Deutsche Rente - Besteuerung unter Progressionsvorbehalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung Folge gegeben.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die entsprechende Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
II. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Für das Jahr 2019 wurde am eine antragslose Arbeitnehmerveranlagung durchgeführt.
Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte am die Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für 2019 und 2020 ein.
Das Finanzamt erhielt am Kontrollmitteilungen wonach der Bf. von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See im Jahr 2019 eine Pension in Höhe von € 6.742,98 und im Jahr 2020 eine Pension von € 9.291,06 erhalten hatte.
In der Folge wurde am der Einkommensteuerbescheides 2019 gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 aufgehoben und ein neuer Bescheid für 2019 und gleichzeitig auch der Einkommensteuerbescheid für 2020 erlassen.
Gegen diese Bescheide vom erhob der Bf. in zwei gesonderten Schreiben am Beschwerde.
Er könne die Nachforderungen nicht nachvollziehen, da ihm für alle bekommenen Pensionszahlungen bereits Steuern und SV-Beitrage abgezogen wurden.
Für seine deutschen Rentenbezüge habe er für 2019 bereits Steuern in Höhe von € 936,00 und für die deutschen Rentenbezüge 2020 Steuern in Höhe von € 1.495,99 an das Deutsche Finanzamt gezahlt.
Die Forderung bedeute für ihn eine doppelte Besteuerung, die er so nicht akzeptiere.
Weiters teilte der Bf. in diesen beiden Schreiben für die einzelnen Jahre jeweils von ihm geleistete Spenden mit.
"Für 2019:
EUR 200,00 an die Internationale Rettungshunde Organisation in Österreich
EUR 52,00 an den "Verein neue Landesbahn" (hier bin ich Mitglied)
EUR 50,00 an den Kinderverein Neubau
EUR 15,00 an den "Kultur und Verschönerungsverein Neubau.
Für 2020:
EUR 52,00 an den "Verein neue Landesbahn" (hier bin ich Mitglied)
EUR 50,00 an den Kinderverein Neubau
EUR 15,00 an den "Kultur und Verschönerungsverein Neubau."
Er ersuchte diese entsprechend zu berücksichtigen und für die Jahre 2019 und 2020 neue Einkommensteuerbescheide zu erlassen.
In einem Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. aufgefordert die beantragten Spenden an ausländische Spendenorganisationen anhand der Kopie/n der Rechnung/en inkl. Zahlungsnachweis/e nachzuweisen.
Am langte am Finanzamt das Antwortschreiben auf das Ergänzungsersuchen ein, indem der Bf. auf seine Beschwerde verwies und ausführte, dass keine ausländischen Spendenleistungen aufgeführt seien. Die genannten Spenden seien in Österreich geleistet worden. Als Nachweis könne nur eine Kopie des Kontoauszuges für die Spende an die Organisation für Rettungshunde beigelegt werden. (EUR 200,00).
Laut Kontoauszug handelt es sich dabei um die Internationale Rettungshunde Organisation.
Am erließ das Finanzamt Beschwerdevorentscheidungen gem. § 262 BAO. Der Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2019 wurde abgeändert und zusätzliche Sonderausgaben anerkannt.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 wurde als unbegründet abgewiesen.
In den Begründungen der Bescheide wurde betreffend die Pensionseinkünfte aus Deutschland wie folgt ausgeführt:
"Da Sie in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sind, sind Sie in Österreich mit dem gesamten Welteinkommen zu veranlagen. Dieses beinhaltet neben der österreichischen Pension auch die Sozialversicherungspension aus Deutschland.
Mit Deutschland besteht ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen, welches regelt, welcher der beiden Staaten sein innerstaatliches Steuerrecht anwenden darf, also letzten Endes besteuern darf und welcher Staat ganz oder teilweise auf seine Besteuerung verzichten muss. Das Doppelbesteuerungsabkommen gilt für Personen, die entweder in Österreich oder in Deutschland ansässig sind.
Laut diesem Doppelbesteuerungsabkommen ist geregelt, dass deutsche Sozialversicherungsrenten (Pension) in Deutschland besteuert werden dürfen. Damit Sie für Ihre Pension nicht in Deutschland und in Österreich Steuern zahlen müssen, ist Ihre Deutsche Pension in Österreich von der Steuer befreit. Dazu ist die Sozialversicherungspension in der Arbeitnehmerveranlagung in der Beilage L1 i unter KZ 453 zu erfassen. Wird die Pension unter dieser Kennzahl angegeben, so wird die Pension bei der Ermittlung Ihres Steuersatzes mitberücksichtigt.
Dieser Steuersatz wird dann NUR auf die österreichischen Einkünfte angewendet.
Die deutsche Pension unterliegt somit KEINER Doppelbesteuerung."
