Rückforderung von Familienbeihilfe auch bei falscher Rechtsauskunft seitens des Finanzamtes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe 01.2019-06.2020, SVNr. ****, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf Antrag des Beschwerdeführers am zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Rückforderungzeitraum wird bezüglich des Kindes ***1***, geb. ***2***, auf die Monate Mai und Juni 2020 eingeschränkt und beträgt daher statt bisher 6.356,90 € nunmehr 686,60 €. Der Rückforderungszeitraum und damit der Rückforderungsbetrag bezügl. ***3***, geb. ***6***, bleibt i.H. von 3.964,70 € unverändert. Für die Kinder ***4***, geb. ***7*** und ***5***, geb. ***8*** wird Familienbeihilfe i.H. von jeweils 109,20 € statt bisher 232,80 € an anteiliger Geschwisterstaffel (§ 8 Abs. 3 FLAG 1967), somit gesamt 218,40 €, für jenes Kind, für das im Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen wurde (***3***), zurückgefordert.
Der Rückforderungsbetrag verringert sich daher von bisher 10.787,20 € auf 4.869,70. €.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurden vom Beschwerdeführer (Bf.) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Kinder ***1***, geb. ***2*** und ***3***, geb. ***6*** für den Zeitraum Jänner 2019 bis Juni 2020 und Familienbeihilfe für die Kinder ***4***, geb. ***7*** und ***5***, geb. ***8*** für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 im Gesamtbetrag von € 10.787,20 zurückgefordert.
Bezüglich ***1*** und ***3*** wurde als Begründung ausgeführt, dass die Kinder nicht im Haushalt des Bf. lebten und er nicht überwiegend die Unterhaltskosten getragen habe.
Bezüglich ***4*** und ***5*** wurde als Begründung ausgeführt, dass im Rückforderungsbetrag, die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten sei, für die zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde und brachte darin vor, dass er, nachdem die Kinder in eine Wohngemeinschaft gezogen seien, im Februar vom FA für den 22. Bezirk die Auskunft erhalten habe, er könne die Familienbeihilfe weiterhin beziehen. Er habe sich darauf verlassen, dass diese Auskunft korrekt sei. Er habe vorgebracht, dass seine Kinder immer von Freitag bis Sonntag bei ihm seien, auch Teile der Ferien verbringen sie bei ihm und dass er sie finanziell unterstütze. Auf Grund einer psychiatrischen Erkrankung und Gehörlosigkeit beziehe er eine Invaliditätspension, sei neuerlich verheiratet und habe Sorgepflichten für ein Kind.
Er habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und habe die Familienbeihilfe selbstverständlich seinen Kindern zukommen lassen.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Als Begründung wurde ausgeführt, die Kinder ***1*** und ***3*** lebten lt. Beschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom seit Jänner 2019 nicht mehr in seinem Haushalt.
Die Familienbeihilfe sei daher in der Folge für den Zeitraum von Jänner 2019 bis Juni 2020
rückgefordert worden.
Gem. § 2 Abs. 2 FLAG habe vorrangig die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren
Haushalt das Kind gehöre. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch
die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 habe, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die
entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Der Bf. leiste nicht den überwiegenden Unterhalt.
Im Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Abhaltung einer mündlichen Senastverhandlung. Er verwies auf sein bisheriges Vorbringen und ergänzte hinsichtlich ***1***, das diese im Rückforderungszeitraum in seinem Haushalt wohnhaft gewesen sei.
Der Antrag auf Durchführung einer Verhandlung vor dem gesamten Senat wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht erhielt von der Wiener Kinder-und Jugendfürsorge MA 11 folgende Auskunft:
"Zu mj. ***3***:
Dieser wurde mit im Krisenzentrum ***9*** untergebracht.
Mit wurde er dann endgültig in Verein AK ***10*** untergebracht und lebt seit dem ohne Unterbrechung dort.
Er wurde damals, genauso wie d. mj. ***4***, nach der Schule direkt ins Krisenzentrum gebracht.
