Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2022, RV/3100025/2016

Einlagenrückzahlung - nicht steuerneutral

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dkfm Baldauf u Mag Eberle WT OG, Innsbrucker Straße 8, 6600 Reutte, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid 2009 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

***1*** ist Alleingesellschafter der ***Bf1***. Mit Stichtag wurde das nicht protokollierte Einzelunternehmen gemäß Art. III UmgrStG in die ***Bf1*** eingebracht. In einem Gutachten wurde zum der Verkehrswert des einzubringenden Unternehmens mit € 2.619.000 ermittelt.

Werden von diesem Betrag Entnahmen gem. § 16 (5) Z 1 UmgrStG iHv € 90.958,27 sowie eine Verbindlichkeit gem. § 16 (5) Z 2 UmgrStG iHv € 1.200.000 abgezogen, resultiert daraus ein Betrag von € 1.328.041,73, welcher in der Einbringungsbilanz p. als Kapitalrücklage ausgewiesen und zur Gänze dem steuerlichen Evidenzkonto gutgeschrieben wurde. Weiters wurde anlässlich der Einbringung auch ein Firmenwert iHv € 2.298.711,63 ermittelt.

Ausgehend vom steuerlichen Eigenkapital des Einzelunternehmens iHv € 364.669,68 ergibt sich nach Abzug der angeführten rückbezogenen Entnahmen (§ 16 UmgrStG) ein negativer Sacheinlagewert von - 926.288,59 €.

Im Jahr 2009 wurden lt. Beschluss vom von der Gesellschaft an den Gesellschafter getätigte Zuwendungen in der Höhe von EUR 287.006,96 vom Finanzamt - nach einer beim Gesellschafter ***1*** sowie der ***Bf1*** durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 - nicht als steuerneutrale Einlagenrückzahlung anerkannt, sondern als offene Ausschüttung behandelt. Dies hatte für die Beschwerdeführerin eine Vorschreibung von Kapitalertragsteuer in der Höhe von € 71.751,74 (25% von 287.006,96) mittels Haftungsbescheid vom zur Folge. Dagegen erhob die ***Bf1*** Beschwerde.

Betr. Kapitalertragsteuer für 2011 wurde mit ) der zurückgenommene Vorlageantrag als gegenstandlos erklärt. Aufgrund der o.a. Betriebsprüfung (2010 - 2012) wurde in der Beschwerdevorentscheidung auf Basis des Ausschüttungsbeschlusses vom die aus der gänzlichen Auflösung der beschwerdegegenständlichen Kapitalrücklage iHv € 1.041.176,08 resultierende KESt ***2*** als Empfänger der Kapitalerträge iSd § 95 Abs.1 EStG vorgeschrieben und auch entrichtet.

Zudem wird von der Beschwerdeführerin eingewendet, es sei im Zusammenhang mit der Vorschreibung der Kapitalertragsteuer für das Jahr 2009 mit Bescheid vom bereits Verjährung eingetreten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des gutachterlich festgestellten Verkehrswertes des einzubringenden Unternehmens von € 2.619.000 wurde in der Einbringungsbilanz p. ein Betrag von € 1.328.041,73 als Kapitalrücklage ausgewiesen sowie im Ausmaß von € 2.298.711,63 ein Firmenwert aktiviert. Abzüglich der gegenständlichen Entnahmen wurde ein unternehmensrechtliches Eigenkapital des Einzelunternehmens iHv € 1.363.183,04 ausgewiesen. Demgegenüber beträgt das steuerlichen Eigenkapital des Einzelunternehmens € 364.669,68, woraus nach Abzug der angeführten rückbezogenen Entnahmen (§ 16 UmgrStG) ein negativer Sacheinlagewert von € - 926.288,59 resultiert.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt, den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 2010 - 2012 samt den entsprechenden Mitteilungen durch das Finanzamt sowie dem Beschwerdevorbringen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

1) Einlagenrückzahlung:

