Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.11.2022, RV/7101121/2022

Eintritt der bescheinigten Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101121/2022-RS3
Hier: Unschlüssige Gutachten des Sozialministeriumservice, Vorliegen eines schlüssigen Gutachtens im Pensionsverfahren
RV/7101121/2022-RS5
Die Zuerkennung einer Waisenpension gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG spricht maßgeblich für das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres.
Folgerechtssätze
RV/7101121/2022-RS1
wie RV/7102850/2021-RS3
Die Bundesabgabenordnung kennt in ihren Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren keine gesetzlichen Beweisregeln, insbesondere keine Regelung, dass die Feststellung des Eintritts einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ausschließlich davon abhängt, ob eine zeitnah zum Eintritt erstattete ärztliche Bestätigung vorliegt.
RV/7101121/2022-RS2
wie RV/7102850/2021-RS4
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
RV/7101121/2022-RS3
wie RV/7101860/2018-RS3
Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde. Es ist unerheblich, ob diese in erster Instanz oder im Instanzenzug entscheidet. Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar. Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden. In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. ; ; ; ).
RV/7101121/2022-RS4
wie RV/7101860/2018-RS5
"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind auf dem ersten Arbeitsmarkt, also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten. Anders als der reguläre oder "erste Arbeitsmarkt" besteht der sogenannte "zweite Arbeitsmarkt" aus Arbeitsplätzen, die mithilfe von Förderungen der öffentlichen Hand geschaffen worden sind. Ein "geschützter Arbeitsplatz", der staatlich gefördert ist, erfüllt nicht die Voraussetzung, dass sich der Arbeitnehmer selbst den Unterhalt verschafft. Der Unterhalt wird auf einem solchen Arbeitsplatz mittelbar durch die öffentliche Hand oder karitative Einrichtungen geleistet, die die Mittel für den "geschützten Arbeitsplatz" bereit stellen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2*** ***3***, ***4*** ***5***-***6***, ***7***, vertreten durch Ing. Mag. Thomas Robert Benda, Rechtsanwalt, 2700 Wiener Neustadt, Rudolf Diesel Straße 26, als Erwachsenenvertreter vom gegen die Bescheide des Finanzamts Österreich vom , mit welchen 1. der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im Juni 1967 geborene Beschwerdeführerin ab September 2020 abgewiesen wurde und 2. der Antrag vom auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für Beschwerdeführerin ab September 2015 abgewiesen wurde, gemäß § 253 BAO als auch gegen den Bescheid vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die geborene Beschwerdeführerin ab September 2015 abgewiesen wurde, gerichtet geltend, jeweils Ordnungsbegriff ***9***, Sozialversicherungsnummer ***8***, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden, soweit sie noch dem Rechtsbestand angehören, ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Anträge

Familienbeihilfe

Unter Verwendung des Formulars Bei 100-PDF beantragte die im Juni 1967 geborene Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** ***3*** durch ihren Erwachsenenvertreter am Familienbeihilfe.

Im Formular Beih 100-PDF wird als Zuerkennungsgrund "Keine Selbsterhaltungsfähigkeit" angegeben, ein Beginndatum wurde nicht ausgefüllt. Die Bf wohne in ***4*** ***5***-***6***, ***7***, sie sei ledig, das Ende der Schulausbildung unbekannt.

Im Begleitschreiben des Erwachsenenvertreters vom wird ausgeführt:

Ich habe Ihnen bereits mit Schreiben vom mitgeteilt, dass ich zum Erwachsenenvertreter von Frau ***1*** ***3*** bestellt worden bin.

Mein damaliges Schreiben ist leider bis dato von Ihnen unbeantwortet geblieben.

Ungeachtet dessen beantrage ich u.e. mit dem beiliegenden Formular Familienbeihilfe für Frau ***3***.

Frau ***3*** leidet (offenbar seit Geburt an) an schweren Phobien, die es ihr unmöglich machen, ein "normales" Leben zu führen. Sie verlässt quasi kaum das Haus und vermeidet jeden nur erdenklichen Kontakt zur Außenwelt. Diese psychischen Störungen haben auch dazu geführt, dass die berufsbildende Schule nach dem zweiten Jahr abgebrochen wurde. Derzeit istFrau ***3*** einkommenslos. U.e. habe ich einen Antrag auf Waisenpension und Pflegegeld gestellt.

Beigefügt war die Kopie der Geburtsurkunde und des Staatsbürgerschaftsnachweises.

Erhöhungsbetrag

Am langte beim Finanzamt ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung mit dem Formular Beih 3-PDF ein. Der Erhöhungsbetrag werde ab 09/2015 beantragt. Über einen Pflegegeldantrag sei noch nicht entschieden worden.

Beigefügt war ein Beschluss des Bezirksgerichts ***30*** vom Juni 2020, wonach der einschreitende Rechtsanwalt gemäß § 119 AußStrG zum Rechtsbeistand im Verfahren, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters geprüft wird, sowie gemäß § 120 AußStrG zum einstweiligen Erwachsenenvertreter zur Besorgung folgender dringender Angelegenheiten bestellt wird:

Abklärung und Geltendmachung allfälliger finanzieller Ansprüche

• Sicherstellung einer Krankenversicherung

• Vertretung im Verlassenschaftsverfahren nach der verstorbenen Mutter derBetroffenen, Frau ***10*** ***3***

• Sicherung der Wohnversorgung

• Verwaltung von Einkommen, Vermögen und Verbindlichkeiten

Begründend wurde unter anderem ausgeführt:

Nach der Aktenlage, insbesondere der Anhörung von ***1*** ***3*** scheint diese nicht in der Lage, all ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen.

Insbesondere verfügt Frau ***3*** über kein eigenes Einkommen und ist sicherzustellen, dass eine aufrechte Krankenversicherung gegeben ist. ...

Im Begleitschreiben des Erwachsenenvertreters vom wird unter anderem ausgeführt:

1) Den Antrag auf Familienbeihilfe stelle ich mit Wirkung ab dem .

2) Das Formular Beih 3 finden Sie ausgefüllt angeschlossen.

3) Den Beschluss über die Bestellung des Erwachsenenvertreters finden Sie ebenso angeschlossen. Er wurde Ihnen auch postalisch am erstmals übermittelt.

4) Der Pflegegeldbescheid liegt nicht vor, gegenwärtig ist Pflegegeld bei der PVA beantragt und zwar im Zuge der Antragstellung zum Bezug der Waisenpension.

5) Mit Frau ***3*** lebt derzeit niemand im gemeinsamen Haushalt.

6) Soweit bekannt, bezieht Fr. ***3*** kein Einkommen, sondern finanziert den Lebensunterhalt durch Ersparnisse, die ihr ihre Mutter hinterlassen hat bzw. zu Lebzeiten eingerichtet hat.

Bescheide

Bescheid vom betreffend Familienbeihilfe

Mit Abweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf auf Familienbeihilfe vom für sich selbst ab September 2020 ab und begründete dies so:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zuverschaffen.

Im Formular Beih 100 wurde kein Zeitraum angegeben. Dieser Antrag gilt somit ab 09/2020.

Bescheid vom betreffend Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung

Mit Abweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung vom für sich selbst ab September 2015 ab und begründete dies so:

Gemäß § 8 Abs. 5 ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der derzeit gültigen Fassung gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem nicht nur eine vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 % betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Eine rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ist für max. fünf Jahre ab der Antragstellung möglich bzw. ab dem Monat, ab dem das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung festgestellt hat (§ 10 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der geltenden Fassung).

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ( FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Das Sozialministeriumservice hat in seinem Gutachten vom zwar eine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Ausmaß von 50 % festgestellt, jedoch konnte diese nur verspätet festgestellt werden. Das entsprechende Gutachten wurde Ihnen bereits übermittelt.

Aufhebungsbescheid vom betreffend Bescheid vom betreffend Familienbeihilfe

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt den Abweisungsbescheid "vom " (gemeint, siehe Bescheidbegründung, vom ) betreffend Antrag auf Familienbeihilfe gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf und führte dazu aus:

Der Abweisungsbescheid vom wird aufgehoben, da der Zeitraum der Abweisung nicht korrekt war.

Ein neuer Abweisungsbescheid wird gesondert erlassen.

Bescheid vom betreffend Familienbeihilfe

Mit Abweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bf auf Familienbeihilfe vom für sich selbst ab September 2015 ab und begründete dies so:

Für ein volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe nur während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung oder, wenn das Kind wegen einer erheblichen Behinderung voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist, zu (§ 2 Abs. 1 lit. b und c Familienlastenausgleichsgesetz 1967, FLAG 1967). Auf Sie trifft keine dieser Voraussetzungen zu.

Sie haben am das 18. Lebensjahr vollendet und standen danach in keiner Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Dies trifft auch auf den strittigen Zeitraum zu.

Nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung festgestellt wurde, als erheblich behindert. Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BSB) hat erstmals am in einem Gutachten festgestellt, dass bei Ihnen eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab November 2020 als erwiesen angesehen werden könne.

In den beiden weiteren seither erstellten Gutachten bestätigt das BSB mangels Vorlage weiterer Befunde den Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit.

Das Finanzamt ist an die der Bescheinigung des BSB zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. 2011/16/0063; 2010/16/0068, und die bei Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung).

Ihr Antrag war daher abzuweisen.

Beschwerde vom

Mit Schreiben vom erhob die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter Beschwerde betreffend "Abweisungsbescheid vom und Abweisungsbescheid vom wegen Antrags auf Familienbeihilfe und Antrags auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung", gemeint jedoch, siehe Beschwerdegegenstand, die beiden Abweisungsbescheide vom , und führte unter anderem aus:

I. Beschwerdegegenstand und Beschwerdeerklärung:

Ich, die Beschwerdeführerin, erhebe, vertreten durch meinen gerichtlichenErwachsenenvertreter, gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamts Österreich zum Ordnungsbegriff ***9***, jeweils vom , welchemeinem Erwachsenenvertreter am zugestellt wurden, Bescheidbeschwerdean das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Die beiden Bescheide werden zur Gänze wegen Verfahrensmängel undRechtswidrigkeit angefochten.

IL Sachverhalt

Ich bin psychisch behindert und wurde bis zum Ableben meiner Mutter imelterlichen Haushalt an der Adresse ***4*** ***6***, ***7***, betreutund versorgt. Nach dem Ableben meiner Mutter wurde [der einschreitende] Rechtsanwalt zu meinem gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt.Bis zu seiner Bestellung war ich vollkommen einkommenslos.

Die Bestellung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wurde dem Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt am mitgeteilt. Mit Schreibenvom des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wurde mitgeteilt,dass ich offenbar seit meiner Geburt an schweren Phobien leide und es mirunmöglich ist, ein "normales" Leben zu führen. Es wurde auch mitgeteilt,dass ich quasi kaum das Haus verlasse und wegen meiner psychischen Störungen auch die Schule nach dem zweiten Jahr abgebrochen habe. DiesemSchreiben war der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe angeschlossen.

Aufgrund des Ergänzungsersuchens vom hat der gerichtlicheErwachsenenvertreter ausgeführt, dass der Antrag auf Familienbeihilfe mitWirkung ab gestellt werde, das Formular Beih 3 ausgefüllt unddie Bestellungsurkunde für die Erwachsenenvertretung angeschlossen,nochmals auf die Antragstellung zum Pflegegeld hingewiesen und zur Haushalts- und Einkommenssituation Auskünfte erteilt.

Weitere Verfahrenshandlungen sind dem Erwachsenenvertreter seitens derbelangten Behörde bis zu den Abweisungsbescheiden vom nichtbekannt geworden.

Der Erwachsenenvertreter hat das zwischenzeitlich im Pflegschaftsverfahreneingeholte psychiatrische Sachverständigengutachten der belangten Behördeim Dezember 2020 übermittelt und im März 2021 um Auskunft über denVerfahrensstand ersucht (wobei auch hierauf keine Auskunft der belangtenBehörde übermittelt wurde).

Die belangte Behörde hat zudem in den Abweisungsbescheiden auf ein Gutachten des Sozialministeriumservice vom Bezug genommen, welches der Erwachsenenvertreter zunächst nicht erhalten hat. Erst im Zuge der erneuten Anfrage wegen der ggst. Rechtsmittelausarbeitung wurde dieses Gutachten von der belangten Behörde zur Verfügung gestellt.

Die belangte Behörde ignoriert, dass ich als erheblich behindertes "Kind" zu qualifizieren und voraussichtlich dauerhaft außerstande bin, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Zudem sind die zugrundeliegenden Abweisungsbescheide vollkommen gesetzwidrig ausgeführt, da sie nicht einmal Feststellungen oder eine rechtliche Beurteilung enthalten und aktenwidrige Inhalte zitieren.

Das Erscheinungsbild dieser Abweisungsbescheide lässt darauf deuten, dass sich die belangte Behörde den Akt nicht einmal angesehen und vollkommen willkürlich Entscheidungen getroffen hat.

III. Beschwerdegründe

Die Abweisungsbescheide vom des Finanzamts Österreich sind rechtswidrig und verletzen mich insbesondere in meinen subjektiven Rechten auf ein faires Verfahren und die Gewährung von Familienbeihilfe und dem Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung. Dazu wird im Folgenden konkret ausgeführt:

a/ Inhaltliche Mängel der Abweisungsbescheide:

Der Abweisungsbescheid hinsichtlich meines Antrags auf Familienbeihilfe enthält als Begründung nur ein Gesetzeszitat aus dem FLAG und eine Zeile dahingehend, dass im Formular Beih 100 kein Zeitraum angegeben worden sei, der Antrag somit ab 09/2020 gelte. Neben der Rechtsmittelbelehrung ist sonst keine Begründung daraus zu entnehmen.

Es fehlt dem Bescheid sohin an jeglichem Inhalt, der den zugrundeliegenden Sachverhalt, die getroffenen Feststellungen, die daraus abgeleitete rechtliche Beurteilung und die rechtlichen Grundlagen, auf die sich die belangte Behörde stützt, nachvollziehbar machen.

Qualitativ nicht viel besser steht es um den Abweisungsbescheid hinsichtlich des Antrags auf Erhöhung wegen erheblicher Behinderung. Auchhier führt die belangte Behörde zunächst nur Gesetzeszitate des FLAG aus.Auf Seite 2 dieses Abweisungsbescheides ist in der Folge das Gutachten desSozialministeriumservice erwähnt und ein Halbsatz, wonach die Erwerbsunfähigkeit nur verspätet festgestellt werden konnte.

Was nun wirklich festgestellt worden ist und wie sich diese Feststellungenrechtlich auswirken und von der belangten Behörde qualifiziert werden,bleibt vollkommen im Dunkeln.

Die Abweisungsbescheide sind daher vollkommen willkürlich und verletzenmein Recht auf ein faires Verfahren, weil ich nicht einmal ansatzweise nach vollziehen kann, auf welcher Grundlage (Feststellungen) die belangte Behörde ihre Entscheidungen trifft und wie sie diese rechtlich begründet.

Bescheide sind gemäß § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Was der Verwaltungsgerichtshof für Inhalt und Form der Bescheide nach § 58 Abs. 1 AVG ausgeführt hat, gilt auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO (vgl. 2003/17/0205).

b/ Verletzung des Parteiengehörs:

Seitens der belangten Behörde wurde weder eine Möglichkeit gegeben, sich zum Gutachten des Sozialministeriumservice zu äußern, noch sonst darzulegen, warum bei mir eine beträchtliche Behinderung im Sinne des FLAG vorliegt. Es war nicht abzusehen, dass die belangte Behörde Zweifel daran hegen konnte, dass ich seit jeher eine beträchtliche Behinderung aufweise, die es mir unmöglich macht, meinen eigenen Unterhalt zu verdienen.

Mit den angefochtenen Bescheiden werde ich in meinen Rechten auf ein faires Verfahren, auf die Wahrung des Parteiengehörs und auf eine nachvollziehbare (sohin nicht willkürliche) Entscheidung der Behörde gröblichst verletzt.

Die Willkür der belangten Behörde ist auch dort immanent, wo sie sich auf das Gutachten des Sozialministeriumservice stützt. Dieses Gutachten ist ein reines Aktengutachten und enthält sohin überhaupt keine persönliche Einschätzung durch die befundenden Gutachter des Sozialministeriumservice. Das Aktengutachten übersieht nämlich insbesondere, dass die Fragestellung, die durch das Gutachten der Dr. ***11*** ***12*** für das Pflegschaftsgericht zu beantworten war, überhaupt in keinem Zusammenhang mit den Fragestellungen, die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zu klären sind, stehen.

Zudem ist im Gutachten überhaupt nicht begründet, warum die Unfähigkeit, sich selbst Unterhalt zu verschaffen, nicht vor dem 18. Lebensjahr eingetreten ist bzw. woraus die Gutachter überhaupt schließen können, dass bis zum 18. Lebensjahr keine erhebliche Behinderung bei mir vorgelegen habe. Das Gutachten entbehrt daher jeglicher fachlichen und sachlichen Grundlage und hätte daher nicht als Bescheidbegründung herangezogen werden dürfen. Wenn im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice zudem davon zu lesen ist, dass aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrisch-fachärztlichen Befundes vom die Selbsterhaltungsfähigkeit als unwahrscheinlich erscheint und als Dauerzustand gewertet wird, so ist lebensnah nicht nachvollziehbar, dass dieser Zustand genau mit meinem 18. Lebensjahr eingetreten sein soll. Es hätte daher zumindest einer weiteren fachlichen Auseinandersetzung damit bedurft, ab WANN und WARUM aus medizinischer Sicht meine Unfähigkeit, mir selbst Unterhalt zu verschaffen, angenommen wird.

Aufgrund der Wichtigkeit für das Verfahren hätte zudem Parteiengehör gewährt werden müssen.

Angelehnt an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu GZ RA 2019/03/0040 vom ist festzuhalten, dass die Begründung einer Entscheidung auf Basis eines Gutachtens nur in der Weise erfolgen darf, dass die Behörde die Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens zu prüfen hat und sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinandersetzen muss und es zu würdigen hat. All dies hat die belangte Behörde in den beiden Abweisungsbescheiden gänzlich unterlassen.

c/ Aktenwidrigkeit:

Obwohl im Schreiben vom durch den Erwachsenenvertreter darauf hingewiesen wurde, dass der Antrag auf Familienbeihilfe rückwirkend ab dem gestellt werde, hat die belangte Behörde aktenwidrig in ihrer Begründung des Abweisungsbescheides des festgehalten, dass im Formular Beih 100 kein Zeitraum angegeben wurde und somit der Zeitraum ab 09/2020 gewertet werde.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Formular Beih 100 hinsichtlich des Zeitraums (Formular Seite 3, vor Punkt 3.) widersprüchliche Formulierungen enthält und daher die Auslegung der belangten Behörde unrichtig ist, wenn sie den Antrag deshalb ab 09/2020 wertet.

Die besagte Formularzeile titelt mit der Überschrift:

Es ist aus dieser Formulierung des Formulars weder ersichtlich, dass es zulässig wäre, fünf Jahre rückwirkend die Familienbeihilfe zu beantragen,noch ist ersichtlich, dass sich die Datumsangabe nicht nur unmittelbar (weilräumlich naheliegend) auf den Wegfall der Familienbeihilfe bezieht. Die Felder können im räumlichen Zusammenhang nämlich so verstanden werden,dass das Datumsfeld nur auszufüllen ist, wenn der Wegfall der Familienbeihilfe beantragt werden würde.

Die Behörde hätte daher mit einem Verbesserungsverfahren vorgehen müssen, wenn sie Zweifel am Zeitraum der Antragstellung hat bzw. hätte sie dieohnehin im Ergänzungsersuchen getätigten Angaben, wonach der Antrag ab gestellt werde, berücksichtigen müssen.

