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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2022, RV/7400015/2015

Hoher Wasserverbrauch auf Grund eines defekten Sicherheitsventils

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 31 Wiener Wasser vom betreffend Wasser- und Abwassergebühr, MA 31-130652/15, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist Wasserabnehmerin bezüglich einer Liegenschaft im x Wiener Gemeindebezirk.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde bezüglich dieser Liegenschaft für den Zeitraum bis folgende Bruttobeträge fest:


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Zeitraum
Gebühr
Menge in m 3
Bruttobetrag in Euro
-
Wasserbezugsgebühr
109
188,57
-
Wasserbezugsgebühr
178
320,40
4. Quartal 2013-4. Quartal 2014
Wasserzählergebühr
5,80
1. Quartal 2014-3. Quartal 2014
Wasserzählergebühr
18,09
-
Abwassergebühr
109
206,01
-
Abwassergebühr
178
350,66
Summe festgesetzte Gebühren:
1.089,53

Abzüglich bereits entrichteter Teilzahlungen und zuzüglich der neuen Teilzahlungen ergab sich für die Beschwerdeführerin insgesamt ein zu entrichtender Gesamtbetrag von 1.011,82 Euro.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Gebühr für den Wasserbezug und die Beistellung des Wasserzählers sowie die vierteljährlichen Teilzahlungsbeträge würden aufgrund des Wasserversorgungsgesetzes - WVG, in Verbindung mit der Wassergebührenverordnung 1990 vorgeschrieben.

Die Abwassergebühr sowie die vierteljährlichen Teilzahlungsbeträge würden aufgrund des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes - KKG in Verbindung mit der Kanalgebührenverordnung 1988 vorgeschrieben.

Mit E-Mail vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und führte aus, sie sei mit Schreiben der MA 31 vom über einen drastischen und ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannten Mehrverbrauch informiert worden. Der in weiterer Folge beauftragte "Hausinstallateur" habe als Ursache ein defektes Sicherheitsventil der zentralen Heizungsanlage festgestellt. Durch den zu hohen Druck der Ortswasserleitung hätte das Ventil nicht schließen können bzw. habe sich Kalk abgelagert, der ein völliges Schließen verhindert habe. Auch ein neues Sicherheitsventil habe dem erhöhten Wasserdruck von gemessenen 5,3 bar nicht standgehalten, weshalb sie einen Druckminderer einbauen habe lassen.

Sie habe nicht feststellen können, dass durch das defekte Sicherheitsventil Wasser über längere Zeit in geringen Mengen abgeflossen sei. Sie sei auch nie darüber informiert worden, dass der Wasserdruck - zumindest in gewissen Zeiten - erhöht worden sei bzw. erhöht gewesen sei, sodass es zu dem beschriebenen Defekt und dem erhöhten Wasserverbrauch gekommen sei. Sie habe daher bis zur Verständigung durch die MA 31 keine Möglichkeit gehabt, durch den Einbau eines Druckminderers einen Defekt des Sicherheitsventils zu verhindern.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitat der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, aus der Aktenlage sei kein Verschulden der Stadt Wien oder einer in ihrem Auftrag handelnden Person ersichtlich, weshalb eine Herabsetzung der Wasserbezugsgebühr nicht möglich sei.

Der Amtssachverständige der MA 31-Fachbereich Wasserverteilung habe bei seiner Erhebung vor Ort am festgestellt, dass die Ursache des erhöhten Wasserverbrauchs vermutlich ein defektes Sicherheitsventil gewesen und die ausgeflossene Wassermenge in den Kanal geleitet worden sei. Die Voraussetzungen für eine Abwassergebührenermäßigung lägen daher nicht vor.

Abgesehen davon, dass laut dem zuständigen Dienstzimmer für den x Bezirk der Vorsorgungsdruck nicht geändert worden sei, habe jeder Wasserabnehmer bzw. jede Wasserabnehmerin, der bzw. die an die städtischen Wasserleitungen angeschlossen sei, nach Maßgabe der allgemeinen und örtlichen Versorgungslage Anspruch auf Belieferung mit gesundheitlich einwandfreiem Wasser. Es bestehe aber kein Anspruch auf eine bestimmte Wasserbeschaffenheit oder einen bestimmten Betriebsdruck.