Gem. § 4 Abs. 12 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr.52/2009 gilt die Einlagenrückzahlung von Körperschaften, auch wenn sie im Wege einer Einkommensverwendung erfolgt, als Veräußerung einer Beteiligung und führt beim Anteilsinhaber (Beteiligten) sowohl bei einem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5) als auch bei einer Einnahmen - Ausgabenrechnung (§ 4 Abs. 3) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu einer Minderung und Erhöhung von Aktivposten des Betriebsvermögens:

1. Einlagen im Sinne dieser Vorschrift sind das aufgebrachte Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und sonstige Einlagen und Zuwendungen, die als Kapitalrücklage auszuweisen sind oder bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auszuweisen waren einschließlich eines Partizipations- und Genußrechtskapitals im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, sowie jene Verbindlichkeiten denen abgabenrechtlich die Eigenschaft eines verdeckten Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals zukommt.

2. Nicht zu den Einlagen gehören Beträge, die unter § 32 Z 3 fallen oder die infolge einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder eines Bilanzgewinnes verloren haben.

3. Die Körperschaft hat den Stand der Einlagen im Sinne dieser Vorschrift im Wege eines Evidenzkontos zu erfassen und seine Erhöhungen durch weitere Einlagen und Zuwendungen und Verminderungen durch Ausschüttungen oder sonstige Verwendungen laufend fortzuschreiben. Das Evidenzkonto ist in geeigneter Form der jährlichen Steuererklärung anzuschließen.

§ 95 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr.118/2015 lautet:

(1) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Wird Kapitalertragsteuer auf Grundlage von Meldungen gemäß § 186 Abs. 2 Z 2 des Investmentfondsgesetzes 2011 und gemäß § 40 Abs. 2 Z 1 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes einbehalten, haften für die Richtigkeit der gemeldeten Beträge der Rechtsträger des Investmentfonds und der steuerliche Vertreter zur ungeteilten Hand; die Haftung ist vom Finanzamt Wien 1/23 geltend zu machen.

(2) Abzugsverpflichteter ist:

1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital, einschließlich tatsächlich ausgeschütteter Erträge und als ausgeschüttet geltender Erträge aus einem § 186 oder § 188 des Investmentfondsgesetzes 2011 oder einem § 40 oder § 42 des ImmobilienInvestmentfondsgesetzes unterliegende Gebilde: a) Der Schuldner der Kapitalerträge, wenn dieser Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstituts ist und es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1, § 27 Abs. 5 Z 7 oder Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 27a Abs. 1 Z 1 handelt. b) die auszahlende Stelle in allen anderen Fällen. Auszahlende Stelle ist: - das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt, - der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt, - die Zweigstelle eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2013/36/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 338, oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/78/EU, ABl. Nr. L 331 vom S. 120, zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist. - Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 27 Abs. 5 Z 1 und 2 gewährt.

Bei ausländischen Kapitalerträgen im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c das, das die Kapitalerträge auszahlt.

2. Bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und bei Einkünften aus Derivaten: a) Die inländische depotführende Stelle. b) Die inländische auszahlende Stelle, wenn keine inländische depotführende Stelle vorliegt, es sich bei der depotführenden Stelle um eine Betriebsstätte der auszahlenden Stelle oder ein konzernzugehöriges Unternehmen handelt und die auszahlende Stelle in Zusammenarbeit mit der depotführenden Stelle die Realisierung abwickelt und die Erlöse aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, aus dem Differenzausgleich, aus der Veräußerung von Derivaten oder die Stillhalterprämie gutschreibt. Als inländische depotführende oder auszahlende Stellen kommen in Betracht: - Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes (§ 1 BWG), - Zweigstellen eines Kreditinstituts aus Mitgliedstaaten (§ 9 BWG), - Zweigstellen eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2013/36/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 338, oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/78/EU, ABl. Nr. L 331 vom S. 120, zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist.

