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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.10.2022, RV/7500333/2022

Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Gebrauchsabgabegesetzes (Baustelleneinrichtung), Einwand gegen das Kumulationsprinzip

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0119. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungsstrafsache gegen Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Verena Sauerzopf, Naglergasse 9/17, 1010 Wien, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 und D4 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der Fassung LGBl. Nr. 57/2019, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen vom , N-1, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, dass die Strafe gemäß Spruchpunkt 7. aufgehoben wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte 1. - 6. und 8. - 13. insoweit bestätigt.

II. Gemäß § 64 VStG werden die Kosten des Verfahrens wie folgt neu bemessen:

Spruchpunkte 1. - 6. je € 216,00 und Spruchpunkte 8. - 13. je € 14,00, zusammen € 1.380,00.

III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG iVm § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Der Gesamtbetrag (Strafe € 13.800,00 und verwaltungsbehördliche Kosten € 1.380,00) beträgt € 15.180,00.

IV. Die G-1 haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG über die verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

V. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

VI. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am erging an die Beschwerdeführerin (Bf.) als Geschäftsführerin der G-1 folgendes Straferkenntnis:

Sie habe vor der Liegenschaft A-2, auf dem Parkstreifen und dem Gehsteig in den Zeiträumen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Oktober 2020
2.
November 2020
3.
Dezember 2020
4.
Jänner 2021
5.
Februar 2021
6.
März 2021
7.
01.04.-
8.
Oktober 2020
9.
November 2020
10.
Dezember 2020
11.
Jänner 2021
12.
Februar 2021
13.
März 2021


den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr diene, durch eine Baustelleneinrichtung im Ausmaß von 90 m² (Punkt 1.-7.) sowie durch eine Mobiltoilette im Ausmaß von 1m² (Punkt 8.-13.) genutzt, wobei sie hiefür bis zum (Punkt 1.-6. und 8.-13.) bzw. (Punkt 7.) weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Sie habe dadurch die Gebrauchsabgabe mit Beträgen von jeweils € 1.080,00 (Punkt 1.-6.), von € 720,00 (Punkt 7.) und von jeweils € 20,00 (Punkt 8.-13.) verkürzt und 13 Verwaltungsübertretungen begangen.

Sie habe dadurch die Rechtsvorschriften § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 (Punkt 1.-7.) sowie Tarifpost D4 (Punkt 8.-13.) des Gebrauchsabgabegesetztes (GAG) in der Fassung LGBl. Nr. 57/2019 in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der geltenden Fassung über sie folgende Strafen verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Punkt
Geldstrafen von
falls diese uneinbringlich seien, Ersatzfreiheitsstrafen
1.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
2.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
3.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
4.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
5.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
6.
2.160,00
2 Tage 12 Stunden
7.
1.260,00
1 Tag 8 Stunden
8.
140,00
13 Stunden
9.
140,00
13 Stunden
10.
140,00
13 Stunden
11.
140,00
13 Stunden
12.
140,00
13 Stunden
13.
140,00
13 Stunden


Ferner habe sie gemäß § 64 VStG € 1.506,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das seien 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/ Kosten/ Barauslagen) betrage daher € 16.566,00.

Die G-1 hafte für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen berufene Bf. verhängten Geldstrafen von insgesamt € 15.060,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 1.506,00 sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

Begründung

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG sei für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angeben sei.

Nach § 9 Abs. 1 VStG sei für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt seien, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen sei.

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Bf. die zur Vertretung nach außen berufene Person der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich gewesen sei.

Im vorliegenden Fall gehe aus der Feststellung eines Kontrollorganes der Stadt Wien sowie einer Anzeige der Landespolizeidirektion Wien hervor, dass sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, durch die angeführten Taten ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen habe.

Anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung habe die Bf. ausgeführt, die Gesellschaft habe - wie auch bei jedem anderen Bauprojekt, welches sie ausführe - einen Antrag auf Lagerung bei der MA 46 gestellt. Für die Baustelle A-2 habe sie danach einen Bescheid für die Lagerung erhalten. Da die Dauer der Baustelle nicht immer abgeschätzt werden könne, komme es vor, dass der Bescheid verlängert werden müsse. Normalerweise beantrage die Gesellschaft immer vor Ablauf des Lagerungsbescheides die Verlängerung. Bei diesem Bauvorhaben sei es leider passiert, dass nach dem September darauf vergessen worden sei. Zur Untermauerung sei der Antrag auf Verlängerung vom beigelegt worden. Bei diesem Bauvorhaben sei ein Fehler unterlaufen und habe die Bauabteilung leider vergessen, den Bescheid zu verlängern. Die Gebrauchsabgabe sei nicht absichtlich verkürzt worden. Seitens der MA 46 sei bereits der Bescheid für den Zeitraum ausgestellt und sei auch die Gebrauchsabgabe bezahlt worden.

Zu diesen Ausführungen halte die MA 6 fest:

An der Adresse A-2, sei mit der Gebrauchserlaubnis vom eine Baustelleneinrichtung im Ausmaß von 59,50 m² für den Zeitraum bis bewilligt worden. Eine weitere Gebrauchserlaubnis vom sei für eine Baustelleneinrichtung im selben Ausmaß an derselben Örtlichkeit im Anschlusszeitraum vom bis erwirkt worden. Die nächste Gebrauchserlaubnis für dieselbe an derselben Örtlichkeit sei erst mit Bescheid vom für den Zeitraum bis erwirkt worden. In der Zwischenzeit sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum weder für eine Baustelleneinrichtung noch für die Aufstellung einer Mobiltoilette eine Gebrauchserlaubnis an den verfahrensgegenständlichen Örtlichkeiten vorhanden gewesen.

Soweit vorgebracht werde, dass seitens der MA 46 bereits der Bescheid für den Zeitraum ausgestellt worden sei, sei festzuhalten, dass der Bescheid vom , womit eine Gebrauchsabgabe von € 5.040,00 vorgeschrieben worden sei, sowie die darauffolgende Beschwerdevorentscheidung vom , womit die Gebrauchsabgabe in Höhe von € 6.600,00 festgesetzt worden sei, keine Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 GAG sei, sondern die nachträgliche bescheidmäßige Festsetzung der fehlenden Gebrauchsabgabe nach § 9 Abs. 1a GAG.

Vorsätzliche Tatbegehung sei nicht angelastet worden, sondern genüge - da die gegenständlichen Strafbestimmungen über das Verschulden nichts anderes bestimmten - gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit.

Da die Taten letztlich unbestritten geblieben seien, seien die angelasteten Übertretungen als erwiesen anzusehen.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehöre der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe komme ().

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung seien Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt werde, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis € 42.000,00 zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe sei eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauere so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachhole oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde.

Für die Strafbemessung ad Spruchpunkte 1.-7. sei zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend gewesen.

Zur Strafbemessung ad Spruchpunkte 8.-13. betreffend die jeweilige Verkürzung von € 20,00 sei festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , B 149/76, B 397/76 und B 416/76, Folgendes festgestellt habe:

"Bei einer im Einzelfall derart niedrigen Abgabe (…) tritt die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurück. Es ist durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert."

Die verhängten Geldstrafen sollten durch ihre Höhe geeignet sein, die Bf. wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).

Für die Strafbemessung ad Spruchpunkte 1.-6. und 8.-13. seien jedenfalls 27 zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vorstrafen als erschwerend zu werten gewesen. Ad Spruchpunkt 7. seien 15 zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vorstrafen als erschwerend zu werten gewesen.

Als mildernd seien die gezeigte Schuldeinsicht sowie die Schadensgutmachung in vollem Umfang durch Entrichtung der fehlenden Gebrauchsabgabe zu werten gewesen.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. seien gemäß ihren Angaben berücksichtigt worden.

