Parkometerabgabe: die unmittelbar aufeinanderfolgende Kombination eines Gratisparkscheins mit kostenpflichtigen Parkscheinen ist nach der Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung nicht erlaubt
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7500507/2022-RS1 | Der Sinn des Verbotes der Kombination von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen mit anderen Parkscheinen und des Verbotes des zeitlichen Aneinanderreihens von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen (s. § 9 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) liegt darin, die Überprüfbarkeit der Grundbedingungen des Gratisparkens sicherzustellen, nämlich die maximale Gratisabstellzeit von 15 Minuten. Bei einer länger als 15 Minuten dauernden Abstellzeit, wobei diese Möglichkeit vom Lenker bereits beim Abstellen einzukalkulieren ist, ist ab der ersten Minute des Abstellens ein entgeltlicher Parkschein nötig. Die Grundbedingungen des Gratisparkens wiederum dienen dazu, die Ziele der Parkraumbewirtschaftung zu erreichen: Rationierung der knappen Parkplätze und Einnahmenerzielung für die Stadt Wien. Auch eine "spätere" Abgabenentrichtung und ein dadurch dokumentierter und vom Bf. vorgebrachter Zahlungswille, hebt die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht auf. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , GZ. MA67/Zahl/2022, zu Recht:
Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit teilweise stattgegeben, als die von der belangten Behörde mit € 60,00 verhängte Geldstrafe auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Die Kosten der belangten Behörde (§ 64 VStG) bleiben mit € 10,00 unverändert.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu bezahlen.
Die Geldstrafe von € 36,00 ist gemeinsam mit dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde von € 10,00 (§ 64 VStG 1991), insgesamt somit € 46,00, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (in Folge kurz: Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Romaplatz Parkplatz 1, ohne einen für die Beanstandungszeit 15:45 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
In seinem Einspruch vom (E-Mail) brachte der Bf. vor, dass die Strafe ausgestellt worden sei, weil für wenige Minuten ein Parkschein gefehlt habe. Oft sei es so, dass er nicht wisse, wie lange er an einem Ort bleibe. Das so auch in diesem Fall so gewesen. Leider lasse das System Handyparken nicht zu, dass man während bzw. anstatt einer 15 Minuten Gratisbuchung eine zahlungspflichtige Buchung vornehme, leider sei dies auch nicht unmittelbar danach möglich. Aus der Sicht eines zahlungswilligen Kunden sollte dies möglich sein. Aus dem Buchungsverlauf via SMS sei klar ersichtlich, dass er ein zahlungswilliger Kunde sei.
Aus dem vom Bf. vorgelegten Auszug ergibt sich, dass der Bf. um 15:28 Uhr den 15-Minuten-Gratisparkschein Nr. 1 mit einer Gültigkeit bis 15:43 Uhr gebucht hat und um 15:44 Uhr einen kostenpflichtigen Parkschein, gültig für 30 Minuten buchen wollte, jedoch via SMS die Nachricht erhielt, dass der zeitliche Abstand zwischen den Buchungen zu gering sei und er es zu einem späteren Zeitpunkt erneut probieren solle.
Um 15:47 Uhr buchte der Bf. erfolgreich den kostenpflichtigen Parkschein Nr. 2 mit einer Gültigkeit von 30 Minuten.
Weiters verwies der Bf. in seinem Einspruch auf die Finanzdokumentation des BMF (https://findok.bmf.gv.at/findok?stammNr=103543), indem das Gericht in solch einem Fall entschieden habe, dass einem Lenker auch eine angemessene Wartezeit zugebilligt werden müsse.
Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gab der Bf. bekannt, dass er alleinerziehender Vater einer 6-jährigen Tochter sei und dass er seit einem halben Jahr definitiv mehr Ausgaben als Einnahmen habe.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens fest, dass der Bf. bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens im Wesentlichen eingewandt habe, dass er um 15:28 Uhr einen 15-Minuten-Parkschein gebucht habe, welcher bis 15:43 Uhr gültig gewesen sei. Als er um 15:44 Uhr einen 30-Minuten-Parkschein buchen habe wollen, habe er vom System die Rückmeldung bekommen, dass der zeitliche Abstand zwischen den Buchungen zu gering sei und er es später erneut versuchen solle. Um 15:47 Uhr hätte der Bf. dann erfolgreich einen elektronischen 30-Minuten-Parkschein buchen können. Die Strafe erscheine nicht gerechtfertigt, da er, obwohl der elektronische 15-Minuten-Parkschein bereits abgelaufen gewesen sei, keine neue Buchung durchführen habe können.
