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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 30.09.2022, RV/7500080/2022

Gebrauchsabgabe, Einstellung, da es einen verantwortlichen Beauftragten gegeben hat

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***10*** in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Alexander Maximilian Pflaum, Rechte Bahngasse 10 Tür, 19 D, 1030 Wien, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom , Zahl MA 6/***11*** beschlossen:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2. VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA6/***11*** wurde ***Bf1*** für schuldig befunden, er habe in ***1***. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma ***2*** mit Sitz in ***3*** von 05.06.***11***, 11:40 Uhr, bis , 23:05 Uhr, vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch die Abstellung von Mulden (mit div. Müll gefüllt) im Ausmaß von 8 m² genutzt, wobei er hierfür bis zum weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe.

Er habe dadurch die Gebrauchsabgabe für den Monat Juni 2020 bis zum mit dem Betrag von € 96,00 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von € 50,00 falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden gemäß § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung ausgesprochen.

Ferner habe der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 60,00.

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG hafte die ***2*** für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herr ***Bf1***, verhängte Geldstrafe von € 50,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 10,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.

Zur Begründung wurde im Erkenntnis ausgeführt:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Sie die zur Vertretung nach außen berufene Person der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich sind.

Im vorliegenden Fall geht aus Anzeigen der Landespolizeidirektion Wien hervor, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch die oben angeführte Tat ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen haben.

Anlässlich der dem unbegründeten Einspruch folgenden Aufforderung zur Rechtfertigung, mit welcher auch eine Aktenkopie übermittelt wurde, brachte Ihre rechtliche Vertretung vor, dass die ***2*** an der gegenständlichen Baustelle nicht Bauführer gewesen sei, sondern vielmehr von diesem mit der Aufstellung einer Mulde und der Entsorgung von Abfällen beauftragt worden sei; für die Einholung der erforderlichen Bewilligung und Einhaltung damit einhergehender behördlicher Vorschriften sei vertragsmäßig der Bauführer verantwortlich.

Den Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen und begründet, dass den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren eine Mitwirkungspflicht trifft, welche es erfordert, die Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten (Erk. Slg. 7400(A)/68 u.a.).

Unterlässt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit einer bestimmten Behauptung - hier mit der Behauptung, dass die ***13*** an der gegenständlichen Baustelle nicht Bauführer gewesen und daher für die Einholung der erforderlichen Bewilligung und der Einhaltung damit einhergehender behördlicher Vorschriften nicht verantwortlich sei - der Beweiswert jener Tatsachen, die die Behörde ermittelt hat, verneint wird, ein schlüssiger Gegenbeweis aber nur auf Grund zusätzlicher Beweise möglich ist, die nach dem Gegenstand des Beweisverfahrens mangels Zugänglichkeit durch die Behörde nur die Partei durch das Anbot entsprechender Beweismittel zu erbringen in der Lage wäre.

Der ***14*** wurde bereits vor Einleitung des Strafverfahrens mit E-Mail vom (an die Adresse ***4***) Gelegenheit geboten, den Mieter der Mulden, welche im Tatzeitraum am verfahrensgegenständlichen Tatort aufgestellt waren, bekanntzugeben. Ebenso hätte anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung der Mieter genannt werden können.

Nachdem bis dato der Mieter der gegenständlichen Mulde/-n nicht bekanntgegeben wurde und daher der Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachgekommen wurde, war es als erwiesen anzusehen, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Anspruch genommen haben ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Sie haben somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis EUR 42.000,-- zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß des Verkürzungsbetrages maßgebend, wobei die verhängte Geldstrafe durch ihre Höhe geeignet sein soll, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).

Als erschwerend war kein Umstand zu werten.

Als mildernd war Ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten.

Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse.

Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Ihren Gunsten nicht angenommen werden, da Sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

****

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom an das Landesverwaltungsgericht Wien in der ausgeführt wird:

Das bekämpfte Straferkenntnis wird zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, angefochten. Bekämpft wird überdies die Strafhöhe.