Seit lebt er nicht mehr mit den Eltern im gemeinsamen Haushalt.
Zu mj. ***5***:
Für sie gilt dasselbe wir für ***3*** (und ***4***).
Auch für die mj. ***3*** und ***5*** leistet der Vater keinen Kostenersatz, da auch bei diesen beiden Kindern von einer Kostenersatzleistung aus sozialen Gründen abgesehen wurde.
Die Obsorge wurde der Kinder- und Jugendhilfe lt. Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom zu 45 Ps 105/16 v - 163 übertragen (für alle drei Kinder)
Der mj. ***4*** wurde endgültig mit in Pflege und Erziehung der Stadt Wien übernommen. Er befand sich zuerst in 2 Krisenzentren und wurde dann mit fix in der Wohngemeinschaft ***11*** untergebracht. Es wird dazu angemerkt, dass seit 2016 immer wieder kurze Unterbringungen in Krisenzentren stattfanden."
Eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister bezügl. ***1*** ergab, dass diese seit an der gleichen Adresse wie ihre Mutter mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.
Die belangte Behörde übermittelte eine Aufstellung der an den Bf. ausbezahlten Leistungen für alle vier Kinder.
Demnach wurde für ***1*** ein Betrag von insges. € 6.356,90 rückgefordert. Darin enthalten sind Leistungen für Mai und Juni 2020 i.H. von 569,80 an Familienbeihilfe und € 116,80 an Kinderabsetzbeträgen, somit gesamt € 686,60.
Für ***3*** wurden € 3.964,70 zurückgefordert.
Hinsichtlich der Rückforderung an Familienbeihilfe für ***4*** und ***5*** führte de belangte Behörde gegenüber dem Bundesfinanzgericht aus:
"Gemäß § 8 Abs. 3 FLAG erhöht sich der monatliche Grundbetrag an Familienbeihilfe durch die Geschwisterstaffel für jedes Kind, wenn sie:
- für zwei Kinder gewährt wird, um 7,10 Euro für jedes Kind
- für drei Kinder gewährt wird, um 17,40 Euro für jedes Kind
- für vier Kinder gewährt wird, um 26,50 Euro für jedes Kind….
In den Monaten Jänner 2019 bis Dezember 2019 bezog der Bf Familienbeihilfe für 4 Kinder (Erhöhungsbetrag für jedes Kind 26,50 €) . Im Zuge der Rückforderung der Familienbeihilfe für die Kinder 1+2, wurde auch der Erhöhungsbetrag für die Kinder 3+4 iHv 19,40 € pro Kind pro Monat (26,50 € pro Kind/4 Kinder - 7,10 € pro Kind/2 Kinder ) rückgefordert, da nunmehr nur ein Anspruch für 2 Kinder bestand."
Im Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde bezügl. ***1*** aus:
"Bezüglich ***1*** ist auszuführen, dass am die hauptsächliche Betreuung beim Kindesvater vereinbart wurde.
In der Verhandlung vom Bezirksgericht am gaben die Kindeseltern übereinstimmend an, dass die Tochter ***1*** nun überwiegend im Haushalt der Kindesmutter wohnt und sohin der hauptsächliche Aufenthalt von ***1*** diesbezüglich geändert werden sollte.
Dementsprechend wird angenommen, dass ab Mai 2020 die Tochter ***1*** dem Haushalt der Kindesmutter angehört und somit die Rückforderung bzgl der Monate Mai und Juni 2020 zu Recht erfolgte.
Betreffend den Zeitraum Jänner 2019 - April 2020 ist der Beschwerde bzgl ***1*** stattzugeben."
Lt. der von der Richterin durchgeführten Abfrage im zentralen Melderegister ist ***1*** seit an der gleichen Adresse wie die Kindesmutter mit Hauptwohnsitz gemeldet.
