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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2022, RV/7103174/2021

mündliches Verbot der Privatnutzung von Firmenfahrzeugen - mangelnde Kontrolle

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Michael Andreas Steininger, Rathausplatz 13, 3100 St.Pölten, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 2015, 2016, 2017 und 2018 und Dienstgeberbeitrag 2015, 2016, 2017 und 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG beträgt für


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2015
3.255,40 €
2016
6.187,86 €
2017
3.537,87 €
2018
3.291,74 €

Der Dienstgeberbeitrag wird für die Jahre 2015-2018 insgesamt festgesetzt mit:


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2015
19.970,68 €
2016
26.640,27 €
2017
23.451,86 €
2018
9.949,74 €

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die ***Bf1*** (Beschwerdeführerin, Bf.) wurde für die Jahre 2015 bis 2017 einer gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterworfen.

Mit Bescheiden vom schrieb die belangte Behörde (FAÖ) folgende Beträge vor:

Begründend führte das FAÖ im Bericht aus, dass für die Geschäftsführerin (Gf) ***Gf*** (VNR ***gfa***) sowie die Mitarbeiter Reinhard ***1*** (VNR ***1a***) und Barbara ***2*** (VNR ***2a***) für die Privatnutzung des jeweiligen Firmenautos ein monatlicher Sachbezug anzusetzen und zu versteuern sei.

Hinsichtlich der Gf. seien überdies die pauschal abgerechneten Überstunden mit 100% Überstundenzuschlag mangels geeigneter Aufzeichnungen nicht als solche steuerfrei zu behandeln.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wendet die Bf. ein, dass aus den im Rahmen der Prüfung vorgelegten Fahrtaufzeichnungen für die Firmenautos Audi Q5, KZ1 und Smart fortwo KZ2 schon aufgrund der geringen Gesamtkilometeranzahl die Nachverrechnung eines vollen Privatanteils nicht nachvollziehbar sei.

Betreffend die 100% Überstundenzuschläge bei der Gf. wird der Antrag gestellt, die Überstundenpauschale für 50% nach § 68 Abs. 2 EStG mit maximal 86 € monatlich steuerfrei anzuerkennen.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wies das FAÖ die Beschwerde ab und führte wörtlich aus:

Es wurden für die drei Firmen-PKWs (2 Kennzeichen) im Prüfzeitraum Fahrtenbücher im Excel-Format vorgelegt (siehe Anhang). Zum Inhalt dieser Fahrtenbücher wurde festgestellt, dass sie nicht ordnungsgemäß geführt wurden.
Begründung:
1. Abfahrts- und Ankunftszeitpunkt (Uhrzeit) sind nicht angegeben, daher kann die Reisedauer nicht festgestellt werden.
2. Die Unterschrift des Reisenden fehlt (. 86/13/0181). Auch sonst kann nicht erkannt werden, welcher Dienstnehmer welche Fahrt gemacht hat.
3. Weiters sind keine Privatfahrten ausgewiesen. Ein Verzicht oder Verbot auf Privatnutzung wurde nicht behauptet oder vorgelegt.

Lt. dem bei der GPLB-Prüfung vorgelegten Dokument "Fahrzeugnutzung" wurden die PKWs jeweils von verschiedenen Dienstnehmern genutzt, wobei anhand der Fahrtenbücher eine Zuordnung der Fahrten zu einer Person nicht erkennbar ist.
Nach herrschender Lehre entspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass ein überwiegend betrieblich genutztes Fahrzeug auch privat genutzt wird. Dies wurde im gegebenen Fall angenommen, zumal Frau ***2*** Barbara und Herrn Mag. Reinhard ***1*** lt. Ekis-Abfrage kein Privatauto besitzen. Bei Frau ***Gf*** handelt es sich um die Geschäftsführerin der Firma.
Wegen der Mangelhaftigkeit der vorgelegten Excel-Fahrtenbücher war in allen Fällen aus o.a. Gründen anzunehmen, dass die Möglichkeit, die Firmenautos auch privat zu nutzen, wenn auch nur fallweise, in Anspruch genommen wurde.
Das konkrete Ausmaß von Privatfahrten konnte anhand der vorgelegten Fahrtenbücher nicht festgestellt werden.

