Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2022, RV/7100959/2015

Nachweiserfordernis der Nichtanrechenbarkeit der KESt im Ansässigkeitsstaat für eine KESt-Rückzahlung gem. § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7100959/2015-RS1
Im Inland gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften ist die gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG abgezogene Kapitalertragsteuer nur dann auf Antrag zu erstatten, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Quellensteuer im Ansässigkeitsstaat gänzlich oder teilweise nicht angerechnet werden kann.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Berufung der Landesbank ***Bf1-Adr*** Berlin, StNr.: ***BF1StNr1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom , Evidenznummer: ***1***, mit dem der Antrag auf KESt-Rückerstattung vom abgewiesen wurde

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf. ) erhielt im Jahr 2012 von österreichischen börsennotierten Aktiengesellschaften Dividenden von insgesamt € 15.497,75. Davon wurde 25%ige KESt in Höhe von € 3.874,44 einbehalten und abgeführt.

Im Schreiben vom ersuchte die Bf. nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich (Art 10 DBA-Deutschland) um Rückerstattung dieser Quellensteuer in Höhe von 10% der Dividende. Dem Schriftsatz wurde ein Antragsformular, ZS-RE1 betreffend Rückerstattung von Quellensteuer gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen vom angeschlossen, in welchem widersprechend als Rückzahlungsbetrag die gesamte KESt in Höhe von Euro 3.874,44 eingetragen war.

Vom Finanzamt wurde der Bf. die KESt entsprechend dem Art 10 DBA-Deutschland im Umfang von 10% der Dividende, das sind Euro 1.549,78, zurückbezahlt. Hinsichtlich der restlichen KESt in Höhe von € 2.324,66 - das sind 15% der Dividende, die gem. Art 10 DBA-Deutschland dem Quellenstaat Österreich zusteht - wurde der Bf. ein Abweisungsbescheid vom zugestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Rückzahlung der gesamten einbehaltenen KESt - also auch jenes Teiles der gemäß Art 10 DBA-Deutschland dem Quellenstaat Österreich zusteht - nur unter der Voraussetzung des § 21 Abs.1 Z.1a KStG 1988 erfolgen könne. Demnach sei in Übereinstimmung mit dem Doppelbesteuerungsabkommen (Art 10 Abs. 1 und 2 iVm. Art 21 Abs. 1 lit. a und b DBA-Deutschland) die österreichische KESt der in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen nur soweit auf Antrag zurückzahlen, als diese den Nachweis erbringe, dass die österreichische Quellensteuer bei der Besteuerung des Einkommens der Steuerpflichtigen in Deutschland nicht angerechnet werden kann. Da die Bf. trotz mehrmaliger Aufforderung diesen Nachweis nicht erbracht habe, sei das Begehren auf Rückerstattung der gesamten KESt - also auch jenes Teiles, der gem. Art 10 Abs. 2 DBA-Deutschland dem Quellenstaat Österreich zustehe - abzuweisen gewesen.

Gegen den Abweisungsbescheid vom betreffend KESt-Rückerstattung erhob die Bf. mit Schriftsatz vom form- und fristgerecht Berufung, mit dem Begehren auch die restliche KESt in Höhe von 15% der Dividende (€ 2.324,66) zurückgezahlt zu erhalten.

Begründend führte die Bf. in den Schreiben vom und dazu Folgendes aus:

"Die von Ihnen geforderte und von uns avisierte Beibringung der Bestätigung unseres zuständigen Betriebsstättenfinanzamtes über die Steuerfreiheit bzw. Nichtanrechenbarkeit im Ansässigkeitsstaat können wir Ihnen leider nicht einreichen, da deren Ausstellung mit dem von Ihnen geforderten Inhalt abgelehnt wurde.

Gleichwohl sind wir der Überzeugung, dass wir eine derart qualifizierte Ansässigkeitsbescheinigung nicht benötigen. Ausreichend ist aus unserer Sicht vielmehr eine einfache Ansässigkeitsbescheinigung desselben Finanzamtes, da von uns für unser Antragsbegehren ausschließlich der Nachweis zu erbringen ist, dass wir in einem anderen EU-Staat ansässig sind.

