Zustellung an Ersatzemfänger (§16 ZustG)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , Zahl MA67/Zahl/2021, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu entrichten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt somit 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit der Dienstnummer DNr am um 11:57 Uhr in 1010 Wien, Mölker Bastei gegenüber 5, zur Anzeige gebracht, da zum Beanstandungszeitpunkt ein gültiger Parknachweis fehlte. Demnach wurde die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Die Firma Firma wurde von der belangten Behörde mit Schreiben (Lenkererhebung) vom als Zulassungsbesitzerin aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung darüber Auskunft zu erteilen, wem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) überlassen gehabt habe, sodass es am um 11:57 Uhr in 1010 Wien, Mölker Bastei gegenüber 5, abgestellt gewesen sei.
Das Schreiben der belangten Behörde vom wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der Firma Firma ab bei der Postgeschäftsstelle Post zur Abholung bereitgehalten und dem Überbringer der Hinterlegungsanzeige (Identität geprüft) am nachweislich ausgefolgt. Die Übernahme wurde mit Unterschrift bestätigt (Übernahmebestätigung RSb). Das Schreiben blieb jedoch unbeantwortet.
***Bf1*** (Beschwerdeführer, kurz: Bf.) war zum Beanstandungszeitpunkt des vorher genannten Fahrzeuges Geschäftsführer der Fa. Firma.
Das Auskunftsersuchen enthielt den Hinweis, dass die Auskunft den vollen Namen und die vollständige Anschrift der betreffenden Person enthalten muss und das Nichterteilen bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung der Lenkerauskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist.
Die zweiwöchige gesetzliche Frist gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 zur Auskunftserteilung begann somit am zu laufen und endete am .
Der Bf. hat binnen der zweiwöchigen Frist keine Lenkerauskunft erteilt.
Mit Strafverfügung vom , Zahl MA67/Zahl/2021, wurde dem Bf. angelastet, er habe als zur Vertretung nach außen berufene Person der Zulassungsbesitzerin, der Firma Firma, des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der Behörde vom innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem näher genannten behördlichen Kennzeichen zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt überlassen gehabt habe, sodass dieses in einer näher bezeichneten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei, nicht entsprochen.
Dadurch habe der Bf. die Rechtsvorschrift des § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Der Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung sei am [Anmerkung BFG, gemeint: , wird in Folge mit Aufforderung zur Rechtfertigung korrigiert, Akt S 97].
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Die Strafverfügung vom wurde von einem Mitbewohner des Bf. am nachweislich übernommen. Die Übernahme wurde mit Unterschrift bestätigt (Übernahmebestätigung RSb).
Der Bf. erhob binnen der zweiwöchigen Einspruchsfrist (ab Zustellung) keinen Einspruch gegen die Strafverfügung.
Da die Strafe nicht bezahlt wurde, erließ die belangte Behörde in weiterer Folge eine Vollstreckungsverfügung vom , Zahl MA67/Zahl/2021.
Begründend wurde ausgeführt, dass die mit der oben angeführten Strafverfügung vom , Zahl MA67/Zahl/2021, verhängte rechtskräftige Geldstrafe bis dato nicht bezahlt worden sei. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages von € 65,00 (inklusive € 5,00 Mahngebühren gemäß § 54b Abs. 1a VStG) gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Zwangsvollstreckung verfügt.
Die Vollstreckungsverfügung vom wurde dem Bf. nachweislich am zugestellt (Rückschein RSb).
Gegen diese Vollstreckungsverfügung erhob der Bf. mittels Brief vom fristgerecht Beschwerde und führte dabei aus, er habe erstmals am Kenntnis über die Strafverfügung vom (und drei weitere, nicht gegenständliche Zahlen) in der Anstalt genommen, wo er sich seit befinde. Er habe aufgrund von gerichtlichen Auflagen keine Tätigkeit für die Fa. Firma. Zuständig sei der Fuhrparkleiter (unter Angabe seiner persönlichen Daten) der Fa. Firma gewesen. Der Fuhrparkleiter habe gegenständliches (und ein weiteres) Fahrzeug gefahren und geparkt.