Die Verschuldensfrage sei aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Ausspruch über die Kosten sei in § 64 Abs. 2 VStG begründet.

---//---

In der dagegen am eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus, dass das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit angefochten werde, und zwar dem Grunde nach hinsichtlich der zu den Punkten 2.-7. und 9.-13. verhängten Strafen und insgesamt hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen.

Richtig sei, dass seitens der Gesellschaft, deren Geschäftsführerin die Beschuldigte sei, versehentlich vergessen worden sei, für den Zeitraum bis eine Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 GAG für die Baustelleneinrichtung und vom bis eine Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 GAG für die Mobiltoilette jeweils in A-2, zu beantragen bzw. die vorangehende Gebrauchserlaubnis zu verlängern. Wie richtig festgestellt worden sei, habe sowohl davor für den Zeitraum ab als auch danach bis eine aufrechte Gebrauchserlaubnis bestanden.

Wie weiter richtig festgestellt worden sei, sei die Gebrauchsabgabe für diesen Zeitraum mit Bescheid vom vorgeschrieben und in weiterer Folge beglichen worden.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG seien Handlungen und Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt werde, Verwaltungsübertretungen, die nach dem dort geregelten Strafsatz zu bestrafen seien. Die der Gesellschaft bzw. der Beschuldigten vorwerfbare Unterlassung sei, dass sie es unterlassen habe, für den Zeitraum bis (Mobiltoilette) bzw. bis (Baustelleneinrichtung) eine Gebrauchserlaubnis bzw. Verlängerung der am ablaufenden zu beantragen bzw. zu bewirken. Hierbei handle es sich um eine fortdauernde Unterlassung, somit ein Dauerdelikt. Es seien nicht jeden Monat neue Tathandlungen bzw. Unterlassungen oder neue Tatbestände gesetzt und somit auch keine neuen Verwaltungsübertretungen begangen worden.

Dies ergebe sich schon aus § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG, wonach die Verkürzung der Abgabe so lange andauere, bis die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt worden sei. Auch hieraus ergebe sich, dass es sich um ein Dauerdelikt handle.

Da es sich bei dem gegenständlichen Verstoß gegen § 16 Abs. 1 GAG somit um ein seit bestehendes Dauerdelikt handle, scheide eine gesonderte Bestrafung für jeden einzelnen Monat des Begehungszeitraumes aus. Die gemäß Punkt 2.-7. sowie 9.-13. verhängten Strafen seien daher ersatzlos zu beheben.

Darüber hinaus sei in § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG auch ausdrücklich geregelt, dass die Verkürzung der Gebrauchsabgabe mit bescheidmäßiger Vorschreibung ende. Wie im Straferkenntnis festgehalten worden sei, sei die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe mit Bescheid vom erfolgt. Somit habe in diesem Zeitpunkt die Abgabenverkürzung geendet. Eine Bestrafung für den Zeitraum danach bis sei daher unzulässig gewesen.

Wie in der im Straferkenntnis zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/17/0349, richtig festgehalten worden sei, gelte im gegenständlichen Verfahren nicht die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG normierte Beweislastumkehr. Es wäre daher an der Behörde gelegen, nachzuweisen bzw. von Amts wegen zu ermitteln, ob die Beschuldigte schuldhaft im Sinne der vorgeworfenen Fahrlässigkeit gehandelt habe. Da sie dies unterlassen habe, liege ein Verfahrensmangel vor und sei das Straferkenntnis auch diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Unabhängig davon seien die Strafen gemäß dem Straferkenntnis nicht schuld- und tatangemessen verhängt.

Die Beschuldigte bzw. die Gesellschaft, deren Geschäftsführerin sie sei, habe sowohl vor als auch nach dem vorgehaltenen Zeitraum jeweils eine Gebrauchserlaubnis im gegenständlichen Bereich bewirkt, sodass ersichtlich sei, dass es sich um ein bloßes Versehen (minderer Grad der Vorwerfbarkeit) gehandelt habe, sich am Strafverfahren beteiligt und eigene Fehler zugestanden.

