Zurechnung der Vermietungseinkünfte abweichend von den Eigentumsverhältnissen?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 14. April bzw. 16. April bzw. betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2016 bis 2020, Steuernummer ***StNr***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Ehegatten ***Bf1*** und ***Bf2*** (Beschwerdeführer, Bf) reichten am Feststellungserklärungen samt Beilagen für die Jahre 2016 - 2020 ein. ***Bf1*** und ***Bf2*** sind jeweils als Beteiligte angeführt, sämtliche Vermietungseinkünfte wurde jedoch ausschließlich ***Bf1*** zugeordnet.
In den Bescheiden vom 14.4. bzw 16.4. bzw über die Feststellung von Einkünften für die Jahre 2016 - 2020 wurden die Vermietungseinkünfte auf die beiden Beteiligten je zur Hälfte laut Eigentumsverhältnissen im Grundbuch aufgeteilt.
In der von ***Bf2*** und ***Bf1*** eingebrachten Beschwerde vom betreffend die Jahre 2016 - 2020 wird auf das Schreiben der ***Bf1*** vom verwiesen. Es liege ein Fruchtgenussrecht vor.
***Bf1*** wandte sich in ihrer Beschwerde vom gegen die Aufteilung der Einkünfte, da diese ausschließlich ihr zuzurechnen seien. Das Nutzungsrecht stehe vereinbarungsgemäß solange ihr zu, als ihr Partner/Gatte einen Arbeitsplatz habe. Diese Vereinbarung sei bis auf Widerruf gültig.
In den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom wurde begründend angeführt, dass Voraussetzung für die Zurechnung von Einkünften die Übertragung der Einkunftsquelle sei, gleichgültig auf welcher Vertragsgestaltung diese beruhe. Ohne Übertragung der Einkunftsquelle würden die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle bleiben, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte seien als Einkommensverwendung anzusehen. Die Fruchtgenussvereinbarung sei steuerlich nicht anzuerkennen, da der Vertrag keinen eindeutigen Inhalt habe bzw er keine Bestimmungen enthalte, wer die mit dem Fruchtgenussobjekt zusammenhängenden Aufwendungen zu tragen habe. Da dies zum wesentlichen Inhalt eines Fruchtgenussvertrages zähle, fehle dem gegenständlichen Vertrag ein eindeutiger Inhalt.
Die Vereinbarung sei auch nicht vom Beginn an der Finanzbehörde offengelegt worden, wodurch diese nicht ausreichend nach außen bekannt gegeben worden sei (Beginn Vermietung 2016 - Bekanntgabe 2021). Die Einkünfte seien daher beiden Ehegatten (grundbücherliche Eigentümer) im Verhältnis der grundbücherlichen Anteile (50:50) zuzurechnen.
In den Vorlageanträgen, datiert mit , beim Finanzamt eingebracht am , verwiesen die Bf auf das bisherige Vorbringen. ***Bf2*** verzichte auf das Fruchtgenussrecht, solange er nichtselbständige Arbeit habe. ***Bf1*** beantragte die antragsgemäße Veranlagung. Das Fruchtgenussrecht fließe vorläufig nur ihr zu. Sollte ihr Partner arbeitslos werden oder andere Situationen eintreten, werde das Finanzamt informiert.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Bericht vom zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
***Bf1*** und ***Bf2*** sind Hälfteeigentümer der Liegenschaft in ***Bf-Adr***. Ab 2016 erfolgte auf dieser Liegenschaft eine Appartementvermietung an Gäste.
Strittig ist, ob die Einkünfte aus der Vermietung den Ehegatten je zur Hälfte oder ausschließlich Frau ***Bf1*** zuzurechnen sind. Nach dem Vorbringen der Bf wurde zwischen den Ehegatten ein Fruchtgenussrecht für ***Bf1*** vereinbart, solange ***Bf2*** nichtselbständige Einkünfte bezieht.
Eine Eintragung eines Fruchtgenussrechtes im Grundbuch erfolgte nicht. Ein Notariatsakt über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes liegt ebenso wenig vor wie eine schriftliche Vereinbarung. Auf eine von den Eigentumsverhältnissen abweichende Einkünftezurechnung lässt sich erst aus den Erklärungen zur Feststellung der Einkünfte 2016 - 2020 schließen, die am bei der Abgabenbehörde eingereicht wurden. Eine ausdrückliche Information des Finanzamtes erfolgte erstmals mit dem Schreiben vom , in dem ***Bf1*** mitteilt, dass die Einkünfte ausschließlich ihr zuzurechnen seien.
Nach dem Parteienvorbringen kommt das Fruchtgenussrecht "vorläufig" nur ***Bf1*** zu und ist die Vereinbarung bis auf Widerruf gültig. Näheres zum Inhalt des Vertrages wurde nicht bekannt gegeben.
2. Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung
Gemäß § 188 Abs. 1 lit d BAO werden die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist gemäß § 188 Abs. 3 BAO auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.
Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142).