Die angefochtenen Bescheide sind daher auch mit Aktenwidrigkeit belastet.

d/ Beweismittel zu obigen Beschwerdepunkten:

- Schreiben an das Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt vom ;

- Begleitschreiben an das Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt vom hinsichtlich Antrags auf Familienbeihilfe;

Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom ;

- Übermittlung des Gutachtens Dr. ***12*** an das Finanzamt mit Schreiben vom ;

- Schreiben an das Sozialministeriumservice vom hinsichtlich der Unmöglichkeit von Ordinationsbesuchen;

- Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens über die seit Kindestagen an bestehende Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin und ihrer erheblichen Behinderung;

- weitere Beweisanträge vorbehalten,

IV. Beschwerdebegehren

Aus all diesen Gründen stelle ich dieAnträge:

1/

Das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen möge in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Familienbeihilfe und dem Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung ab jeweils Folge gegeben werde; in eventu

2/

die angefochtenen Bescheide mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das Finanzamt Österreich zurückverweisen

3/

Eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die erwähnten Unterlagen waren beigefügt:

Auskunftsersuchen vom

Der Erwachsenenvertreter ersuchte das damalige Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt mit Schreiben vom :

Ich bin durch das Bezirksgericht ***30*** mit sofortiger Wirkung zum Erwachsenenvertreter von Frau ***1*** ***3*** bestellt worden. Dazu verweise ich auf den beiliegenden Beschluss des Bezirksgerichtes vom .

Bitte teilen Sie mir in diesem Zusammenhang mit, ob Ihrerseits Leistungen an die betroffene Person entrichtet werden (falls ja, bitte ich um Zusendung der behördlichen Entscheidungen dazu) oder offene Verfahren bestehen (diesbezüglich bitte ich um Information über den Verfahrensstand).

Sollten behördliche Schriftstücke an die betroffene Person zu richten sein, bitte ich jedenfalls, auch mir derartige Schreiben zuzustellen und damit zur Kenntnis zu bringen.

Urgenz Auskunftsersuchen vom

Mit Schreiben des Erwachsenenvertreters vom wurde die Beantwortung des Auskunftsersuchens vom urgiert und wie oben unter Anträge Familienbeihilfe ausgeführt.

Beantwortung Ergänzungsersuchen vom

Zu einem nicht aktenkundigen Ergänzungsersuchen vom führte der Erwachsenenvertreter am wie oben unter Anträge Erhöhungsbetrag aus.

Gutachtensvorlage vom

Mit Schreiben des Erwachsenenvertreters vom wurde ein Psychiatrisches Sachverständigengutachten von Dr. ***11*** ***12*** vom vorgelegt.

Zum Text des Gutachtens siehe unten unter Gutachten.

Schreiben vom an das Sozialministeriumservice

Der Erwachsenenvertreter schrieb an an das Sozialministeriumservice, BASB Landesstelle Wien, zu VOB: ***25***:

Sie haben mir als Erwachsenenvertreter mit Schreiben vom in obiger Sache mitgeteilt, dass eine ärztliche Untersuchung nunmehr am um 17:30 Uhr durch Frau Dr. ***26*** erfolgen würde.

Eine Nachfrage bei Fr. Dr. ***26*** am hat ergeben, dassFrau Dr. ***26*** keinen Hausbesuch macht, sondern erwartet, dassFrau ***3*** zu ihr in die Ordination kommt.

Ich habe bereits in meinem Antrag und auch in sämtlichen Telefonaten seither mitgeteilt, dass es die Phobien von Frau ***3*** unmöglich machen,dass ich einen ärztlichen Termin außer Haus organisieren kann.

Ich verweise dazu auch auf das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft ***30*** zur Zahl: ***27***, wo am Ende auch die Notwendigkeit der Begutachtung im Haushalt dargelegt wird.

Aufgrund der Dringlichkeit ersuche ich daher, einen Arzttermin alsHausbesuch bei Frau ***3*** anzuordnen.

Urgenz vom

Der Erwachsenenvertreter schrieb dem Finanzamt am (OZ 19):

Zu obiger Sozialversicherungsnummer habe ich mit einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gestellt.

Ihr Ergänzungsersuchen vom habe ich mit Schreiben vom beantwortet.

Darüber hinaus habe ich am ein Gutachten aus dem Pflegschaftsverfahren vorgelegt.

Ich ersuche um Ihre Mitteilung, wie weit der Verfahrensstand gediehen ist bzw. wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Eine Antwort der Behörde ist im Verwaltungsakt nicht ersichtlich.

Beschwerdevorentscheidungen

Erhöhungsbetrag ()

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom "gegen den Abweisungsbescheid vom ", mit welchem der Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung Familienbeihilfe abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ( FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Die neuerliche Untersuchung des Sozialministeriumservices im Zuge dieser Beschwerdeerledigung vom hat einen Behinderungsgrad im Ausmaß von 50 % ab sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab 11/2020 festgestellt. Der Beginn dieser dauernden Erwerbsunfähigkeit ist für den Bezug der Familieneihilfe aber zu spät eingetreten. Das Sozialministerium hat den psychiatrischen Befund vom zwar berücksichtigt, es konnten aber keine Befunde aus der Kindheit oder Jugend vorgelegt werden.

Das soeben angesprochene Gutachten wird Ihnen mit gesonderter Post zur Verfügung gestellt.

Familienbeihilfe ()

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom "gegen den Abweisungsbescheid vom " (als an die Stelle des angefochtenen Bescheids vom getreten), mit welchem der Antrag auf Familienbeihilfe abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen:

Für ein volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe nur während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung oder, wenn das Kind wegen einer erheblichen Behinderung voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist, zu (§ 2 Abs. 1 lit. b und c Familienlastenausgleichsgesetz 1967, FLAG 1967). Auf die Beschwerdeführerin trifft keine dieser Voraussetzungen zu.

Die Beschwerdeführerin hat am das 18. Lebensjahr vollendet und stand danach in keiner Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Dies trifft auch auf den strittigen Zeitraum zu.

Nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung festgestellt wurde. Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BSB) hat erstmals am in einem Gutachten festgestellt, dass bei der Beschwerdeführerin eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab November 2020 als erwiesen angesehen werden könne. In den beiden weiteren seither erstellten Gutachten bestätigt das BSB mangels Vorlage zusätzlicher Befunde den Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit.

Das Finanzamt ist an die der Bescheinigung des BSB zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. 2011/16/0063; 2010/16/0068, und die bei Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung).

Im Gutachten vom führte die unabhängige ärztliche Sachverständige (Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie) hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit ergänzend aus:

"Nach den vorliegenden Befunden werden behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen in die Jugend zurückreichend angenommen (It. Gutachten PV Dr. ***28*** "seit den jungen Jahren eingeschränkte Belastbarkeit. Weitere Erkrankungen haben sich im jungen Erwachsenenalter entwickelt").

Es liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung vor dem 18./21. LJ dokumentieren. Insbesondere liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung mit schwerwiegenden Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren, dass eine daraus resultierende anhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 18./21. LJ eingetreten wäre. Daher kann dieser Zeitpunkt, nicht eindeutig eingrenzt bzw. bestimmt werden.

Dies kann ab Vorlage von fachspezifischen Befunden (psychiatrisches Gutachten Dr. ***12*** 11/2020)bestätigt werden."

Das Finanzamt sieht daher im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin keinen Grund, die Schlüssigkeit und Richtigkeit der Gutachten des BSB in Zweifel zu ziehen, weil die Leiden, der Grad der Behinderung und deren Auswirkungen daraus auf die Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin einwandfrei hervorgehen.

Die Gutachten des BSB vom , und sind vollständig, widerspruchsfrei und schlüssig.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Vorlageanträge

Erhöhungsbetrag ()

Mit Schreiben vom stellte die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter Vorlageantrag in Bezug auf die Beschwerdevorentscheidung vom :

Ich habe gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamtes Österreich zum Ordnungsbegriff ***9***, jeweils vom , durch den Erwachsenenvertreter am rechtzeitig Beschwerde an die belangte Behörde erhoben.

Diese Beschwerden wurden durch die Beschwerdevorentscheidung vom , welche dem Erwachsenenvertreter am zugestellt wurde, durch die belangte Behörde erledigt.

Meine Beschwerde wurde mit der Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Nur aufgrund eines Aktengutachtens (sohin ohne jegliche unmittelbare Befundung der Beschwerdeführerin durch die Sachverständigen) wurde eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab 11/2020 festgestellt, was für den Bezug der Familienbeihilfe aber zu spät sei.

Zudem wird begründend angeführt, dass keine Befunde aus der Kindheit oder Jugend vorgelegt werden konnten.

Das Verfahren, welches der Beschwerdevorentscheidung zugrunde liegt, ist mit denselben Verfahrensmängeln behaftet, die bereits in der Beschwerde aufgezeigt wurden. Es ist auch eine reine Vermutung, die die Sachverständigen anstellen, wenn sie einen Zeitpunkt mit "11/2020" als Beginn der Erwerbsfähigkeit definieren und in keiner Weise und vor allem nicht wissenschaftlich erklären können, warum der Beginn der Erwerbsunfähigkeit quasi zu Beginn eines Monats ohne etwaige Vorzeichen schlagend werden würde. Dies insbesondere, als die Erwerbsunfähigkeit einen Dauerzustand darstellt, der sich anzunehmenderweise nicht mehr verbessern wird.

Aus diesem Grund stelle ich binnen offener Frist den Antrag:

Meine Beschwerde vom gegen die Abweisungsbescheide des Finanzamt Österreich, zu Ordnungsbegriff ***9***, vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Familienbeihilfe ()

Mit Schreiben vom stellte die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter Vorlageantrag in Bezug auf die Beschwerdevorentscheidung vom und erhob Beschwerde sowohl gegen den Aufhebungsbescheid als auch gegen den neuen Abweisungsbescheid vom :

I. Beschwerdegegenstand und Beschwerdeerklärung

Ich, die Beschwerdeführerin, erhebe, vertreten durch meinen gerichtlichen Erwachsenenvertreter, gegen nachstehende Behördenakte des Finanzamts Österreich die jeweils zum Ordnungsbegriff ***9*** ergangen und jeweils dem Erwachsenenvertreter, am zugestellt worden sind, nämlich

• den Aufhebungsbescheid vom ,

• den Abweisungsbescheid vom und

• die Beschwerdevorentscheidung vom

Rechtsmittel, und zwar hinsichtlich des Aufhebungs- und AbweisungsbescheidesBESCHEIDBESCHWERDE

Und hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung den

VORLAGEANTRAG

jeweils an das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Die beiden Bescheide werden zur Gänze wegen Verfahrensmängel und Rechtswidrigkeit angefochten.

II. Sachverhalt

Ich bin psychisch behindert und wurde bis zum Ableben meiner Mutter im elterlichen Haushalt an der Adresse ***4*** ***6***, ***7***, betreut und versorgt. Nach dem Ableben meiner Mutter wurde Rechtsanwalt Ing. Mag. ... zu meinem gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt. Bis zu seiner Bestellung war ich vollkommen einkommenslos.

Die Bestellung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wurde dem Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt am mitgeteilt. Mit Schreiben vom des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wurde mitgeteilt, dass ich offenbar seit meiner Geburt an schweren Phobien leide und es mir unmöglich sei, ein "normales" Leben zu führen. Es wurde auch mitgeteilt, dass ich quasi kaum das Haus verlasse und wegen meiner psychischen Störungen auch die Schule nach dem zweiten Jahr abgebrochen habe. Diesem Schreiben war der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe angeschlossen.

Aufgrund des Ergänzungsersuchens vom hat der gerichtliche Erwachsenenvertreter ausgeführt, dass der Antrag auf Familienbeihilfe mit Wirkung ab gestellt werde, das Formular Beih 3 ausgefüllt und die Bestellungsurkunde für die Erwachsenenvertretung angeschlossen, nochmals auf die Antragstellung zum Pflegegeld hingewiesen und zur Haushalts- und Einkommenssituation Auskünfte erteilt.

Der Erwachsenenvertreter hat das zwischenzeitlich im Pflegschaftsverfahren eingeholte psychiatrische Sachverständigengutachten (Dr. ***12***) der belangten Behörde mit Schreiben vom übermittelt und im März 2021 um Auskunft über den Verfahrensstand ersucht (wobei auch hierauf keine Auskunft der belangten Behörde übermittelt wurde).

Weitere Verfahrenshandlungen sind dem Erwachsenenvertreter seitens der belangten Behörde bis zu den Abweisungsbescheiden vom nicht bekannt geworden.

Der Abweisungsbescheid vom wurde dem Erwachsenenvertreter, am zugestellt. Anzumerken ist, dass die belangte Behörde den Antrag vom offenbar erst mit erhalten haben will, wie der Datumsangabe im Abweisungsbescheid zu entnehmen ist.

Die belangte Behörde hat zudem in den Abweisungsbescheiden auf ein Gutachten des Sozialministeriumservice vom Bezug genommen, welches der Erwachsenenvertreter zunächst nicht erhalten hat. Erst im Zuge der erneuten Anfrage wegen der ggst. Rechtsmittelausarbeitung wurde dieses Gutachten von der belangten Behörde zur Verfügung gestellt.

Seitens des Erwachsenenvertreters wurde am eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid erhoben.

Mit Schreiben des Sozialministeriumservice vom wurde ich (erneut) zu einem Termin eingeladen. Diese Einladung beantwortete mein Erwachsenenvertreter am 29.09,2021 (erneut) mit dem Hinweis, dass meine geistigen Beeinträchtigungen nicht zulassen, dass ich das Haus verlasse, um den Termin wahrzunehmen. Wieder wurde ersucht, einen Hausbesuch vorzunehmen.

Kurz und knapp antwortete das Sozialministeriumservice per E-Mail am , dass der Termin hinfällig sei und grundsätzlich keine Hausbesuche gemacht würden.

Wegen einer darauffolgenden negativen Beschwerdevorentscheidung (vom ) der belangten Behörde, wurde am der Vorlageantrag von meinem Erwachsenenvertreter gestellt.

Überraschenderweise folgte sodann (wieder) ein Auskunftsersuchen der belangten Behörde, worin man nach fast eineinhalbjähriger Verfahrensdauer nun den pflegschaftsgerichtlichen Bestellungsbeschluss und ein Gutachten des Sozialministeriumservice (!!!) vom anforderte. Letzteres ist meinem Erwachsenenvertreter aber unbekannt gewesen. Zudem ist höchst verwunderlich, warum die belangte Behörde ein Gutachten anfordert, dass sie (a) selbst beauftragte und (b) ihr jedenfalls vorliegen musste. Der Erwachsenenvertreter hat das Auskunftsersuchen mit Schreiben vom beantwortet.

Wieder und - offenkundig in vollkommener Ignoranz meiner Krankheitsgeschichte - forderte das Sozialministeriumservice per E-Mail am weitere Unterlagen an. Erstmalig (nach eineinhalbjähriger Verfahrensdauer) sollten auch Pflegegeldgutachten übermittelt werden. Offenbar hatte die belangte Behörde irgendeine Kenntnis von einem zwischenzeitlich (auch gerichtlich) geführten Pflegegeldverfahren erlangt.

Der Erwachsenenvertreter übermittelte daher am eine umfangreiche Stellungnahme an das Sozialministeriumservice und legte dazu auch die Unterlagen aus dem Pflegegeldverfahren vor. Insbesondere wurde auf die gutachterlichen Ausführungen des SV Dr. ***28*** verwiesen, der unterstrich, dass ich mit meinem 18. Lebensjahr (also seit Juni 1985) nicht ausreichend belastbar war und zeitlebens nicht für den Arbeitsmarkt einsetzbar bin.

Die belangte Behörde ignoriert, dass ich als erheblich behindertes "Kind" zu qualifizieren und voraussichtlich dauerhaft außerstande bin, mir selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Zudem sind die zugrundeliegenden Abweisungsbescheide vollkommen gesetzwidrig ausgeführt, da sie nicht einmal Feststellungen oder eine rechtliche Beurteilung enthalten und aktenwidrige Inhalte zitieren.

Das Erscheinungsbild dieser Abweisungsbescheide lässt darauf deuten, dass sich die belangte Behörde den Akt nicht einmal angesehen und vollkommen willkürlich Entscheidungen getroffen hat.

Besonders bemerkenswert - und die gewissenlose Aktenführung der belangten Behörde unterstreichend - ist, dass die Beschwerdevorentscheidung vom über den Abweisungsbescheid vom getroffen wird, obwohl mir letzterer noch gar nicht zugegangen war und formal dagegen kein Rechtsmittel bis erhoben wurde.

III. Beschwerdegründe

Die Aufhebungs- und Abweisungsbescheide vom des Finanzamts Österreich sind rechtswidrig und verletzen mich insbesondere in meinen subjektiven Rechten auf ein faires Verfahren und die Gewährung von Familienbeihilfe und dem Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung. Dazu wird im Folgenden konkret ausgeführt:

a/ Inhaltliche Mängel des Abweisungsbescheides:

Der Abweisungsbescheid hinsichtlich meines Antrags auf Familienbeihilfe enthält als Begründung nur ein Gesetzeszitat aus dem FLAG und eine Bezugnahme auf "zwei weitere seither erstellte Gutachten" die mangels Vorlage weiterer Befunde den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit mit11 /2020 bestätigen würden.

Es fehlt dem Bescheid sohin an jeglichem Inhalt, der den zugrundeliegendenSachverhalt, die getroffenen Feststellungen, die daraus abgeleitete rechtlicheBeurteilung und die rechtlichen Grundlagen, auf die sich die belangte Behörde stützt, nachvollziehbar machen.

Welche Gutachten konkret gemeint sind, wird nirgends erwähnt.

Insbesondere ignoriert die Behörde die Vorlage des Gutachtens Dr. ***28*** aus dem Pflegegeldverfahren.

Qualitativ und puncto Rechtswidrigkeit nicht viel besser steht es um den Aufhebungsbescheid vom .

Im Spruch dieses Aufhebungsbescheides ist zu lesen, dass der Abweisungsbescheid vom (...) aufgehoben werde.

Mir und meinem Erwachsenenvertreter ist ein solcher Bescheid vom nicht bekannt.

Zudem wurde meinerseits ohnehin Beschwerde am gegen den Abweisungsbescheid vom erhoben. Die Aufhebung und erneute Abweisung bringt das Verfahren gem. § 299 Abs 3 BAO aber auch nur wieder in das Rechtsmittelstadium zurück.

Was nun die Sachverhaltsgrundlage bildet, welche Beweise von der Behörde aufgenommen wurden und, daraus abgeleitet, festgestellt worden ist, wie sich diese Feststellungen rechtlich auswirken und von der belangten Behörde qualifiziert werden, bleibt vollkommen im Dunkeln.

Die Aufhebungs- und Abweisungsbescheide sind daher vollkommen willkürlich und verletzen mein Recht auf ein faires Verfahren, weil ich nicht einmal ansatzweise nachvollziehen kann, auf welcher Grundlage (Feststellungen) die belangte Behörde ihre Entscheidungen trifft und wie sie diese rechtlich begründet.

Bescheide sind gemäß § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Was der Verwaltungsgerichtshof für Inhalt und Form der Bescheide nach § 58 Abs. 1 AVG ausgeführt hat, gilt auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO (vgl. 2003/17/0205).

b/ Verletzung des Parteiengehörs, unfaires Verfahren:

Seitens der belangten Behörde wurde weder eine Möglichkeit gegeben, sich zum Gutachten des Sozialministeriumservice zu äußern, noch sonst darzulegen, warum bei mir eine beträchtliche Behinderung im Sinne des FLAG vorliegt.

Dadurch, dass sich die belangte Behörde einer weiteren Behörde bedient, die es ablehnt, Hausbesuche zu machen, werde ich aufgrund meiner Erkrankung diskriminiert und benachteiligt.

