden, der gegenüber der Bescheid wirksam erlassen wurde und für die er auch inhaltlich bestimmt ist (vgl. zB , , ).

Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an ein Verwaltungsgericht hängen nach der innerstaatlichen Rechtslage somit unmittelbar zusammen (vgl. zB , ).

Das Verwaltungsgericht ist nur dann, wenn nicht eindeutig klar ist, wem ein Rechtsmittel zuzurechnen ist, verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist.

Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dabei kommt es somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist der Erklärung einer Partei nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. etwa ; ; ).

Hat das Verwaltungsgericht auf Grund des objektiven Erklärungswertes einer Eingabe keine Zweifel, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen ist, ist ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG nicht erforderlich, sondern hat die sofortige Zurückweisung zu erfolgen (vgl. , 0045; , ).

Eine unzulässige Beschwerde ist mit Beschluss zurückzuweisen (§ 31 Abs. 1 VwGVG idF ab ), wenn sie zB unzulässig ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Recht der Beschwerdeerhebung fehlt, weil dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zukommt (vgl. z.B. , , , § 28 Abs. 1 VwGVG, § 50 VwGVG 2014, , vgl. auch Kolonovits / Muzak / Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 824; vgl. weiters Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 9, Stand , rdb.at).

Im vorliegenden Fall kam der ***Bf.*** keine Parteistellung zu. Denn der Bescheid war nicht an dieses Unternehmen, sondern an Herrn ***Name1*** gerichtet. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Formulierung des Bescheidadressaten: "Herr ***Vorname*** …".

Dass als Abgabestelle (§ 2 Z 4 Zustellgesetz) im Zurückweisungsbescheid (nach dem Adresszusatz p.A., also per Adresse) die Betriebsstätte seines Arbeitgebers (***Bf.***) mit deren Anschrift genannt ist ändert daran nichts. Denn die Zustellung von für natürliche Personen bestimmten behördlichen Schriftstücken an deren Arbeitsplatz (z.B. an der Betriebsstätte) ist zulässig (siehe Ritz, BAO, 5. Auflage, § 2 Zustellgesetz, Rz. 24).

Zur Einbringung einer Beschwerde gegen diesen Zurückweisungsbescheid war daher nur Herr ***Name1*** und nicht sein Arbeitgeber, die ***Bf.*** aktiv legitimiert.

Außer Streit steht, dass die vorliegende Beschwerde von diesem Unternehmen eingebracht worden ist. Dies hat Frau **NN3** dem Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom ausdrücklich bestätigt.

Daran, dass die Beschwerde bereits auf Grund ihres objektiven Erklärungswertes ("wir sind eine Autovermietung") der ***Bf.*** zuzurechnen ist, besteht somit kein Zweifel. Sie war daher mangels Aktivlegitimation des einschreitenden Unternehmens, dem im Zurückweisungsverfahren keine Parteistellung zukommt, sofort zurückzuweisen (vgl. ).

Im Hinblick darauf, dass die Beschwerde, wie dargelegt, jedenfalls (sofort) zurückzuweisen ist, ist eine nähere Auseinandersetzung mit der von der Bf. aufgeworfenen Frage, ob der mit Strafverfügung vom beschuldigte ***NN2*** im Ausland wohnhaft sei und es daher der Bf, unmöglich sei, eine Vollmacht einzuholen, entbehrlich.

Es war daher wie im Spruch zu enscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Zuordnung einer Beschwerde an eine bestimmte Person als Beschwerdeführer ist eine Tatfrage und keine Rechtsfrage. Daher war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären, was aber ohnehin nur für die belangte Behörde von (theoretischer) Bedeutung wäre. Denn für die Beschwerdeführerin geht ohnehin die absolute Unzulässigkeit einer Revision gemäß § 25a Abs. 4 VwGG vor (siehe Rechtsmittelbelehrung), welche im letzten Satz von Art. 133 Abs. 4 B-VG auch verfassungsrechtlich vorgezeichnet ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 31 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 24 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 50 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 31 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 13 Abs. 3 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 28 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 50 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 2 Z 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise



















ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500361.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at