Mit E-Mail vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Sie brachte ergänzend vor, es möge dahin gestellt bleiben, ob bezüglich der offenbar nur zeitweisen Erhöhung des Wasserdrucks über die "Toleranzgrenze" des Sicherheitsventils ein Verschulden der Stadt Wien oder handelnder Personen vorliege. Der Umstand als solcher werde jedenfalls nicht bestritten. Als Beweis dafür, dass im x Bezirk im letzten Jahr immer wieder Fälle von überhöhtem Wasserdruck festgestellt worden seien, werde auf die bereits vorgelegte Bestätigung des Installateurs verwiesen.

Beim Bezug von Wasser handle es sich um eine Vertragsbeziehung zwischen einer öffentlich rechtlichen Institution und einem privaten Wasserabnehmer. Es wäre höchst unfair, das gesamte Risiko auf sie als Abnehmerin abzuwälzen.

Zum Argument der Obsorgepflicht sei festzustellen, dass sie ihrer Kontrollpflicht stets nachgekommen sei. Die letzte Überprüfung sei durch ihren Gatten in der letzten Juniwoche 2014 erfolgt und es seien dabei keine Auffälligkeiten festgestellt worden.

Die Wasserabnehmer würden immer wieder über wasserrelevante Umstände informiert, auf die Risiken von überhöhtem Wasserdruck und die möglichen Abhilfemaßnahmen würden weder langjährige Kunden noch neue Wasserbezieher hingewiesen. Es sei klar, dass sie als Wasserabnehmerin das Risiko für Vorkommnisse in ihrer Sphäre trage, aber nicht allein, wenn die Ursache für Fehler im bezogenen Wasser liege.

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und in der Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Wasserabnehmerin keinen Anspruch auf eine bestimmte Wasserbeschaffenheit oder auf einen bestimmten Betriebsdruck habe.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1046 zur Entscheidung über die Beschwerde vom fußt auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom , mit welcher die gegenständliche Rechtssache der bisher zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen worden ist. Die Umverteilung trat mit in Kraft.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Wasserabnehmerin der Liegenschaft in Wien x, ***Bf-Adr***.

Folgende Ablesedaten betreffend diese Liegenschaft liegen vor:


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Wasserzählernummer
Ablesedatum
Zählerstand
Tage
Tagesdurchschnitt
Verbrauch
38436
217
236
0,91
216
38436
1
0,00
9196
461
128
0,55
71
9196
390
369
0,24
90
9196
300
364
0,27
100
9196
200
364
0,26
96
9196
104
364
0,21
77

Der tägliche Wasserverbrauch belief sich im Zeitraum vom bis auf 0,25 m3 (gerundet).

Mit Schreiben vom wurde die Beschwerdeführerin auf den gestiegenen und ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannten Mehrverbrauch (Tagesdurchschnitt 0,91 m3) hingewiesen. Der Mehrverbrauch war auf ein defektes Sicherheitsventil der zentralen Heizungsanlage zurückzuführen. Die ausgeflossene Wassermenge wurde in den Kanal eingeleitet.

Dass Wassermengen ohne Verschulden des Wasserabnehmers durch ein von der Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldetes Gebrechen an der Wasserzähleranlage als verbraucht angezeigt wurden, kann nicht festgestellt werden.

Die Funktionsfähigkeit des Wasserzählers ist als gegeben festzustellen.

Ob die Beschwerdeführerin die gemäß § 15 Abs. 4 Wiener Wasserversorgungsgesetz vorgeschriebene mindestens dreimonatliche Dichtheitsprüfung der Verbrauchsanlage durchgeführt hat, kann nicht festgestellt werden.

Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass eine Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke (§ 20 Abs. 1 Wiener Wasserversorgungsgesetz) erfolgt ist.

Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen und hinsichtlich der Ursache des Mehrverbrauchs auf die Angaben der Beschwerdeführerin und die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen. Die Funktionsfähigkeit des Wasserzählers wurde nicht bestritten.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Sicherheitsventil habe einem überhöhten Wasserdruck nicht standgehalten, wird durch ein Schreiben der Fachgruppe Gebühren, Wasserzähler, Zentrale Dienste widerlegt. Darin wird glaubwürdig ausgeführt, dass der Versorgungsdruck nicht verändert worden sei.