Aktenkundig ist ein Aktenvermerk der belangten Behörde (Akt S 76), wonach die Strafverfügung vom aufgrund eines Zustellmangels an den Bf. neuerlich zugestellt worden sei und diese vom Bf. am persönlich übernommen worden sei. Der Einspruch vom sei daher als fristgerecht zu werten gewesen.
Aktenkundig ist ein Aktenvermerk der belangten Behörde (Akt S 95), wonach gemäß Systeminformation die Lenkererhebung vom am hinterlegt worden sei. Auf dem übermittelten Rückschein scheine jedoch der als Hinterlegungsdatum auf. Es werde daher das Tatdatum von auf korrigiert und die Tat dem Bf. mittels Aufforderung zur Rechtfertigung neu angelastet.
Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom wurde dem Bf. vorher genannte (neue) Sachverhalt angelastet und ihm binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens Gelegenheit zur Stellungnahme geboten.
Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom wurde dem Bf. nachweislich am zugestellt (Rückschein RSb).
Mit fristgerechter Stellungnahme vom teilte der Bf. der belangten Behörde mit, er befände sich seit in Untersuchungshaft, wo er erstmals über gegenständliches Verfahren Kenntnis erlangt habe. Auf dem Rückschein RSb vom handle es sich nicht um seine Unterschrift. Es handle sich jedoch um die Unterschrift von der bevollmächtigten Person der Fa. Firma. Aufgrund seiner Haftsituation könne er derzeit jedoch keine Lenkerauskunft geben. Die zuständige Person Person (unter Anführung seiner persönlichen Daten) könne derzeit die Auskunft geben.
Mit gegenständlichem, nunmehr in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis vom , Zahl MA67/Zahl/2021, wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits angeführten Verwaltungsübertretung (gem. Aufforderung zur Rechtfertigung vom ) für schuldig befunden. Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 VStG ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens und unter Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Normen (§ 2 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometergesetz 2006) sowie nach rechtlichen Ausführungen (§ 9 Abs. 1 und 7 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991) fest, dass eine Anfrage beim zuständigen Arbeitsinspektorat Wien West-Ost ergeben habe, dass von der Fa. Firma kein verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 VStG gemeldet worden sei. Zur Beantwortung einer bestimmten behördlichen Lenkeranfrage sei diejenige Person verantwortlich, die zum Zeitpunkt der Zustellung der behördlichen Lenkeranfrage (bei natürlichen Personen) Zulassungsbesitzer bzw. bei Unternehmen und juristischen Personen Vertretungsbefugter oder verantwortlicher Beauftragter sei. Laut Firmenbuch - und vom Bf. unbestritten - sei er zum Zeitpunkt der Zustellung der Lenkererhebung handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma und als solcher zur Vertretung der Zulassungsbesitzerin nach außen berufen gewesen.
Zweck einer Lenkerauskunft bestehe darin, den Lenker zur Tatzeit ohne Umstände raschest festzustellen, somit ohne weitere Ermittlungen als identifiziert betrachten und zur Verantwortung ziehen zu können.
Die Frist zur Erteilung einer Lenkerauskunft sei eine gesetzliche Frist und somit nicht erstreckbar.
Aufgrund der Aktenlage sei von der Behörde davon auszugehen gewesen, dass binnen der gesetzlichen zweiwöchigen Frist keine Lenkerauskunft erteilt worden sei.
Einen Zustellmangel habe der Bf. zwar geltend gemacht, er sei aber trotz gebotener Gelegenheit nicht glaubhaft gemacht worden.
Der Beweis, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt sei, werde durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig sei. Behaupte jemand, es läge ein Zustellmangel vor, so habe er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet seien.