Es könne bei Bauvorhaben immer wieder zu Fehlern kommen, jedoch habe die Beschuldigte bzw. die Gesellschaft diese unmittelbar nach Kenntnis immer - wie auch im gegenständlichen Fall - abgestellt und Versäumnisse nachgeholt. Auch hier sei sofort eine weitere Gebrauchserlaubnis bewirkt und die aus einem minderen Grad des Versehens verkürzte Gebrauchsabgabe nachbezahlt worden.

Schließlich sei auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschuldigten (wie auch der GmbH) in keiner Weise Rücksicht genommen worden. Bedingt durch Covid-19 - § 15a GAG sehe diesbezüglich sogar Sonderbestimmungen vor - und die damit einhergehenden Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung habe die Baubranche sehr gelitten. Damit verbunden seien exorbitante Preissteigerungen im Materialeinkauf und bei den Treibstoffkosten samt damit verbundener Lieferverzögerungen (gewesen), wodurch wiederum Vertragsstrafen gegenüber Auftraggebern ausgelöst worden seien. Dies habe durch die Sanktionen gegen Russland weiter zugenommen. All diese Tatsachen seien allgemein bekannt und evident und seien bei der Strafbemessung in keiner Weise berücksichtigt worden.

Darüber hinaus sei zum im Straferkenntnis zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 149/76, B 397/76 und B 416/76, festzuhalten, dass Verstöße gegen das dem Erkenntnis zugrundeliegende Parkometergesetz gemäß der Wiener Parkometerabgabeverordnung mit Organmandaten in Höhe von € 48,00 geahndet würden und nicht wie hier im Fall einer Abgabenverkürzung von € 20,00 mit einer Strafe in 7-facher Höhe, was völlig außer Relation zum geschützten Rechtsgut steht, auch in Bezug auf die in Gebrauch genommene Fläche von 1 m².

---//---

Mit Schreiben vom verzichtete die Bf. ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte ergänzend zum Kumulationsprinzip vor:

Wie bereits ausgeführt worden sei, habe das inkriminierte Verhalten der Bf. darin bestanden, dass die von ihr vertretene GmbH es unterlassen gehabt habe, für den Zeitraum bis eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken bzw. die davor bestandene zu verlängern. Dabei handle es sich um eine Tat, durch welche eine Abgabenverkürzung nach dem GAG bewirkt worden sei. Dem könne auch nicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom , 90/04/0174, entgegengehalten werden, weil der Verwaltungsgerichtshof dort ausdrücklich festgehalten habe, dass das Kumulationsprinzip bei ein und derselben Tat nur dann zur Anwendung gelange, wenn durch diese verschiedene Delikte verwirklicht würden. Gerade dies sei hier nicht der Fall, weil nur ein Delikt, nämlich eine Gebrauchsabgabenverkürzung, verwirklicht worden sei, die gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG so lange andauere, bis die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde. Alles andere würde zu dem absurden Ergebnis führen, dass durch die eine Tat unzählige Delikte verwirklicht würden, weil die Abgabenbehörde jeden Tag oder beliebigen anderen Zeitraum (Moment), während dem die Gebrauchserlaubnis nicht (oder verspätet) beantragt worden sei, bis sie hiervon Kenntnis erlange, daran gehindert wäre, die Gebrauchsabgabe vorzuschreiben. Dies könne jedoch weder den Bestimmungen des GAG noch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs unterstellt werden.

Im Übrigen verweise die Bf. auf ihr bisheriges Vorbringen in ihrer gegenständlichen Beschwerde und halte ihre bisherigen Anträge vollinhaltlich aufrecht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Objektive Tatseite:

Gemäß § 1 Abs. 1 Gebrauchsabgabegesetz (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, hat - unbeschadet der §§ 6 und 16 - gemäß § 9 Abs. 1a GAG die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten.