Mit einer einfachen Ansässigkeitsbescheinigung unseres Betriebsstättenfinanzamtes wäre dieser Nachweis erbracht. Zur Begründung verweisen wir hierzu auf unser, Ihnen bekanntes Schreiben vom , dessen entscheidende Passagen wir im Folgenden nochmals wiedergeben:

Wir sind der Ansicht, dass wir die von Ihnen geforderte Bestätigung unseres Finanzamtes nicht benötigen, da sich die (Quellen-)Steuerfreiheit und die Nichtanrechenbarkeit der österreichischen Quellensteuer bereits unmittelbar aus den gesetzlichen Regelungen Österreichs und Deutschlands ergeben. Dabei müssen die einschlägigen österreichischen Normen im Lichte der Rechtsprechung des EFTA- und des Europäischen Gerichtshofs betrachtet werden.

Nach den innerstaatlichen Regularien sind Dividendenerträge von Körperschaften, die in der EU oder in der EWU ansässig sind, in Österreich nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 KStG beschränkt steuerpflichtig, während Beteiligungserträge von in Österreich ansässigen Körperschaften nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 KStG von der Körperschaftsteuer ohne Nachweis befreit sind und demzufolge auch keinem Quellensteuerabzug unterliegen.

Beide Gerichtshöfe, der EFTA-Gerichtshof mit Urteil vom in der Rs. Fokus-Bank, E-1/04, IStR 2005, S. 55ff., und der EuGH in seinem Urteil vom in den verb. Rs. Santander u.a., C-338/11 bis 347/11, haben entschieden, dass Steuerpflichtige, die im EFTA-bzw. im EU-Raum ansässig sind, steuerlich nicht anders behandelt werden dürfen als diejenigen, die im Quellenstaat ansässig sind. Andernfalls sehen die Gerichtshöfe übereinstimmend darin einen Verstoß gegen die in den EFTA- bzw. EU-Verträgen verankerte Kapitalverkehrsfreiheit für die übrigen innerhalb der jeweiligen Wirtschaftsräume ansässigen Steuerpflichtigen. Vor dem Hintergrund dieser auch Österreich bindenden supranationalen Entscheidungen zumindest des EuGH sind die jeweiligen nationalen Regelungen antidiskriminierend für sämtliche EU-Steuerpflichtige auszulegen mit der Folge, dass beschränkt Steuerpflichtige beim Quellensteuerabzug dieselben Vergünstigungen erhalten müssen wie unbeschränkt Steuerpflichtige. Mithin ist bereits aus diesen Gründen von Bestätigungen von Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaates abzusehen.

Jedenfalls sind mit derartigen Begründungen von beschränkt Steuerpflichtigen keine qualifizierten Ansässigkeitsbescheinigungen abzufordern. Qualifizierte Ansässigkeitsbescheinigungen machen nur dann Sinn, wenn der Nachweis über die Anrechnung der Quellensteuer oder die Steuerfreiheit des zugrunde liegenden Dividendenertrages vom Gesetzgeber gefordert wird. Diese Anforderungen stellt - soweit ersichtlich - weder der österreichische noch der deutsche Gesetzgeber. Überdies kommt es auch darauf überhaupt nicht an, da die zuständigen Gerichte eindeutig festgestellt haben, dass derartige innerstaatliche Regelungen diskriminierend wirken und damit gegen supranationales Recht verstoßen, wenn sie Steuerbürger innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsraumes unterschiedlich behandeln. Damit hätten unter rechtzeitiger Beachtung der supranationalen Grundsätze keinerlei österreichischen Quellensteuern einbehalten werden dürfen, unabhängig davon, ob sie im Ansässigkeitsstaat anrechenbar oder steuerfrei sind. Als Nachweis dafür wäre die Vorlage einer einfachen Ansässigkeitsbescheinigung durch den Dividendengläubiger allein ausreichend. Was für die rechtzeitige rechtmäßige Abwicklung gilt, muss naturgemäß auch für die nachträgliche Korrektur zur (Wieder-)Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes in Gestalt eines Quellensteuererstattungsverfahrens gelten.