(3) Der Abzugsverpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen: 1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft oder deren Zuwendung durch eine nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallende Privatstiftung beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens. 2. Bei anderen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital - nach Maßgabe des § 19, wenn es sich um Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten oder nicht unter Z 1 fallende sonstige Bezüge im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a handelt, - im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge bei allen sonstigen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital. Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), oder bei Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz gelten der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, bzw. die anteiligen Kapitalerträge im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen als Stückzinsen als zugeflossen. Im Falle einer Depotentnahme oder eines Wegzugs im Sinne der Z 3 sind der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, bzw. die anteiligen Kapitalerträge im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen als Stückzinsen zu erfassen. 3. Bei Kapitalerträgen gemäß § 27 Abs. 3 und 4 - nach Maßgabe des § 19; - im Falle der Entnahme aus dem Depot im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 1 lit. a im Entnahmezeitpunkt; - im Falle des Wegzugs im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 1 lit. b im Zeitpunkt der Veräußerung, der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens aus dem Depot, jedoch höchstens im Ausmaß des Erlöses oder des gemeinen Wertes im Zeitpunkt der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens; bei Geldeinlagen bei Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 27a Abs. 1 Z 1 jedoch nach Maßgabe des § 19. Der Abzugsverpflichtete kann die herauszugebenden Wirtschaftsgüter und Derivate im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 bis zum Ersatz der voraussichtlich anfallenden Kapitalertragsteuer durch den Schuldner zurückbehalten.

(4) Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs. 1 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder

2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt. (5) Werden gutgeschriebene Kapitalerträge aus der Überlassung von Kapital nachträglich gekürzt, ist vom Abzugsverpflichteten die auf die nachträglich gekürzten Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer gutzuschreiben. Verluste aus der Einlösung von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 27 Abs. 3 stellen keine nachträgliche Kürzung dar.

Bei Einlagen iSd § 4 Abs.12 Z 1 EStG 1988 kommt es zu einer Aufstockung des Beteiligungsansatzes. Umgekehrt führt eine Einlagenrückzahlung, die als eine Veräußerung auf Ebene des Anteilsinhabers zu behandeln ist, zu einer Abstockung des Beteiligungsansatzes beim Gesellschafter (vgl. Marschner in Jakom, Rz 476 zu § 4 EStG).

In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, dass die Einbringung einen einheitlichen Vorgang darstellt, wobei der Einbringende für die Einbringung des Betriebes Gesellschaftsrechte erhält. Jener Verkaufserlös, der die negativen Anschaffungskosten - die im UmgrStG gar nicht vorgesehen sind - übersteigt, soll bis zum Verkauf der Gesellschaftsanteile steuerhängig bleiben. Im Vorlageantrag wird ergänzend zur Beschwerde ausgeführt, dass Kapitalrücklagen zu Einlagen gem. § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 gehören. Bei dieser Beurteilung wird augenscheinlich von einem unternehmensrechtlichen Sacheinlagewert ausgegangen.

Es mag zutreffen, dass § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 dem Wortlaut nach an den unternehmensrechtlichen Begriff der Kapitaleinlagen anknüpft. Das Ertragssteuerrecht ist vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz für die Steuerbilanz geprägt. Hinsichtlich der Bewertung geht allerdings die steuerliche Bewertung (§ 6) der in der Unternehmensbilanz vor (vgl. Doralt, EStG, 11.Aufl. § 4 Rz 137 u. Rz 453).

Dies bedeutet aber, dass die (steuerliche) Bewertung der Einlagen nach den Bestimmungen des UmgrStG mit den umgründungssteuerrechtlichen Werten zu erfolgen hat. Da im Steuerrecht grundsätzlich eine verpflichtende Buchwertfortführung gilt und unternehmensrechtlich auch Aufwertungen möglich sind, gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz im Rahmen der Bewertung nicht. Auch kann die Bestimmung des § 4 Abs. 12 EStG 1988 nicht losgelöst von den übrigen steuerlichen Bestimmungen gesehen werden. Die steuerlichen Bewertungsvorschriften gehen dabei zwingend von einer Buchwertfortführung aus und lassen den Ansatz eines Firmenwertes nicht zu (vgl. Metzler, Steuerrechtliche Umgründungen, S. 150 ff).

