1. Vertreterpauschale 2. Kein Nachweis der ausschließlichen Vertretertätigkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Gregorich & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Heiligenstädter Str 50 Tür 1.Stock, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (infolge Bf) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
In der am elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte die Bf das Vertreterpauschale.
Der Bf wurde das Ergänzungsschreiben vom zur Beantwortung mit folgendem Inhalt übermittelt:
"… Bitte stellen Sie Ihre berufliche Tätigkeit detailliert dar. Schließen Sie Verträge ab? Bitte legen Sie den Dienstvertrag bei und die monatlichen Lohnzettel.
Um Vorlage von Reiseaufzeichnungen als Nachweis für die überwiegende Außendiensttätigkeit wird ersucht.
Welche Kosten entstehen Ihnen durch Ihre Tätigkeit, die nicht vom Dienstgeber getragen werden (Nachweis mittels Belegen erforderlich)"?
Aus dem am elektronisch eingelangten Schreiben - samt Beilage des Dienstvertrages vom /, der Lohn und Gehaltsabrechnungen, und der Arbeitgeberbestätigung vom - geht hervor, dass die Bf als Area Sales Managerin MICE arbeite und verantwortlich sei für den Verkauf von Hotelzimmerkontingente in der ***F*** Gruppe an Großkunden. Sie tätige Reisen im Inland und Ausland und präsentiere die Angebote bei Kunden im Inland und Ausland. Die Bf. schließe rechtsverbindliche Verträge für ihren Arbeitgeber ab. Laut Bf. seien aufgrund der Coronasituation im Jahr 2020 keine Aufzeichnungen von Seiten der Klienten geführt worden. Desweiteren sei die Bf. für wenige Monate in Kurzarbeit gewesen.
Auf die Gesetzesstelle Werbungskostenpauschale VO zu § 17 (6) - § 1 Z 9 iVm.§ 5 (5) wird verwiesen.
Das Firmenauto und Hotelkosten inkl. Verpflegung seien vom Arbeitgeber übernommen worden. Sie nächtige nur in den ***F*** Hotels (Arbeitgeber). Für private Ausgaben seien keine Belege gesammelt worden.
Aus dem beigelegten Dienstvertrag vom / geht auszugsweise folgendes hervor:
"1. Beginn und Dauer des Dienstverhältnisses
Beginn des Dienstverhältnisses bei der ***FS*** GmbH: .
Festgehalten wird das Ersteintrittsdatum mit bei der ***FS*** GmbH. Die ***FS*** GmbH wird das bestehende Dienstverhältnis des Dienstnehmers samt allen damit verbundenen Rechten und Pflichten sowie auch alle seine bestehenden Ansprüche von seinen bisherigen Dienstgebern der ***F*** Gruppe, übernehmen.
2. Kündigung
…
3. Vorgesehene Dienstverwendung
Der Dienstnehmer wird als Area Sales Manager MICE beschäftigt. Er ist verpflichtet, alle damit verbundenen Arbeitsleistungen zu verrichten. Er ist weiters verpflichtet, auch andere gleichwertige oder vorübergehend geringerwertige Tätigkeiten auszuüben.
…
4. Gewöhnlicher Arbeitsort
Der gewöhnliche Arbeitsort ist der der Campus Austria ***W***. … ***WN***. Die Aufnahme des Dienstnehmers erfolgt aber jedenfalls für alle bestehenden und künftigen Betriebsstätten des Dienstgebers. Der Dienstgeber behält sich die Versetzung an einen anderen Arbeitsort vor. Der Dienstnehmer erklärt sich bereit, über Verlangen des Dienstgebers seine Dienste auch am neuen Arbeitsort zu leisten.
5. Arbeitszeit
Die regelmäßige wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden.
Die Arbeitszeit ist dem Geschäftsverlauf und den notwendigen Arbeiten anzupassen. Der Dienstnehmer verpflichtet sich, vom Dienstgeber angeordnete Mehrarbeiten und Überstunden zu leisten.