In der am auf Antrag des Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung stellte der Bf. bezügliche der Kinder ***3***, ***4*** und ***5*** außer Streit, dass diese bereits ab Jänner 2019 in diversen Einrichtungen der MA 11 untergebracht waren. Der Bf. verwies erneut darauf, dass die Kinder die Wochenenden (von Freitag bis Montag) bei ihm verbracht hätten, fallweise hätten sie sich auch an den anderen Tagen nach der Schule getroffen und dass er diverse Anschaffungen, wie Handy, Laptop und Gewand für sie getätigt habe.
Ihm sei vom Finanzamt die Auskunft erteilt worden, er könne weiterhin Familienbeihilfe beziehen.
Der Bf. stellte weiters außer Streit, dass ***1*** am wieder zu seiner Exfrau gezogen sei. Dies habe er im April 2020 beim Finanzamt gemeldet. Er habe für Mai und Juni 2020 keine Familienbeihilfe mehr bekommen.
Die Vertreterin des Finanzamtes verweist auf einen Antrag der Exfrau vom , "ab August 2020".
Ein Abgleich jener Kontonummer, auf die die Familienbeihilfe für Mai und Juni überwiesen worden war (lt. Abfrage der Vertreterin auf ihrem Laptop) mit der Kontonummer lt. Bankomatkarte des Bf. ergibt eine Übereinstimmung dieser Kontonummern.
Der Bf. bringt vor, dass er eine allenfalls für ***1*** bezogenen Familienbeihilfe sicher an seine Exfrau weitergeleitet habe, wie er überhaupt für das Kind, das behindert sei, finanzielle Unterstützung leiste.
Er selbst sei wieder verheiratet, habe Sorgepflichten für ein Kind.
Die Vertreterin des Finanzamtes bleibt bei der im Vorlageantrag vertretenen Rechtsauffassung, dass der Beschwerde hinsichtlich ***1*** für den Zeitraum Jänner 2019 bis April 2020 stattzugeben wäre, erläutert die diesbezüglichen Rechtsvorschriften und verweist auf die Möglichkeit eines Nachsichts-oder Ratenansuchens.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater der Kinder ***1***, geb. ***2***, ***3***, geb. ***6*** ***4***, geb. ***7*** und ***5***, geb. ***8***.
Er war im Streitzeitrum nicht und ist auch derzeit nicht erwerbstätig und bezieht eine Invaliditätspension.
Die Kinder ***3***, ***4*** und ***5*** leben seit Jänner 2019 in diversen Einrichtungen der Wiener Kinder-und Jugendfürsorge.
Der Bf. leistete dafür keinen Kostenersatz.
Die Wochenenden und einzelne Ferientage wurden beim Bf. verbracht.
Der Bf. tätigte für die Kinder diverse Ausgaben, wie Handy, Laptop und Gewand.
Das Kind ***1*** lebte bis inklusive April 2020 im Haushalt des Bf., ab Mai 2020 im Haushalt der Kindesmutter, von der der Bf. geschieden ist.
Der Bf. bezog auch noch im Mai und Juni 2020 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für ***1***.
Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und ergänzend durchgeführte Ermittlungen durch Befragung der MA 11, Wiener Kinder-und Jugendhilfe, betreffend den Beginn des Aufenthaltes der Kinder ***1***, ***3***, ***4*** und ***5*** in den jeweiligen Einrichtungen der Wiener Kinder-und Jugendhilfe.
Auf das Ergebnis der am auf Antrag des Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Vorauszuschicken ist, dass mit dem angefochtenen Bescheid die bereits ausbezahlte Familienbeihilfe für ***1*** und ***3*** zurückgefordet wurde.
Betreffend ***4*** und ***5*** wurde nach Auskunft der belangten Behörde der Beihilfenbezug zunächst eingestellt und der Erhöhungsbetrag gem. gemäß § 8 Abs. 3 FLAG für bisher vier statt nunmehr zwei Kinder infolge der Rückforderung für ***1*** und ***3*** zurückgefordert.