Hinweise für eine gebührenfreie Entnahme für Feuerlöschzwecke lassen sich dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht entnehmen, abgesehen davon, dass der in § 20 Abs. 1 Wiener Wasserversorgungsgesetz geforderte Nachweis von der Beschwerdeführerin nicht geführt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 3 WVG lautet:

"Jeder Wasserabnehmer bzw. jede Wasserabnehmerin, für den bzw. die ein Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen der Stadt Wien hergestellt wurde, hat nach Maßgabe der allgemeinen und örtlichen Versorgungslage Anspruch auf die Belieferung mit gesundheitlich einwandfreiem Wasser. Ein Anspruch auf eine bestimmte Wasserbeschaffenheit oder einen bestimmten Betriebsdruck besteht nicht."

§ 11 WVG lautet:

"(1) Das Wasser wird grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. Wenn die Anbringung eines Wasserzählers unmöglich ist, hat der Magistrat die bezogene Wassermenge zu schätzen.

(2) Der Magistrat bestimmt die Anschlussgröße des Wasserzählers nach dem Wasserbedarf; er bestimmt weiters den Standort des Wasserzählers und veranlasst die erstmalige Einschaltung auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin. Der Wasserzähler bleibt Eigentum der Stadt Wien und wird von ihr instandgehalten; er kann jederzeit ausgewechselt werden. Die Behebung von Schäden, die nicht auf mangelhaftes Material, normale Abnützung, höhere Gewalt, auf Verschulden Dritter oder Verschulden der Organe des Magistrates zurückzuführen sind, erfolgt auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin. Sofern der Wasserzähler über Verlangen des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin außerhalb der normalen Arbeitszeit ausgewechselt wird, sind die hiefür auflaufenden Mehrkosten vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin zu tragen. Das eigenmächtige Ausbauen oder Umsetzen des Wasserzählers ist verboten.

(3) Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers, so ist dieser von Amts wegen oder auf Antrag des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin zu überprüfen. Die Angaben des Wasserzählers sind verbindlich, wenn sie die in den Eichvorschriften festgelegten Verkehrsfehlergrenzen nicht überschreiten. Sind diese nicht überschritten, so hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin die Prüfungskosten zu tragen.

(4) Wenn kein Wasserzähler eingebaut ist oder der Wasserzähler die in Abs. 3 angeführten Grenzen überschreitet oder still steht, ist der Wasserbezug nach jenem Wert zu ermitteln, der sich unter Zugrundelegung der Ablesungen in den jeweils zwei vorangegangenen Jahren beim Wasserabnehmer bzw. bei der Wasserabnehmerin ergibt. Falls dieser nicht feststellbar ist, sind die Angaben des neuen Wasserzählers für die Bezugsermittlung heranzuziehen.

(5) Bei Auflassung des Wasseranschlusses wird der Wasserzähler auf Kosten des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin entfernt."

§ 15 WVG lautet:

"(1) Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat die Verbrauchsanlage und insbesondere auch die Absperrhähne jederzeit in gutem und betriebsfähigem Zustand zu erhalten und die Versorgung mit dem aus der städtischen Wasserleitung gelieferten Wasser sicherzustellen. Außerdem hat er bzw. sie die Verbrauchsleitung sowie freiliegende Teile der Anschlussleitung einschließlich der Wasserzähleranlage ausreichend gegen Frost und Beschädigung zu schützen.

(2) Bei Auftreten von Gebrechen ist bis zu deren Behebung die der Gebrechenstelle zunächst liegende Absperrvorrichtung vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin zu schließen. Die von der Absperrung betroffenen sonstigen Wasserverbraucher bzw. Wasserverbraucherinnen sind nach Möglichkeit rechtzeitig vorher zu verständigen. Gebrechen an der Anschlussleitung hat der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin unverzüglich dem Magistrat zu melden. Die eigenmächtige Behebung von Gebrechen an der Anschlussleitung einschließlich der Wasserzähleranlage durch den Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin ist verboten. Gebrechen und Undichtheiten an der Verbrauchsanlage hat er bzw. sie unverzüglich beheben zu lassen.

(3) Dem Wasserabnehmer bzw. der Wasserabnehmerin obliegt die Obsorge über den Wasserzähler (die Wasserzähleranlage); der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat insbesondere den Aufstellungsplatz in gutem Zustand zu erhalten und für die leichte Zugänglichkeit zu sorgen; er bzw. sie hat den Wasserzähler (die Wasserzähleranlage) gegen Frost, von außen eindringendes Wasser und sonstige Beschädigungen zu schützen. Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat eine allfällige Wärmedämmung oder sonstige Schutzvorrichtung vor der Ablesung des Wasserzählers bzw. vor Arbeiten an der Wasserzähleranlage oder an der Anschlussleitung soweit zu entfernen, dass diese Arbeiten ohne Zeitverlust durchgeführt werden können.