Laut Tarifpost D 1 und 4 GAG in der Fassung LGBl. Nr 57/2019 gelten die folgenden Tarife:

D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat

1. für die Lagerung von Baustoffen, Schutt, Baugeräten, Baucontainern, Lademulden oder von sonstigen Gegenständen sowie für die Aufstellung von Baugeräten, Baucontainern, Gerüsten oder Bauhütten je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 8 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 14 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 6 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 10 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für denselben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen - insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist - beantragt oder erfolgt der Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten bzw. genutzten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 20 Euro und in allen übrigen Bezirken 12 Euro. Die Lagerung von Baucontainern und Lademulden bis zu 24 Stunden ist nicht genehmigungspflichtig und abgabenfrei.

4. für Container, die dem Aufenthalt von Personen dienen, wie Baubürocontainer, Mobil-Toiletten und dgl. je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 14 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 27 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 10 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 19 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für denselben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen - insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist - beantragt oder erfolgt der Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten bzw. genutzten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 28 Euro und in allen übrigen Bezirken 20 Euro.

Gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG dauert die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Der objektive Tatbestand ergibt sich aus der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung der Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung vom , womit für bis (anstatt laut Bescheid vom eines Betrages von € 5.040,00 für 60 m² Baustelleneinrichtung im Zeitraum bis ) ein Betrag von insgesamt € 6.600,00 für 90 m² Baustelleneinrichtung und 1 m² WC-Container für jeweils sechs Monate festgesetzt wurde, da die Bf. im tatgegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführerin der G-1 bestellt war und es unterlassen hat, für die Baustelleneinrichtung und die Mobiltoilette in A-2, eine Gebrauchsbewilligung (bzw. deren Verlängerung) zu erwirken und die Gebrauchsabgabe zu den jeweiligen Fälligkeitstagen (auf § 12 GAG wird verwiesen) zu entrichten.

Daraus ergibt sich, dass eine Verkürzung der Gebrauchsabgabe für den Zeitraum 01.- gemäß Punkt 7. mangels bescheidmäßiger Nachbemessung nicht vorliegt, zumal mit dem Gebrauchsbewilligungsbescheid für den Zeitraum 19.- vom die Gebrauchsabgabe für 77 m² in Höhe von € 924,00 (€ 12,00 pro m²) ohnehin für den gesamten Monat April 2021 vorgeschrieben wurde.

Zum Tatbegriff bei Verkürzungen der bescheidmäßig festzusetzenden monatlichen Abgaben nach den Tarifposten D1 und D4:

Tat ist die Verkürzung einer bestimmten Abgabe (Gebrauchsabgabe eines bestimmten Tarifpostens) für einen bestimmten Zeitraum (Monat). Die Verkürzungshandlung liegt in der Unterlassung der Antragstellung auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach § 2 Abs. 1 Z 2 GAG mindestens acht Wochen vor der beabsichtigten Ingebrauchnahme, womit eine bescheidmäßige Festsetzung durch den Magistrat erst zeitverzögert erfolgen kann und die Abgabe in der Folge nicht gesetzeskonform entrichtet wird.

Die durch Unterlassung einer fristgerechten Antragstellung bewirkte Verkürzung wird hinsichtlich des monatlichen Tatzeitraumes jeweils durch die Zustellung eines Nachbemessungsbescheides bzw. wie im gegenständlichen Fall der den Bescheid abändernden Beschwerdevorentscheidung beendet.

Die durch den Bf. vertretene Gesellschaft hat in sechs Monaten den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Gebrauch genommen, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis für jeweils der Tarifpost D1 (Punkt 1.-6.) bzw. D4 (Punkt 8.-13.) unterliegende Gegenstände zu erwirken und damit 12 Verwaltungsübertretungen als Dauerdelikte bis jeweils begangen.