Eine Person, deren Einschränkungen es zulassen, dass sie Termine beim Sozialministeriumservice wahrnimmt, wird mir gegenüber bessergestellt. Offenkundig ist nämlich, dass die persönliche Anamnese durch einen Mediziner fachlich belastbarere Ergebnisse bringt. Dies ist zudem auch aus der persönlichen Untersuchung durch Dr. ***28*** und seinen gutachterlichen Schlussfolgerungen belegt.

Außerdem wird mir beim Sozialministeriumservice keinerlei Parteisteilung eingeräumt und sogar die Herausgabe der "Aktengutachten" verweigert.

Mit den angefochtenen Bescheiden werde ich in meinen Rechten auf ein faires Verfahren, auf die Wahrung des Parteiengehörs und auf eine nachvollziehbare (sohin nicht willkürliche) Entscheidung der Behörde gröblichst verletzt.

Die Willkür der belangten Behörde ist auch dort immanent, wo sie sich auf Gutachten des Sozialministeriumservice stützt. Diese Gutachten sind lediglich Aktengutachten und enthalten sohin überhaupt keine persönliche Einschätzung durch die befundenden Gutachter des Sozialministeriumservice.

Die Aktengutachten übersehen nämlich insbesondere, dass die Fragestellung, die durch das Gutachten der Dr. ***11*** ***12*** für das Pflegschaftsgericht zu beantworten war, überhaupt in keinem Zusammenhang mit den Fragestellungen, die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zu klären sind, stehen.

Zudem ist im Gutachten überhaupt nicht begründet, warum die Unfähigkeit, sich selbst Unterhalt zu verschaffen, nicht vor dem 18. Lebensjahr eingetreten ist bzw. woraus die Gutachter überhaupt schließen können, dass bis zum 18. Lebensjahr keine erhebliche Behinderung bei mir vorgelegen habe.

Insbesondere fehlt jede Auseinandersetzung mit den gutachterlichen Ausführungen von SV Dr. ***28***, die meinen Standpunkt aber vollkommen untermauern und meinen Anspruch klar begründen.

Das Sozialministeriumservice-Gutachten entbehrt daher jeglicher fachlichen und sachlichen Grundlage und hätte daher nicht als Bescheidbegründung herangezogen werden dürfen. Dies wäre auch für die belangte Behörde offenkundig, wenn sie willens gewesen wäre, sich mit meinen Eingaben und meiner geistigen Beeinträchtigung überhaupt auseinanderzusetzen.

Wenn im Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice zudem davon zu lesen ist, dass aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrischfachärztlichen Befundes vom die Selbsterhaltungsfähigkeit als unwahrscheinlich erscheint und als Dauerzustand gewertet wird, so ist lebensnah nicht nachvollziehbar, dass dieser Zustand genau mit meinem 18. Lebensjahr eingetreten sein soll. Es hätte daher zumindest einer weiteren fachlichen Auseinandersetzung damit bedurft, ab WANN und WARUM aus medizinischer Sicht meine Unfähigkeit, mir selbst Unterhalt zu verschaffen, angenommen wird.

Aufgrund der Wichtigkeit für das Verfahren hätte zudem Parteiengehör gewährt werden müssen.

Angelehnt an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu GZ RA 2019/030040 vom ist festzuhalten, dass die Begründung einer Entscheidung auf Basis eines Gutachtens nur in der Weise erfolgen darf, dass die Behörde die Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens zu prüfen hat und sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinandersetzen muss und es zu würdigen hat. All dies hat die belangte Behörde in den beiden Abweisungsbescheiden gänzlich unterlassen.

d/ Beweismittel zu obigen Beschwerdepunkten:

- Zeugeneinvernahme Dr. ***29*** ***28***, ***4*** ***30***, ***31***

- Schreiben an das Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt vom ;

- Begleitschreiben an das Finanzamt NeunkirchenWiener Neustadt vom hinsichtlich Antrags auf Familienbeihilfe;

- Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom 28.09,2020;

- Übermittlung des Gutachtens Dr. ***12*** an das Finanzamt mit Schreiben vom ;

- Schreiben an das Sozialministeriumservice vom hinsichtlich der Unmöglichkeit von Ordinationsbesuchen;

- Schreiben des Erwachsenenvertreters an das Sozialministeriumservice vom ;

- Sozialministeriumservice E-Mail vom ;

- Auskunftsersuchen d. belangten Behörde vom

- Antwort des Erwachsenenvertreter auf das Auskunftssersuchen, Schreiben vom ;

- Sozialministeriumservice E-Mail vom ;

- Stellungnahme vom samt Beilagen

- Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens über die seit Kindestagen an bestehende Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin und ihrer erheblichen Behinderung;

- weitere Beweisanträge vorbehalten,

IV. Beschwerdebegehren

Aus all diesen Gründen stelle ich die

ANTRÄGE:

1/

Das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen möge in der Sache

selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Familienbeihilfe und dem Antrag auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung ab jeweils Folge gegeben werde; in eventu

2/

die angefochtenen Bescheide mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das Finanzamt Österreich zurückverweisen

3/

eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

V. Vorlageantrag

Auch, wenn mit Blick auf § 299 Abs 3 BAO nicht nachvollziehbar bleibt, welchen Sinn die Beschwerdevorentscheidung vom hat, wird damit zum Nachteil in meine Rechte auf Bezug der Familienbeihilfe eingegriffen.

Als Begründung verweise ich auf obige Ausführungen im Punkt III..

Aus diesem Grund stelle ich binnen offener Frist den

ANTRAG,

meine Beschwerden vom und gegen die Abweisungs- und Aufhebungsbescheide des Finanzamt Österreich, zu Ordnungsbegriff ***9***, vom und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die angeführten Beweismittel waren beigeschlossen.

- Schreiben an das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt vom : Siehe oben "Auskunftsersuchen vom ".

- Begleitschreiben an das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt vom hinsichtlich Antrags auf Familienbeihilfe: Siehe oben "Urgenz Auskunftsersuchen vom ".

- Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom : Siehe oben "Beantwortung Ergänzungsersuchen vom ".

- Übermittlung des Gutachtens Dr. ***12*** an das Finanzamt mit Schreiben vom : Siehe oben "Gutachtensvorlage vom ".

- Schreiben an das Sozialministeriumservice vom hinsichtlich der Unmöglichkeit von Ordinationsbesuchen: Siehe oben "Schreiben vom an das Sozialministeriumservice".

- - Sozialministeriumservice E-Mail vom ;

- Auskunftsersuchen d. belangten Behörde vom

- Antwort des Erwachsenenvertreter auf das Auskunftssersuchen, Schreiben vom ;

- Sozialministeriumservice E-Mail vom ;

- Stellungnahme vom samt Beilagen

Schreiben an das Sozialministeriumservice vom

Der Erwachsenenvertreter schrieb am an das Sozialministeriumservice Landesstelle NÖ Wien:

Als Erwachsenenvertreter von Frau ***1*** ***3*** hat mich die Einladung zur Untersuchung durch Frau Dr. ***32***-***33*** am , 17:30 Uhr, erreicht.

Wie ich Ihnen bereits telefonisch an und , aber auch mit Schreiben vom mitgeteilt habe, erlaubt es der gesundheitliche Zustand (insbesondere aufgrund ihrer sozialen Phobien) von Frau ***3*** nicht, dass sie das Haus verlässt. Es ist daher notwendig, dass die bestellte Ärztin Frau ***3*** zu Hause aufsucht.

Ich ersuche daher um Ihre Bestätigung, dass Frau Dr. ***32***-***33*** zu Frau ***3*** an den Wohnort ***4*** ***5***-***6***, ***7***, zur Befundaufnahme anreist.

Ich muss einige Zeit vorher mit den Vorbereitungsarbeiten und der Information gegenüber Frau ***3*** beginnen, damit sie der von Ihnen bestellten Ärztin dann auch Einlass gewährt.

Der Bitte um zeitnahe Rückäußerung und Bestätigung verbleibe ich ...

E-Mail des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom

Das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, teilte dem Erwachsenenvertreter mit E-Mail vom mit:

Ich darf Ihnen mitteilen, dass der Untersuchungstermin als Gegenstandslos zu betrachten ist. Grundsätzlich werden bei uns keine Hausbesuche gemacht. Die Frau Dr. ***32***-***33*** wird den Fall als aktenmäßige Erledigung bearbeiten.

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt ersuchte die Bf mit Ergänzungsersuchen vom im Wege ihres Erwachsenenverteters:

Laut dem vorgelegten Beschluss des Bezirksgerichts ***30***.vom wurden Sie gemäß § 120 AußStrG zum einstweiligen Erwachsenenvertreter von Frau ***3*** bestellt. Um Vorlage eines Beschlusses, mit dem Ihr Wirkungsbereich um die "Vertretung in Verwaltungsverfahren und verwaltungsrechtlichen Verfahren" erweitert wird, wird gebeten.

Bitte legen Sie auch noch folgende Unterlagen vor:

Gutachten des Sozialministeriumservice vom

Weitere (möglichst ältere) Befunde betreffend den Gesundheitszustand von Frau ***3*** (bislang liegt nur ein Befund vom vor).

Urkundenvorlage vom

Bezugnehmend auf das Ergänzungsersuchen vom teilte der Erwachsenenvertreter dem Finanzamt am mit:

In Beantwortung des im Betreff genannten Schreibens darf ich nachstehend ausführen:

1/ Bestellungsurkunde:

Unter einem lege ich die Bestellungsurkunde des Bezirksgerichtes ***30*** vom 19,01.2021 vor, aus der auch mein Wirkungsbereich mit Vertretung vor Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern ersichtlich ist.

Dies umfasst auch die dazugehörigen Verfahrensführungen.

2/ Gutachten des Sozialministeriumservice vom :

Liegt mir nicht vor.

Jenes vom trägt auf dem Deckblatt aber den Vermerk "Aktengutachten erstellt am ."

Zudem teile ich mit, dass Ihnen dieses Gutachten vorliegen muss, zumal mir das Sozialministeriumservice (meines Erachtens gesetzwidrige Auslegung der Datenschutzbestimmungen) mit Email vom noch mitteilte, dass eine Gutachtensversendung aus datenschutzrechtlichen Gründen zu meinen Händen nicht erfolgt und lediglich dem Finanzamt als verfahrensführende Behörde möglich ist, das Gutachten auszuhändigen.

Sollten Sie daher dieses Gutachten dennoch nicht im Akt vorfinden (obwohl ich es von Ihnen erhalten habe), ersuche ich um gesonderte Mitteilung.

3/ Ältere Befunde:

Leider kann ich keine älteren Befunde als das: Sachverständigengutachten von Frau Dr. ***12*** vom vorlegen. Ich habe auch im Verwandtenkreis der betroffenen Person diesbezüglich nachgefragt, aber keine positiven Antworten oder Unterlagen erhalten können.

E-Mail des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom

Mit E-Mail vom teilte das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, dem Erwachsenenvertreter mit:

Wir haben den Fall Ihrer Klientin Fr. ***3*** zur neuerlichen Überprüfung im Zuge des Vorlageantrages bezüglich erhöhter Familienbeihilfe beim Bundesfinanzgericht erhalten!

Es wurde Ihrerseits um einen Hausbesuch gebeten. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass eigentlich keine Hausbesuche von unseren Sachverständigen durchgeführt werden!

Deswegen benötigen wir weitere Unterlagen (fachärztliche Befunde vor 2020, das Pflegegeldgutachten etc.) um die beantragte rückwirkende Bestätigung eventuell ohne persönliche Begutachtung überprüfen zu können!

Für weitere Fragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung!

E-Mail des Erwachsenenvertreters an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom

Der Erwachsenenvertreter antwortete dem Sozialministeriumservice mit E-Mail vom :

Mit Ihrer erneuten Anfrage vom wegen der Übermittlung von Unterlagen erscheint es mir unumgänglich zunächst meine Kritik über die Verfahrensführung nämlich, wie die involvierten Behörden systematisch Ansprüche von schwer geistig behinderten Personen nicht eingehend mit der gebotenen Raschheit bearbeiten, Akteninhalte ignorieren und wiederholt dieselben Unterlagen anfordern, klar zum Ausdruck zu bringen.

Bereits seit habe ich betreffend die Zuerkennung von Familienbeihilfe (dem Finanzamt) mitgeteilt, dass die schweren psychischen Störungen von Frau ***3*** dazu führen, dass sie das Haus nicht verlässt. Auch der von Ihnen mit Schreiben vom genannten Ärztin, Dr, ***59*** ***26***, wurde dies telefonisch mitgeteilt. Die Konsequenz war, dass zunächst der Untersuchungsterminen aus November in den Dezember 2020 verschoben und letztlich überhaupt nicht durchgeführt wurde. Stattdessen wurde ohne meine Information und Kenntnis am ein Aktengutachten über Frau ***3*** erstellt {interessanterweise wäre das genau der Tag der Untersuchung gewesen). Ich erlangte erst durch den Bescheid des Finanzamtes überhaupt eine Information dass ein Gutachten von Ihnen existieren würde und habe dieses am von Ihnen angefordert. Mit einer - meines Erachtens rechtswidrigen - Ausrede auf das Datenschutzgesetz haben Sie verweigert das Gutachten auszuhändigen.

Nun, wenn Sie jetzt fachärztliche Befunde vor 2020, Pflegegeldgutachten etc. anfordern, drängt sich die Frage auf, warum Sie das nicht zum Zeitpunkt des bereits getan haben. Wenn es "eigentlich" schon keine Hausbesuche von Ihren Sachverständigen gibt, wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass Sie diese Unterlagen für das Aktengutachten davor anfordern. Aufgrund der beschriebenen Vorgehensweise des Sozialministerumservice muss man den Eindruck gewinnen, dass man seitens des Sozialministeriums zumindest in Kauf nimmt, durch halbherzige Informationsaufnahme, für eine Partei nachteilige Gutachten auszufertigen, und zwar indem man von Haus aus nur jene Erhebungen pflegt, die eine vornehmlich negative Entscheidungen stützen.

Dem nicht genug, versenden Sie mit Einladung vom erneut einen Termin für die ärztliche Begutachtung. Wieder muss ich (mit Schreiben vom ) darauf hinweisen, dass Frau ***3*** das Haus nicht verlässt, und zwar genau wegen jener Phobien, die Gegenstand meines Antrags sind.

Ganz offenbar hat man den Akteninhalt wieder nicht beachtet und eine (wegen der Phobien von Fr. ***3***) sinnfreie Einladung versendet.

Interessant ist dabei wieder, dass Sie mit E-Mail vom zwar ankündigen, dass (wieder) ein Aktengutachten erstellt wird, aber auch dort nicht die Rede davon ist, dass fachärztliche Befunde vor 2020 oder Pflegegeldgutachten etc. übermittelt werden sollen. Es überrascht dann auch wenig, dass das Aktengutachten vom wiederum negativ für Frau ***3*** ausfällt und sogar die - nach meiner eigenen Wahrnehmung - grundfalsche Tatsache aufstellt, dass der Grad der Behinderung seit 11/2020 vorliegen würde. Bemerkenswert ist, dass auf keine Befunde gegriffen wird, aber auf den Inhalt eines Gutachtens (von Fr. Dr. ***12***, dass die ganze Zeit vorlag) und daraus - aus dem Zusammenhang gerissen - eine Aussage herangezogen wird, wonach Frau ***3*** einige Monate im Unternehmen des Vaters beschäftigt gewesen wäre und deshalb der Grad der Behinderung rückwirkend nicht vorliegen würde. Das dies medizinisch eine vollkommen substanzlose Aussage bleibt, wird aber nicht beachtet.

Ich habe dem Finanzamt auch bereits mitgeteilt (zuletzt mit Schreiben vom ), dass mir keine älteren medizinischen Unterlagen als das SV-Gutachten von Frau Dr. ***12*** vom vorliegen. Dies auch auch auf Nachfrage im Verwandten- und Bekanntenkreis. Dieser Umstand ist aber auch nachvollziehbar, weil Frau ***3*** (auch) den Gang zu Ärzten und Untersuchungen vermeidet und verweigert.

Wäre man seitens der hier einschreitenden Behörden gewillt das Verfahren effizient zu führen, hätte man bereits eine Verfahrensdauer von rund einem Jahr und auch die Kosten für (meines Erachtens vollkommen verfehlte) Aktengutachten einsparen können, in dem man die unmittelbare fachärztliche Begutachtung von Fr. ***3*** anordnet.

Da ich seitens des Bezirksgerichtes die Verantwortung für eine schwer geistig behinderte Person übertragen erhalten habe und auch noch dazu Steuerzahler bin, machen mich die bisherigen Verfahrensabläufe insbesondere aus menschlicher und wirtschaftlicher Hinsicht fassungslos.

Was Ihre Anfrage inhaltlich betrifft, so übermittle ich Ihnen in der Beilage:

• das Gutachten des SV Dr. ***34*** aus dem Pflegegeldverfahren vor dem Landesgericht Wiener Neustadt vom ,

• das Tagsatzungsprotokoll in dieser Sache vom , wobei ich auf die Ausführungen des Sachverständigen auf Seite 2 des Protokolls hinweise, sowie

• das Gutachten des SV Dr. ***29*** ***28*** vom .

Insbesondere Dr. ***28*** unterstreicht, dass Fr: ***3*** mit ihrem 18. Lebensjahr (das war also 06/1985 und nicht 11/2020) nicht ausreichend belastbar war und zeitlebens nicht für den Arbeitsmarkt einsetzbar ist (Seite 5 und 6).

Ungeachtet dessen halte ich meinen Antrag aufrecht, Frau ***3*** im Zuge eines Hausbesuches persönlich fachärztlich zu untersuchen und zu begutachten.

Gutachten

Psychiatrisches Sachverständigengutachten vom

Dr. ***11*** ***12***, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie erstattete am folgendes Psychiatrisches Sachverständigengutachten im Auftrag des Bezirksgerichts ***30***:

Betrifft: Erwachsenenvertretung ***3*** ***1***, geb. am ***13***

Fragestellung: Befund und Gutachten darüber zu erstatten, ob bei der betroffenen Person eine psychische Erkrankung oder vergleichbare Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit vorliegt, die dazu führt, dass einzelne oder bestimmte Arten von Angelegenheiten nicht mehr ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann.

Weiters möge ausgeführt werden, ob der Gesundheitszustand der betroffenen Person es erlaubt, der mündlichen Verhandlung zu folgen oder ihr Wohl bei der Anwesenheit einer Verhandlung gefährdet wäre.

Beurteilungsgrundlagen:

- Akteneinsicht

- Eigene Untersuchung

I. Aktenlage

Im Folgenden werden die für das gegenständliche Sachverständigengutachten relevanten Akteninhalte herangezogen.

• Anregung Erwachsenenvertretung vom

• Protokoll der Erstanhörung des Bezirksgerichts ***30*** vom Mag. ***14***.

• Beschluss des Bezirksgerichtes Bezirksgerichts ***30*** vom betreffend der einstweiligen Erwachsenenvertretung.

• Rekurs gegen den Beschluss vom

• Protokoll vom ***15*** ***16*** betreffend der einstweiligen Erwachsenenvertretung

• Clearingbericht vom , NÖ Landesverein für Erwachsenenschutz, ***17*** ***18*** BA

• Eigene Untersuchung von ***3*** ***1***, geb. am ***13***, am :

II.

Ort und Umstände der Untersuchung:

1. Die gegenständliche Untersuchung wird in Form eines Hausbesuches an der Wohnadresse der Betroffenen durchgeführt.

Die Terminvereinbarung erfolgt über die Nachbarin und Vertrauensperson der Betroffenen, Frau ***19***.

Die SV trifft pünktlich zum Termin am Wohnort der Betroffenen ein. Die Gartentür ist offen, die SV findet jedoch zunächst den Eingang nicht. Wird von der Betroffenen in einem Mantel am Grundstück erwartet, wobei diese immer wieder betont, dass sie sich wegen der kühlen Witterung einen Mantel hätte anziehen müssen, die SV auf der Strasse nicht gesehen habe.