Die Nennung eines Verantwortlichen bzw. eines Fahrzeuglenkers, nachdem bereits eine Strafe wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft ausgesprochen worden sei (Strafverfügung vom ) könne nicht als ordnungsgemäße Erteilung der Lenkerauskunft anerkannt werden. Die nachträgliche Bekanntgabe setze somit gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht außer Kraft.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, läge im gegenständlichen Fall somit nicht vor.
Da zum Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre, handle es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1991. Nach dieser Gesetzesstelle sei Fahrlässigkeit - die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genüge - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe.
Es bestehe daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens zumindest in Form fahrlässigen Verhaltens, welche jedoch vom Täter widerlegt werden könne. Es sei Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dienen könne.
Unterlässt er dies, so bedeute es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt.
Es seien aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich gewesen, dass den Bf. an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen gewesen sei.
Somit seien sowohl die objektiven als auch subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991) und erläutert diese näher.
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (Brief vom ) und brachte vor, er habe erst in der Anstalt am Kenntnis von der "Org. Strafe" (gemeint: Lenkererhebung vom ) erlangt. Er befinde sich seit in Untersuchungshaft und ersuche um Überprüfung der Unterschrift am Rückschein RSb der Lenkererhebung vom .
Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung nachstehenden Sachverhalt zu Grunde:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war zum Beanstandungszeitpunkt auf die Firma Firma, AdrFirma, zugelassen.
Die Firma Firma wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom als Zulassungsbesitzerin aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung darüber Auskunft zu erteilen, wem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) überlassen gehabt habe, sodass es am um 11:57 Uhr in 1010 Wien, Mölker Bastei gegenüber 5, abgestellt gewesen sei.
Das Schreiben der belangten Behörde vom wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der Firma Firma ab bei der Postgeschäftsstelle Post zur Abholung bereitgehalten und dem Überbringer der Hinterlegungsanzeige (Identität geprüft) am nachweislich ausgefolgt. Die Übernahme wurde mit Unterschrift bestätigt (Übernahmebestätigung RSb). Das Schreiben blieb jedoch unbeantwortet.
Der Bf. war zum Beanstandungszeitpunkt Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A), der Fa. Firma.
Rechtsgrundlagen:
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 idF LGBl. für Wien Nr. 24/2012 normiert:
(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Übertretungen des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.
Rechtliche Beurteilung:
Festgehalten wird zunächst, dass § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 inhaltlich im Wesentlichen dem davor geltenden § 1a Wiener Parkometergesetz 1974 entspricht und weiters eine tatbestandsmäßig mit § 103 Abs. 2 KFG übereinstimmende Auskunftsverpflichtung enthält. Die zur Vorgängerbestimmung (§ 1a Wiener Parkometergesetz 1974) und die zu § 103 Abs. 2 KFG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet daher auf § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 Anwendung.
Sinn und Zweck der Bestimmung des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 ist es, der Behörde die Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft die Person, der das (Kraft)Fahrzeug überlassen worden ist bzw der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (vgl. , ).
Der Auskunftspflicht wird nur dann entsprochen, wenn eine bestimmte Person, der das Fahrzeug zu einer bestimmten Tatzeit überlassen wurde, vom Zulassungsbesitzer innerhalb der gesetzlichen zweiwöchigen Frist namhaft gemacht wird (vgl. , , ).
Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 ist ein Ungehorsamsdelikt (vgl zB , ), was bedeutet, dass insofern eine Umkehrung der Last der Glaubhaftmachung eintritt, als die belangte Behörde nur die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Beschuldigten ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. , , , , vgl. weiters die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II zu § 5 VStG, E 125 bis E 127 zitierte hg Judikatur).