Der Beschuldigte erlaubt sich zu den Vorhalten auf seine bereits ergangene Stellungnahme vom zu verweisen und im Folgenden vereinzelt zusätzliche Ergänzungen vorzunehmen.

I. Sachverhalt

Dem Beschwerdeführer wird im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer von , 11:40 Uhr, bis , 23:05 Uhr, in 1150 Wien, vor der Liegenschaft ***1***. dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch die Abstellung von Mulden (mit div. Müll gefüllt) im Ausmaß von 8 m2 genutzt, wobei er hierfür bis zum weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt habe, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Gebrauchsabgabe für den Monat Juni 2020 bis zum mit dem Betrag von EUR 96,00 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Als Übertretungsnorm hat die Behörde § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 des GAG für Wien in der derzeit geltenden Fassung herangezogen.

Die belangte Behörde verhängte hierfür eine Geldstrafe von EUR 50,00 und eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Stunden.

II. Beschwerdeausführungen

Wie bereits in der der ergangenen Stellungnahme ausgeführt, war die ***2*** (im Folgenden: ***5***), dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, an der gegenständlichen Baustelle nicht Bauführer. Sie wurde vielmehr vom Bauführer mit der Aufstellung einer Mulde und der Entsorgung von Abfällen beauftragt.

Für die Einholung der erforderlichen Bewilligungen und Einhaltung damit einhergehender behördlicher Vorschriften ist vertragsgemäß der Bauführer verantwortlich. In den dem gegenständlichen Auftragsverhältnis zugrundeliegenden AGB wird der Bauführer als "Vertragspartner" bezeichnet. Hinsichtlich der Pflichten des Bauführers im Zusammenhang mit der Aufstellung der Mulde und den Genehmigungen findet sich in den AGB folgende

Vereinbarung:

Der jeweilige Aufstellungsort für Mulden und Container ist vom Vertragspartner genau festzulegen. Der Vertragspartner sorgt für entsprechende Manipulationsfläche zur Aufstellung bzw. zum Wechseln bzw. Abholen der Behälter, andernfalls ist ***5*** berechtigt diesbezüglich Mehrkosten in Rechnung zu stellen. Erforderliche Bewilligungen zur Aufstellung von Behältern sind vom Vertragspartner rechtzeitig einzuholen und die entsprechenden Gesetze und behördlichen Vorschriften zu beachten. Die Zufahrt für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mindestens 18 to muss gegeben sein. Für Schäden auf den jeweiligen Abstellflächen und deren Zufahrten, die nur durch das Zu- und Abfahren bzw. Abstellen und Aufnehmen der jeweiligen Behälter auftreten, haftet der Vertragspartner, es sei denn, dem Beauftragten der ***5*** ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Adressat des § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 des GAG sind nicht vom Bauführer beauftragte Unternehmen, sondern dieser selbst. Der Beschuldigte ist daher passiv nicht legitimiert. Der Beschwerdeführer erlaubt sich zur Untermauerung der verfahrensgegenständlichen Sach- und Rechtslage andere öffentlichrechtliche Regelungen aus ähnlichen Sachbereichen als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Adressat der Verbotsnorm des § 90 Abs. 1 StVO sind beispielsweise nicht vom Bauführer beauftragte Unternehmen, sondern dieser selbst. Die ***2*** als Eigentümerin und Vermieterin von Mulden ist daher ebenso wenig passiv legitimiert. Entsprechende anhängig gewesene Verfahren wegen vorgeworfener Übertretung von § 90 Abs. 1 StVO gegen die ***5*** bzw. dessen Geschäftsführer wurden von der LPD Wien 15 PK Fünfhaus gem. § 45 Abs. 1 VStG eingestellt, (siehe u.a. VStV/920300979068/2020, VStV/920300935697/2020).

Ebenso verhält es sich mit den Bestimmungen des GAG, insbesondere § 9 Abs. 1a GAG.