Außenanamnese mit: niemand

Derzeitige Medikation: Nimmt keine ein.

Praktischer Arzt: keiner

Facharzt für Psychiatrie: keine

Mit anwesend:

Niemand.

2. Erwachsenenvertretung:

Einstweiliger Erwachsenenvertreter RA ...

3. Subjektive Beschwerdeangabe:

"Ich habe keine Beschwerden, keine Schmerzen, fühle mich wohl."

4. Derzeitige Therapie:

Aktuelle Medikation:Keine.

5. Exploration

Die Untersuchung findet in einer sehr sauberen, etwas altmodischen Wohnküche statt.

Die SV trägt, wie aufgrund der Covid-Maßnahmen vorgesehen, eine FFP2 Maske. Die Betroffene besteht im Rahmen eines längeren Wortwechsels darauf, sich der Untersuchung nur dann zu unterziehen, wenn die SV die Maske abnimmt, da sie dies als Misstrauensgeste wertet. Da sich die SV 1 Stunde vor der Begutachtung einem Corona-Test im ***20*** unterzogen hat, der ein negatives Ergebnis erbracht hat, stimmt sie dem Begehr der Betroffenen schließlich zu, da die Begutachtung ansonsten nicht durchführbar gewesen wäre. Die Betroffene selbst trägt keine Maske, gibt an, das Haus nicht zu verlassen, nur zur Nachbarin regelmäßig Kontakt zu haben und sie daher einfach nicht infektiös sein könne.

Die Betroffene gibt an, in ihrem Elternhaus zu leben, ihre Mutter wäre am ....06.2020 verstorben. Sie hätte Zeit ihres Lebens zuerst mit den Eltern, dann nach dem Ableben des Vaters, mit der Mutter alleine im gemeinsamen Haushalt gewohnt.

Auf die Frage, nach ihrem Alter imponiert die Betroffene ratlos, betätigt ihr Handy, schließt die Augen, scheint in sich hineinzuhören, schließt das Handy wieder und gibt an, sich dafür nicht zu interessieren, sie könne jedoch ihr Geburtsdatum nennen. Meint schließlich: "Ich halts wie Madonna, es ist keine Frage des Alters".

[...]

Die SV fragt nun nach etwaigen Einkünften, dazu gibt die Betroffene an: "Ich koche und putze, ich war die Haushälterin der Mutter, ich habe in Wr. Neustadt eine 2-jährige Klosterschule besucht, das war eine Haushaltsschule. Geschwister habe ich keine". Sie gibt nun an, Volksschule, Hauptschule und 2 Jahre Hauswirtschaftsschule absolviert zu haben. Auf die Frage, ob sie eine abgeschlossene Ausbildung habe, oder je selbst gearbeitet habe reagiert sie ratlos. Drückt wieder mehrere Tasten ihres Handys und horcht in sich hinein. Sagt dann schließlich: "Meine Eltern waren Arbeiter, der Vater war im Werk in ***21***, die Mutter bei ***22*** ***23***". Die SV konkretisiert: "Wollten Sie nie arbeiten?". Die Betroffene meint, sie wäre für wenige Monate als Stubenmädchen tätig gewesen, solange ihr Vater im gleichen Unternehmen tätig war. Die SV bezieht sich nun auf die täglichen Fertigkeiten, auf die Frage, was 1 Liter Milch kosten würde, blickt sie wieder auf ihr Handy, meint, sie müsse nachlesen, nach einer Gedankenpause sagt sie: "50ct". Auf die Frage, was 1kg Brot kostet, gibt sie an, der Bäcker würde wöchentlich liefern, sie bezahle 1 x im Monat, sie könne jetzt nicht sagen wie viel. Auf näheres Nachfragen sagt sie: "Ich bin mindestens 5 Jahre in keinem Geschäft gewesen". Das Haus würde mit einer Ölheizung geheizt, sie habe im Tank nachgeschaut, dieser sei noch zu Hälfte voll. Die Heizkosten für 1 Jahr kann sie nicht im Ansatz benennen. "Die Schecks kommen alle zum Rechtsanwalt, der muss das wissen".

Die SV beginnt nun die Fragen des MMSE-Test abzufragen, wobei die Betroffene das aktuelle Datum (Jahr und Monat) nicht benennen kann. Sie schaut neuerlich in ihr Handy und nennt schließlich als Jahr 2020.

Einfache Rechenaufgaben gelingen problemlos, sie kann auch geografische Fragen prompt beantworten.

Die Betroffene wird nun bezüglich Alltagsfertigkeiten und Sozialkontakten befragt, sie meint: "Ich verstehe mich gut mit der Tochter der Nachbarin, ich gehe auch dort nicht hin. Ich schneide mir die Haare selbst, früher hat dies die Mutter gemacht, ich kaufe keine Kleidung, ich kann meine Kleidung umschneidern, auch die Kleidung der Mutter. Ich habe nie eigenes Geld gehabt, die Mutter hat mir nie Taschengeld gegeben, die hat immer gewusst, was ich brauche. Ein Einkommen habe ich nie gehabt". Auf die Frage nach Bankgeschäften gibt sie an: "Ich kenne mich aus, ich bin zur Bank gefahren, die Tochter der Nachbarin hat mich geführt, aber die Bank war zu. Ich habe keinen eigenen Ausweis, mein Rechtsanwalt kümmert sich darum, ich muss nicht zur BH fahren".

Auf die Frage, wie sie den Tag verbringen würde, gibt sie an: "Ich lese Zeitschriften, ich bin ein Fan der Sängerin Madonna, ich sehe fern und interessiere mich auch für Politik". Den Namen des amerikanischen Präsidenten kann sie prompt nennen. Auffällig ist, dass die Sprache sehr manieriert ist und der Sprache von amerikanischen Fernsehserien ähnelt. Auf die Frage, warum sie das Haus nicht verlassen würde, gibt sie an: "Ich habe ein komisches und trauriges Gefühl, wenn ich hinaus gehe. Ich gehe auch nicht in die Kirche, obwohl ich sehr gläubig bin, ich habe meinen eigenen Zugang zum Glauben". Sie zeigt der SV eine christliche Broschüre, auf die sie Merksätze mit Blockschrift geschrieben hat.

Die SV versucht nun Daten des psychopathologischen Status zu erheben. Auf ihren Schlaf befragt meint die Betroffene: "Ich bin ein Nachtmensch, mein Schlaf ist verschieden, ganz wie ich drauf bin. Ich bin jetzt meine eigene Chefin und kann alles selbst bestimmen. Ich bin ein Kopfmensch, ich habe kein Smartphone und kein Internet, das lehne ich ab".

Auch auf konkrete Fragen wie Konzentration und Merkfähigkeit redet die Betroffene vorbei, beginnt immer wieder mit Monologen die kaum unterbrechbar sind. Die SV versucht nun, einen neurologischen Status zu erheben, wobei die Betroffene darauf besteht, nicht berührt werden zu wollen. Sie gibt an, dass sie auf eine neurologische Untersuchung nicht vorbereitet gewesen wäre und ihr dies große Angst mache. "Das ist, wie in der Schule, in Sport war ich nie so gut". Bereits einfache Dinge, wie der Fingernasenversuch bei geschlossenen Augen oder die Überprüfung der Diadochokinese (Drehung im Handgelenk) versetzen die Betroffene in einen Zustand großer Unsicherheit. Sie schwankt appellativ, gibt an, diese Fertigkeiten hätte sie noch erlernt, wenn ihre Mutter länger gelebt hätte.

6. Psychischer Status:

Bewusstsein: klar

Orientierung:

zeitlich: teilorientiert

örtlich: orientiert

zur Person: orientiert

Intelligenz: soweit beurteilbar unauffällig

Gedächtnis:

Merkfähigkeit: großteils erhalten

Frischgedächtnis: großteils erhalten

Altgedächtnis: großteils erhalten

Denken:

Konzentration: etwas herabgesetzt

Tempo: beschleunigt

Ablauf: das Denkziel wird nur fallweise auf Umwegen erreicht, redet vorbei

inhaltlich: einfache Inhalte, auf das unmittelbare Lebensumfeld sowie auf Fernsehserien und Zeitschriften bezogen

Stimmung: normothym bis dysphorisch

Angstniveau: ausgeprägte Soziophobie, unspezifische Ängste, vor allem ihr Unbekannten

Zwänge: Zwangsgedanken

Produktive Symptomatik: Sperrungen, bedient rituell ihr Handy schließt die Augen und hört in sich hinein

Befindlichkeit: gut

Affizierbarkeit: in beiden Skalenbereichen erschwert gegeben.

Affekt: korrespondierend großteils statt, jedoch auch überschießend und fallweise parathym

Antrieb: etwas gesteigert

Psychomotorik:

Mimik: manieriert

Gestik: adäquat

Biorhythmusstörungen:

Tagesschwankungen: nicht explorierbar

Schlafstörungen: nicht erhebbar

Vegetativum: unauffällig

Neurologischer Status:

Aufgrund der mangelnden Auffassungsgabe der zu Untersuchenden ist der Status nur bedingt erhebbar und die Untersuchungsergebnisse nur bedingt verwertbar (z. B. Sensibilität).

AZ: gut

EZ: gut

...

IV. Diagnosen:

• Psychiatrische Diagnose(n):

- Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (ICD-10 F 20.3)

- Generalisierte Angststörung (ICD-10 F41.1)

- Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F 61.0)

- Zwangsgedanken (ICD-10 F 42.0)

• Neurologische Diagnose(n):

• Nicht erhebbar

• Sonstige Gesundheitsstörungen:

V. Zusammenfassendes Gutachten:

Nach Aktenstudium und eigenen Befunderhebungen kommt die endesgefertigte Sachverständige zu folgendem Schluss:

> Die Betroffene leidet unter einem äußerst komplexen Beschwerdebild. Die von ihr selbst angegebene Soziophobie, ist ausschließlich ein Symptom der diversen Grundstörungen. Die Betroffene leidet unter massiven Ängsten, vor allem, was ihr nicht bekannt ist. Diesbezüglich bestehen auch deutliche Zwangsgedanken. Sie gibt an, seit 5 Jahren in keinem Geschäft gewesen zu sein, hätte noch nie eine Bank betreten, suche auch seit Jahren keine Ärzte mehr auf. Sie imponiert im Gespräch deutlich manieriert, verwendet eine Sprache wie in amerikanischen Fernsehserien, beschreibt sich jedoch als eigenständig und äußerst kompetent. Im Gesprächsverlauf imponieren deutliche Sperrungen bzw. ein Gedankenabreißen. Sie betätigt rituell Tasten ihres Handys, schließt dann die Augen und hört in sich hinein. Es besteht eine überwertige Angst vor Berührungen, die Betroffene ist durch die Durchführung einiger Untersuchungen im Rahmen des neurologischen Status massiv verunsichert und abwehrend. Körperliche Berührungen sind in keiner Weise möglich.

> Sie verherrlicht im Gespräch die Mutter "Sie hat genau gefühlt, was für mich gut ist", gibt an, nie eigenes Geld, nicht einmal taschengeldartige Beträge selbst verwaltet zu haben. In ihrer Sprache imponiert sie kindlich, verwendet Phrasen aus Zeitschriften und TV-Sendungen. Autonomiebestrebungen negiert sie völlig.

> Insgesamt ist die Betroffene nicht in der Lage ihre Finanzen zu verwalten, sie kann den Wert des Geldes nicht erkennen, kann konkret auch einfachste Beträge nicht einschätzen. Sie macht sich keinerlei Gedanken über regelmäßige Einkünfte. Es besteht auch keinerlei Abstraktionsvermögen.

> Sie kann sich vor Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern nicht selbst vertreten ohne, dass ihr daraus erhebliche Nachteile entstehen würden.

> Die Verlassenschaftssache nach dem Tod ihrer Mutter Frau ***24*** ***3***, kann durch die Betroffene keinesfalls abgewickelt werden.

> Die Betroffene war seit Jahren bei keinem Arzt, weiß über ihrenGesundheitszustand nicht Bescheid, sie verfügt nicht über die Kompetenz in ärztliche Untersuchungen z.B. Operationen einzuwilligen. Sie bedarf daher auch einer Vertretung in medizinischen Angelegenheiten.

> Sie ist nicht in der Lage, Verträge zu unterzeichnen bzw. Vollmachten zu erteilen.

> Sie bedarf Unterstützung bei Bearbeitung ihrer Post.

> Auf die Frage ob sie an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wolle, reagiert die Betroffene massiv auffällig. "Ich habe eine soziale Phobie, seit mein Onkel vor 7 Jahren gestorben ist. Ich möchte keinesfalls zur Verhandlung, ich habe ein ärztliches Attest von einer Ärztin, die da war, den Namen weiß ich nicht, daraufsteht, dass ich eine soziale Phobie habe, meine Cousine hat gesagt, ich muss nichts machen, was ich nicht möchte. Ich gehe nur hinaus zu meinen eigenen Bedingungen. Die SV bezieht sich nun auf ihren Facharzt und gutachterlichen Status, wobei die Betroffene in weiterer Folge sehr unterwürfig reagiert.

Eine Verhandlungsteilnahme ist aus fachärztlicher Sicht nicht sinnvoll.

Nervenfachärztliches Gutachten vom

Dr. med. univ. ***35*** ***34***, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Oberarzt am KH Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, erstattete dem Landesgericht Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht betreffend Sozialrechtssache wegen Pflegegeld am ein Nervenfachärztliches Gutachten über die Bf.

Auftragsgemäß wird in der Sozialrechtssache wegen Pflegegeld ein nervenfachärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand und den Pflegebedarf ausgehend von den Einstufungsverordnungen zum Bundespflegegeldgesetz erstattet.

Das Gutachten stützt sich auf Einsicht in den Gerichtsakt sowie auf die eigene Untersuchung der Frau ***3*** ***1*** am im Rahmen eines Hausbesuches an oben angegebener Adresse.

Identitätsnachweis: Die Klägerin legt keinen Lichtbildausweis vor

Untersuchungsbeginn: 13:05 Uhr; Untersuchungsende: 13:40 Uhr

Aus dem Gerichtsakt:

Mit Bescheid vom hat die beklagte Partei den Antrag vom auf Zuerkennung des Pflegegeldes ab abgelehnt

Dagegen die Klage.

Das Gutachten der Anstalt (PVA), Dr. ***36***, Nervenfacharzt vom gibt einen Pflegebedarf von 70 Stunden/Monat an.

Eine "Stellungnahme" des chefärztlichen Dienstes, PVA, Dr. ***37*** vom gibt einen Pflegebedarf von 50 Stunden/Monat an (Hilfe beim Kochen 10 sowie 4 mal 10 Stunden im hauswirtschaftlichen Bereich).

Wohnsituation:

Beschreibung der Wohngegebenheiten:

Die - offenbar alleinstehende - Klägerin wird vom gefertigten Sachverständigen im Rahmen eines Hausbesuches an oben angegebener Adresse (***7***, ***6***) begutachtet.

Die Klägerin öffnet dem gefertigten Sachverständigen (nach Vorankündigung) die Tür zu einem - eben noch ausreichend - gepflegten Einfamilienhaus.

Ausstattung: Sanitärbereiche innen (Anmerkung: Die Klägerin verwehrt dem gefertigten Sachverständigen den Zutritt in die Sanitärbereiche), Öl-Zentralheizung (nach Angabe).

Die Klägerin imponiert während der gesamten Exploration nur sehr eingeschränkt kooperativ, dennoch ist sie in der Lage den Untersuchungsgang - zumindest über weite Strecken - aus-, reichend zu erfassen.

Eine klinisch-neurologische Untersuchung wird von der Klägerin explizit abgelehnt, der Allgemein- und der Pflegezustand sind jeweils etwas reduziert, die Klägerin ist mit üblicher Hauskleidung bekleidet.

...

Hilfen:

Nach Angaben der Klägerin keine professionellen Hilfen, Betreuung durch eine Cousine.

...

Eingesehene Befunde:

PVA Gutachten Dr. ***36***, Nervenfacharzt vom :

Beschwerden und Angaben zur Antragstellung:

Die Patientin gibt an, dass sie nie gearbeitet habe und in die Sonderschule gegangen sei; der Vater sei vor zehn Jahren verstorben, die Mütter vor wenigen Monaten; sie könne sich nicht mehr alleine versorgen und die Cousine kümmere sich um sie; sie habe auch Ängste, gehe nicht hinaus; im Auftreten wirkt sie sehr zurückhaltend, leicht schüchtern und nur sehr kurz angebunden, jedoch weitgehend angepasst und kooperativ.

Psychiatrischer Status:

Patientin ist bewusstseinsklar ist bewusstseinsklar, allseits orientiert; der Gedankengang ist einfach strukturiert; Denkziel wird bei einfachen Aufgaben jedoch erreicht; keine Hinweise auf produktive Symptome; leichte kognitive Ausfälle; leichte Intelligenzminderung; Stimmungslage leichtgradig gedrückt; Antrieb mittelgradig vermindert.

Diagnose:

Soziale Phobien

Gesamtbeurteilung:

Die Patientin benötigt aufgrund der leichten kognitiven Ausfälle, erschwert durch die Antriebsminderung und die relative Unselbständigkeit, Hilfe bei der Zubereitung von Mahlzeiten sowie den Hilfsverrichtungen.

Dies ergibt einen Pflegeaufwand im Ausmaß von durchschnittlich 70 Monatsstunden, was der Pflegegeldstufe Stufe I entspricht.

Hinsichtlich einer Erwerbsunfähigkeit ist, die Patientin derzeit nicht arbeitsfähig.

Pflegebedarf 70 Stunden:

ZBMZ 3.0 sowie 4 mal 10 Stunden Im hauswirtschaftlichen Bereich.

Befundbericht (Erwachsenenvertretungsgutachten), Dr. ***12***, Nervenfacharzt vom :

Psychiatrische Diagnosen:

Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis

Generalisierte Angststörung

Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung

Zwangsgedanken

...

Medizinische Anamnese:

Verdacht auf Residualzustand einer chronisch verlaufenden Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (DD Schizotype Störung)

Kognitive Defizite (Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungen)

Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilen mit regressiven Verhaltenstendenzen

Schädlicher Gebrauch von Alkohol (ex anamnesis)

Medikation

Die Klägerin berichtet, keine Medikamente einzunehmen.

Hausarzt

Die Klägerin befinde sich nach Angabe bei einem Arzt mit einem "ausländischen Namen" in ***5*** in Behandlung; Nervenfacharzt: Soweit beurteilbar derzeit keiner

Hilfsmittel

Keine

Derzeitige Beschwerden

Die Klägerin reagiert vorerst äußerst ungehalten auf den - angekündigten - Hausbesuch des gefertigten Sachverständigen, das Tragen einer FFP2-Maske wird von der Klägerin vehement abgelehnt, sie sei "nicht infektiös".

Sollte der Sachverständige diesen Umstand nicht akzeptieren so möge er das Haus wieder verlassen.

Im weiteren Gespräch berichtet die Klägerin dann vorerst, dass ihr Vater und ihr Onkel verstorben wären, ebenso ihre Mutter. Die Klägerin habe das derzeitige Haus "geerbt". Befragt nach der Berufsanamnese gibt die Klägerin an, dass sie lediglich "fallweise" gearbeitet habe, dahingehende Details hätten den Sachverständigen "nicht zu interessieren". Warum sie keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen könne kann die Klägerin nicht angeben.

Die bereits verstorbene Mutter sei für die Klägerin stets eine Bezugsperson gewesen, derzeit würde sich eine Cousine um die Klägerin "kümmern", diese sollte auch die Erwachsenenvertretung vom derzeitigen "Sachwalter" übernehmen.

Befragt nach etwaigen körperlichen Beschwerden gibt die Klägerin an, dass sie sich "rein körperlich völlig gesund fühle", auch "psychisch" würde es ihr an nichts fehlen.