Der Bf. brachte gegen diese Bescheide vom einen Vorlageantrag ein, in dem er ausführte, dass er die Ablehnung seiner bisherigen Anträge betreffs der Steuerbelastung für die deutsche Rente nicht akzeptieren könne und daher die Weiterleitung der Beschwerden an das zuständige Bundesfinanzgericht beantrage.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Vor dem Bundesfinanzgericht ist nur die Besteuerung der deutschen Pensionsbezüge strittig.
Es ist unstrittig, dass der Bf. in den berufungsgegenständlichen Jahren seinen Wohnsitz in Österreich inne hatte und in diesem Zeitraum Einkünfte aus seiner Tätigkeit in Österreich bzw. österreichische Pensionseinkünfte und Einkünfte aus einer Auslandspension (Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) bezog.
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988:
a) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung (erster Satz).
…..
c) Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht.
Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus einem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nach Art 18 Abs. 1 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Deutschland nur im erstgenannten Staat besteuert werden.
Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, dürfen nach Art 18 Abs. 2 DBA Deutschland abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich nach Art 23 Abs. 2 lit a DBA Deutschland vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik auszunehmen sind, dürfen nach Art 23 Abs. 2 lit d DBA Deutschland gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzungder Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
Rechtliche Würdigung
Aufgrund seines österreichischen Wohnsitzes ist der Bf. gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.
Ist eine Person nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig, dann erfasst die Steuerpflicht alle steuerbaren Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988 (Welteinkommen, Totalitätsprinzip) und zwar unabhängig davon, ob sie auch im Ausland besteuert werden. (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, TZ 6 zu § 1, ).
Die mehrfache Besteuerung von Einkommen durch verschiedene Staaten kann durch DBA oder - soweit solche nicht bestehen nach § 48 BAO - vermieden bzw. entschärft werden (Doralt/Kirchmayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, TZ 7 zu § 1).
Zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland wurde ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen abgeschlossen, welches in seiner Fassung BGBl III 2002/182 idF BGBl III 2012/32 im gegenständlichen Fall aufgrund der aus Deutschland bezogenen Einkünfte Beachtung zu finden hat.
Aus Art 18 Abs. 2 DBA Deutschland ergibt sich, dass Österreich als Wohnsitzstaat des Bf. für Bezüge aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung kein Besteuerungsrecht zukommt. Sozialversicherungspensionen sind entsprechend der bisherigen Regelung (Art 10 Abs. 2 Z 1 DBA Deutschland, BGBl 221/1955) im Quellenstaat zu besteuern.
Vom Verwaltungsgerichtshof wurde dazu grundsätzlich ausgesprochen, dass aus Deutschland bezogene Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung im Sinne des Art 10 Abs. 2 Z 1 DBA Deutschland, BGBl 221/1955, sind, sodass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland als Quellenstaat zukommt (vgl. , ). Dies gilt auch für die aktuelle DBA-Rechtslage (vgl und ).
Zufolge Art 23 Abs. 2 lit d DBA Deutschland sind allerdings die von Österreich zu erfassenden Einkünfte mit dem Steuersatzzu besteuern, der dem Gesamteinkommen des Bf. entspricht (Progressionsvorbehalt).
Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das gesamte Welteinkommen nach den Vorschriften des österreichischen Einkommensteuergesetzes ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, der von Österreich besteuert werden darf (vgl. , ).
Bei den an den Bf. ausbezahlten Renten, handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit c EStG 1988 und diese sind als solche für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes heranzuziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2005/14/0099, dazu festgehalten, dass das Gemeinschaftsrecht in seinem gegenwärtigen Stand in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft keine allgemeinen Kriterien für die Verteilung der Kompetenzen der Mitgliedstaaten untereinander vorschreibt. Es ist bis heute im Rahmen des Gemeinschaftsrechts keine Maßnahme der Vereinheitlichung oder Harmonisierung zum Zweck der Beseitigung von Doppelbesteuerungstatbeständen erlassen worden. Die in Rede stehenden nationalen Regelungen betreffend die steuerliche Erfassung ausländischer Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes benachteiligen nicht Personen, weil sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, sich in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten. Das österreichische Steuerrecht behandelt die aus anderen Mitgliedstaaten bezogenen Pensionen nicht schlechter als Pensionen aus Österreich. Damit verstößt die Berechnung des Progressionsvorbehaltes auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
Durch die Einbeziehung der deutschen Rente in die in Österreich mit Progressionsvorbehalt zu versteuernden Einkünfte kommt es zwar zu einer steuerlichen Mehrbelastung, aber nicht zu einer Doppelbelastung, zumal mit dem Progressionsvorbehalt nicht die gesetzliche deutsche Rente ein zweites Mal besteuert wird, sondern lediglich die Steuerleistung von den übrigen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst wird. ( und ).
Die Beschwerden betreffend die Einkommensteuer 2019 und 2020 hinsichtlich der Besteuerung der Deutschen Pensionseinkünfte war daher unter Bezugnahme auf die oben genannten Bestimmungen gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 10 Abs. 2 Z 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102811.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at