Der Bescheid vom ist ein Sammelbescheid zu mehreren Abgabenschuldigkeiten. Zu jedem Tatzeitraum (Monat) wäre spätestens acht Wochen vorher eine Gebrauchsbewilligung zu beantragen gewesen.

In der Unterlassung der Bekanntgabe der für die Erlassung des Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheides erforderlichen Daten nach § 2 Abs. 1 Z 2 GAG liegt somit jeweils der objektive Tatbestand der der Bf. angelasteten Verwaltungsübertretungen.

Subjektive Tatseite:

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Nach dem Firmenbuchauszug war bzw. ist die Bf. im Zeitraum D-1 bis D-2 sowie ab D-3 handelsrechtliche Geschäftsführerin der G-1. Sie war daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG im Tatzeitraum zur Einhaltung der abgabenrechtlichen Bestimmungen verpflichtet.

Hinsichtlich der für eine Strafbarkeit geforderten subjektiven Tatseite genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit, also eine Sorgfaltspflichtverletzung in der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Belange.

Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit hat der VwGH festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden kann, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. ).

Die Bf. hat die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt, indem sie für die verfahrensgegenständlichen Monate die gebotene Sorgfalt verletzt hat, eine Gebrauchsbewilligung zu erlangen, und somit die bescheidmäßige Festsetzung durch die Behörde verzögert hat. Die jeweilige Verkürzung ist durch 12 Außerachtlassungen der gebotenen Sorgfalt eingetreten.

Zweifelsfrei hätte die Bf. bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt, zu der sie als Geschäftsführerin nach den Umständen verpflichtet und die ihr auch zweifelsfrei zuzumuten war, den Ablauf der Gebrauchserlaubnis - bei ordnungsgemäßer Terminvormerkung bzw. Terminverwaltung - erkennen und die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis erwirken können.

Wie die vorangegangenen (teils rechtskräftigen) verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren (N-2, N-3, N-4, N-5, N-6, N-7, N-8, N-9, N-10, N-11, N-12) aufzeigen, sind ihr die einschlägigen Bestimmungen inklusive Strafkonsequenzen bei Nichtbefolgung bekannt.

Im Gegensatz zur Rechtfertigung der Bf. handelt es sich angesichts der genannten Vorverfahren nicht um einen das Verschulden ohnehin nicht ausschließenden minderen Grad des Versehens, da er als leichte Fahrlässigkeit zu verstehen ist (), sondern liegt im gegenständlichen Fall sogar grobe Fahrlässigkeit vor.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt ().

Eine Verkürzung ist immer dann bewirkt, wenn eine Abgabe nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erhoben werden kann. Wäre fristgerecht jeweils eine Verlängerung der Bewilligung beantragt worden, hätte die Behörde schneller eine bescheidmäßige Festsetzung vornehmen können und wären die Abgaben früher zu entrichten gewesen.

Auch aus dem Vorbringen, dass sowohl vor als auch nach dem vorgehaltenen Zeitraum jeweils eine Gebrauchserlaubnis im gegenständlichen Bereich erwirkt worden sei, lässt sich nichts gewinnen, zumal lediglich eine Verwendung des öffentlichen Grundes im Ausmaß von 77 m² anstatt 90 m² Baustelleneinrichtung und 1 m² Mobil-Toilette angezeigt und der Gebrauchsabgabe unterzogen wurde.

Zweifelsfrei hätte die Bf. bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt, zu der sie als Geschäftsführerin der Gesellschaft nach den Umständen verpflichtet und die ihr auch zuzumuten war, den Ablauf der Gebrauchserlaubnis mit - bei ordnungsgemäßer Terminvormerkung bzw. Terminverwaltung - erkennen und die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis erwirken sowie die zeitgerechte Entrichtung der Gebrauchsabgabe veranlassen können. Eine fahrlässige Handlungsweise ist der Bf. somit vorwerfbar.

Durch das fahrlässige Verhalten der Bf. hat die Behörde die Abgaben nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erhalten, sondern musste erst nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung vorgehen.