Zur Überstundenpauschale:
100% Überstundenzuschläge wurden pauschal abgerechnet. Diese wurden nachgefordert, weil
keine Aufzeichnungen geführt wurden.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom ergänzte die Bf. ihr Beschwerdevorbringen insoweit, als sie ausführte, dass den Dienstnehmern (DN) die private Nutzung der Fahrzeuge untersagt gewesen wäre. Der Umstand, dass die beiden DN ***2*** und ***1*** keine eigenen Autos besäßen sei insoweit nicht relevant, als beide in Wien wohnen und arbeiten würden. Die Unterstellung der Erforderlichkeit eines PKW zur privaten Nutzung sei wegen des gegebenen Angebots an öffentlichen Verkehrsmitteln daher verfehlt. Weiters würden jeweils Haushaltsangehöre der beiden DN über PKWs verfügen, welche die DN für gelegentliche Privatfahrten nutzen könnten.

Die Gf. sei leitende Angestellte für welche regelmäßig Überstunden anfallen würden. Sie erhalte daher zusätzlich zum Grundgehalt eine monatliche Überstundenpauschale von 150 € . Da die Gf. die Lohnverrechnung selbst durchführe habe sie auch den Überblick über die geleisteten Überstunden. Diese trage sie in einen persönlichen elektronischen Kalender ein, welchen sie den Lohnabrechnungsunterlagen bislang nicht beigelegt habe.

Die Beschwerde wurde vom FAÖ dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

In der über Antrag der Bf. durchgeführten mündlichen Verhandlung am nahm die Bf. den Beschwerdepunkt betreffend die Besteuerung des Überstundenpauschales des Gf. zurück.

Weiters führte die Bf. aus, dass entgegen dem Vorlagebericht sehr wohl ein Strafverfahren eingeleitet, dieses aber mittlerweile eingestellt worden sei.

Der Betriebsgegenstand der Bf. liege im Wesentlichen in der Kurzzeitvermietung (ab einem Monat) von in Wien gelegenen Wohnungen. Für die tägliche Kontrolle, Wartung, Besichtigung, Rücknahme und dergleichen würden täglich etwa fünf Vororttermine in Wien stattfinden für welche den Mitarbeitern die Firmen-PKWs zur Verfügung stünden. Die Fahrzeuge würden im Innenhof der Betriebsliegenschaft abgestellt und bei Bedarf von den Mitarbeitern genutzt. Wenn weitere Personen mitzunehmen seien, dann könne das durchaus der Audi Q5 sein, ansonsten das kleinere Fahrzeug.

Das Verbot der Privatnutzung sei lediglich mündlich ausgesprochen worden. Das sei auch der Prüferin mitgeteilt worden. Eine Kontrolle des Verbots erfolge lediglich dadurch, dass die Gf. wisse wann die Mitarbeiter wegfahren und zurückkommen würden. Eine weitere Kontrolle gelinge nicht, weil nicht erkannt werden könne ob die Mitarbeiter in dieser Zeit auch privat fahren würden. Das Fahrtenbuch sei unstrittig nicht ordnungsgemäß geführt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der zu beurteilende Sachverhalt ist unstrittig und entspricht den Ausführungen der Bf. in der mündlichen Verhandlung. Auf die obige Darstellung wird verwiesen.

Die hier betroffenen Fahrzeuge wiesen folgende Jahreskilometerleistungen auf:

Daraus ist ersichtlich, dass für die beiden PKW Smart für den gesamten Zeitraum und für den PKW Audi Q5 für 2015, 2017 und 2018 in Zusammenschau mit dem dargestellten beruflichen Nutzungsausmaß der Fahrzeuge eine denkbare Privatnutzung durch die Mitarbeiter jedenfalls unter 6.000 km pro Jahr lag. Für 2016 konnte nur für den PKW Smart eine private Nutzung von unter 6.000 km nachgewiesen werden.

Beweiswürdigung

Die Ausführungen der Bf. in der mündlichen Verhandlung sind glaubwürdig und decken sich - abgesehen von der Frage des mündlichen erteilten Verbots der Privatnutzung - mit den Feststellungen der Außenprüfung.