Darüber hinaus besteht für Banken generell nach den innerstaatlichen deutschen Steuergesetzen lediglich eine fast auf Null reduzierte und damit zu vernachlässigende Möglichkeit, eine ausländische und somit auch eine österreichische Quellensteuer anzurechnen. Zwar sind Dividenden im Handelsbestand (die hier in Rede stehenden Dividendenerträge stammen aus dem Handelsbuch) einer Bank nach § 8b Abs. 1, 7 KStG in Deutschland körperschaftsteuerpflichtig, eine daher zulässige Anrechnung ausländischer Quellensteuer entscheidet sich indes nach den Vorgaben der §§ 26 Abs. 6 KStG iVm . 34d Nr. 6 und 34c Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG. Danach dürfen ausländische Quellensteuern auf die deutsche Körperschaftsteuer nur im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte angerechnet werden. Da zur Ermittlung der Anrechnungsquote von den ausländischen Einnahmen alle Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen sind, die mit den Betriebseinnahmen in unmittelbarem und mittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang (insbesondere also auch anteilige Refinanzierungskosten aus der gesamten Passivseite der Bankbilanz, anteilige Gemeinkosten der Bank etc.) stehen, reduzieren sich die ausländischen Einkünfte (nahezu) auf Null. Im Zähler des Bruches errechnet sich ein Wert nahe Null, sodass das Ergebnis des Bruches ebenfalls ein O-Wert ist, der eine Anrechnung der Quellensteuer bis auf einen vernachlässigbaren Restwert ausschließt."

Von der Abgabenbehörde wurde die am noch unerledigte Berufung vom gemäß § 323 Abs. 37 BAO als Bescheidbeschwerde behandelt und mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, weil von der Bf. weiterhin keinerlei Nachweis, dass die Kapitalertragssteuer ganz oder teilweise nicht angerechnet werden kann, erbracht worden sei.

Gegen die BVE stellte die Bf. rechtzeitig den Vorlageantrag vom . Die Beschwerde mitsamt den bezugshabenden Verwaltungsakten wurde mit Vorlagebericht vom Februar 2015 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist ein in Deutschland ansässiges Kreditinstitut in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft und als solches mit ihrem Gewinn körperschaftsteuerpflichtig. Sie hat im Jahr 2012 aus der Kleinstbeteiligung (wesentlich weniger als 10%) an zwei österreichischen börsennotierten Kapitalgesellschaften Dividenden von € 15.497 erhalten, wovon KESt einbehalten wurde. Auf Antrag der Bf. wurde im Umfang von 10% der ausgeschütteten Dividende die KESt gemäß Art 10 DBA-Deutschland rückerstattet (1.549,78). Das Mehrbegehren auf vollständige Rückzahlung der KESt wurde von der Abgabenbehörde mit Bescheid abgewiesen, weil die Bf. den Nachweis, dass diese KESt auf die von der Bf. in Deutschland zu leistende Körperschaftssteuer nicht angerechnet werden kann, nicht erbracht hat.

Die Bf. vertritt die Auffassung, den Nachweis betreffend die Anrechenbarkeit der KESt auf die deutsche Steuer der Bf. vom Einkommen nicht erbringen zu müssen, weil sie unmittelbar auf Grund des Gemeinschaftsrechts der Europäischen Union Anspruch auf vollständige Rückerstattung der österreichischen KESt habe.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Würdigung der Parteienvorbringen. Der Sachverhalt ist aktenkundig und steht eindeutig fest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die maßgebenden Rechtsvorschriften sind:

Art 10 Absatz 1 und 2 DBA-Deutschland (BGBl. III 182/2002 idF 32/2012) lautet:

"(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, dürfen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Diese Dividenden dürfen jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, nicht übersteigen:

a) 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt;

b) 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen."

Art 21 Absatz 1 und 2 DBA-Deutschland, der sogenannte Methodenartikel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, lauten auszugsweise:

"(1) Bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a) Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus der Republik Österreich sowie die in der Republik Österreich gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen in der Republik Österreich besteuert werden dürfen und nicht unter Buchstabe b fallen. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die so ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte und Vermögenswerte zu berücksichtigen. Für Einkünfte aus Dividenden gelten die vorstehenden Bestimmungen nur dann, wenn diese Dividenden an eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft (jedoch nicht an eine Personengesellschaft) von einer in der Republik Österreich ansässigen Gesellschaft gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 10 vom Hundert unmittelbar der deutschen Gesellschaft gehört, und bei der Ermittlung der Gewinne der ausschüttenden Gesellschaft nicht abgezogen worden sind.