Einwand des Vorliegens eines Dauerdeliktes:

Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind gemäß § 22 Abs. 2 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

Gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG dauert die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Aus dem Einwand der Bf., dass es sich bei den angelasteten Verwaltungsübertretungen nach § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG, wonach die Verkürzung der Abgabe so lange andauere, bis die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde, um ein Dauerdelikt handle, das nur einmal zu bestrafen sei, lässt sich nichts gewinnen, weil die Gebrauchsabgaben nach Tarifpost D1 und D4 als monatlich zu entrichtende Abgaben normiert sind, deren Verkürzung jeweils eine eigene Tathandlung darstellt, die gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG zwar als Dauerdelikt, aber eben gesondert für jeden Monat des Tatzeitraumes bis zur Nachholung der Selbstbemessung oder bescheidmäßigen Festsetzung andauert.

Sollte die Bf. damit jedoch gemeint haben, dass im gegenständlichen Fall nicht bloß ein Dauerdelikt, sondern auch ein fortgesetztes Delikt vorliegt, so wird dazu Folgendes festgestellt:

Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen ().

Die Strafenkumulierung, die im Rahmen des Verwaltungsstrafrechtes gemäß § 22 Abs. 2 VStG gilt, ergibt sich schlicht als Folge des Umstands, dass beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen für jedes (selbstständig verwirklichte) Delikt eine eigene Strafe zu verhängen ist (zB ).

"Nebeneinander" zu verhängen sind stets Einzelstrafen. Mehr noch wäre es gesetzwidrig, bloß eine einzige - die Sanktionen unterschiedlicher Straftatbestände - zusammenfassende "Gesamtstrafe" zu verhängen; und zwar deshalb, weil diesfalls die Strafzumessung für die rechtlich selbstständigen Einzeltaten nicht mehr überprüfbar ist ().

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird, hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet ().

Liegt allerdings ein fortgesetztes Delikt oder eine tatbestandliche Handlungseinheit vor, so ist die Anwendung des in § 22 Abs. 2 VStG normierten Kumulationsprinzips ausgeschlossen ().

Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Strafenkumulierung besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim fortgesetzten Delikt (vgl. ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein fortgesetztes Delikt vor, wenn eine Reihe von Einzelhandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss umfasst war und wegen der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs zu einer Einheit zusammentraten (vgl. ).

Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen die Einzelakte von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, vom sogenannten Gesamtvorsatz getragen sein, das heißt, der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise, erreichen will. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den angestrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen (vgl. erneut ; zum Fahrlässigkeitsdelikt vgl. erneut ). Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, wird von Delikt zu Delikt verschieden sein und hängt im besonderen Maße von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden ().

Mit ihrem Einwand übersieht die Bf., dass gegenständlich übereinstimmend mit der bisherigen Verantwortung bzw. dem Beschwerdevorbringen, es sei verabsäumt worden, rechtzeitig um Verlängerung der Gebrauchserlaubnis anzusuchen, ihr lediglich fahrlässiges Verhalten angelastet wurde und schon die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. ).

Somit kommt dem rechtlichen Einwand, es liege ein (als Dauerdelikt bezeichnetes) Fortsetzungsdelikt vor und es wäre von der Verwaltungsstrafbehörde nur jeweils eine Strafe zu verhängen gewesen, keine Berechtigung zu.

Strafbemessung:

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 42.000 Euro zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aufgrund einer vom Beschuldigten oder aufgrund einer zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf gemäß § 42 VwGVG in einem Erkenntnis oder in einer Beschwerdevorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Verfahrensgegenständlich liegen 12 Verwaltungsübertretungen vor, die wegen der Verkürzung für jeweils einen monatlichen Tatzeitraum den gesetzlichen Vorgaben folgend 12 Geldstrafen nach sich ziehen, für die ein Strafausspruch zu tätigen und eine Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen ist.

Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß des jeweiligen Verkürzungsbetrages maßgebend (eine Verkürzung liegt bereits dann vor, wenn die geschuldete Abgabe nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entrichtet wird, es ist nicht gefordert, dass eine Abgabe auf Dauer entzogen werden sollte), wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollten, den Bf. wirksam von weiteren Sorgfaltspflichtverletzungen abzuhalten (Spezialprävention).

Ausgehend von einer fahrlässigen Handlungsweise sah die Verwaltungsstrafbehörde bei der Strafbemessung zutreffend als mildernd die Schuldeinsicht, die als Geständnis gewertet werden konnte, sowie, dass die verkürzten Abgaben zeitnah entrichtet wurden und somit Schadensgutmachung vorliegt.

Als erschwerend wurden von der belangten Behörde 27 rechtskräftige Vorstrafen gewertet. Aktenkundig sind jedoch 35 Verwaltungsübertretungen, die allerdings wegen des Verbotes der reformatio in peius gemäß § 42 VwGVG keine Straferhöhung bewirken.

Ihre von der Bf. in ihrer Rechtfertigung vom bekanntgegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse von monatlichen Einkünften von jeweils € 5.000,00 und der Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder wurden ebenfalls bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Hingegen lässt sich aus ihrem Einwand, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in der Baubranche durch die Covid-19-Maßnahmen und Russland-Sanktionen, die damit verbundenen exorbitanten Preissteigerungen im Materialeinkauf und bei den Treibstoffkosten samt den damit in Zusammenhang stehenden Lieferverzögerungen sehr gelitten habe, nichts gewinnen, weil es bei der Strafbemessung nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des haftungspflichtigen Verbandes, sondern ausschließlich der Beschuldigten selbst ankommt (vgl. ; Reger/ Hacker/ Kneidinger, Finanzstrafgesetz, Band 1, § 23 Rz 5).

Auch das Vorbringen der Bf., dass Verstöße gegen das Parkometergesetz mit Organmandaten in Höhe von € 48,00 geahndet würden und nicht wie hier im Fall einer Verkürzung der Gebrauchsabgabe von € 20,00 mit einer Strafe in 7-facher Höhe, geht ins Leere, weil bei einer maximalen Verkürzung der Parkometerabgabe von € 4,40 für 120 Minuten die Geldstrafe von € 48,00 fast das 11-fache beträgt.

Zu Recht verweist die belangte Behörde dazu auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , 8149/76, 8397/76 und 8416/76, dass bei einer im Einzelfall derart niedrigen Abgabe die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurücktritt und es durchaus nicht unsachlich ist, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert ( und RV/7500011/2022).

Die von der Verwaltungsstrafbehörde zu den Punkten 1. - 6. und 8. - 13. festgesetzten Strafen wurden daher zu Recht verhängt. Hingegen war die zu Punkt 7. festgesetzte Strafe aufzuheben.

lm Falle der Uneinbringlichkeit ist gemäß § 16 Abs. 1 und 2 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen sowie gemäß § 16 Abs. 1 GAG von bis zu sechs Wochen festzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht ebenfalls dem festgestellten Verschulden der Bf. in der Vernachlässigung abgabenrechtlicher Verpflichtungen der durch sie vertretenen Gesellschaft.

Haftung:

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Somit waren hinsichtlich der G-1 Haftungsinanspruchnahmen für die verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten auszusprechen (siehe ).

Kostenentscheidung:

In jedem Straferkenntnis ist gemäß § 64 Abs. 1 VStG auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist gemäß § 64 Abs. 2 VStG für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 EURO zu bemessen.

Die Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren ergeben sich aus § 64 VStG und waren auf € 1.380,00 herabzusetzen.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens waren daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht festzusetzen.

Vollstreckungsbehörde:

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 64 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 64 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 16 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
§ 22 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 42 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 16 Abs. 1 und 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 7 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise












ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500333.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at