Diese Bestimmung richtet sich an den Bauherrn bzw. den Bauführer. In einem ähnlich gelagerten Sachverhalt entschied das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/7400142/2020 in Zusammenhang mit der Aufstellung eines Gerüstes und der Ablagerung von Schutt und Baumaterial auf Verkehrsflächen, dass die Vorschreibung der diesbezüglichen Gebrauchsabgaben zur ungeteilten Hand gegenüber dem Bauherrn und dem Bauführer zu Recht bestehe, gegenüber der Gerüstbaufirma aber zu Unrecht erfolgte.

(Anmk.: Amtsrevision erhoben, anhängig zur Zahl Ro 2021/13/0016)

Die PKM-MZ stellt die vom Vertragspartner georderten Mulden strikt nach dessen Anweisungen auf. Ihr kommt dabei keine Entscheidungsfreiheit bezüglich des Stellplatzes der Mulde (öffentlicher Grund versus Privatgrund) zu. Die ***5*** hat dabei ausschließlich die Anweisungen des Auftraggebers (Bauführer/Bauherr) zu befolgen, welcher den Platz für die Mulde nach baulichen und genehmigungsrechtlichen Gegebenheiten auswählt. Die ***5*** ist somit zwar Eigentümerin der Mulden, hat jedoch in dem Sinne keinen Einfluss auf deren spezifischen Gebrauch auf den Baustellen. Sie nimmt sohin nicht aus ihrer eigenen Entscheidung heraus öffentlichen Grund in Anspruch. Die Nutzung an sich sowie Art und

Ausmaß der Nutzung öffentlichen Guts liegen nicht in ihrem Einflussbereich. Der Mieter der Mulden (Bauherr/Bauführer) ist zivilrechtlich Rechtsbesitzer der Mulden. Ihm kommt die Verfügungsgewalt über die bewegliche Sache zu.

Die ***5*** organisiert zwar den logistischen Vorgang der Anlieferung und Abholung, wo die Mulde tatsächlich aufgestellt wird entscheidet jedoch einzig und allein der Mieter.

Der vorliegende Sachverhalt ist weiteres mit der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/7/0133 erwähnten Tätigkeit von unmittelbar auf der Baustellte beschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar.

Das GAG enthält keine besonderen Bestimmungen über die Person des für den Gebrauch Verantwortlichen. Die eigentümliche Bedeutung des Wortes "Gebrauch" verweist auf einen tatsächlichen Vorgang, auf eine unmittelbare Tätigkeit, wie etwa auf den Aufbau eines Gerüstes, auf das Ablagern von Schutt und dergleichen. Das Aufstellen der Mulde ist nach Erachten der Beschwerdeführerin ebenso als unmittelbare Tätigkeit anzusehen. Da es aber nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein kann, den unmittelbar Tätigen, wie etwa gar den Schutt abladenden Arbeiter, den Gerüstbauer oder wie im gegenständlichen Fall den Aufsteller der Mulden, als Gebraucher anzusehen, ergibt sich, dass als Gebraucher derjenige in Betracht zu kommen hat, in dessen Auftrag (auf dessen Rechnung und Gefahr) der Gebrauch durchgeführt wird (vgl. /2003 = ÖStZB 2005/61). Wie bereits aus obigen Ausführungen hervorgeht, wird der Gebrauch einzig und allein im Auftrag des Bauherrn bzw. des Bauführers durchgeführt. Dieser allein bestimmt Lage, Dauer der Nutzung und Art der Befüllung der Mulde. Die ***5*** folgt vor Ort unmittelbar und ausschließlich den Anweisungen des Bauführers bzw. des Bauherrn bezüglich Abstellung und Positionierung der Mulde. Hinsichtlich des Orts der Aufstellung der beweglichen Sache hat sie damit keinerlei Entscheidungsmacht und ist daher mit der Tätigkeit unmittelbar auf der Baustelle beschäftigter Arbeitnehmer vergleichbar. Die ***5*** ist sohin nicht "Gebrauchend" iSd § 9a Abs 1 GAG. Eine Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 16 GAG ist folglich rechtswidrig.