6. Gleitzeitvereinbarung
Der Dienstvertrag beinhaltet die Vereinbarung über Gleitzeit zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber gemäß beilegendem Annex. Mit der Unterfertigung des Dienstvertrages bestätigt der Dienstnehmer, alle Punkte des Annex gelesen, verstanden und akzeptiert zu haben.
7. Entlohnung
…
Der Dienstnehmer erhält für sämtliche von ihm erbrachten Dienstleistungen ein monatliches Fixgehalt von brutto EUR 4.500.00.
…
Mit der tatsächlich gewährten Überzahlung auf das obige Grundgehalt sind im Kalenderjahresschnitt sämtliche Mehr- und Überstunden, die Arbeit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen sowie Reisezeiten und Arbeits- bzw. Rufbereitschaften abgegolten. Eine gesonderte Abgeltung dieser genannten Mehrleistungen erfolgt daher nicht.
Die Gehaltszahlung erfolgt jeweils am Letzten eines jeden Kalendermonates im Nachhinein auf das vom Dienstnehmer bekanntgegebene Konto.
8. Urlaubsanspruch
…".
Laut beigelegter Arbeitgeberbestätigung vom umfasst der Tätigkeitsbereich: "Abschluss von Geschäften sowie Kundenbetreuung, Vermittlungs- und Verkaufsfunktionen. Die Tätigkeiten zählen zum zentralen Aufgabenbereich der Dienstnehmerin undwurden …. vom bis nahezu ausschließlich ausgeübt, wobei von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst erbracht wurde".
Der Einkommensteuerbescheid 2020 vom erging ohne Berücksichtigung des Vertreterpauschales mit der Begründung:
"Wenn Ihnen aus der entsprechenden Tätigkeit kein Aufwand entsteht, welcher vom Dienstgeber nicht erstattet wird, kann das Vertreterpauschale nicht berücksichtigt werden".
Die Beschwerde wurde elektronisch über Finanzonline am (samt nochmaliger Beilage der Arbeitgeberbestätigung vom ) mit folgender Begründung eingebracht:
"Unsere Mandantin arbeitet als Area Sales Managerin MICE und ist verantwortlich für den Verkauf von Hotelzimmerkontingente in der ***F*** Gruppe an Großkunden, Reisen im Inland und Ausland, Präsentation der Angebote bei Kunden im Inland und Ausland. Desweiteren darf unsere Mandantin rechtsverbindliche Verträge mit Dritten abschließen.Eine dementsprechende Arbeitgeberbestätigung wurde bereits an das Finanzamt übermittelt.Dies haben wir bereits dem Finanzamt mit dem Ersuchen um Ergänzung am mitgeteilt, dies wurde aber nicht berücksichtigt.
Desweiteren weisen wir auf die einschlägige Literatur hin:
Im ergangenen Erkenntnis , hat das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf das bereits mehrfach genannte Erkenntnis des ,bestätigt, dass ein Nachweis der Höhe von Aufwendungen bei Geltendmachung der Pauschale nicht notwendig ist.
Auszug aus dem : "Auf Grund der Verordnung kommt es dem Finanzamt nicht zu, für die Gewährung der vom übergeordneten Bundesminister für Finanzen gewährten Pauschalbesteuerung von Vertretern einen Nachweis der Tragung der Kosten zu verlangen."
Die Pauschalierung von Werbungskosten soll der Verwaltungsvereinfachung dienen und nicht zu bürokratischen Hürden führen. Selbstverständlich sind Ausgaben im Zusammenhang mit der Vertretung angefallen. Da jedoch von Anfang an klar war, dass die Pauschale berücksichtigt wird,wurden diese nicht vollständig gesammelt.Wir bedanken uns vorab für die Korrektur".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen mit folgender Begründung:
"Da alle im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung erwachsenden als Werbungskosten abzuziehenden Ausgaben und Aufwendungen vom Dienstgeber ersetzt werden, die vom allgemeinen Pauschbetrag von 132 € nach § 16 Abs. 3 EStG 1988 abgedeckt werden, haben Sie keine zusätzlichen Ausgaben oder Aufwendungen aus dem versteuerten Einkommen zu tragen. Es konnte daher das Vertreterpauschale nicht berücksichtigt werden".