In weiterer Folge berichtet die Klägerin dann über eine soziale Phobie, diese würde seit etwa 2013 bestehen, damals der Onkel der Klägerin verstorben, dieser habe die Klägerin regelmäßig besucht und sei ihr "bei diversen Tätigkeiten behilflich gewesen".

Die Klägerin würde das Haus kaum mehr verlassen, manchmal würde sie - in Begleitung mit ihrer Cousine - im Ort "spazieren gehen". Im übrigen sei sie "immer zu Hause".

Befragt nach dem Tagesablauf gibt die Klägerin an, ein "Nachtmensch zu sein", manchmal würde sie Zeitschriften lesen ("Ganze Woche"), im übrigen würde sie nicht "viel interessieren".

Befragt nach etwaige psychotischen Symptomen gibt die Klägerin entrüstet an, dass sie weder an Halluzinationen noch an Wahnvorstellungen leide, früher habe sie vermehrt Alkohol konsumiert, sie sei damals in einen "schlechten Freundeskreis" geraten. Alkohol sei derzeit jedoch kein Thema mehr.

Befragt nach dem Pflegebedarf gibt die Klägerin an, dass sie die Körperpflege selbständig verrichten könne, ebenso sei in der Lage Mahlzeiten zuzubereiten, den Haushalt würde sie ebenfalls "alleine schaffen", wobei die Klägerin in diesem Zusammenhang angibt, eine Hauswirtschaftsschule besucht zu haben.

Das An- und Auskleiden gelinge der Klägerin selbständig, am WC komme sie ebenfalls alleine zurecht, eine etwaige Ham- oder Stuhlinkontinenz würde nicht bestehen.

In weiterer Folge gibt die Klägerin dann an, dass der gefertigte Sachverständige die Exploration "jetzt gefälligst beenden möge".

Klinischer Status:

Neurologischer Status:

(Vorbemerkung: Das Erheben eines detaillierten klinisch neurologischen Status ist - compliance-bedingt - nicht möglich, sodass dieser lediglich aspekt-/übcrsichtsmäßig beurteilt warden kann.)

Caput:

Unauffällig, allseits frei beweglich.

Himnerven I - XII:

Intaktes Seh- und Hörvermögen, Okulomotorik allseits intakt, keine Ptose, keine Angabe etwaiger Doppelbilder, VII: stgl. innerviert, keine Dysarthrie (Sprechstörung), untere Hirnnervengruppe unauffällig.

Obere und untere Extremitäten:

Keine manifesten Paresen/Lähmungen oder Halbseitenzeichen, feinmanipulative Bewegungsabläufe sind der Klägerin unter funktionell gutem Einsatz beider Hände ausreichend sicher möglich, keine Angabe etwaiger radikulärer (einer bestimmten Bandscheibenhöhe zuordenbarer) Schmerzen oder segmentaler Sensibilitäts(empfindens)störungen.

Stand Gang:

Neurologisch unauffällig, Konfektionsschuhwerk, kein Hilfsmittel, keine Hilfe bei Transfers.

Neuropsychologischer Status:

Rechtshändigkeit, keine Aphasie, keine Apraxie, kein Neglectsyndrom

Psychischer Status:

Waches Bewusstsein, zeitlich etwas eingeschränkt, in den übrigen Dimensionen ausreichend orientiert, im Gedankengang etwas beschleunigt und lediglich streckenweise kohärent (das Denkziel nicht immer erreichend), zum Zeitpunkt der Begutachtung (soweit erhebbar) keine definitive produktive Symptomatik, im Affekt Labilität mit ausgeprägter Dysphorie (Gereiztheit), im Antrieb im Intervall etwas gesteigert, Stimmung dysthym, mnestische/kognitive Fähigkeiten (Intelligenz, Auffassung, Mnestik, Konzentration, Kritik- und Urteilsfähigkeit) beeinträchtigt, soweit erhebbar keine relevanten Biorhythmusstörungen.

Diagnosen:

Neurologische Diagnosen

Derzeit keine krankheitswertigen Beschwerden.

Psychiatrische Diagnosen

Verdacht auf Residualzustand einer chronisch verlaufenden Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (DD schizotype Störung)

Kognitive Defizite (Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungen)

Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilen mit regressiven Verhaltenstendenzen

Schädlicher Gebrauch von Alkohol (ex anamnesis)

Zusammenfassende Beurteilung:

Bei der Klägerin ist - soweit erhebbar - eine unauffällige organneurologische Anamnese anzunehmen, etwaige Befunde aus dem Fachgebiet der Neurologie werden bei der heutigen Untersuchung nicht vorgelegt.

In der erweiterten somatischen (körperlichen) Anamnese sind ebenfalls keine relevanten Vorerkrankungen zu erheben.

Im (compliancebedingt lediglich aspekt-/übersichtsmäßig durchführbaren) klinisch neurologischen Status manifestieren sich im Bereich Caput (Kopf) sowie an den Hirnerven I-XII keine nennenswerten Auffälligkeiten.

Weder an den oberen- noch an den unteren Extremitäten (Armen oder Beinen) sind etwaigeParesen (Lähmungen) oder Halbseitenzeichen festzustellen, feinmanipulative Bewegungsabläufe sind der Klägerin unter funktionell gutem Einsatz beider Hände ausreichend sichermöglich.

Etwaige radikuläre (das heißt einer bestimmten Bandscheibenhöhe zuordenbare) Schmerzenbzw. segmentale Sensibilitäts(empfindens)störungen werden nicht angegeben.

Das Gangbild imponiert in Konfektionsschuhwerk ohne Inanspruchnahme eines etwaigenHilfsmittels aus neurologischer Sicht ausreichend sicher, für Transfers sind keine Hilfestellungen erforderlich.

Im neuropsychologischen Status manifestieren sich bei einer berichteten Rechtshändigkeitkeine Auffälligkeiten, im besonderen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine etwaigeAphasie (Sprachstörung) oder eine Apraxie (Handfertigkeitsstörung).

In der psychiatrischen Anamnese ergeben sich Hinweise auf eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, wobei diese Diagnose vorzugsweise auf den feststellbaren Denkstörungen basiert.

In der Differenzialdiagnose ist ein Residual(End)zustand einer chronischen Schizophrenie zudiskutieren, nicht gänzlich ausgeschlossen kann auch eine schizotype Störung werden, wobeikonkret auf das exzentrische Verhalten der Klägerin hinzuweisen ist.

Bei derartigen Störbilder besteht ein inadäquater oder eingeschränkter Affekt sowie ein"seltsames" bzw. ein "eigentümliches" Verhalten mit einer Tendenz zum sozialen Rückzug.Darüber hinaus sind bei diesen Erkrankungen auch misstrauische oder paranoide Ideen zuerheben, ebenso ein zwanghaftes Grübeln oder ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse.Das Denken imponiert bei diesen Personen oft vage und umständlich sowie "gekünstelt", imIntervall findet sich auch eine formale Denkstörung ("Zerfahrenheit"). "Quasipsychotische"Episoden mit illusionären Verkennungen sind ebenfalls möglich. Gelegentlich kann sich ausdieser schizotypen Störung auch eine definitive Schizophrenie entwickeln.

Nicht gänzlich auszuschließen ist - unter Berücksichtigung der erhebbaren kognitiven Defizite- auch ein hirnorganisches Psychosyndrom bei einem berichteten schädlichen Gebrauch vonAlkohol ex anamnesis.

In der erweiterten psychiatrischen Anamnese ergeben sich noch Anhaltspunkte für einekombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängig/asthenischen bzw. unreifen Anteilen, wobeisich der abhängige Anteil in gegenständlichem Fall in einer eingeschränkten FähigkeitenAlltagsentscheidungen zu treffen sowie in einer mangelhaften Bereitschaft zur Äußerungenangemessener Ansprüche gegenüber anderen Personen abbildet.

Die regressive Komponente ist in gegenständlichem Fall durch einen Rückzug, durch eine inreduzierte Initiativefähigkeit sowie durch ein Anstrengungsvermeidungsverhalten gekennzeichnet.

Unabhängig von der Genese (Ursache) bzw. der Terminologie der psychischen Störbilder wurden die daraus resultierenden (pflegegeldrelevanten) Beeinträchtigungen im Kalkül vollständig berücksichtigt.

Soweit erhebbar befindet sich die Klägerin derzeit weder in nervenfachärztlicher noch in psychotherapeutischer Behandlung, etwaige Psychopharmaka (beispielsweise Neuroleptika) werden aktuell ebenfalls nicht eingenommen.

Die Untersuchte imponiert zum Zeitpunkt der heutigen Begutachtung im psychiatrischen Status bei klarem Bewusstsein und ohne Versandungseffekt.

Die Klägerin ist zeitlich nur eingeschränkt, in den übrigen Dimensionen (örtlich, zur Person und situativ) jedoch ausreichend orientiert.

Der Antrieb ist im Intervall etwas gesteigert, weitgehend im Normbereich, die Stimmungslage ist bei einer ängstlichen Grundtönung euthym bis allenfalls leichtgradig depressiv, im Affekt findet sich eine ausgeprägte Labilität mit einer Dysphorie (Gereiztheit), die Affektmodulation (emotionale Schwingungsfähigkeit) ist demnach deutlich beeinträchtigt.

Beim Überprüfen der kognitiven Funktionen (Intelligenz, Auffassung, Mnestik, Kritik- und Urteilsfähigkeit, Konzentration) finden sich Hinweise auf eine eingeschränkte kognitive Flexibilität (Einbußen im Bereich der geistigen Umstellbarkeit), weiters ist eine geteilte Aufmerksamkeitsstörung sowie eine leichtgradige Konzentrationsstörung (erhöhte Ablenkbarkeit) zu beobachten.

Der Gedankenductus (Gedankengang) ist im Intervall beschleunigt, das Denkziel wird lediglich fallweise (und zumeist auf "Umwegen") erreicht, intermittierend ist auch eine gewisse "Zerfahrenheit" zu beobachten.

Definitive produktive Symptome im Sinne von Wahn oder Halluzinationen finden sich zum Zeitpunkt der heutigen Begutachtung nicht, nennenswerte Biorhythmusstörungen werden ebenfalls nicht berichtet.

Das Hinzurechnen des sogenannten pauschalen Erschwerniszuschlages bei Vorliegen einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung ist in gegenständlichem Fall gerechtfertigt.

Konkret findet sich eine (ausgeprägte) Störung der emotionalen Kontrolle (unangemessene Reaktion auf Situationen, auf Herausforderungen bzw. auch auf äußere Eindrücke), ebenso sind die sozialen Funktionen höhergradig beeinträchtigt, darüber hinaus bestehen - wenn auch nur mäßig ausgeprägte - Konzentrations- und Auffassungsfähigkeitsstörungen.

In Summe ist somit von einer schweren Verhaltensstörung auszugehen

Regelmäßiger Pflegebedarf besteht in folgenden Handlungen:

(Angabe in Stunden/Monat)

Zubereitung von Mahlzeiten....... 30 Stunden (Konzentrationsstörungen mit erhöhter Ablenkbarkeit)

Motivationsgespräche. ....... 10 Stunden (Aufrechterhalten einer Tagesstruktur)

Herbeischaffen von Nahrungsmitteln und Medikamenten .......... 10 Stunden

Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände.....10 Stunden

Pflege der Leib-und Bettwäsche...... 10 Stunden

Mobilitätshilfe im weiteren Sinn ..... 10 Stunden

Erschwerniszuschlag ........25 Stunden

Gesamt....105 Stunden/Monat

Prognose:

Aus nervenfachärztlicher Sicht ist unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheitsverlaufes

keine pflegegeldrelevante Besserung des Zustandsbildes zu erwarten.

Die Beurteilung gilt ab:

Antragstellung

Gerichtsprotokoll vom

Aus der Übertragung des Schallträgerprotokolles aufgenommen beim Landesgericht Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht am :

... Sachverständiger Dr ***34*** erstattet sein Gutachten, verweist auf das im Akt einliegende Gutachten und führt ergänzend aus:

Der von mir angegebene Erschwerniszuschlag bei der Klägerin ergibt sich insbesondere aus dem Krankheitsbild bei der Klägerin, wo sie im Hinblick auf ihre emotionale Störung, grundsätzlich in eine Widerstandshaltung geht. Wenn nunmehr vom KV angegeben wird, dass sie keinerlei körperliche Untersuchungen zulässt, so stimmt das mit dem von mir befundeten Krankheitsbild überein. Der Klägerin fehlt jedenfalls die Einsicht dass es hier allenfalls eine Behandlungsnotwendigkeit oder auch die Notwendigkeit, zur Einnahme von Medikamenten gibt. Bei der Klägerin wäre allenfalls für eine Medikamentation nur eine zwangsweise Maßnahme anzudenken, wobei aus fachärztlicher Sicht die Voraussetzungen für eine Unterbringung bei der Klägerin nicht vorliegen. Die Mitwirkung an einer Behandlung bzw. einer Medikamentation aus freien Stücken durch die Klägerin, kann von ihr eben aus dem Krankheitsbild, nicht abverlangt werden.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schließen die Parteien folgenden

Vergleich

1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, der Klägerin ab Pflegegeldstufe zwei, in gesetzlicher Höhe zu gewähren

...

Ärztliches Gutachten zur Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z. 3 ASVG vom

Dr. ***29*** ***28***, Facharzt für Psychiatrie, erstattete für die Pensionsversicherungsanstalt am ein Ärztliches Gutachten zur Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG.

...

2. Anamnese:

Hintergrund der Antragstellung:

Die Antragstellung erfolgte über den Erwachsenenvertreter ..., einstweilige Verfügung.

"Als mein Onkel, der für mich ein Vaterersatz war, verstorben ist, hat bei mir die Sozialphobie angefangen. Ich gehe nicht mehr hinaus, zuvor war das nie ein Thema".

"Ich habe von dem Medikament Relax in der "Ganzen Woche" gelesen. Das habe ich damals meiner Mutter gesagt und ich habe sie gebeten, ob sie mir dies besorgen kann, was sie dann auch gemacht hat". Sie betont die Sprache auch im Englischen: "In Englisch war ich gut, da hatte ich ein Sehr gut".

Aufenthalte/therapeutisches Setting:

Ärztliche und therapeutische Betreuung: hausärztliche Betreuung angeblich

Krankenhausaufenthalte: Keine psychiatrischen Aufenthalte "Ich habe auch keine psychiatrische Erkrankung

Reha-Aufenthalt: keine

Vorerkrankungen/ Erkrankungen: keine nennenswerten, "ich habe keine Beschwerden,"

Arbeitsanamnese:

Arbeitsbiographie mit Schul- und Berufsbildung: Die Antragstellerin war 4 J. in der Volksschule, 4 J. Hauptschule, 2 J. ***38***, Klosterschule in Betreuung, (keine weiteren Angaben)

"Mein Vater war irgendwann ***39*** in ***40***/***41***, da habe ich als Art Stubenmädchen mitgeholfen.

Sozialanamnese:

Familiensituation: ledig, Bezugsperson ist die Cousine, Kontakt zu der Nachbarin, Frau ***19*** besteht

Wohnsituation Die Antragstellerin schildert, dass sie mit der Mutter in Loipersdorf lebt, die Mutter ist aber leider im Juni 2020 verstorben, an den Folgen einer Demenzerkrankung.

Die Antragsteller lebt in ***6*** in einer gepflegten Umgebung. Wohnhaus mit Garten,Zentralheizung mit Öl. Die Räumlichkeiten sind alle abgedunkelt.

Vorstrafen und Sucht: keine

Nach der Begutachtung folgt ein Telefonat mit der Cousine. In diesem bestätigt sich diebesondere Situation. Inhalte wurden eingearbeitet.

3. Derzeitige Beschwerden:

Psychisch (subjektiv):

"ich habe keine psychischen Probleme."

Körperliche Beschwerden (subjektiv):

"Ich habe keine körperlichen Probleme, habe auch psychisch keine Probleme, allerdingshabe ich diese Sozialphobie. Ich tanze gerne, turne auch gerne. Meine Mutter hat Handball gespielt. Ich muss das alles alleine machen, da ich kaum Kontakt zu anderen habe".

Probleme Allgemein (subjektiv):

"Ich bin sehr gläubig, der Gott wacht über meine Gesundheit, das ist mir wichtig. Durch die Begutachtung heute war ich im Vorfeld schon nervös. Für mich war es so, dass bis vor 1 Jahr noch alles gut war und meine Mutter alles übernommen hat. Dies ist halt jetzt anders, da bin ich eben aufgeregter in der Situation. Ich bin in die Haushaltsschule gegangen, deshalb kann ich auch selbständig kochen. Die Nachbarin geht für mich einkaufen. Ich war schon seit Jahren nicht mehr Einkäufen. Ich kann das nicht".

"Männern gegenüber bin ich eher sehr skeptisch, da habe ich Berührungsängste. Meine Cousine hat mich aufgefordert, alles zu sagen, was mir am Herzen liegt. In meinem 6. Lebensjahr wollte mich jemand in ein Auto zerren, da bin ich davongelaufen. Ich kann mich noch sehr gut an diesen Mann erinnern.

Eine Situation im Kindergarten, als ich 4 Jahre alt war, ist mir auch noch erinnerlich. Eine Betreuerin hat mir den Mund zugeklebt und mich im WC eingesperrt, dort war es auch dunkel. Da habe ich Angst diesbezüglich".

"Meine Cousine ist in erster Linie für finanzielle Dinge zuständig. Im Moment habe ich ... als Erwachsenenvertreter, das wird aber nur eine Übergangslösung sein, dann macht meine Cousine das weiter.

Wie schlafen sie:"lch bin ein Nachtmensch, ich lebe so dahin."

"ich lese Zeitschriften und lebe hier in meinem Haus. Ich habe kaum Konatkte."

4. Derzeitige Therapie:

Relax Nerventabletten "Ich nehme das zur Unterstützung, das hilft auch gegen Burnout".

5. Allgemeine Angaben:

...

6. Gesamteindruck:

Untersuchung der Rechenleistung: 100-7=93, 86 (verwendet Finger)=79 "Wenn ich nervös bin, muss ich mit den Finger mitzählen". Letztendlich gelingen einfachste Rechnungen. Inhalte aus der Zeitung kann sie mir wiedergeben. Wenn man sie auf das Alter anspricht, ignoiert sie dies. "Ich habe kein Alter, das interessiert mich nicht." Sie nennt mir dann das Geburtsdatum, das Alter sei belanglos.

Unterschied zwischen Zwerg und Riese: Zwerg klein, Riese groß.

Welches Monat: Februar, Jahreszeit: Winter, Jahr: 2021

Körperlich zeigen sich grob keine Auffälligkeiten. Az gut, Ernährungszustand o.B

...