Für die Zwecke der Steuern vom Vermögen werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ebenfalls Beteiligungen ausgenommen, deren Ausschüttungen, falls solche gezahlt werden würden, nach den vorhergehenden Sätzen von der Steuerbemessungsgrundlage auszunehmen wären.

b) Auf die deutsche Steuer vom Einkommen für die folgenden Einkünfte wird unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die österreichische Steuer angerechnet, die nach österreichischem Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen für diese Einkünfte gezahlt worden ist:

aa) Dividenden, die nicht unter Buchstabe a fallen,

bb) Zinsen, […]"

"(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a)Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.

b)Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 10, 11, 13 Absatz 2 und 17 Absatz 1 Satz 2 und 3 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen, so rechnet die Republik Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Bundesrepublik Deutschland gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Bundesrepublik Deutschland bezogenen Einkünfte entfällt.

c)Dividenden im Sinne des Artikels 10 Absatz 2 Buchstabe a, die von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft an eine in der Republik Österreich ansässige Gesellschaft gezahlt werden und die bei Ermittlung der Gewinne der ausschüttenden Gesellschaft nicht abgezogen worden sind, sind, vorbehaltlich der entsprechenden Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts der Republik Österreich, aber ungeachtet etwaiger nach diesem Recht abweichender Mindestbeteiligungserfordernisse, in der Republik Österreich von der Besteuerung ausgenommen.[…]"

§ 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 lautet:

"Beschränkt Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, ansässig sind, ist die Kapitalertragsteuer für die von ihnen bezogenen Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c des Einkommensteuergesetzes 1988 auf Antrag zurückzuzahlen, soweit die Kapitalertragsteuer nicht auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Ansässigkeitsstaat angerechnet werden kann. Der Steuerpflichtige hat den Nachweis zu erbringen, dass die Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise nicht angerechnet werden kann."

§ 94 Z. 2 EStG 1988 lautet:

"Der Abzugsverpflichtete (§ 95 Abs. 2) hat keine Kapitalertragsteuer abzuziehen:

Unter folgenden Voraussetzungen bei den Kapitalerträgen von Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988:

-Es handelt sich um Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und

-die Körperschaft ist mindestens zu einem Zehntel mittel- oder unmittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligt.

Dies gilt auch für ausländische Körperschaften, die die in der Anlage 2 zu diesem Bundesgesetz vorgesehenen Voraussetzungen des Artikels 2 der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 345 vom S. 8 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen, wenn die Beteiligung während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr bestanden hat. Davon abweichend hat der Abzugsverpflichtete die Kapitalertragsteuer dann einzubehalten, wenn Gründe vorliegen, wegen derer der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerverkürzung und Missbrauch (§ 22 der Bundesabgabenordnung) sowie in den Fällen verdeckter Ausschüttungen (§ 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) durch Verordnung anordnet."

Die von der Bf. ins Treffen geführte Bestimmung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 befreit bestimmte Beteiligungserträge - u.a. aus der Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften - von der österreichischen Körperschaftssteuer und ist daher für die gegenständliche Frage, der Rechtsmäßigkeit der finalen Kapitalertragsbesteuerung der inländischen Dividenden der Bf. nicht maßgebend.

Die Bf. ist eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft und war daher mit den bezogenen Einkünften aus Kapitalvermögen (Dividenden) gemäß §§ 1 Abs. 3 und 21 Abs. 1 iVm. § 98 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 beschränkt steuerpflichtig. Die Bf. war an den beiden inländischen börsennotierten Aktiengesellschaften im Jahr 2012 zu weniger als ein Zehntel am Grund- oder Stammkapital beteiligt und hat somit die Dividenden aus sogenannten Portfoliobeteiligungen erhalten.

Bei Dividenden aus Portfoliobeteiligungen ist vom Abzugsverpflichteten (§ 95 EStG) sowohl bei inländischen wie auch ausländischen Kapitalgesellschaften als Empfänger der Kapitalerträge KESt einzubehalten, weil die Befreiungsbestimmung vom KESt-Abzug gemäß § 94 Z. 2 EStG nicht erfüllt wird.