Über Finanzonline wurde am der Vorlageantrag mit folgendem Inhalt eingebracht:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
im Auftrag und Vollmachtsnamen unserer im Betreff genannten Mandantin stellen wir gemäß
§ 264 BAO den Antrag, über die Bescheidbeschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht zu entscheiden.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde unsere Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Begehrens wird auf die Beschwerde vom verwiesen. Desweiteren möchten wir folgende Ergänzungen einbringen:
Es wurden im Jahr 2020 keine Kostenersätze gemäß § 26 EStG an die Mandantin ausbezahlt. Weiters ist auch keine Nachvollziehbarkeit im Zusammenhang mit der Gewährung der Vertreterpauschale ersichtlich, denn in den Jahren 2016-2018 wurde die Vertreterpauschale gewährt".
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Bf wurde folgender Vorhalt vom zur Beantwortung übermittelt:
"Für die Inanspruchnahme des Vertreterpauschales bedarf es einer ausschließlichenVertretertätigkeit (siehe § 1 Z 9 VO BGBl II 2001/382).
a) Laut Dienstvertrag Punkt 3 sind sie als "Area Sales Manager MICE beschäftigt undverpflichtet, alle damit verbundenen Arbeitsleistungen zu verrichten.Weiters sind sie verpflichtet, auch andere gleichwertige oder vorübergehend geringerwertigeTätigkeiten auszuüben".
Daraus ergibt sich, dass sie auch andere Tätigkeiten verrichten.
Bitte Beschreibung dieser anderen Tätigkeiten samt Beilage von konkreten Aufzeichnungen.
In welchem Ausmaß werden diese anderen Tätigkeiten im Vergleich zur Vertretertätigkeit vonIhnen ausgeführt.
Handelt es sich dabei um Innendiensttätigkeiten?
b) Was bedeutet Kurzarbeit für ihre Tätigkeiten? (Innendienst, Außendienst)
Bitte Vorlage einer Aufstellung der Kurzarbeitstage/Monate.
c) Was bedeutet "Area Sales Manager MICE" für ihre gegenständliche Tätigkeiten(Vertretertätigkeit, bzw. der anderen Tätigkeiten)?
Vorlage der Stellenbeschreibung bzw. -ausschreibung des Arbeitgebers.
d) Bitte Zuordnung ihrer Tätigkeiten zum Außendienst und Innendienst und Bekanntgabe inwelchem Ausmaß Innendienst und in welchem Ausmaß Außendienst vorliegt.
e) Ihre Ausführungen sind durch Beilage von Unterlagen zu bekräftigen (Dienstaufzeichnungen,Zeitkartenaufzeichnungen, Kalenderaufzeichnungen etc.). Auch alle Ihnen vorliegenden Unterlagen von den Geschäftsterminen im Jahr 2020 (ein Vertreterpauschale wurde im Jahr 2019 nicht gewährt) - Geschäftsabschlüsse, Verträge, Geschäftsanbahnung - sind dem BFG zuübermitteln…".
Mit E-Mail vom und der Beilage von Zeitaufzeichnungen für April bis Dezember 2020, der Arbeitgeberbestätigung vom , sowie der "Job Description ***G***" wurde der Vorhalt wie folgt beantwortet:
Zu Komplex a):
Arbeitgeberbestätigung anbei. Konkrete Aufzeichnungen werden nicht durchgeführt. Im Innendienst werden die Abschlüsse bearbeitet und vorbereitet.
Zu b)
Der Kurzarbeitszeitraum war von -. Aufzeichnung lt. Zeiterfassung anbei.