In seinem Einspruch habe der Bf. die Abstellung des Fahrzeuges in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone nicht in Abrede gestellt und sei bei seinen bisherigen Ausführungen geblieben. Außerdem habe der Bf. angegeben, dass er als alleinerziehender Vater einer 6-jährigen Tochter, der einen Kredit zurückzahlen müsse, um Nachsicht ersuche.
Nach Zitierung der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung verwies die Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/17/0354, wo dieser ausführlich dargelegt habe, dass die Parkometerabgabe unverzüglich nach dem Abstellen des Fahrzeuges zu entrichten sei. Ein Lenker, der sich, ohne diese Pflicht zu erfüllen, vom abgestellten Fahrzeug entferne, verwirkliche bereits der Tatbestand der Abgabenverkürzung.
Auf Grund der Aktenlage sei festzustellen, dass der Bf. seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Er habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.
Wie den eigenen Angaben des Bf. zu entnehmen sei bzw. eine Nachschau im Handyparken-System ergeben habe, habe der Bf. um 15:28 Uhr einen für eine Dauer von 15 Minuten gültigen Parkschein gebucht, der bis 15:43 Uhr gültig gewesen sei. Um 15:44 Uhr habe der Bf. erfolglos versucht, einen Gebührenparkschein für 30 Minuten zu buchen, was das System nicht zugelassen habe.
Anzumerken sei, dass es nicht möglich ist, unmittelbar auf einen 15-Minuten Parkscheinen einen Gebührenparkschein zu buchen, da derartige Parkscheinkombinationen eine Gesetzeswidrigkeit darstellen.
Mittels einer Online-Verbindung könne die Aktivierung des elektronischen Parkscheins überprüft werden. Zum Zeitpunkt der Überprüfung sei kein Parkschein gebucht gewesen, weshalb die Beanstandung erfolgt sei.
Es seien somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.
Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in der Strafverfügung ersichtlich sei.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Zum Ersuchen des Bf., von der Strafe abzusehen, verwies die Behörde auf die Bestimmungen des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG, erläutert diese näher und stellte fest, dass das Verschulden des Bf. nicht als geringfügig angesehen werden könne, weil nicht erkennbar sei, dass die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass der Unrechtsgehalt deliktstypisch besonders gering wäre, zumal der gesetzliche Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung den Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht voraussetze, sondern durch die bloße Verkürzung der Parkometerabgabe verwirklicht werde.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.
Der Bf. brachte gegen das Straferkenntnis am (E-Mail) Beschwerde ein und wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Unstrittiger Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde vom Bf. am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Romaplatz, Parkplatz Reihe 1, abgestellt.
Der Bf. buchte um 15:28 Uhr den 15-Minuten-Gratisparkschein mit einer Gültigkeitsdauer bis 15:43 Uhr.
Um 15:44 Uhr versuchte der Bf. erneut einen Parkschein zu buchen, worauf er die automatisierte Mitteilung "Der zeitliche Abstand zwischen den Buchungen ist zu gering. Bitte probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut" via SMS erhielt.
Der im Anschluss gebuchte kostenpflichtige Parkschein Nr. 2 (gültig für 30 Minuten) war ab 15:47 Uhr gültig.
Es lag somit zur Beanstandungszeit durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung (15:45) Uhr kein gültiger elektronischer Parkschein vor.
Ein gültiger Papierparkschein war im Fahrzeug ebenfalls nicht eingelegt.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den Anzeigedaten und eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos sowie der Übersicht m-parking Wien über die vom Bf. durchgeführten Transaktionen und ist unstrittig.
Rechtsgrundlagen:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung
Gemäß § 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung hat ein Abgabepflichtiger, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellt, dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Park-schein gekennzeichnet ist.
§ 4 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:
Parkscheine
(1) Die Verwendung von mehr als einem Parkschein nach Anlage I (Fünfzehn-Minuten-Parkschein) in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge ist unzulässig.
(2) Die Kombination eines Parkscheines nach Anlage II oder III mit einem Parkschein nach Anlage I in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge ist unzulässig.
Elektronische Parkscheine
§ 6. (1) Übersteigt die Abstellzeit fünfzehn Minuten, ist für die elektronischen Parkscheine ein Entgelt zu entrichten. Dieses wird durch die Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), festgesetzt.
§ 7. (1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.
(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).
(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.
§ 9. (1) Wird das Entgelt im Wege der Benützung eines elektronischen Parkscheines entrichtet, ist die Kombination mit einem Parkschein nach Anlage I (Fünfzehn-Minuten-Parkschein) oder mit einem fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkschein in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge unzulässig.
(2) Die unmittelbar aufeinander folgende Aktivierung von elektronischen Parkscheinen mit einer fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Abstellzeit oder die Kombination der Aktivierung eines fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkscheins mit einem Parkschein gemäß Anlage I, II oder III in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge ist unzulässig.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 € zu bestrafen.