Bei Buchwerteinbringungen nach Art.III UmgrStG ist nach der Judikatur das steuerliche Einbringungskapital maßgeblich (vgl. ). Der steuerlich maßgebende Sacheinlagewert entspricht bei Einbringungen von Betriebsvermögen somit dem Einbringungskapital gem. §§ 15 iVm 16 UmgrStG (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG-Kommentar, § 4 Anm 213 und 222). Im gegenständlichen Fall ist somit der Buchwert des Betriebes lt. Einbringungsbilanz gem. § 15 UmgrStG iHv € 364.669,68 abzgl. der Entnahmen gem. § 16 (5) Z 1 UmgrStG (€ 90.958,27) sowie einer Passivpost gem. § 16 (5) Z 2 UmgrStG (€ 1.200.000) - das ergibt einen Betrag von -926.288,59 € - als Sacheinlagewert zu berücksichtigen.

Durch die hier anzuwendende Buchwertfortführung bleibt kein Anwendungsbereich für die gegenständliche Kapital-Rücklage (€ 1.328.041,73), die erst aufgrund einer unternehmensrechtlichen Bewertung - genauso wie der ausgewiesene Firmenwert (€ 2.298.711,63) - entstanden ist. Die am Evidenzkonto verbuchte Kapital-Rücklage ist demnach nicht als Einlage iSd § 4 (12) Z 1 EStG zu qualifizieren.

Wenn aufgrund einer Umgründung ein negativer Buchwert bzw negative Anschaffungskosten vorliegen, ändert sich durch eine Einlagenrückzahlung nichts am Buchwert bzw den Anschaffungskosten. Die gesamte Einlagenrückzahlung ist in diesem Fall ertragsteuerlich als Veräußerung der Beteiligung zu qualifizieren (vgl. Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFG-Journal 2019, S.342). Der lt.Beschluss vom ausgeschüttete Betrag iHv € 287.006,96 ist demnach als offene Ausschüttung - und nicht als steuerneutrale Einlagenrückzahlung - zu werten.

Diese Beurteilung deckt sich auch mit der Vorgangsweise betr. Kapitalertragsteuer für 2011 (vgl. ; RV/3100024/2016), wo die aus der Auflösung der restlichen Kapitalrücklage von € 1.041.176,08 resultierende KESt ***2*** als Empfänger der Kapitalerträge iSd § 95 Abs.1 EStG vorgeschrieben und lt. Abgabenkonto ein Betrag von € 223.000 entrichtet wurde.

2) Verjährung:

§ 238 BAO lautet:

(1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

§ 224 BAO lautet:

(1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.

(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

§ 209BAO lautet:

(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

§ 224 Abs. 3 und § 238 Abs. 1 BAO normieren eine Abhängigkeit der Einhebungsverjährung vom Eintritt der Festsetzungsverjährung, weshalb der Festsetzungsverjährung (§ 207 BAO) auch in Bezug auf die Einhebungsverjährung Bedeutung zukommt (vgl. ). Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Das Recht auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer (vgl. § 95 Abs.5 EStG) hängt somit von der Verjährung des Rechts auf Festsetzung der Jahreseinkommensteuer ab.

Die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2009 am hat als Amtshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO dazu geführt, dass die Bemessungsverjährung nicht vor dem eingetreten ist. Für die Erlassung eines Haftungsbescheides betr. KESt ist dabei auf die iRd Bemessungsverjährung gegebenen Verhältnisse abzustellen (VwGH, 2006/15/0004). Die Erlassung des Haftungsbescheides 2009 im September 2015 erfolgte infolge Verknüpfung von Bemessungs- und Einhebungsverjährung somit vor dem Eintritt der Verjährung.

Auch die Vorschreibung mit Haftungsbescheid (§ 224 Abs.1 BAO) erfolgte durch das Finanzamt zu Recht, weil durch die Judikatur (vgl. ) mittlerweile klargestellt wurde, dass eine Haftungsinanspruchnahme der Gesellschaft (Ermessensentscheidung) weiterhin zulässig bleibt. Nach der Gesetzesänderung durch das SteuerreformG 2015/16 (BGBl.I 2015/118) ist gem. § 95 (4) Z 1 EStG 1988 auch zu prüfen, ob die Haftung nach Abs.1 leg.cit. nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre. Die Ermessensübung wurde durch das Finanzamt ausreichend begründet. Die Frage der Durchsetzbarkeit der Haftung war durch die im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung schon entrichtete KESt bereits obsolet.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise


Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner/Bernwieser in BFGjournal 2023, 9
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100025.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at