Dieser Punkt ist für die Gewährung der Vertreterpauschale für das Jahr 2020 zu vernachlässigen, da gemäß derVerordnung zu § 17 Abs. 6 EStG eine Ausnahme fixiert wurde. VO § 5 Abs. 5: § 1 Z 9 ist nicht anwendbar, wennaufgrund der COVID-19-Krise im Kalenderjahr 2020 nicht mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienstverbracht wurde.
Desweiteren waren die Geschäftskunden im Jahr 2020 großteils im Lockdown - wurden per Gesetz vorübergehendgeschlossen.
Zu c)
Beschreibung anbei
Zu d)
60% Außendienst und 40 % Innendienst
Zu e)
Gemäß der Firmenpolitik werden keine Geschäftsabschlüsse und Verträge unserer Kunden und Partner an Dritteweitergeleitet - Datenschutz.
Betreffend den Geschäftsterminenist die Ausnahme von Punkt b) anwendbar…".
Aus der beigelegten Arbeitgeberbestätigung vom geht folgendes hervor:
"Ihr Tätigkeitsbereich umfasst:
Abschluss von Geschäften sowie die Kundenbetreuung, Vermittlungs- und Verkaufsfunktionen
Die o.a. Tätigkeiten zählen zum zentralen Aufgabenbereich der Dienstnehmerin und wurden vom bis und vom bis ausgeübt. Aufgrund dessen war Frau … (Bf) sehr oft im Außendienst tätig."
Aus der beigelegten "Job Description ***G***" geht folgendes hervor:
Job Description ***G*** General
Position: Area Sales Manager MICE
Reporting zu Group Director of Sales
Führungsverantwortung : Regional Sales Manager MICE
für:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Result Performance | |
Finance | Mark performance |
• Top Line Revenue aller Hotels der ***G*** Hotelgruppe mit speziellem Fokus auf den Source Markt DACH | • Market Share Performance • Erhöhung des Marktwertes • Markttrends |
Prozess & Organisation | Entwicklung von Teammitgliedern |
• Sales & Marketing-Richtlinien • Kommunikation Sales & Marketing • Monatliches Reporting • Informationsfluss via Group Director of Sales - strukturiert, regelmäßig, und zielorientiert | • Führen und motivieren des Teams • Teamentwicklung • Strukturierte und regelmäßige Feedbeeck Meetings mit klaren und zielgerichteten Zielen |
Main Duties | |
• Führung eines regionalen Sales Teams und Koordinierung aller Event und Bankett Sales Koordinatoren in Österreich mit dem starken Fokus auf das MICE (Incentive und Sport-Segment) • Entwicklung, Implementierung und Optimierung der vorgegebenen Sales Strategie und den damit verbundenen Aktionsplänen für das MICE und Sportsegment in der DACH Region • Identifizieren und entwickeln von neuen Verkaufskanälen in den relevanten Märkten • Entwicklung des Sport- und Incentivesegmentes mit speziellen Promotions, Paketen und Events • Regelmäßige Absprache mit den Hoteldirektoren der verantwortlichen Hotels, pro active Vorschläge von Paketen und Promotions für die Hotels • Pro-aktive Großkundenbetreuung und strategisches Kundenmanagement auf nationaler und internationaler Ebene, verbunden mit einer hohen Reisetätigkeit in In- und Ausland, um die Verkaufsziele von bestehenden Kunden zu erreichen und neue Kunden zu gewinnen • Vertragsmanagement von bestehenden und neuen Kunden (Agenturen, Firmen, und Netzwerken) inkl. Verhandlungsführung und -abschluss. • Planung und Repräsentanz bei Messen, Workshops und Kundenveranstaltungen • Organisation und Durchführung von Verkaufsreisen, Kundenfahrten (FamTrips) für Produktschulungen in den Hotels, sowie von Verkaufsgesprächen • Planung und Briefing von B2B Marketing Aktionen • Entwicklung und Führung von lokalen, regionalen und anderen Wirtschaftskooperationen • Verkaufsberichte in Protel führen • Recruiting, Training, Führung und Entwicklung von Sales Managern, sowie Event und Bankett Koordinatoren in Österreich • Führung des GSA (General Sales Agents) in Deutschland, sowie die Durchführung aller gemeinsamen Verkaufsreisen, Kundenveranstaltungen und Workshops • Markt- und Trendbeobachtung • Enge Zusammenarbeit mit Hotels und anderen zentralen Stellen wie Reservierung, Marketing und Finance |
Zwecks Wahrung des Parteiengehörs wurde die Vorhaltsbeantwortung samt den Unterlagen dem Finanzamt zur Kenntnis übermittelt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf. ist seit als Area Sales Manager MICE tätig.