Im Art 10 und 23 DBA-Deutschland räumen sich die Vertragsstaaten nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit bei Dividenden aus Portfoliobeteiligungen das Recht der Quellenbesteuerung in Höhe von 15% ein und verpflichten sich, diese ausländische Quellensteuer (finale KESt) bei der Erhebung der Körperschaftssteuer der in ihrem Staat ansässigen Körperschaft anzurechnen, wobei die Anrechnung mit der Höhe der anteiligen KöSt begrenzt wird.

Nach den in der Rs Amurta ( , Slg 2007, I-9569 - Tz 79 ff) aufgestellten Grundsätzen sollte eine Rückzahlungsmöglichkeit für jene Teile der Kapitalertragsteuer, die im Ausland nicht auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens angerechnet werden kann, geschaffen werden.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl. 52/2009) wurde im Hinblick auf die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des EuGH die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Z.1a KStG 1988 normiert, um für diese Fälle, in denen eine Anrechnung der staatsvertragskonform erhobenen KESt im Ansässigkeitsstaat der ausländischen Körperschaft nicht möglich ist, eine Rückerstattung vorzusehen.

Eine Rückerstattung der gesamten KESt, ungeachtet einer möglichen Anrechnung auf die im Ansässigkeitsstaat der Körperschaft erhobenen Steuer von ihrem Einkommen ist durch das Gemeinschaftsrecht nicht geboten und es kann ein solcher Rückzahlungsanspruch auch nicht - wie die Bf. vermeint - unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitet werden.

Der EuGH hat in der Rs Denkavit Internationaal ( , Slg 2006, I-11949 - Tz 45 ff) und Rs Amurta ( , Slg 2007, I-9569 - Tz 79 ff) selbst eine Ungleichbehandlung bei der Quellenbesteuerung dann für zulässig erachtet, wenn im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft eine abkommensrechtliche Anrechnung der Quellensteuer und damit eine "Neutralisierung" einer diskriminierenden Steuerwirkung erfolgt (vgl. Kofler/Tumpel in Achatz/Kirchmayr, KStG § 21, Tz 157, mwN, 1. Auflage, Wien 2011).

In den Gesetzesmaterialien zum BBG 2009 betreffend den § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG wird ausdrücklich bemerkt, dass der beschränkt Steuerpflichtige einen Nachweis der Nichtanrechenbarkeit (z.B. durch einen ausländischen Besteuerungsbescheid) erbringen muss.

Damit übereinstimmend wird in den KStR 2013 Rz. 1491 zum Nachweiserfordernis Folgendes ausgeführt:

"Als Nachweis kommen insbesondere eine Bestätigung der Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaates oder ein Steuerbescheid in Betracht, aus dem sich die Nichtanrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer schlüssig ergibt. Aus welchem Grund keine Anrechnung der österreichischen Kapitalertragsteuer möglich ist, spielt für die Rückzahlung der Kapitalertragsteuer grundsätzlich keine Rolle. "

Diese Rechtsauffassung zum Nachweiserfordernis des § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 entspricht der herrschenden Meinung (vgl. Kofler/Tumpel in Achatz/Kirchmayr, KStG § 21, Tz 163, 1. Auflage, Wien 2011).

Die Bf. hat selbst eingeräumt, dass sie im Ansässigkeitsstaat körperschaftssteuerpflichtig ist und sie hat weder plausibel dargelegt noch im Sinne des § 138 BAO glaubhaft gemacht oder gar den Nachweis erbracht, dass eine Anrechnung der 2012 final einbehaltenen KESt in Höhe von € 2.324,66 (das sind 15% der erhaltenen Dividenden von € 15.497,75) auf die von ihrem Einkommen erhobenen Steuer nicht möglich war.

Im angefochtenen Bescheid wurde daher das Begehren der Bf. auf Rückzahlung der gesamten KESt ohne Erbringung eines Nachweises zur die Anrechenbarkeit auf die in Deutschland erhobene Steuer vom Einkommen zu Recht abgewiesen. Mit der Beschwerde wurde keine Rechtswidrigkeit des Abweisungsbescheides aufgezeigt und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der betroffenen Rechtsfragen folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes steht im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH. Die Beurteilung, ob von der Bf. ein Nachweis der Nichtanrechenbarkeit der KESt im Ansässigkeitsstaat erbracht wurde, ist eine Tatsachenfrage. Da somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war, war die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 21 Abs. 1a KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Verweise

Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100959.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at