Fachärztlicher Status:

BEWUSSTSEINSLAGE: wach und klar

ORIENTIERUNG: zeitlich teilorientiert, Örtlich orientiert, zur Person orientiert

KURZZEITGEDÄCHTNIS: unauffällig

LANGZEITGEDÄCHTNIS: unauffällig

GEDÄCHTNISSTÖRUNG: keine spezielle Gedächtnisstörung

INTELLIGENZ: unterer Normbereich, grenzwertig zur Minderbegabung

AUFMERKSAMKEIT: leichtgradig vermindert

AUSDAUER im GESPRÄCH: Ausdauer vermindert

AUFFASSUNG und KONZENTRATION: Auffassung vermindert Konzentration herabgesetzt leichtgradig

FORMALES DENKEN: einfache Inhalte, Gedankengang leicht beschleunigt, teilweise vorbeiredend

BEFÜRCHTUNGEN und SORGEN:frei flottierende Ängste unterschwellig, soziale Phobie, Agoraphobie

ZWÄNGE: fragliche Zwangsgedanken

WAHRNEHMUNG -(SINNESTÄUSCHUNG): ggw. keine Halluzinationen explorierbar; ggw. keine sonstigen Sinnestäuschungen explorierbar

INHALTLICHES DENKEN (Wahn): keine Wahndynamik, jedoch leichte Sperrung

ICH-STÖRUNG: ggw. nicht explorierbar

STIMMUNG:normoton bis dysphorisch und gereizt

BEFINDLICHKEIT:leicht negativ getönt

AFFIZIERBARKEIT: Schwingungsfähigkeit erheblich vermindert

AFFEKT:großteils affektstarr, teilweise parathym

ANTRIEB und INTERESSE:Antrieb leicht gesteigert Interesse leicht vermindert

PSYCHOMOTORIK: angespannt

SCHLAF:Schlafumkehr, teilweise werde Schlafbedürfnis untertags, in der Nacht weniger

PERSÖNLICHKEITdesorganisiert, leicht kränkbar, vorsichtig im Umgang, sehr auf Distanz bemüht, im Gespräch oft vorbeiredend, ignoriert gewisse Gesprächsinhalte, sofern sie diese nicht versteht oder darüber nicht sprechen möchte

KRITIKFÄHIGKEIT: vermindert

PSYCHISCHE BELASTBARKEITvermindert

KRANKHEITSEINSICHT: teilweise vorhanden

BEHANDLUNGSBEREITSCHAFT: teilweise ist kaum

GEFÄHRDUNGSELEMENTE', keine Suizidgedanken und - Intentionen

SONSTIGES: desorganisiert, fehlendes Problemverständnis, wesentliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Einschätzung bezüglich Einkünfte, überfordert in Tätigkeiten bezüglich Ämter, Behörden und Sozialversicherungsträger

...

11. Diagnosen in deutscher Sprache:

a) Hauptdiagnose:

ICD-10: F61

F61 Kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen (ängstlich vermeidend, unreif und abhängige Persönlichkeitsanteile)

b) Nebendiagnose:

ICD-10: F79.8

F79.8 Nicht näher bezeichnte Intelligenzminderung : Sonstige Verhaltensstörung

c) Nebendiagnose:

ICD-10: F420

F42.0 Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang

d) Nebendiagnose:

ICD-10: F203

F20.3 Verdacht auf Undifferenzierte Schizophrenie, klinisch Residualzustand

c) Weitere Diagnosen:

F41.9 Angststörung, nicht näher bezeichnet

12. Ärztliche Beurteilung mit objektiver Beschreibung des Befundes, der die Erwerbsfähigkeit ausschließt:

Es zeigt sich in der heutigen psychiatrischen Untersuchung eine wesentlich affektarme, teilweise parathyme, unterschwellige dysphorische Antragstellerin, welche im zwischenmenschlichen Kontakt sichtlich Probleme aufweist. Die Antragstellerin ist trotz der Einschränkungen in der Begutachtungssituation bemüht, alles korrekt wiederzugeben. Bei diversen Fragen hinsichtlich des Alters ist sie verschlossen und reagiert kurzfristig ausweichend. Die formale Denkstruktur ist zwar geordnet, aber von Inhalt her wesentlich vereinfacht. Die intellektuellen Fähigkeiten sind reduziert, jedoch noch ausreichend gut, sodass die leichtgradige Intelligenzverminderung nicht codiert wird, wobei Defizite in der Alltagsführung gegeben sind. Man hat den Eindruck, als wären diese Fertigkeiten nie bewusst erlernt geworden.

Eine inhaltliche Denkstörung lässt sich aktuell nicht nachweisen. Die noopsychischen Fähigkeiten sind reduziert, Ausdauer und Konzentration vermindert. Das Erlernen von neuen Inhalten ist erschwert. Die Antragstellerin lebt zurückgezogen und ist auf externe Hilfe angewiesen. Die Persönlichkeitsstruktur besteht aus abhängigen, unreifen und zugleich ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsanteilen. Zwangshandlungen sind objektivierbar. Eine veränderte Schlafkultur ist auffällig. Differenzialdiagnostisch ist von einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis auszugehen. Aktuell ist ein Residualzustand im Vordergrund.

Aus fachärztlicher Sicht besteht seit den jungen Jahren eine eingeschränkte Belastbarkeit. Weitere Erkrankungen haben sich in den jungen Erwachsenenalter entwickelt. Es ist davon auszugehen, dass mit dem 18. Lebensjahr keine ausreichende Belastbarkeit gegeben war.

Sie war zeitlebens nicht für den 1. Arbeitsmarkt einsetzbar. Hilfestellungen wie PSD sindzu empfehlen.

13.1. Ist die Schul- oder Berufsausbildung der/des Untersuchten durch Krankheit verzögert worden?

□ Nein X Ja -für welchen Zeitraum? Die unsicheren Anteile bestehen sicherlich schonseit der Kindheit. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin diesbezüglich nie ernsthaft gefördert wurde. Es sind Defizite im Erlernen neuerkomplexer Inhalte gegeben.

13. 2. Ist die/der Untersuchte seitVollendung des 18. Lebensjahres oder seit Ablauf des inPunkt 13.1. genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig?

□ Nein X Ja - Begründung: Aufgrund der komplexen Krankheitsgeschichte ist von keiner ausreichenden Stabilität und Belastbarkeit auszugehen. Die Patientin warniearbeitsfähig.

13. 3. Bei Erstuntersuchung:

Ist die/der Untersuchte über das 18. Lebensjahr hinaus als Kind anzusehen?

□ Nein □Ja

14. Sonstige Bemerkungen:

Die Corona-Maßnahmen werden eruiert. Ein Abstand von mehr als 2m wird eingehaltenEin negatives Testergebnis liegt seitens dem Gutachter vor. Die Antragstellerin zeigt keineKrankheitsanzeichen hinsichtlich einer COVID 19 Infektion.

Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen

Folgende Gutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) sind aktenkundig:

Sachverständigengutachten vom 15./

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am 15./ folgendes Aktengutachten über die Bf:

Sachverständigengutachten
aufgrund der Aktenlage

nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name:
Geschlecht:
***1*** ***2*** ***3***
Weiblich
Geburtsdatum:
***13***
Verfahrensordnungsbegriff:
***25***
Wohnhaft in:
***7***
***4*** ***5***- ***6***
Österreich


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich


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Aktengutachten erstellt am:
Name der / des Sachverständigen:
Dr.in ***59*** ***60*** ***26***
Fachgebiet:
Fachärztin für Innere Medizin, Ärztin für Allgemeinmedizin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Psychiatrisches Sachverständigengutachten, Dr. ***12***, FÄ für Psychiatrie und Neurologie,vom :

Betrifft: Erwachsenenvertretung

Beurteilungsgrundlagen:

- Akteneinsicht

- Eigene Untersuchung

Psychiatrische Diagnosefn):

- Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem

schizophrenen Formenkreis (ICD-10 F 20.3)

- Generalisierte Angststörung (ICD-10 F41.1)

- Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F 61.0)

Zwangsgedanken (ICD-10 F 42.0)

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Laut Facharztgutachten Dr. ***12*** vom :Außenanamnese mit: niemand DerzeitigeMedikation: Nimmt keine ein. Praktischer Arzt: keiner Facharzt für Psychiatrie: keiner Es handelt sichum ein Gutachten nach FLAG

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis
Unterer Rahmensatz, ohne Dauertherapie oder stationären Behandlungsbedarf, generalisierte Angststörung, Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung sowie Zwangsgedanken mitberücksichtigt
50

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit: 11/2020

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Befund der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. ***12*** vom

Frau ***1*** ***2*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18. Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 21. Lebensjahr eingetreten.

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrisch fachärztlichen Befundes vom erscheintSelbsterhaltungsfähigkeit unwahrscheinlich

☒ Dauerzustand
☐ Nachuntersuchung

Gutachten erstellt am von Dr.in ***59*** ***60*** ***26***

Gutachten vidiert am von Dr. ***42*** ***43***-***44***

Sachverständigengutachten vom

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am folgendes weitere Aktengutachten über die Bf:

Sachverständigengutachten
aufgrund der Aktenlage

nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name:
Geschlecht:
***1*** ***2*** ***3***
Weiblich
Geburtsdatum:
***13***
Verfahrensordnungsbegriff:
***45***
Wohnhaft in:
***7***
***4*** ***5***- ***6***
Österreich


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Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich


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Aktengutachten erstellt am:
1
Name der / des Sachverständigen:
Dr.in ***46*** ***32***- ***33***
Fachgebiet:
Fachärztin für Neurologie, Ärztin für Allgemeinmedizin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus demPsychiatrisches Sachverständigengutachten ***12*** FA für Psychiatrie und Neurologie, schizophrenen Formenkreis (ICD-10 F 20.3):

- Generalisierte Angststörung (ICD-10 F41.1)

- Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F 61.0)

- Zwangsgedanken (ICD-10 F 42.0)

Auszug aus der Exploration: "Volksschule, Hauptschule und 2 Jahre Hauswirtschaftsschuleabsolviert zuhaben. Auf die Frage, ob sie eine abgeschlossene Ausbildung habe, oder je selbstgearbeitet habe reagiert sie ratlos. Drückt wieder mehrere Tasten ihres Handys undhorcht in sich hinein. Sagt dann schließlich: "Meine Eltern waren Arbeiter, der Vater warim Werk in ***21***, die Mutter bei ***22*** ***23***". Die SV konkretisiert:"Wollten Sie nie arbeiten?". Die Betroffene meint, sie wäre für wenige Monate alsStubenmädchen tätig gewesen, solange ihr Vater im gleichen Unternehmen tätig war.Die SV bezieht sich nun auf die täglichen Fertigkeiten, auf die Frage, was 1 Liter Milchkosten würde, blickt sie wieder auf ihr Handy, meint, sie müsse nachlesen, nach einerGedankenpause sagt sie: "50ct". Auf die Frage, was 1kg Brot kostet, gibt sie an, derBäcker würde wöchentlich liefern, sie bezahle 1 x im Monat, sie könne jetzt nicht sagen,.."war

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Psychiatrisches Sachverständigengutachten ***12*** FA für Psychiatrie und Neurologie,: keine

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis
Unterer Rahmensatz, ohne Dauertherapie oder stationären Behandlungsbedarf, generalisierte Angststörung, Unreife und abhängige Persönlichkeitsstörung sowie Zwangsgedanken mitberücksichtigt
50

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Stellungnahme zu Vorgutachten:

gleichbleibend zum Vorgutachten

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit: 11/2020

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrisch fachärztlichen Befundes vom erscheintSelbsterhaltungsfähigkeit unwahrscheinlich. In der darin enthaltenen Exploration wird erwähnt, dassnur für wenige Monate gearbeitet wurde und dies nur da der Vater auch im Unternehmen beschäftigtwar. Jedoch es liegen diesbezüglich keine Befunde vor.

Frau ***1*** ***2*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 11/2020

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit,sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrisch fachärztlichen Befundes vom erscheintSelbsterhaltungsfähigkeit unwahrscheinlich. In der darin enthaltenen Exploration wird angeführt,dass nach der Schule nur für wenige Monate gearbeitet wurde und dies nur da der Vater auch imUnternehmen beschäftigt war. Jedoch es liegen diesbezüglich keine Befunde vor, dass dieErwerbsunfähigkeit durchgehend vorlag vor dem 18 bzw. 21 Lebensjahr.

☒ Dauerzustand
☐ Nachuntersuchung

Gutachten erstellt am von Dr.in ***46*** ***32***-***33***

Gutachten vidiert am von Dr. ***46*** ***47***

Sachverständigengutachten vom

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, erstattete am 122.2.2022 folgendes weitere Aktengutachten über die Bf:

Sachverständigengutachten
aufgrund der Aktenlage

nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010)


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Name:
Geschlecht:
***1*** ***2*** ***3***
Weiblich
Geburtsdatum:
***13***
Verfahrensordnungsbegriff:
***48***
Wohnhaft in:
***7***
***4*** ***5***- ***6***
Österreich


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Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleich


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Aktengutachten erstellt am:
Name der / des Sachverständigen:
Dr.in ***42*** ***49***
Fachgebiet:
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Es wird ein Aktengutachten erstellt, da der gewünschte Hausbesuch nicht möglich ist.

Vorliegende Vorgutachten:

aktenmäßiges ärztliches Sachverständigengutachten BASB, FLAG :

Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem

schizophrenen Formenkreis GdB 50%

ab 11/2020

nach Befund der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. ***12*** vom

Frau ***1*** ***2*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst denUnterhalt zu verschaffen: JA

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 18.Lebensjahr eingetreten.

Die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ist nicht vor vollendetem 21.Lebensjahr eingetreten.

Aufgrund des vorliegenden aktuellen psychiatrisch fachärztlichen Befundes vom erscheint Selbsterhaltungsfähigkeit unwahrscheinlich

Dauerzustand

aktenmäßiges nervenfachärztliches Sachverständigengutachten BASB, FLAG :

Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus demschizophrenen Formenkreis GdB 50%

ab 11/2020

Frau ***1*** ***2*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst denUnterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 11/2020

aktuell: Neuantrag ab Datum, Beschwerdeverfahren

Schreiben RA... :

Belangte Behörde: Finanzamt Österreich

wegen: Beschwerdevorentscheidung vom

Meine Beschwerde vom gegen die Abweisungsbescheide Finanzamt Österreich,zu Ordnungsbegriff ***9***, vom dem Bundesfinanzgericht zurEntscheidung vorzulegen

vorliegende Unterlagen/Befunde:

Psychiatrisches Gutachten Dr. ***12*** bzgl. Erwachsenenvertretung

Anm.: wird eingesehen, aber nicht mehr zitiert, da bereits bei den Vorgutachten vorliegend

psychiatrisches Gutachten Dr. ***28***, PV zur Beurteilung der Erwerbsunfähigkeitgemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG, Kinderzuschuss (Untersuchung in derOrdination):

Hauptdiagnose:

kombinierte und andere Persönlichkeitsstörung (ängstlich vermeidend, unreif, abhängig)

Intelligenzminderung nnb

vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang

Verdacht auf undifferenzierte Schizophrenie, klinisch Residualzustand

Angststörung nnb.

...keine Befunde....

....besteht seit jungen Jahren eine eingeschränkte Belastbarkeit, weitere Erkrankungenhaben sich im jungen Erwachsenenalter entwickelt. Es ist davon auszugehen, dass mit dem18. LJ keine ausreichende Belastbarkeit gegeben war.

Sie war zeitlebens nicht für den 1. Arbeitsmarkt einsetzbar.

Nervenfachärztliches Gutachten Dr. ***34*** ans Arbeits- und Sozialgericht Wr.Neustadt bezgl. Pflegegeld :

....Mit Bescheid vom hat die beklagte Partei den Antrag vom aufZuerkennung des Pflegegeldes ab abgelehnt...

....Befragt nach der Berufsanamnese gibt die Klägerin an, dass sie lediglich "fallweise"gearbeitet habe, dahingehende Details hätten den Sachverständigen "nicht zuinteressieren"....

Warum sie keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen könne kann die Klägerin nicht angeben

Neurologische Diagnosen:

Derzeit keine krankheitswertigen Beschwerden.

Psychiatrische Diagnosen:

Verdacht auf Residualzustand einer chronisch verlaufenden Erkrankung aus dem

schizophrenen Formenkreis (DD schizotype Störung)

Kognitive Defizite (Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungen)

Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilenmit regressiven Verhaltenstendenzen

Schädlicher Gebrauch von Alkohol (ex anamnesis)

...Regelmäßiger Pflegebedarf besteht in folgenden Handlungen:

Zubereitung von Mahlzeiten .... 30 Stunden (Konzentrationsstörungen mit erhöhter Ablenkbarkeit)

Motivationsgespräche ............. 10 Stunden (Aufrechterhalten einer Tagesstruktur)

Herbeischaffen von Nahrungsmitteln und Medikamenten .............. 10 Stunden

Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände....10 Stunden

Pflege der Leib-und Bettwäsche............... 10 Stunden

Mobilitätshilfe im weiteren Sinn .............10 Stunden

Erschwerniszuschlag ........... 25 Stunden

Gesamt....105 Stunden/Monat

Übertragung Schallträgerprotokoll LG Wr. Neustadt :

Vergleich:

1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, der Klägerin ab Pflegegeldstufe zwei, ingesetzlicher Höhe zu gewähren

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

It. Gutachten Dr. ***34*** 3/21: Soweit erhebbar befindet sich die Klägerin derzeit wederin nervenfachärztlicher noch in psychotherapeutischer Behandlung, etwaige Psychopharmaka(beispielsweise Neuroleptika) werden aktuell ebenfalls nicht eingenommen.


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Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Verdacht auf Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (DD schizotype Störung), Kognitive Defizite (Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungen), Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilen mit regressiven Verhaltenstendenzen, Schädlicher Gebrauch von Alkohol (ex anamnesis)
Unterer Rahmensatz, da in Teilbereichen im Alltag selbstständig
50

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

---

Stellungnahme zu Vorgutachten:

Keine Änderung zum aktenmäßigen nervenfachärztlichen Vorgutachten 11/2021

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:

☒ ja ☐ nein

GdB liegt vor seit: 11/2020

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

Gutachten Psychiaterin Dr. ***12*** 11/2020

Frau ***1*** ***2*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 11/2020

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Nach den vorliegenden Befunden werden behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen in dieJugend zurückreichend angenommen (It. Gutachten PV Dr. ***28*** "seit den jungenJahren eingeschränkte Belastbarkeit. Weitere Erkrankungen haben sich im jungen Erwachsenenalterentwickelt").

Es liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung vor dem 18./21.LJ dokumentieren.Insbesondere liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung mit schwerwiegendenFunktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren, dass eine daraus resultierendeanhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit vordem 18./21. LJ eingetreten wäre. Daher kann dieserZeitpunkt, nicht eindeutig eingrenzt bzw. bestimmt werden.

☒ Dauerzustand
☐ Nachuntersuchung

Gutachten erstellt am von Dr.in ***42*** ***49***

Gutachten vidiert am von Dr. ***50*** ***51***

Auskunftsersuchen des Finanzamts

Laut E-Mail vom (OZ 14 des elektronischen Finanzamtsakts) ersuchte das Finanzamt das Sozialministeriumservice gemäß § 158 BAO (offensichtlich erstmals) um Übermittlung aller vorliegenden Gutachten betreffend die Bf.

Mit E-Mail vom wurde das Auskunftsersuchen um das Gutachten vom ergänzt.

Vorlage ()

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde wie folgt vor (beim BFG erfasst zu RV/7101121/2022, RV/7101135/2022 und RV/7101136/2022, die Erledigung ergeht zu RV/7101121/2022):

Angefochtene Bescheide:

Verwaltungsakt:

Bezughabende Normen

§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

In mehreren Gutachten hat das Sozialministeriumservice festgestellt, dass bei der Beschwerdeführerin (geb. ***13***) mangels Vorlage früherer Befunde eine dauernde Erwerbsunfähigkeit erst ab November 2020 bestätigt werden könne (Dok.12, 13 und 16).

Der Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin beantragt im Beschwerdeverfahren die Zuerkennung von Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag jeweils ab September 2015 durch das BFG bzw. die Aufhebung der angefochtenen Bescheide sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Dok.9 und 10).

Beweismittel:

insbesondere

Gutachten des Sozialministeriumservice vom (Dok.12)

Gutachten des Sozialministeriumservice vom (Dok.13)

Gutachten des Sozialministeriumservice vom (Dok.16)

Stellungnahme:

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Der Grad der Behinderung oder eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Das Finanzamt ist bei der Beurteilung des Sachverhalts gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 an die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens ausgestellten Bescheinigungen gebunden.

In allen vorliegen Gutachten hat das Sozialministeriumservice (Dok.12, 13 und 16) festgestellt, dass bei der Beschwerdeführerin eine dauernde Erwerbsunfähigkeit erst ab November 2020 bestätigt werden könne.