Gemäß dieser gesetzlichen Bestimmung erhöht sich der monatliche Grundbetrag an Familienbeihilfe durch die Geschwisterstaffel für jedes Kind, wenn sie:
- für zwei Kinder gewährt wird, um 7,10 Euro für jedes Kind
- für drei Kinder gewährt wird, um 17,40 Euro für jedes Kind
- für vier Kinder gewährt wird, um 26,50 Euro für jedes Kind.
Infolge der Rückforderung betreffend ***1*** und ***3*** bestand somit im Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 aus Sicht des Finanzamtes lt. Bescheid vom nur ein Anspruch für zwei Kinder und nicht für vier Kinder. Die Differenz zwischen Erhöhungsbetrag für vier Kinder und jenem für zwei Kinder; das sind 19,40 € (26,50-7,10) wurden für Jänner 2019 bis Dezember 2019 bei ***4*** und ***5*** zurückgefordert.
***3***:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches auf Grund einer überwiegenden Kostentragung für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sachlage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. z.B. ).
Zufolge den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen des§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 wird der Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich nach der Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind bestimmt und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf abgestellt, dass die Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (vgl. ).
Um ein Kind, das sich außerhalb der Wohngemeinschaft aufhält, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der anderweitige Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967).
Als "vorübergehend" ist ein Aufenthalt des Kindes außerhalb der gemeinsamen Wohnung dann anzusehen, wenn aus den Umständen des Falles darauf geschlossen werden kann, dass das Kind nach absehbarer Zeit wieder in der gemeinsamen Wohnung leben wird (vgl. ARD-HB 1985, S 7, ).
Fest steht, dass ***3*** mit Jänner 2019 in einem Krisenzentrum der Stadt Wien und sodann ab April 2019 in einer Einrichtung der Wiener Kinder-und Jugendhilfe untergebracht war. Dort ist er bis dato aufhältig. Ab September 2019 wurde die Obsorge der Kinder-und Jugendhilfe übertragen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Aufenthalt von ***3*** in Einrichtungen der MA 11 nur ein "vorübergehender" war bzw. ist.
Der Vater bringt vor, das Kind habe, so wie auch zwei weitere Geschwister, die ebenfalls in Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe untergebracht waren, die Wochenenden und auch Ferientage bei ihm verbracht und er habe sie finanziell unterstützt.
Dazu ist zunächst auszuführen, dass ein bestehender gemeinsamer Haushalt wird etwa durch gewisse durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens (wie etwa Krankenhaus- und Erholungsaufenthalte) nicht beseitigt (vgl. ) wird. Auch Präsenzdienst oder Zivildienst (soweit nach früherer Rechtslage ein Familienbeihilfenanspruch infolge späterem Eintritts der Volljährigkeit bestand) heben die Haushaltszugehörigkeit i.S.d. § 2 Abs. 5 lit a FLAG 1967 nicht auf (vgl. ).
Hingegen kann nach der Judikatur des Verwaltungserichtshofes eine durchgehend rund zwei Jahre dauernde Unterbringung in einem Kinderheim im Zuge einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt (volle Erziehung gemäß § 29 des Burgenländischen Jugendwohlfahrtsgesetzes bei Übertragung der Obsorge an die Bezirkshauptmannschaft) nicht mehr als nur vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung i. S. d. § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 angesehen werden (vgl. unter Hinweis auf ; VwSlg 3912 F/1969), ebenso nicht eine mehr als fünfjährige Heimunterbringung mit wenigen Besuchen bei der Mutter (vgl. ). In diesen Fällen vermögen auch wiederholte Familienbesuche, die "vornherein nur auf Zeit angelegt waren ("Ausgang")" und "sich jeweils bloß auf wenige Tage erstreckten" an der dauernden, nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung nichts zu ändern (vgl. ; ).