Laut Dienstvertrag ist sie verpflichtet, "alle damit verbundenen Arbeitsleistungen zu verrichten. Weiters ist sie verpflichtet, auch andere gleichwertige oder vorübergehend geringer wertige Tätigkeiten auszuüben".
Die Hauptaufgaben ergeben sich aus der von der Bf. vorgelegten "Job Description" auf die im Punkt I (um Wiederholungen zu vermeiden) verwiesen wird.
Hinsichtlich "der anderen gleichwertigen oder vorübergehend geringer wertige Tätigkeiten" ist nichts bekannt.
Das Ausmaß der Außendiensttätigkeit in den Monaten Jänner bis März 2020 ist nicht bekannt. Reise- und Zeitaufzeichnungen für Jänner bis März 2020 fehlen bzw. wurden von der Bf. nicht vorgelegt.
Aufgrund der Covid- Pandemie (aufgetreten ab in Österreich) befand sich die Bf. vom April bis September 2020 in Kurzarbeit. Aus den vorgelegten Zeitaufzeichnungen ergeben sich für 2020 15 Reisetage (4 Tage im Juli, 2 Tage im August, 4 Tage im September, 4 Tage im Oktober, 1 Tag im November). Die übrige Zeit befand sich die Bf. im Homeoffice bzw. im Büro (bzw. in Urlaub, Krankenstand, oder Gleitzeit).
Beweiswürdigung
Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund des Vorbringens der Bf., der vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile sowie dem beim BFG erfolgten Ermittlungsverfahrens, Vorhalt vom , E-Mail vom , und der im Verfahren vorgelegten Beweismittel wie insbesondere Dienstvertrag, Arbeitgeberbestätigung vom und , "Job Description", Zeitaufzeichnungen April bis Dezember 2020, und den Gehalts-/Lohnzetteln.
Aus den von der Bf vorgelegten Unterlagen insbesondere der "Job Description", dem Dienstvertrag, und der Arbeitgeberbestätigungen vom und ergibt sich weder eine ausschließliche Beschäftigung im Bereich Verkauf noch eine ausschließliche Vertretertätigkeit. Der Tätigkeitsbereich der Bf. umfasst auch andere Aufgaben, die mit dem direkten Verkaufsgeschehen nicht zusammenhängen.
In der von der Bf. vorgelegten Arbeitgeberbestätigung vom wird auch nur mehr bestätigt, dass von der Bf. als Area Sales Managerin Geschäftsabschlüsse, Kundenbetreuung Vermittlungs- und Verkaufsfunktionen "… vom bis ausgeübt wurde. Aufgrund dessen wardie Frau … (Bf.)sehr oft im Außendienst tätig".
Nicht jede im Bereich des Verkaufes ausgeübte Tätigkeit ist eine Vertretertätigkeit bzw. kann als Vertretertätigkeit bezeichnet werden.
Mangels entsprechend beigebrachter Unterlagen bzw. konkreter Ausführungen zu den Tätigkeiten im Innendienst kann nicht festgestellt werden, ob es sich dabei um andere Tätigkeiten "in völlig untergeordnetem Ausmaß" oder ob es sich tatsächlich um Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Vertretertätigkeit handelt. Trotz Vorhalt vom , die anderen Tätigkeiten im Innendienst nachzuweisen und bekanntzugeben, bzw. die Tätigkeiten nach ihrem Ausmaß zu splitten, ist die Bf. dem Ersuchen nicht nachgekommen.