Dass die im Eigentum der ***5*** stehende Mulde von deren Arbeitern, auf Anweisung des Mieters/Bauführers hin, auf öffentlichen Grund abgestellt wurde, reicht allein noch nicht aus, um den bewilligungslosen Gebrauch bzw. die bewilligungslose Nutzung der angeführten Verkehrsfläche der ***5*** zuzurechnen. (vgl. ; sowie RV/7400 142/2020)

Als Abgabepflichtige im Sinne des § 9 Abs. 1a Gebrauchsabgabegesetz kommen nur diejenigen in Betracht, in deren Verantwortungsbereich die Erwirkung einer Gebrauchserlaubnis für eine Baustelleneinrichtung lag und nicht auch die unmittelbar auf der Baustelle Tätigen (Fuchs, Anhängige Amtsrevisionen, AFS 2021, 113). Eine Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 16 GAG für Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, ist unzulässig.

Laut den Ausführungen der belangten Behörde, "wurde bereits vor Einleitung des Strafverfahrens mit E-Mail vom (an die Adresse ***4***) Gelegenheit geboten, den Mieter der Mulden, welche im Tatzeitraum am verfahrensgegenständlichen Tatort aufgestellt waren, bekanntzugeben. Ebenso hätte anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung der Mieter genannt werden können". Das besagte E-Mail der Behörde muss wohl untergegangen sein. Der Beschwerdeführer hat sich nicht bewusst seiner Mitwirkungspflicht entzogen. Der Beschwerdeführer gibt den Bauführer dessen Auftrag die Mulde von der ***5*** aufgestellt wurde, wie folgt bekannt:

***6***, ***7***

Ansprechpartner Herr ***8***, ***9***

Es sei nichtsdestotrotz darauf hingewiesen, dass Bauführer bzw. Bauherrn in der Regel keineswegs unbekannt sind, liegen doch bei Baustellen regelmäßig schriftliche Baubewilligungen vor, welcher auf der jeweiligen Baustelle auszuweisen sind. Zudem erging seitens der Behörde im laufenden Verfahren keine (förmliche) Verfahrensanordnung zur Bekanntgabe des Bauherrn bzw. des Bauführers. Der Beschwerdeführer erlaubt sich erneut auf seine bisherigen Beschwerdeausführungen als auch die ergangene Stellungnahme zu verweisen. Die obigen Ausführungen berücksichtigend stellt der Beschuldigte den

Antrag,

das Landesverwaltungsgericht Wien möge

1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen

2. das Straferkenntnis der Magistratsabteilung 6 der Stadt Wien vom , GZ MA6/***11***, beheben sowie

3. das Verwaltungsstrafverfahren ohne Ausspruch einer Strafe einstellen."

****

Mit Mail vom wurde dem Vertreter des Beschuldigten die Rechtsansicht der zuständigen Richterin bekannt gegeben und angefragt, ob nicht der Sachverhalt unstrittig sei und zur reinen Entscheidung der Rechtsfrage tatsächlich eine mündliche Verhandlung benötigt werde.

Als Antwort wurde bekannt gegeben, dass es einen verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG gegeben habe.

Gegen ***12*** wurde in der Folge wegen derselben Verwaltungsübertretung ein behördliches Strafverfahren eingeleitet, das mit Erkenntnis des mit Schuldspruch abgeschlossen wurde. In diesem Verfahren wurde bestätigt, dass der Beschuldigte als verantwortlicher Beauftragter fungiert habe und die Geschäftsführer der ***2*** kein Verschulden treffe.

Rechtslage:

§ 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die (öffentliche mündliche) Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9 (1) VStG: Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, dass ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - unbeschadet der Fälle des § 7 - strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

Unstrittig gab es in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen einen verantwortlichen Beauftragten, dessen Verantwortungsübernahme auch in einer Bestrafung seiner Person endete.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer dennoch strafrechtlich verantwortlich wäre, daher war das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Kosten des Strafverfahrens waren somit bei Einstellung des Verfahrens mittels Beschluss nicht festzusetzen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 50 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 1 und 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 45 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500080.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at