Rechtliche Beurteilung
Eine unmittelbar aufeinanderfolgende Aktivierung darf nur bei einem Standortwechsel des Fahrzeuges erfolgen und liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes dann vor, wenn zwischen dem Ablauf des einen Parkscheines und der Aktivierung des weiteren Parkscheines nur wenige Minuten dazwischen liegen (vgl. z.B. , , , ).
Der Sinn des Verbotes der Kombination von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen mit anderen Parkscheinen und des Verbotes des zeitlichen Aneinanderreihens von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen (s. § 9 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) liegt darin, die Überprüfbarkeit der Grundbedingungen des Gratisparkens sicherzustellen.
Kann der Lenker, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, nicht einschätzen, ob er mit einem 15-Minuten-Parkschein das Auslangen findet, ist das Fahrzeug ab der ersten Minute des Abstellens mit einem kostenpflichtigen Parkschein mit einer längeren Parkdauer zu kennzeichnen (vgl. zB , , ).
Eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometer-abgabe in der in der Kontrolleinrichtungsverordnung vorgesehenen Form ist nicht vorgesehen (vgl. , , ). So stellte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 96/17/0354, fest, dass ein Lenker, der sich vom "abgestellten" Fahrzeug (auch nur zur Besorgung von Parkscheinen) entfernt, bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 (Wiener) Parkometergesetz verwirklicht.
Im gegenständlichen Fall war das in Rede stehende Fahrzeug am unstrittig von 15:44 bis 15:46 Uhr ohne gültigen Parkschein abgestellt.
Der Bf. hat somit die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen.
Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).
Nach der Judikatur des VwGH stellt die Unkenntnis iSd § 5 Abs. 2 VStG, ua. von straßenpolizeilichen Bestimmungen oder Parkgebührenvorschriften, keinen entschuldigenden Rechtsirrtum dar, wenn sich der am Straßenverkehr Teilnehmende über die gesetzlichen Bestimmungen nicht an geeigneter Stelle erkundigt hat (vgl , ).
Der Bf. hat sich offensichtlich nicht erkundigt, dass die Kombination von Gratisparkscheinen mit kostenpflichtigen Parkscheinen nicht zulässig bzw. nur dann zulässig ist, wenn der Abstellort geändert wird. Dem Bf. ist somit ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
Auch der vom Bf. vorgebrachte Vergleichsfall aus der Finanzdokumentation (gemeint: ) war nicht geeignet der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, da diesem Fall ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde liegt (erstmaliges Buchen eines Parkscheines nach Abstellen des KfZ).
Auch eine, wie im konkreten Fall erfolgte, "spätere" Abgabenentrichtung und dadurch dokumentierter und vom Bf. vorgebrachter Zahlungswille, hebt die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht auf (vgl. etwa ).
Aus dem Verwaltungsakt und aus dem Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich gewesen wäre.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (, ) und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).
Die Verhängung einer Geldstrafe ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch dann gerechtfertigt, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. ). Selbst das Vorliegen ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse bedeutet nicht, dass Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe besteht (vgl. ). Die Geldstrafe ist daher auch dann zu verhängen, wenn die Vermögensverhältnisse und Einkommensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen ().
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat, ohne dieses für die gesamte Abstellzeit mit einem gültigen Parkschein zu kennzeichnen.
Die Einstellung des Verfahrens bzw. die Erlassung der Strafe kam nicht in Betracht, da nach der ständigen Judikatur des VwGH die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraussetzt, dass das Verschulden geringfügig sein muss und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind (vgl. zB , ).
Auch in einem anderen beim VwGH anhängigen Fall, bei dem die Beschwerdeführerin den Parkschein nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hat (keine Entwertung der Rubrik "Minute") erblickte der VwGH kein geringes Verschulden ().
Das Gericht kann in Anlehnung an diese Judikatur auch im vorliegenden Sorgfaltsverstoß kein geringes Verschulden erblicken.
Das Bundesfinanzgericht erachtet aber angesichts des glaubhaften Vorbringens des Bf., dass er alleinerziehender Vater einer 6-jährigen Tochter ist und seine Einkommensverhältnisse schlecht sind (höhere Ausgaben als Einnahmen) und der Bf. überdies in verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Wiener Parkometergesetz 2006 unbescholten ist, eine Geldstrafe von 36,00 € als schuld- und tatangemessen. Demgemäß wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe von 14 auf 8 Stunden herabgesetzt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe festzusetzen, sie wurden somit in Höhe von 10,00 € korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 9 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 4 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500507.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at