(4) Der Wasserabnehmer bzw. die Wasserabnehmerin hat die Verbrauchsanlage mindestens alle drei Monate auf ihre Dichtheit zu überprüfen. Diese Überprüfung kann erfolgen durch:

a) Überwachung des durchschnittlichen Tagesverbrauches durch monatliche Ablesung des Wasserzählers,

b) Sperre aller Entnahmestellen der Verbrauchsanlage verbunden mit der Kontrolle des Wasserzählers,

c) Überprüfung der Dichtheit der Verbrauchsanlage durch einen bzw. eine hiezu nach den gewerberechtlichen Vorschriften befugten Gewerbetreibenden bzw. Gewerbetreibende.

Der Nachweis der Dichtheit der Verbrauchsanlage gilt als erbracht, wenn der ermittelte durchschnittliche Tagesverbrauch von dem zuletzt festgestellten nicht abweicht bzw. die Abweichung des durchschnittlichen Tagesverbrauches mit Sicherheit auf ein geändertes Verbrauchsgeschehen zurückgeführt werden kann. Ferner gilt der Nachweis der Dichtheit als erbracht, wenn bei Sperre aller Entnahmestellen der Wasserzähler keinen Verbrauch anzeigt oder wenn der bzw. die mit der Überprüfung der Verbrauchsanlage beauftragte Gewerbetreibende ihre Dichtheit bescheinigt.

(5) Der Wasserverbraucher bzw. die Wasserverbraucherin hat alle ausschließlich seinem bzw. ihrem Verbrauch dienenden Verbrauchsanlagen in gutem Zustand zu erhalten und insbesondere auch dafür Sorge zu tragen, dass alle Undichtheiten unverzüglich beseitigt werden."

Die §§ 11 bis 13 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, lauten:

"§ 11 (1) Der Gebührenpflicht unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal.

(2) Die Abwassergebühr ist nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

§ 12 (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten

1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge und

2. bei Eigenwasserversorgung die im Wasserrechtsbescheid festgestellte Wassermenge, deren Benutzung eingeräumt wurde (§ 111 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der Fassung BGBl. I Nr. 123/2006).

(2) Ist im Wasserrechtsbescheid das eingeräumte Maß der Wassernutzung nicht enthalten oder liegt eine nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 nicht bewilligte Eigenwasserversorgung vor, ist die bezogene Wassermenge vom Magistrat unter Zugrundelegung der Verbrauchsmenge gleichartiger Wasserabnehmer und Wasserabnehmerinnen zu schätzen. Diese Menge gilt als in den öffentlichen Kanal abgegeben.

(3) Besteht eine Wasserversorgung nach Abs. 1 oder Abs. 2, sind die aus einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage bezogenen Wassermengen bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden.

(4) Der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin kann bei Eigenwasserversorgung die Anbringung eines Wasserzählers zur Messung der entnommenen Wassermenge beantragen. Die vom Wasserzähler angezeigte Wassermenge gilt in diesen Fällen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Die §§ 11, 15 Abs. 3, § 20 Abs. 5 und § 27 Wasserversorgungsgesetz sind sinngemäß anzuwenden. Zusätzlich hat der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin die Kosten der Anschaffung, des Einbaues, der Auswechslung und der Entfernung des beigestellten Wasserzählers zu tragen. Verlangt der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin die Beseitigung des Wasserzählers, sind ihm bzw. ihr die vorgeschriebenen Anschaffungskosten, vermindert um 10 v. H. für jedes Kalenderjahr, in dem ein Wasserzähler beigestellt war, rückzuerstatten.

§ 13 (1) Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

(2) Für Kleingärten sowie für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen, insbesondere Kleinhäuser, Reihenhäuser und Sommerhäuser im Sinne des § 116 Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 48/1992 kann, wenn die Nutzfläche der einzelnen Wohnungen 150 Quadratmeter nicht übersteigt, mit Beschluß des Gemeinderates für zur Bewässerung von Grünflächen verwendete Wassermengen ein Pauschalbetrag festgesetzt werden, um den die gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abwassergebühr vermindert wird. Der pauschale Abzug dieser Wassermengen erfolgt über Antrag für die der Antragstellung folgenden Kalenderjahre. Das Wegfallen der Voraussetzungen für den pauschalen Abzug ist dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen."