Im Sachverständigengutachten vom (Dok.16) führt das SMS dazu ergänzend aus: "Nach den vorliegenden Befunden werden behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen in die Jugend zurückreichend angenommen (lt. Gutachten PV Dr. ***28*** 'seit den jungen Jahren eingeschränkte Belastbarkeit. Weitere Erkrankungen haben sich im jungen Erwachsenenalter entwickelt'). Es liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung vor dem 18./21. LJ dokumentieren. Insbesondere liegen keine Befunde vor, die eine psychische Erkrankung mit schwerwiegenden Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren, dass eine daraus resultierende anhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 18./21. LJ eingetreten wäre. Daher kann dieser Zeitpunkt, nicht eindeutig eingrenzt bzw. bestimmt werden. Dies kann ab Vorlage von fachspezifischen Befunden (psychiatrisches Gutachten Dr. ***12*** 11/2020) bestätigt werden."

Das Finanzamt beantragt daher die Abweisung der Beschwerde.

Abgabeninformationssystem

Laut Abgabeinformationssystem der Bundesfinanzverwaltung sind zur Steuernummer 29 ***52*** folgende Lohnzettel aktenkundig:

2021: 0101-3112 Pensionsversicherungsanstalt 12.005,76 €

2020: 0106-3112 Pensionsversicherungsanstalt 6.766,55 €

Beschluss vom

Am fasste das Bundesfinanzgericht den Beschluss:

I. Das Finanzamt Österreich wird gemäß § 269 Abs. 2 BAO ersucht, einen vollständigen Sozialversicherungsdatenauszug, jedenfalls ab dem Jahr 1982 bis laufend, betreffend die Beschwerdeführerin vorzulegen.

II. Das Finanzamt Österreich wird um Mitteilung ersucht mit zu teilen, wie über die im Schreiben vom unter anderem auch erhobene Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom entschieden wurde.

III. Die Beschwerdeführerin wird um Vorlage des Pensionsbescheids der Pensionsversicherungsanstalt sowie allfälliger weiterer Unterlagen wie Gutachten zur Frage der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG, als diese nicht bereits, wie aus dem dargestellten Verfahrensgang ersichtlich, aktenkundig sind, ersucht.

IV. Zu Spruchpunkten I., II., III. wird eine Frist bis gesetzt.

Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgangs und der maßgebenden Rechtsgrundlagen unter anderem ausgeführt:

Zu Spruchpunkt I Sozialversicherungsdaten

Abgesehen von den reichlich unbestimmten Angaben der Bf über eine frühere Erwerbstätigkeit wurden im bisherigen umfangreichen Verfahren keine validen Daten über sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse erhoben. Das Finanzamt Österreich ist daher gemäß § 269 Abs. 2 BAO zu ersuchen, einen vollständigen Sozialversicherungsdatenauszug, jedenfalls ab dem Jahr 1982 (15. Lebensjahr der Bf) bis laufend, betreffend die Bf vorzulegen.

Zu Spruchpunkt II Beschwerdeverfahren Aufhebungsbescheid

Im Schreiben vom wurde neben dem Vorlageantrag in Bezug auf den Abweisungsbescheid Familienbeihilfe vom bzw. auch Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom erhoben.

Solange über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom nicht entschieden worden ist, kann keine Entscheidung in der Sache in Bezug auf den Abweisungsbescheid vom erfolgen.

Das Finanzamt Österreich ist daher um Mitteilung zu ersuchen, wie über die im Schreiben vom auch erhobene Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom entschieden wurde.

Zu Spruchpunkt III Pension

§ 252 ASVG lautet:

§ 252. (1) Als Kinder gelten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:

1. die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person;

(Anm.: Z 2 und 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)

4. die Stiefkinder;

5. die Enkel.

Die in Z 4 und 5 genannten Personen gelten nur dann als Kinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, die in Z 5 genannten Personen überdies nur dann, wenn sie gegenüber dem Versicherten im Sinne des § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben. Die ständige Hausgemeinschaft besteht weiter, wenn sich das Kind nur vorübergehend oder wegen schulmäßiger (beruflicher) Ausbildung oder zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält; das gleiche gilt, wenn sich das Kind auf Veranlassung des Versicherten und überwiegend auf dessen Kosten oder auf Anordnung der Jugendfürsorge oder des Pflegschaftsgerichtes in Obsorge eines Dritten befindet.

(2) Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind

1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie

a) entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder

b) zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben;

2. als Teilnehmer/in des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes oder des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland tätig ist, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres;

3. seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.

(3) Die Kindeseigenschaft nach Abs. 2 Z 3, die wegen Ausübung einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit weggefallen ist, lebt mit Beendigung dieser Erwerbstätigkeit wieder auf, wenn Erwerbsunfähigkeit infolge Krankheit oder Gebrechens weiterhin vorliegt.

Nach der Aktenlage bezieht die Bf seit dem Jahr 2020 eine Pension. Die Bf ist um Vorlage des Pensionsbescheids der Pensionsversicherungsanstalt sowie allfälliger weiterer Unterlagen wie Gutachten zur Frage der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG, als diese nicht bereits, wie aus dem dargestellten Verfahrensgang ersichtlich, aktenkundig sind.

Zu Spruchpunkt IV Fristsetzung

Die gesetzte Frist ist dem voraussichtlich erforderlichen Aufwand angemessen. Sie kann über rechtzeitig gestellten begründeten Antrag vom Gericht verlängert werden.

Urkundenvorlage (Bf) vom

Mit E-Mail vom übermittelte der Erwachsenenvertreter die beiden Waisenpensionsbescheide betreffend die Bf. Weitere - noch nicht im Verfahren vorgelegte - Gutachten zur Frage der Erwerbsunfähigkeit lägen dem Erwachsenenvertreter gegenwärtig nicht vor.

Pensionsbescheid vom

Mit Bescheid vom erkannte die Pensionsversicherungsanstalt der Bf ab eine Waisenpension gemäß §§ 86, 252, 260 und 266 ASVG i.H.v. € 413,74 monatlich nach ihrer verstorbenen Mutter zu. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Waisenpension gebührt über das 18. Lebensjahr hinaus, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Pensionsbescheid vom

Mit Bescheid vom erkannte die Pensionsversicherungsanstalt der Bf ab eine Waisenpension gemäß §§ 86, 252, 260 und 266 ASVG i.H.v. € 465,34 monatlich nach ihrem verstorbenen Vater zu. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Waisenpension gebührt über das 18. Lebensjahr hinaus, solange infolge Krankheit oder Gebrechens Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Urkundenvorlage (FA) vom

Das Finanzamt legte am elektronisch vor:

Beschwerdevorentscheidung Aufhebungsbescheid

Mit Datum hat das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde vom gegen den Aufhebungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt:

Gemäß § 299 Bundesabgabenordnung kann die Abgabenbehörde von Amts wegen einen von ihr erlassenen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

Im gegenständlichen Fall wurde der Abweisungsbescheid vom betreffend Ihren Antrag auf Familienbeihilfe vom (Datum des Einlangens, datiert mit ) aufgehoben.

Dabei hat sich beim Bescheiddatum leider ein Ziffernsturz ergeben ( statt ). Aus der Bescheidbegründung geht jedoch hervor, dass der Abweisungsbescheid vom gemeint ist.

Der Spruch des Abweisungsbescheides vom war insofern unrichtig, als er lediglich über den Zeitraum ab September 2020 absprach. Dies obwohl Sie mit Schreiben vom (eingelangt am ) mitteilten, dass der Antrag auf Familienbeihilfe mit Wirkung ab dem gestellt werde.

Gleichzeitig mit der Aufhebung des Abweisungsbescheides vom wurde daher am ein neuer berichtigter Abweisungsbescheid betreffend Ihren Antrag auf Familienbeihilfe vom ab September 2015 erlassen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Versicherungsdatenauszug

Aus dem Versicherungsdatenauszug vom betreffend die Bf ergeben sich folgende Beschäftigungsverhältnisse:

von - bis / Art der Monate / meldende Stelle

- Arbeiterin ***22***-AKTIENGESELLSCHAFT STAMMWERK ***53*** 01

- Arbeiterin ***54*** ***55*** 02

- Angestellte ***56*** Gesellschaft m.b.H. 03

- Arbeiterin ***57*** ***58*** OHG 04

- Selbstvers. Krankenvers. § 16 ASVG ***3*** ***1*** 05

- Selbstversicherung § 16 Abs. 1 ASVG 06

- laufend Waisenpensionsbezug 07

Vorlage () zu RV/7103244/2022

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, der bei diesem zur Zahl RV/7103244/2022 erfasst wurde.

Vorlagebericht () zu RV/7103244/2022

Im Vorlagebericht betreffend das Verfahren hinsichtlich des Aufhebungsbescheids führte das Finanzamt unter anderem aus:

Bezughabende Normen

§ 299 BAO

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Im Zuge der Vorlagebearbeitung betreffend den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe (siehe RV/7101121/2022) fiel auf, dass im Abweisungsbescheid vom (Dok.7) betreffend den Antrag auf Familienbeihilfe der Abweisungszeitraum zu kurz gewählt war (ab September 2020 statt wie beantragt ab September 2015).

Der Abweisungsbescheid vom wurde mit Aufhebungsbescheid vom (Dok.1 aufgehoben und mit selben Datum ein berichtigter Abweisungsbescheid ab September 2015 (Dok.8) erlassen.

Gegen den Aufhebungsbescheid vom (Dok.1) richten sich die Beschwerde vom (Dok.2, eingelangt am ) und der Vorlageantrag vom (Dok.4, eingelangt am ).

Beweismittel:

insbesondere

Aufhebungsbescheid vom (Dok.1)

Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.3)

Stellungnahme:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Abs. 2 leg.cit. legt fest, dass der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid mit dem aufhebenden Bescheid zu verbinden ist, sofern dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

In Abs. 3 leg.cit. ist normiert, dass durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Derartige Aufhebungen gemäß § 299 BAO sind gemäß § 302 Abs. 1 BAO bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides zulässig.

Der Antrag vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe (Dok.5) wurde durch den Antrag vom auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe (Dok.6) dahingehend ergänzt, als dass nunmehr die Familienbeihilfe ab September 2015 beantragt wurde.

Im Abweisungsbescheid vom (Dok.7) wurde dieser Ergänzung nicht Rechnung getragen und die Abweisung erfolgte daher irrtümlich erst ab September 2020.

Am wurde der Abweisungsbescheid vom (Dok.7) innerhalb der in § 302 Abs. 1 BAO normierten Jahresfrist gemäß § 299 BAO aufgehoben und durch einen neuen Abweisungsbescheid ab September 2015 (Dok.8) ersetzt.

Dabei ist es im Aufhebungsbescheid vom (Dok.1) im Spruch hinsichtlich des Datums des ursprünglichen Bescheides zu einem Ziffernsturz gekommen ( statt ).

Das richtige Bescheiddatum ist aber aus der Begründung des Aufhebungsbescheides zu entnehmen, so dass der aufzuhebende Bescheid aus Sicht des Finanzamtes hinreichend klar spezifiziert war. Darauf wird auch in der Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.3) hingewiesen.

Die Abweisung der Beschwerde wird beantragt.

Vorlageantrag () zu RV/7103244/2022

Im Vorlageantrag vom betreffend die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid führte die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter aus:

Zum gegenständlichen Ordnungsbegriff hat mein Erwachsenenvertreter eine Beschwerdevorentscheidung vom erhalten.

Darin ist Bezug genommen auf eine Beschwerde vom .

Faktisch habe ich eine Beschwerde datiert mit durch meinen Erwachsenenvertreter erhoben. Dies zum gegenständlichen Ordnungsbegriff.

In meiner Beschwerde vom habe ich auch bereits einen Vorlageantrag gestellt.

Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum erneut eine Beschwerdevorentscheidung zugestellt wird.

Unter einem lege ich daher noch einmal meine Beschwerde und den Vorlageantrag vom vor und erhebe dessen Inhalt vollinhaltlich auch zum Inhalt meines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung vom .

Aus diesem Grunde stelle ich binnen offener Frist den

ANTRAG:

Meine Beschwerden vom und gegen die Abweisungs- und Aufhebungsbescheide des Finanzamtes Österreich zu Ordnungsbegriff ***9*** vom , und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Mündliche Verhandlung

Mit Telefax vom teilte die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter mit, sämtliche Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückzuziehen.

Mit erklärte das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO gemäß § 264 Abs. 4 lit. b BAO i.V.m. § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos, ebenso gemäß § 256 Abs. 3 BAO die Beschwerde vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren wurde eingestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

§ 299 BAO lautet:

§ 299. (1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

§ 6 FLAG 1967 lautet:

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd für längstens drei Monate, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder

(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,

d) Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.

e) Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

(7) Die Anspruchsdauer nach Abs. 2 lit. a bis c und lit. f bis i verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 8 FLAG 1967 lautet:

§ 8. (1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

(2) Die Familienbeihilfe beträgt monatlich

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab

a) 114 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b) 121,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c) 141,5 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d) 165,1 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.

(3) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab , wenn sie

a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €,

b) für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €,

c) für vier Kinder gewährt wird, um 26,5 €,

d) für fünf Kinder gewährt wird, um 32 €,

e) für sechs Kinder gewährt wird, um 35,7 €,

f) für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 52 €.

(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3. ab um 155,9 €.

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

(6a) Für eine Person, bei der eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c festgestellt wurde, besteht kein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe, wenn sie in einem Kalenderjahr ein Einkommen bezieht, das die in § 5 Abs. 1 festgelegte Grenze übersteigt. Wenn das Einkommen in einem nachfolgenden Kalenderjahr unter der in § 5 Abs. 1 festgelegten Grenze liegt, lebt der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe wieder auf. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c als Dauerzustand festgestellt wurde, ist kein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich.

(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

(8) Für jedes Kind, das in einem Kalenderjahr das 6. Lebensjahr bereits vollendet hat oder vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich die Familienbeihilfe für den September dieses Kalenderjahres um 100 €.

(9) Die Familienbeihilfe erhöht sich für den September 2020 um eine Einmalzahlung von 360 € für jedes Kind. Der Aufwand für die Auszahlung dieser Einmalzahlung im September 2020 ist aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu tragen.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Die in § 8 Abs. 5 FLAG 1967 genannte Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl. II Nr. 261/2010, lautet in der Fassung BGBl. II Nr. 251/2012:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heranzuziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Inkrafttreten

Die Verordnung tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

In der Anlage zur Verordnung werden die Rahmensätze für die einzelnen Erkrankungen verbindlich angegeben.

§ 252 ASVG lautet:

§ 252. (1) Als Kinder gelten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:

1. die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person;

(Anm.: Z 2 und 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)

4. die Stiefkinder;

5. die Enkel.

Die in Z 4 und 5 genannten Personen gelten nur dann als Kinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, die in Z 5 genannten Personen überdies nur dann, wenn sie gegenüber dem Versicherten im Sinne des § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben. Die ständige Hausgemeinschaft besteht weiter, wenn sich das Kind nur vorübergehend oder wegen schulmäßiger (beruflicher) Ausbildung oder zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält; das gleiche gilt, wenn sich das Kind auf Veranlassung des Versicherten und überwiegend auf dessen Kosten oder auf Anordnung der Jugendfürsorge oder des Pflegschaftsgerichtes in Obsorge eines Dritten befindet.

(2) Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind

1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie

a) entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder

b) zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben;

2. als Teilnehmer/in des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes oder des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland tätig ist, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres;

3. seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.

(3) Die Kindeseigenschaft nach Abs. 2 Z 3, die wegen Ausübung einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit weggefallen ist, lebt mit Beendigung dieser Erwerbstätigkeit wieder auf, wenn Erwerbsunfähigkeit infolge Krankheit oder Gebrechens weiterhin vorliegt.

Verfahrensrechtliches

Mit Datum ergingen an die Bf zwei Abweisungsbescheide: Mit einem Abweisungsbescheid wurde der Antrag der Bf auf Familienbeihilfe vom für sich selbst ab September 2020 abgewiesen, mit dem anderen der Antrag der Bf auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung vom für sich selbst ab September 2015. Mit Datum und ergingen keine derartigen Bescheide, gemeint sind im Rubrum der Beschwerde offensichtlich die diesbezüglichen Anträge.

Gegen beide Bescheide vom hat die Bf durch ihren Erwachsenenvertreter mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Die Datumsangaben und im Rubrum der Beschwerde sind offensichtlich, siehe die Angabe des Beschwerdegegenstands in der Beschwerde, Schreibfehler.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt den Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe (Grundbetrag) gemäß § 299 BAO aufgehoben und am selben Tag einen Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe (Grundbetrag) ab September 2015 erlassen.

Hinsichtlich des Zeitraums September 2015 bis August 2020 war vor einer Entscheidung in der Sache auf die Entscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid zuzuwarten.

Der Aufhebungsbescheid und der neue Sachbescheid sind zwei Bescheide, die jeder für sich einer Bescheidbeschwerde zugänglich sind bzw. der Rechtskraft teilhaftig werden können (vgl. Ritz/Koran, BAO 7. A., § 299 Rz 45 m.w.N.). Sind beide Bescheide mit Bescheidbeschwerde angefochten, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid zu entscheiden (vgl. Ritz/Koran, BAO 7. A., § 299 Rz 45 m.w.N.). Eine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Sachbescheid vor der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid wäre rechtswidrig.

Da der Aufhebungsbescheid vom zufolge Zurücknahme der diesbezüglichen Beschwerde vom am in Rechtskraft erwachsen ist, kann nunmehr über den gesamten Beschwerdezeitraum ab September 2015 abgesprochen werden.

Gemäß § 253 BAO gilt die Beschwerde vom gegen den in der Zwischenzeit aufgehobenen Abweisungsbescheid vom , womit der Antrag der Bf auf Familienbeihilfe vom für sich selbst ab September 2020 abgewiesen wurde, als auch gegen den Bescheid vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die geborene Beschwerdeführerin ab September 2015 abgewiesen wurde, gerichtet. Die diesbezügliche Beschwerde vom ist daher als ergänzender Schriftsatz zur Beschwerde vom zu sehen.

Streitpunkt

Strittig ist ausschließlich, ob die im Juni 1967 geborene Bf seit einem unbestimmten, nach Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen Zeitpunkt, spätestens ab November 2020 (Gutachten Sozialministeriumservice 15./, , ) voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen oder ob die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres der Bf eingetreten ist.

Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag

Erhöhungsbetrag setzt Anspruch auf den Grundbetrag voraus

Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung besteht nur, wenn auch Anspruch auf den Grundbetrag besteht ().

Erhöhte Familienbeihilfe

Besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) gemäß § 2 Abs. 1 lit. a, b, d, e, g, i, j, k oder l FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 lit. a, b, c, f, h, i, j oder k FLAG 1967, steht gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 dem Bezieher der Familienbeihilfe ein Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zu, wenn das Kind erheblich behindert ist. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe (Grundbetrag) aus anderen Gründen als zufolge einer Behinderung des Kindes, in der Regel wegen Minderjährigkeit oder wegen einer Berufsausbildung.

Hingegen ist Anspruchsvoraussetzung für Familienbeihilfe (Grundbetrag und Erhöhungsbetrag) gemäß § 2 Abs. 1 lit. c oder h FLAG 1967 oder gemäß § 6 Abs. 2 lit. d oder g FLAG 1967 entweder eine behinderungsbedingte voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit (§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967) oder eine erhebliche Behinderung (§ 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. g FLAG 1967).

Voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 und § 6 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, und zwar auf erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967, für Kinder, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Selbsterhaltungsfähigkeit ist gegeben, wenn das Kind sämtliche Unterhaltsbedürfnisse im Rahmen der bestimmten konkreten Lebensverhältnisse aus eigenen Kräften zu finanzieren imstande ist, und zwar auch außerhalb des elterlichen Haushalts. Selbsterhaltungsfähig ist ein Kind nur dann, wenn es - auf sich allein gestellt - mit seinen Einkünften alle Lebensbedürfnisse, also auch den (allenfalls fiktiven) Geldaufwand zur Erlangung notwendiger Pflege- und Erziehungsleistungen, decken könnte (vgl. ).