Im Rahmen von Vermietung und Verpachtung muss die Dispositionsmöglichkeit des Fruchtnießers nach außen ausreichend hervorkommen: Durch entsprechendes Auftreten gegenüber den Mietern als Bestandgeber und Ansprechpartner sowie durch Überweisung der Mieten auf sein Konto. Tritt dagegen der Fruchtnießer nicht nach außen auf und erfolgt auch keine Eintragung im Grundbuch, ist das Fruchtgenussrecht nicht anzuerkennen (JAKOM, EStG, 2021, § 2 Tz 54).
Der Fruchtnießer muss die Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses tragen (zB Abgaben, Zinsen, Erhaltungsaufwendungen, ).
Die Gültigkeit der Übertragung von Einkunftsquellen im Rahmen von Fruchtgenussrechtsvereinbarungen ist insbesondere vom Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Position abhängig. Kann der Fruchtgenussrechtsvertrag nicht einseitig gelöst werden, weil die Auflösung nicht allein in der Entscheidungsbefugnis des Fruchtgenussbestellers liegt, ist eine rechtlich abgesicherte Position gegeben; nicht aber, wenn das Fruchtgenussrecht jederzeit entzogen werden kann (JAKOM, EStG, 2021, § 2 Tz 57).
Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen werden steuerlich nur anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben (Klarheit) und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).
Die Rechtsprechung für Verträge mit nahen Angehörigen bringt es mit sich, dass bei der Einräumung eines Fruchtgenusses zu prüfen ist, ob den Vereinbarungen ein angemessener Leistungsaustausch oder das Naheverhältnis zugrunde liegt, sodass die Ernsthaftigkeit des Vertrages zu bezweifeln ist. Der genaue Inhalt der Vereinbarungen ist ebenso zu untersuchen wie die Frage, ob eine Einkunftsquelle übertragen wurde (JAKOM, EStG, 2021, § 2 Tz 56).
Entsprechend der dargestellten Rechtslage ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung eines Fruchtgenussrechtes und einer Übertragung der Einkunftsquelle vorliegen.
Wenn das Fruchtgenussrecht nach dem Vorbringen der Bf.
- vom aufrechten Arbeitsplatz des ***Bf2*** abhängt,
- vorläufig zufließt,
- bis auf Widerruf gültig ist,
steht fest, dass ***Bf1*** das Fruchtgenussrecht jederzeit entzogen werden kann und ihr keineswegs eine rechtlich abgesicherte Position zukommt.
Darüber hinaus wurde der wesentliche Inhalt der Vereinbarung nicht bekannt gegeben. Es kann daher z.B. nicht festgestellt werden, dass ***Bf1*** die Aufwendungen trägt, die mit dem Gegenstand der Vermietung zusammenhängen, dass sie nach außen als Vermieterin auftritt und dass sie das Mietentgelt vereinnahmt.
Die Abgabenbehörde hat in den Beschwerdevorentscheidungen darauf hingewiesen, dass der Vertrag keinen eindeutigen Inhalt hat und vor allem eine Regelung, wer die Aufwendungen zu tragen hat, fehlt. Da eine Beschwerdevorentscheidung auch wie ein Vorhalt der Behörde wirkt (vgl. , , ), wäre es an den Bf gelegen gewesen, sich im Vorlageantrag mit den Feststellungen des Finanzamtes auseinanderzusetzen und diese zu widerlegen bzw den Inhalt der gegenständlichen Vereinbarung zu konkretisieren. Dies haben die Bf nicht getan. Sie haben zu den Ausführungen des Finanzamtes nicht Stellung genommen, sondern im Vorlageantrag das bisherige Vorbringen wiederholt.
Eine Absicherung des Fruchtgenussrechtes durch Eintragung im Grundbuch oder durch einen Notariatsakt ist zwar nicht unbedingt erforderlich, hätte aber der Erfüllung der erforderlichen Publizität des Vertrages zwischen nahen Angehörigen gedient. Anzumerken ist, dass die Vermietung 2016 begonnen wurde, jedoch gegenüber der Abgabenbehörde erst 2021 eine Fruchtgenussbestellung geltend gemacht wurde.
Was den Umstand betrifft, dass ein schriftlicher Vertrag über das Fruchtgenussrecht nicht vorliegt, ist zwar ein solcher ebenfalls nicht unbedingt erforderlich. Ein schriftlicher Vertrag wäre aber ein wichtiges Beweismittel und hat Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Bewirtschaftung des(r) Appartements bzw die Tragung des Unternehmerrisikos ausschließlich durch Frau ***Bf1*** alleine nicht erkennbar ist. Es kann daher nicht von einer Übertragung der Einkunftsquelle zur Gänze auf ***Bf1*** ausgegangen werden.
Weiters lässt die von den Ehegatten geltend gemachte Vereinbarung die für Angehörigenverträge erforderliche Publizität und Klarheit vermissen und folglich kann die Fremdüblichkeit nicht ausreichend beurteilt werden.
Die beantragte Zurechnung der Vermietungseinkünfte ausschließlich an ***Bf1*** ist daher steuerlich nicht anzuerkennen. Die Verteilung der Einkünfte hat entsprechend den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft (50:50) zu erfolgen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3. Zur (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hängt die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 188 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 188 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103229.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at