Die Feststellung zum Nutzungsausmaß ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen der Bf. in Zusammenschau mit den km-Ständen der Fahrzeuge, die sich anhand der dem Gericht zur Verfügung stehenden Unterlagen weitestgehend nachvollziehen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 15 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen. Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen (Abs. 2 leg. cit.).

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung), BGBl II Nr. 416/2001, regelt in § 4, dass, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, ein Sachbezug in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (bis zu einem bestimmten Höchstbetrag) anzusetzen ist.

Ein geldwerter Vorteil eines Dienstnehmers aus dem Dienstverhältnis ist sohin ua. dann gegeben, wenn ihm ein Kraftfahrzeug des Arbeitgebers unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassen ist. Es steht dem Arbeitgeber frei, dem Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug ausschließlich für Dienstfahrten zur Verfügung zu stellen und ihm jede private Nutzung zu verbieten. Die Lohnsteuer- und Dienstgeberbeitragspflicht ist in diesem Fall nicht gegeben, wenn ein tatsächlich ernst gemeintes Verbot des Arbeitgebers hinsichtlich der privaten Fahrten vorliegt, was allerdings nur dann der Fall ist, wenn der Arbeitgeber auch für die Wirksamkeit seines Verbotes vorsorgt ( Zl. 2007/15/0238, mw Judikaturhinweisen).

Ein geeignetes Mittel, für die Wirksamkeit des Privatnutzungsverbotes Vorsorge zu treffen, könnte nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes darin bestehen, dass der Arbeitgeber an Hand eigener Aufzeichnungen die Kilometerstände nach jeder beruflich veranlassten Fahrt kontrolliert ( Zl. 85/14/0016) oder dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Führung von Fahrtenbüchern verhält und diese laufend kontrolliert ( Zl. 92/13/0274).

Da das Gesetz keine Einschränkung der Beweismittel kennt, kann die Nachweisführung im Sinne des § 4 Abs. 2 der Verordnung nicht nur mit einem Fahrtenbuch erfolgen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass außer einem Fahrtenbuch, welches ohnedies nach allgemeinen Erfahrungen nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt, auch andere Beweismittel zur Führung des in Rede stehenden Nachweises in Betracht kommen (BFG, , RV/7103119/2013; VwGH 2001/15/0191; , 97/14/0175). Der Nachweis fehlender Privatnutzung muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher zwar nicht unbedingt an Hand eines Fahrtenbuches geführt werden (; ), ist aber vom Steuerpflichtigen zu erbringen (), wobei diesen eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft ().

Wie oben festgestellt konnte die Bf. nicht nachweisen, dass sie das mündlich ausgesprochene Verbot der Privatnutzung in der von der Judikatur des VwGH vorgesehenen Art und Weise kontrollierte, weshalb von einer faktisch gegebenen Möglichkeit einer Privatnutzung der streitgegenständlichen PKW durch die Dienstnehmer auszugehen ist.

Nach § 4 Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung ist lediglich der halbe Sachbezugswert anzusetzen, wenn die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km beträgt. Dieser Nachweis wurde von der Bf. anhand der vorlegten Unterlagen erbracht. Die Hinzurechnung des gesamten Sachbezuges war daher nur für den PKW Audi Q5 im Jahr 2016 rechtskonform. Alle übrigen Hinzurechnungen betreffend die PKWs sind lediglich mit dem jeweilig halben Sachbezugswert anzusetzen, wobei die Höhe der %-Sätze der anzuwendenden Sachbezugswerte unstrittig war.

Daraus ergibt sich folgende Abgabenberechnung laut Erkenntnis:

[...]

Daraus ergeben sich in den Streitjahren folgende Abgabenjahresbeträge hinsichtlich Dienstgeberbeitrag:

[...]

*Anmerkung: Laut Bericht waren für 2017 an DB vor Prüfung 27.017,74 € vorgeschrieben, als Saldo laut Erkenntnis ergibt sich daher 2017 eine Gutschrift von -3.282,20 €.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall waren ausschließlich Sachverhaltsfragen und keine Rechtsfragen zu klären. Eine Revision ist daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




VwGH, 97/14/0175


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103174.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at