Gemäß § 11 Abs. 1 WVG ist bei Vorhandensein eines von der Stadt Wien bereitgestellten (funktionstüchtigen) Wasserzählers die bezogene gebührenpflichtige Wassermenge nach den Angaben des Wasserzählers, also durch Gegenüberstellung des am Wasserzähler ausgewiesenen Standes bei der Ablesung mit dem Stand bei der letzten Ablesung zu ermitteln (vgl. ; ; ).

Die gebührenpflichtige Abwassermenge ergibt sich gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 KKG aus der nach § 11 WVG ermittelten Wassermenge; es fehlen jegliche Hinweise auf eine Nichteinleitung des bezogenen Wassers in den Abwasserkanal.

Da nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen der Wasserzähler nicht defekt, sondern im Sinne des Gesetzes funktionstüchtig war, ist dessen Anzeige für die Ermittlung des Wasser- und Abwasserverbrauchs entscheidend.

Aus welchen Gründen es zu dem Wasserverbrauch gekommen ist, ist abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall der Verwendung für Feuerlöschzwecke, ohne Bedeutung. Die Abgabenbehörde hat daher nicht etwa die Wasserverbrauchsgewohnheiten der Hausbewohner oder allfällige Mehrverbrauchsquellen wie undichte Wasserhähne bzw. defekte Sicherheitsventile zu erheben, sondern lediglich, ob der Wasserzähler in Ordnung war. Da es auf das durch den Wasserzähler geflossene Wasser ankommt, ist die Wassermenge auch dann gebührenpflichtig verbraucht, wenn Rohrbrüche in der Hausleitung, schadhafte oder offen gebliebene Ventile sowie unbemerkt offen gebliebene Wasserhähne nach dem Wasserzähler zu einem unkontrollierten Wasseraustritt führen. Welches Schicksal die Wassermenge nach Durchfluss durch den Wasserzähler in der Innenanlage erleidet, ist ohne rechtliche Bedeutung (vgl. , zur Wassergebührenordnung von Bad Ischl; zum Wiener Wasserversorgungsgsetz).

Die Verpflichtung der Abgabenbehörde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 115 BAO) ist im Bereich der Bemessung der Wasserbezugsgebühr durch § 11 Abs. 1 WVG modifiziert, wonach die bezogene Wassermenge nach den Angaben des beigestellten Wasserzählers ermittelt wird. Gemäß § 11 Abs. 3 WVG ist im Falle des Vorliegens von Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers dieser von Amts wegen oder auf Antrag des Wasserabnehmers zu überprüfen. Diese Angaben sind dann verbindlich, wenn sie eine Fehlergrenze von 5 % auf oder ab nicht überschreiten (vgl. ; ; ).

Aus dem Zusammenhalt von § 11 Abs. 1 und Abs. 4 WVG ergibt sich, dass nur in den vom Gesetz normierten Fällen der Wasserbezug auf andere Weise als durch den (ursprünglich eingebauten) Wasserzähler (nämlich durch Schätzung, Abstellen auf den Vergleichszeitraum des Vorjahres bzw. Einbau eines neuen Wasserzählers) ermittelt werden darf (vgl. ). Ein derartiger Fall (kein Wasserzähler oder funktionsuntüchtiger Wasserzähler) liegt hier nicht vor und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Die belangte Behörde hatte daher zwingend den sich aus den Ablesungen des Wasserzählers ergebenden Verbrauch der Vorschreibung der Wasser- und Abwassergebühren zugrunde zu legen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, das defekte Sicherheitsventil sei auf einen erhöhten Wasserdruck zurückzuführen, lässt keinen Schluss auf ein Verschulden der Stadt Wien bzw. einer in ihrem Auftrag handelnden Person zu, da im oben zitierten § 3 WVG ausdrücklich bestimmt wird, dass die Wasserabnehmerin keinen Anspruch auf eine bestimmte Wasserbeschaffenheit oder einen bestimmten Wasserdruck hat.

Im Übrigen wird auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich nicht als rechtswidrig; die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Bemerkt wird, dass im Abgabenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen ist, ob die Abgabenvorschreibung ganz oder teilweise unbillig ist.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung folgt der dargestellten Rechtsprechung, die Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 3 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 11 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 15 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 12 Abs. 1 Z 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400015.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at