"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind grundsätzlich auf dem "Ersten Arbeitsmarkt", also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne Zuwendungen anderer und ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten (vgl. ). Eine bloße Beschäftigungsmöglichkeit in einer "geschützten Behindertenwerkstätte" führt nicht zu einer Selbsterhaltungsfähigkeit, da sich das Kind in diesem Fall den Unterhalt nicht selbst verschafft, sondern durch staatlich oder karitativ finanzierte Einrichtungen alimentiert wird. Würde eine Person etwa nur bei Vorliegen von im Wesentlichen karitativen Motiven eines Arbeitsgebers oder zu therapeutischen Zwecken beschäftigt werden, ohne dass der Arbeitgeber realistischerweise eine Arbeitsleistung erwarten könnte und würde der Beschäftigte dabei lediglich eine Art Taschengeld erhalten, reicht dies noch nicht aus, um von der Selbsterhaltungsfähigkeit dieser Person auszugehen (vgl. ; ).

Die Fähigkeit einer Person, sich i. S. d. § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist das wirtschaftliche Abgrenzungsmerkmal des Kindes von der erwachsenen Person. Eine Person ist dann i. S. d. § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 fähig, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wenn sie aufgrund einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 3 Z 1-4 EStG 1988) Bruttoeinkünfte mindestens in der Höhe des Richtsatzes für die Gewährung einer Ausgleichszulage gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG (Mindestpensionsrichtsatz) zuzüglich der für die Abdeckung der behinderungsbedingten wirtschaftlich getragenen Eigenkosten erwirtschaftet. Dabei ist es ohne Belang, ob die Höhe der Erwerbseinkünfte aufgrund einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung erwirtschaftet werden. Da es um die Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes geht, bleiben die Erhöhungsbeträge i. S. d. § 293 Abs. 1 lit. a ASVG außer Ansatz ().

Der Nachweis der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 grundsätzlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu führen.

Auch eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit infolge einer psychischen Erkrankung vermittelt einen Familienbeihilfeanspruch (vgl. ; ; ).

Besteht keine vor dem 21. (bei Berufsausbildung: 25.) Lebensjahr eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, steht sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2. A. § 8 Rz 19).

Erkrankung mit variierendem Verlauf

Eine Behinderung im Sinn des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einen Grad von mindestens 50 v. H. bzw. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt, sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert.

Aber erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche (bei i.W. unter 21jährigen, im Fall der sich in Berufsausbildung befunden habenden unter 25jährigen) einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweist bzw. (bei i.W. über 21jährigen bzw. im Fall der sich in Berufsausbildung befunden habenden unter 25jährigen) eine damit verbundene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist - ab diesem Zeitpunkt - der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt (vgl. ).

Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreicht bzw. die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nach sich zieht (vgl. ; ; ; ).

Im gegenständlichen Fall hat die Bf nach der Aktenlage nach der Hauptschule noch zwei Jahre eine Hauswirtschaftsschule besucht und dann ihre Berufsausbildung (vor Vollendung des 21. Lebensjahres) beendet, sodass auf das 21. Lebensjahr abzustellen ist.

Nachweisführung

§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (früher: Bundessozialamt, jetzt: Sozialministeriumservice).

Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen.

Die Beweisregelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 geht als Spezialnorm den allgemeinen Bestimmungen des § 166 BAO betreffend Beweismittel und des § 177 BAO betreffend den Sachverständigenbeweis grundsätzlich vor (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 12 m w.N.), schließt deren ergänzende Anwendung aber nicht aus (vgl. ).

Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind erheblich behindert war bzw. ist oder dauernd außerstande war bzw. ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten grundsätzlich gebunden. Sie hat diese aber zu prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. ; , und die bei Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung). Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung daher grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen (vgl. ).

Dem um die Erstattung des Gutachtens ersuchten Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen kommt aber die Befugnis zur Entscheidung (Zuerkennung oder Abweisung) über den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nicht zu (vgl. ). Diese Entscheidung hat die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht auf Grund des Gutachtens oder der Gutachten sowie der sonstigen Beweismittel (§§ 166, 167 BAO) zu treffen.

Inhaltliche Anforderungen an Gutachten des Sozialministeriumservice

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa , m.w N.) muss ein Sachverständigengutachten, das von einer Behörde - oder einem Verwaltungsgericht (vgl. , m.w.N.) - der jeweiligen Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein (vgl. ). Die aus dem Befund abgeleiteten fachlichen Schlüsse (Gutachten im engeren Sinn) sind in nachvollziehbarer Weise darzustellen (vgl. etwa ).

Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. , m.w.N.).

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele ).

Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§ 115 BAO) - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen (vgl. etwa oder , m.w.N).

Auch die Gutachten der Ärzte des Sozialministeriumservice haben den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen (vgl. etwa ).

Es ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens verpflichtet sind, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen (vgl. etwa , m.w.N.). Dies setzt voraus, dass sich Behörde vor Erlassung ihre Entscheidung Kenntnis vom gesamten Inhalt des jeweiligen Gutachtens verschafft.

Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , m.w.N.). Die Behörde hat sich dann mit dem Inhalt dieses Gegengutachtens auseinanderzusetzen (vgl. ).

Kenntnis des vollständigen Gutachtens

Da die Behörde verpflichtet ist, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für entsprechende Ergänzung zu sorgen, ist es unerlässlich, dass die Behörde vor Erlassung eines Bescheides Kenntnis von einem derartigen Gutachten hat.

Auch wenn das Finanzamt (zunächst) keine Kenntnis des vollständigen Gutachtenstextes hat, hat es vor Erlassung eines Bescheides zwingend gemäß § 183 Abs. 4 BAO das Parteiengehör zu wahren. Das bedeutet in Bezug auf Bescheinigungen des Sozialministeriumservice, dass es nicht ausreichend ist, wenn erst in der Bescheidbegründung auf diese Bescheinigung Bezug genommen wird, sondern dem Antragsteller ist nach Kenntniserlangung der "Metadaten" der Bescheinigung durch das Finanzamt im Wege des EDV-Verfahrens förmlich ("Vorhalt") Gelegenheit zu gehen, sich zu dieser Beweisaufnahme zu äußern (vgl. ; u.v.a.).

Wenn der Antragsteller an der Schlüssigkeit des Gutachtens zweifelt, wird das Finanzamt den vollständigen Text des Gutachtens, durch Anforderung beim Sozialministeriumservice, oder auch durch Anforderung beim Antragsteller beizuschaffen und dann das Gutachten auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu prüfen haben. Das Ergebnis dieser Prüfung muss sich in der Begründung des Bescheides (§ 93 Abs. 3 lit. a BAO) niederschlagen (vgl. ; ). Wenn dem Finanzamt das vollständige Gutachten nicht bekannt ist, hat es dieses daher vor Bescheiderlassung beizuschaffen (vgl. etwa ; ; ; ).

Auch wenn das Finanzamt wegen Umstellung des IT-Verfahrens vor einigen Jahren keinen unmittelbaren Zugang zu den Gutachten des Sozialministeriumservice mehr hat, besteht die Verpflichtung, dieses vor Erlassung eines Abweisungsbescheids anzufordern und selbst zu beurteilen (vgl. ).

Entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichts erfolgt in der Verwaltungspraxis keine Prüfung von Gutachten des durch die Finanzämter. Dies ist rechtswidrig (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 30 m.w.N.).

Es versteht sich auch von selbst, dass es rechtswidrig ist, der Partei (§ 78 BAO) Gutachten des Sozialministeriumservice, die als Beweismittel im Verfahren nach dem FLAG 1967 dienen, vorzuenthalten.

Keine unbedingte Bindung an Bescheinigungen des Sozialministeriumservice

Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zu § 8 Abs. 6 FLAG 1967 keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde (dem Verwaltungsgericht). Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar.

Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen (vgl. ).

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden.

In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht auch vom Verwaltungsgerichtshof vertreten (vgl. ; ; ; ).

Das Bundesfinanzgericht ist daher nicht in jedem Fall an die Gutachten des Bundessozialamtes (nunmehr Sozialministeriumservice) gebunden, sondern kann von diesen nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung auch abgehen und hat dies gegebenenfalls auch zu tun (vgl. ; ).

Keine Beweisregeln in der Bundesabgabenordnung

Im gegenständliche Verfahren ist gemäß § 2 lit. a BAO die Bundesabgabenordnung anzuwenden. Die Bundesabgabenordnung kennt in ihren Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren keine gesetzlichen Beweisregeln, insbesondere keine Regelung, dass die Feststellung des Eintritts einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ausschließlich davon abhängt, ob eine zeitnah zum Eintritt erstattete ärztliche Bestätigung vorliegt (vgl. ).

Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist. Die Behörde (und das Verwaltungsgericht) hat gemäß § 167 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Verfahrensergebnisse nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht (vgl. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. ; ; ; ; u.v.a.m.).

Die Beweiswürdigung ist nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut oder den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, daher, ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich dagegen der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof. Dieser prüft die Beweiswürdigung somit nur auf ihre Schlüssigkeit (vgl. ; ; ; u.v.a.m.).

Widersprechende Gutachten

Liegen einander widersprechende Gutachten vor, kann das Verwaltungsgericht sich dem einen oder dem anderen Gutachten anschließen, es hat diesfalls jedoch - im Rahmen seiner Beweiswürdigung - seine Gedankengänge darzulegen, die es veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Im Fall des Vorliegens mehrerer Gutachten, die voneinander abweichende Schlussfolgerungen enthalten, ist das Verwaltungsgericht somit gehalten, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten der beteiligten Ärzte beweiswürdigend auseinanderzusetzen. Dabei ist die Schlüssigkeit eines Gutachtens zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. , m.w.N.; ).

Im Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe wurde ausgeführt, dass die Bf offenbar seit der Geburt an schweren Phobien leide, die es ihr unmöglich machten, ein "normales" Leben zu führen. Diese psychischen Störungen hätten auch dazu geführt, dass die berufsbildende Schule nach dem zweiten Jahr abgebrochen worden sei. Zum Beweis wurden verschiedene, im Verfahrensgang wiedergegebene Unterlagen und Gutachten vorgelegt.

Die drei aktenkundigen Gutachten des Sozialministeriumservice vom 15./, vom und stellen fest, dass bei der Bf der Verdacht auf einen Residualzustand bei chronisch produktiver Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (DD schizotype Störung) bestehe. Im letzten Gutachten wird ausgeführt, dass kognitive Defizite (Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungen) sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilen mit regressiven Verhaltenstendenzen vorläge. Die Bf sei voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig.

Diese Gutachten des Sozialministeriumservice gehen jedoch alle davon aus, dass die voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht eindeutig vor dem 21. Lebensjahrs eingetreten sei und zwar obwohl, den Gutachten vom 15./ und vom das Gutachten von Dr. ***11*** ***12*** zugrunde liegt, im Gutachten vom auch die nur wenige Monate dauernde Tätigkeit als "Stubenmädchen" (um welche Tätigkeit es sich tatsächlich auch immer gehandelt hat) angeführt wird, und dem Gutachten vom auch das Gutachten von Dr. ***29*** ***28*** betreffend Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG zugrunde liegt. Das Sozialministeriumservice geht dabei ausschließlich auf den Umstand ein, dass vor dem Gutachten von Dr. ***11*** ***12*** im November 2020 nach dem Tod der Mutter im Auftrag des Pflegschaftsgerichts kein ärztlicher Befund erhoben worden sei.

Allerdings geht aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten von Dr. ***11*** ***12*** vom hervor, dass die Bf ihre Berufsausbildung nach dem Besuch von Volksschule, Hauptschule und zwei Jahre lang einer Hauswirtschaftsschule beendet hat und die Bf danach nur für kurze Zeit im Betrieb, in dem auch der Vater war, gearbeitet habe. Die Bf leide an einem äußert komplexen Beschwerdebild und gebe selbst an, eine Soziophobie mit massiven Ängsten zu haben. Ihre Eltern, vor allem ihre Mutter, hätten sich stets um sie gekümmert.

Das von Dr. ***35*** ***34*** im Verfahren betreffend Pflegegeld vor dem Landesgericht Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht erstattete nervenfachärztliche Gutachten vom enthält die Auskunft der Bf, dass sie nie bzw. "fallweise" gearbeitet habe und in die Sonderschule gegangen sei. Die Bf leide an sozialen Phobien. Es bestehe der Verdacht auf Residualzustand einer chronisch verlaufenden Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis (DD schizotype Störung), es liege eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen/asthenischen und unreifen Anteilen mit regressiven Verhaltenstendenzen vor. Die Bf könne nicht angeben, warum sie keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen könne. Eine Einsicht in eine Behandlungsnotwendigkeit bestehe nicht.

Dr. ***29*** ***28*** hat in seinem für die Pensionsversicherungsanstalt am zur Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG erstattetem Gutachten in der Anamnese ausgeführt, dass es sich bei der in Anschluss an die Hauptschule besuchte berufsbildende Schule um eine Klosterschule mit Betreuung gehandelt habe. Die Bf leide an ICD-10- F61 Kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen (ängstlich vermeidend, unreif und abhängige Persönlichkeitsanteile), ICD-10-F79.8 Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung: Sonstige Verhaltensstörung, ICD-10-F42.0 Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang, ICD-10- F20.3 Verdacht auf Undifferenzierte Schizophrenie, klinisch Residualzustand sowie IDC-10-F41.9 Angststörung, nicht näher bezeichnet. Es bestehe aus fachärztlicher Sicht seit den jungen Jahren eine eingeschränkte Belastbarkeit, es sei davon auszugehen, dass mit dem 18. Lebensjahr keine ausreichende Belastbarkeit gegeben gewesen sei. Die Bf sei zeitlebens nicht für den ersten Arbeitsmarkt einsetzbar gewesen. Die unsicheren Anteile bestünden schon seit der Kindheit. Die Bf sei nie arbeitsfähig gewesen.

Im Gegensatz zu den drei Aktengutachten des Sozialministeriumservice, da kein Gutachter des Sozialministeriumservice die Bf trotz ihres Krankheitsbilds zu Hause aufsuchen wollte, ergeben sich die Gutachten von Dr. ***12***, Dr. ***34*** und Dr. ***28*** auf einer persönlichen Untersuchung der Bf. Während sich die Gutachter Dr. ***12***, Dr. ***34*** und Dr. ***28*** einen eigenen Eindruck von der Bf verschafften und entsprechend Befund erhoben haben, beschränkten sich die Gutachter des Sozialministeriumservice auf die Einsicht in das Gutachten Dr. ***12*** sowie (das letzte Gutachten) auch in das Gutachten Dr. ***28***. Die Gutachter des Sozialministeriumservice setzen sich, abgesehen vom Verweis auf fehlende Befunde aus der Vergangenheit, in keiner Weise mit der Frage, ob die Bf jemals erwerbsfähig war, konkret auseinander.

Die Pensionsversicherungsanstalt hat mit Bescheiden vom und vom jeweils eine Waisenpension gemäß §§ 86, 252, 260 und 266 ASVG zuerkannt. Rechtliche Voraussetzung für diese Zuerkennung war jeweils gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG, dass die Bf seit der Vollendung des 18. Lebensjahres (also in Bezug auf § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 vor Vollendung des 21. Lebensjahres) infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist. Die Zuerkennung einer Waisenpension gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG spricht maßgeblich für das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres (vgl. zur Feststellung von Erwerbsunfähigkeit im Pensionsrecht , dazu Wanke in SWK 8/2020 (Gedenkschrift Dr. Bernhard Renner), 418).

Die Ausführungen des Gutachters Dr. ***28***, dass die Bf nie arbeitsfähig gewesen sei, sind im Einklang mit den im Verfahren erstmals vom Bundesfinanzgericht erhobenen Sozialversicherungsdaten betreffend die im Juni 1967 geborene Bf: So war die Bf zwischen August 1985 (18. Lebensjahr) und Juli 1989 (22. Lebensjahr) im Jahr 1985 rund ein Monat, im Jahr 1986 gar nicht, im Jahr 1987 für einige Tage, im Jahr 1988 gar nicht und im Jahr 1989 zweimal jeweils für einige Tage beschäftigt, danach nie mehr. Von behinderten Personen werden immer wieder, oft wiederholt, Versuche unternommen, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein werden (vgl. ). Im gegenständlichen Verfahren war auch das der Fall. Die wenigen, jeweils nur für kurze Zeit angehaltenen Arbeitsversuche der Bf mit langen Pausen zwischen den einzelnen Versuchen dokumentieren keine Erwerbsfähigkeit. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass die Bf niemals arbeitsfähig war, als dass dieser Zustand erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist.

Das Bundesfinanzgericht folgt dem Gutachten Dr. ***28*** im Pensionsverfahren. Die Bf war bereits vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig.

Keine neue Gutachtenseinholung

Das Bundesfinanzgericht hat bei der Ausübung der gerichtlichen Geschäfte auf die in § 6 Abs. 2 BFGG verankerten Grundsätze der Einfachheit, Raschheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit Bedacht zu nehmen, somit bei verschiedenen in Betracht kommenden Handlungsvarianten die möglichst unkomplizierteste, die zu einer möglichst schnellen Entscheidung führt, zu wählen (vgl. Wanke/Unger, BFGG § 6 Anm. 5 m.w N.; ; ; ; ; ; ; ; ). Die Veranlassung eines vierten Gutachtens oder einer Gutachtensergänzung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen würde zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens und zu weiteren Verfahrenskosten führen. Es ist daher davon Abstand zu nehmen.

Gemäß § 183 Abs. 3 BAO sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 BAO zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, dass die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht überdies dann, wenn das Beweisanbot der Parteien der Verfahrensförderungspflicht (§ 270 Abs. 2 BAO) widerspricht. Dem Beweisantrag, den Sachverständigen Dr. ***29*** ***28*** als Zeugen einzuvernehmen, war nicht nachzukommen, da das Bundesfinanzgericht ohnehin dessen aktenkundigem Gutachten folgt. Einsicht in die aktenkundigen Unterlagen, die in den verschiedenen Beweisanträgen beantragt wurde, wurde genommen.

Voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten

Das Bundesfinanzgericht schließt sich der Feststellung des Sozialministeriumservice an, dass die Bf voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, sieht es allerdings als ausreichend erwiesen an, dass diese Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist, da die Bf eine Waisenpension gemäß § 252 Abs. 2 Z 3 ASVG erhält und der Gutachter der Pensionsversicherungsanstalt schlüssig begründet hat, warum die Bf niemals arbeitsfähig war.

Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide

Die angefochtenen Bescheide (Grundbetrag und Erhöhungsbetrag) erweisen sich daher als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) und sind gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.; u.v.a.).

Hebt das Bundesfinanzgericht einen gemäß § 13 FLAG 1967 ergangenen Abweisungsbescheid auf, weil Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) auszuzahlen ist, ist das Finanzamt gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags (allenfalls: des Unterschiedsbetrags zu einer ausländischen Familienleistung) vorzunehmen (vgl. ).

Gemäß § 6 Abs. 3 FLAG 1967 führt ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes bis zu einem Betrag von € 10.000 (ab 2020: € 15.000) in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe, wobei gemäß § 6 Abs. 3 lit. c FLAG 1967 Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse außer Ansatz bleiben. Nach der Aktenlage bezieht die Bf lediglich zwei Waisenpensionen und stellt sich daher die Frage einer Einkommensüberschreitung schon deswegen nicht.

Revisionsnichtzulassung

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Würdigung eines Sachverständigengutachtens, und damit auch die Frage, ob ein Verwaltungsgericht einem Gutachten folgt oder nicht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. ; , m.w.N.).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 252 Abs. 2 Z 3 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 269 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 8 Abs. 5 ff FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101121.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at