Ob sämtliche von der Bf. erbrachten Tätigkeiten (im Innendienst) ausschließlich einer Vertretertätigkeit zuzuordnen sind, kann somit nicht beurteilt werden. Dies auch im Hinblick darauf, dass über die anderen Tätigkeiten (im Innendienst) und das Ausmaß nichts bekannt ist.
Dass ausschließlich die von der Bf. getätigten Geschäftsabschlüsse und die Verträge im Innendienst bearbeitet wurden, wurde nicht bewiesen. Gibt doch die steuerliche Vertretung der Bf im E-Mail vom an, dass keine konkreten Aufzeichnungen geführt wurden.
Die Aufteilung 60% Außendienst und 40% Innendienst, wie im E-Mail vom steuerlichen Vertreter der Bf. angemerkt, ist nicht nachvollziehbar. Wird doch durch die Arbeitgeberbestätigung vom nur bestätigt, dass die Bf. "sehr oft im Außendienst" war. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die Bf. für Jänner, Februar und März 2020 keine Reisetätigkeit erwähnt hat und von April bis Dezember 2020 15 Reisetage in den Zeitaufzeichnungen aufscheinen, wobei nach Beendigung der Kurzarbeit am die Reisetätigkeit der Bf. lediglich mit fünf Tagen (4 Reisetage im Oktober, 1 Reisetag im November) zu Buche schlägt.
Anstatt Nachweise für eine ausschließliche Vertretertätigkeit beizubringen, gab die Bf. im E-Mail vom lediglich an, dass "gemäß der Firmenpolitik keine Geschäftsabschlüsse und Verträge unserer Kunden und Partner an Dritte weitergeleitet werden zwecks Datenschutz".
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtsgrundlagen
Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.
Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 382/2001 (in der Folge: PauschVO), erlassen. Deren § 1 Z 9 lautet:
"§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
1. bis 8. […]
9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.
10. bis 11. […]"
§ 2 der PauschVO lautet:
"§ 2. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge sind die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge und abzüglich der sonstigen Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind (Bruttobezüge gemäß Kennzahl 210 abzüglich der Bezüge gemäß Kennzahlen 215 und 220 des amtlichen Lohnzettelvordruckes L 16). […]"
"§ 4. (1) Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 kürzen die jeweiligen Pauschbeträge." § 4 Abs 1 der PauschVO in der Fassung BGBl II 68/2018 ist ab der Veranlagung 2018 anzuwenden (§ 6 Abs 4 der PauschVO).
In § 6 wird folgender Absatz 5 angefügt (BGBl II 2021/39 ausgegeben am ):
(5) § 1 Z 9 ist auch anwendbar, wenn aufgrund der COVID-19-Krise im Kalenderjahr 2020 nicht mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht wurde.
Erwägungen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des Vertreters nach der Verkehrsauffassung auszulegen (vgl zB , 2008/15/0231). Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl , mwN). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit; vgl , mwN). Auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört gem § 1 Z 9 dritter Satz VO BGBl II 382/2001 zur Vertretertätigkeit. Hierzu zählen etwa Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen oder Entgegennahme von Waren (vgl unter Verweis auf 2885 und 2994/80).
Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben (vgl zB ). Das in der Verordnung normierte Erfordernis einer "ausschließlich" ausgeübten Vertretertätigkeit kann nach der Rechtsprechung des VwGH auch noch erfüllt sein, wenn gemessen an der Gesamtarbeitszeit "in völlig untergeordnetem Ausmaß" zusätzlich auch eine andere Tätigkeit ausgeübt wird (vgl ; ; ).