Zum Beschwerdevorbringen, der Bf. habe erst in der **** am Kenntnis von dem Verwaltungsstrafverfahren erlangt und ersuche er um Überprüfung der Unterschrift am Rückschein RSb anlässlich der Lenkererhebung vom , wird Folgendes festgestellt:
Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz Zustellgesetz (ZustG) ist das Dokument (die Sendung) dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
Kann das Dokument dem Empfänger nicht zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf nach § 16 Abs. 1 ZustG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Gemäß § 16 Abs. 2 ZustG kann jede erwachsene Person Ersatzempfänger sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.
Gemäß § 16 Abs. 3 ZustG darf durch Organe eines Zustelldienstes an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.
Nach § 16 Abs. 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Die Zustellung ist gemäß § 22 Abs. 1 ZustG vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Nach Abs. 2 hat der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises und der Beifügung des Datums und, soweit er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen.
Der Rückschein dient der Behörde als Beweis der ordnungsgemäßen Zustellung. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl ). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl ).
Der Bf. behauptet weder, dass der Zusteller Grund zur Annahme gehabt habe, dass er sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte noch, dass er beim Zustelldienst (vgl. § 2 Z 7 leg. cit.) schriftlich verlangt hätte, dass an Ersatzempfänger nicht zugestellt werden dürfe. Der Bf. übersieht überdies, dass es Sache des Empfängers ist, darzutun, dass der anwesende Ersatzempfänger die erforderlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung nicht erfüllt und dass dies dem Zusteller bekannt sein musste.
Auch eine allfällige Unkenntnis des Ersatzempfängers von der Bedeutung der Zustellung des Bescheides kann die Wirksamkeit der Ersatzzustellung im Sinn des § 16 Abs. 1 Zustellgesetz nicht hindern (vgl ).
Eine rechtswirksame Zustellung eines Schriftstückes setzt nicht notwendig voraus, dass es dem Empfänger auch tatsächlich zukommt; vielmehr gilt nach dem Gesetz eine Zustellung unter bestimmten Voraussetzungen (zB Ersatzzustellung, Hinterlegung, öffentliche Bekanntmachung), als vollzogen (dh rechtswirksam zustande gekommen), obwohl der Empfänger selbst das Schriftstück nicht erhalten haben muss (vgl ).
Mit der Zustellung der Lenkererhebung vom durch Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung ab (Dienstag) ist die 2-wöchige Auskunftsfrist, auf welche in dem Schreiben ausdrücklich hingewiesen wurde, am Dienstag, dem um 24:00 Uhr, abgelaufen.
Der Bf. hat binnen der zweiwöchigen Auskunftsfrist keine Lenkerauskunft erteilt.
Dem gesamten Beschwerdevorbringen ist kein Hinweis zu entnehmen, dass den Bf. kein Verschulden im dargelegten Sinn trifft.
Strafbemessung:
Wie bereits in den Rechtsgrundlagen (oben) angeführt, sind gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 Übertretungen des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.
§ 19 VStG normiert:
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse der Allgemeinheit und der Behörde an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer fahrlässigen Abgabenverkürzung der Parkometerabgabe stehenden Person, da der Bf. binnen der zweiwöchigen gesetzlichen Frist keine Lenkerauskunft erteilt hat.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, war somit nicht unbedeutend.
Auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf., soweit diese der Behörde bekannt waren und auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz (aktenkundig sind zahlreiche rechtskräftige Vorstrafen) hat die Behörde Bedacht genommen.
Mit einer Geldstrafe von € 60,00 wird der Strafrahmen von € 365,00 lediglich zu rund 16% ausgeschöpft, wodurch bei der Strafbemessung allenfalls ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bf. hinreichend Rechnung getragen wird. Zudem entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. ; , 2013/03/0129) bzw. sich dieser in Privatinsolvenz befindet (vgl. ).
Eine Herabsetzung der Strafe kommt unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe und auch des Umstandes, dass sich der Bf. nicht schuldeinsichtig gezeigt hat, sowie insbesonders im Hinblick auf die spezial- und auch generalpräventive Funktion der Verwaltungsstrafe und den (bis zu € 365 reichenden) gesetzlichen Strafsatz nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500025.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at