Der Bf. bringt in der Beschwerde selbst vor, dass "die Kinder", daher auch ***3***, im Rückforderungszeitraum die Wocheneden und Teile der Ferien bei ihm verbracht hätten. Wie bereits ausgeführt, unterbricht dieser Umstand nicht die durch die Unterbringung in einer Einrichtung der Kinder-und Jugendfürsorge aufgehobenen Haushaltsgemeinschaft mit dem Vater. Einer detaillierten Aufstellung seitens der MA 11, welche Tage ***3*** beim Vater verbrachte, bedurfte es daher nicht.
Fest steht, dass dem Vater kein Kostenersatz für Unterbringung, Pflege und Erziehung des Kindes auferlegt wurde. Selbst wenn er dem Kind daher gewisse Geldzuwendungen zukommen hat lassen und es während des Aufenthaltes bei ihm versorgte, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass er die Unterhaltskosten nicht überwiegend getragen hat. Dies auch im Hinblick darauf, dass er eine Invaliditätspension bezieht.
Ein Familienbeihilfenanspruch aus dem Titel der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten kommt daher ebenfalls nicht in betracht.
***1***:
Wie bereits oben ausgeführt hat Anspruch auf Familienbeihilfe jene Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.
Strittig ist, ab wann ***1*** nicht im Haushalt des Bf. lebte.
Bereits die belangte Behörde stellte fest, dass der Bf. und die Kindesmutter aber auch die Wiener Kinder-und Jugendhilfe lt. Beschluss des BG Leopoldstadt vom in der Verhandlung am übereinstimmend ausgesagt hätten, dass ***1*** "mittlerweile" "hauptsächlich" bei der Mutter lebe. Das Bundesfinanzgericht sieht keine Grund an den Aussagen der Kindeseltern zu zweifeln, werden diese doch durch die offenbar in gleicher Weise getätigte Aussage der MA 11 bestätigt. Es ist daher davon auszugehen, dass ***1*** zumindest ab Mai 2020 im Haushalt der Mutter lebte. Gestützt wird diese Auffassung noch durch die Abfrage aus dem zentralen Melderegister bezügl. ***1*** und der Kindesmutter, wobei für ***1*** die Meldung ab an der gleichen Adresse, an der die Mutter mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, aufscheint.
In der mündlichen Verhandlung am verwies der Bf. nun selbst darauf, dass ***1*** ab bei ihrer Mutter lebte.
Das in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen, er habe für Mai und Juni keine Familienbeihilfe erhalten konnte noch während der Verhandlung durch Abgleich der Kontonummern widerlegt werden.
Die vom Bf. ins Treffen geführte Weitergabe der Familienbeihilfe an die Kindesmutter ändert nichts daran, dass sie zuvor an den Bf. als vermeintlich Anspruchsberechtigten überwiesen worden war und daher von ihm zurückzufordern ist (siehe die nachstehenden Ausführungen).
Bezüglich des Beschwerdevorbringens, dem Bf. sei beim Finanzamt die Auskunft erteilt worden, er könne die Familienbeihilfe trotz Unterbringung der Kinder in einer Einrichtung der MA 11 bei stattfindenden Wochenendbesuchen und teilweise Verbringung der Ferien in seinem Haushalt ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Der gute Glaube an eine (falsche) Rechtsauskunft seitens des Finanzamtes wird daher nicht geschützt ; , RV/7100264/2016; ).
Nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 steht der Kinderabsetzbetrag einem Steuerpflichtigen zu, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird und ist § 26 FLAG 1967 auch für den Kinderabsetzbetrag anzuwenden.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Aus diesen Ausführungen folgt:
Auf die in er mündlichen Verhandlung erörterte Möglichkeit beim Finanzamt einen Antrag auf Nachsicht oder auf Ratenzahlung unter Beifügung von Nachweisen der Einkommensverhältnisse, Lebenshaltungskosten und Sorgepflichten zu stellen, wird verwiesen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da das BFG im Erkenntnis einerseits der an oberer Stelle zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, anderseits sich die mangelnde Anspruchsberechtigung der Bf. direkt aus den gesetzlichen Bestimmungen des FLAG 1967 ergibt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102947.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at