Dass eine dem Berufsbild eines Vertreters zugehörige Tätigkeit "vorrangig" oder "hauptsächlich" ausgeübt wird, reicht zur Bejahung des Erfordernisses der Ausschließlichkeit nach den Maßstäben der Rsp des VwGH allerdings nicht aus (vgl mwN).
Auch wenn die Bf nun vorbringt, dass für 2020 aufgrund der Pandemie eine Änderung der VO erfolgt sei und die Erleichterung, des § 1 Z 9 nun anwendbar ist, wenn aufgrund der COVID-19-Krise im Kalenderjahr 2020 nicht mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht wurde, so ändert sich an der abweisenden Beurteilung nichts, zumal die geforderte Voraussetzung der ausschließlichen Vertretertätigkeit nicht erfüllt ist.
Wie schon ausgeführt, kann aus den Unterlagen nicht entnommen werden, dass die Bf. ausschließlich als Vertreterin tätig ist. Wie der VwGH bei einem Verkaufsleiter ausgeführt hat, kann nicht jede im Bereich des Verkaufes ausgeübte Tätigkeit als Vertretertätigkeit bezeichnet werden. Dies gelte insbesondere für die wahrgenommen innerorganisatorische Aufgaben im Rahmen des Verkaufsgeschehen sowie für die Mitwirkung bei der Einstellung, der Schulung und bei der Überwachung der im Verkauf tätigen Mitarbeiter ().
Im gegenständlichen Fall können aufgrund der insoweit unterlassenen Mitwirkung der Bf an der Sachverhaltsermittlung insbesondere keine konkreten Feststellungen zu den anderen Tätigkeiten der Bf. im Innendienst getroffen werden, sodass nicht beurteilt werden kann, ob es sich hierbei dem Grunde nach um Vertretertätigkeiten iSd Verkehrsauffassung handelte. Weiters können aufgrund der Mangelhaftigkeit der Zeit/Reiseaufzeichnungen keine konkreten Feststellungen über das Ausmaß dieser Tätigkeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit getroffen werden. Sollten im gegenständlichen Fall (im Innendienst) Tätigkeiten verrichtet worden sein, die nicht als Vertretertätigkeit qualifizieren, kann somit auch nicht beurteilt werden, ob diese gemessen an der Gesamtarbeitszeit iSd Rsp des VwGH "in völlig untergeordnetem Ausmaß" ausgeübt wurden.
Dass die anderen Tätigkeiten (im Innendienst) gemessen an der Gesamtarbeitszeit nur im untergeordneten Ausmaß ausgeübt wurden, wurde von der Bf. auch gar nicht mehr behauptet.
Die Bf. hat es im gegenständlichen Fall verabsäumt, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des strittigen Pauschales einwandfrei darzulegen. In diesem Zusammenhang ist auf die Rsp des VwGH zu verweisen, der zufolge Pauschalierungsregelungen - wie auch die vorliegende - zwangsläufig Elemente einer Begünstigung enthalten (vgl ; ). Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund; der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabenpflichtige hat nach der Rsp des VwGH daher selbst einwandfrei das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl zB ; ; Ritz, BAO6 § 115 Rz 12 mwH).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Es wurde kein Nachweis erbracht, dass die Bf. seit Beginn ihrer Tätigkeit (im Jahr 2019) als Area Sales Managerin MICE ausschließlich als Vertreterin tätig war, die Innendiensttätigkeit im Wesentlichen nur zur Bearbeitung der Aufträge "erforderlich" war und die Außendiensttätigkeit in einer vertretertypischen Tätigkeit bestanden hat.
Aufgrund der obigen Ausführungen und insbesondere der Tatsache, dass die Bf. als Area Sales Managerin nicht ausschließlich als Vertreterin tätig ist (wie in der zitierten Verordnung gefordert), steht ihr kein Vertreterpauschale zu.
Somit ist spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Strittig sind im gegenständlichen Fall im Wesentlichen der Tatsachenebene zuzuordnende Fragen. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101730.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at