NoVA-Rückvergütung - Anwendungsvorrang Unionsrecht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende R1, die Richterin R2 sowie die fachkundigen Laienrichter L1 und L2 in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, vertreten durch Stb, Stb_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA_1 (nunmehr: FA_2) vom betreffend Vergütung von Normverbrauchsabgabe, Steuernummer Bf_StNr nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Schriftführers S zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
Der Vergütungsbetrag wird mit € 3.200,34 festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt/Verfahrensgang
1. Im Juli 2014 erwarb die Beschwerdeführerin (Bf) das gebrauchte Fahrzeug der Marke Marke_X von der deutschen Firma A GmbH um einen Kaufpreis von € 15.500,00. In der Erklärung über die Normverbrauchsabgabe 08/2014 wurde dieser Kaufpreis als Bemessungsgrundlage für die Normverbrauchsabgabe herangezogen. Da die Abgabenbehörde der Ansicht war, dieser Preis liege weit unter dem mittleren Eurotax-Wert von € 47.295,62, legte sie im Festsetzungsbescheid vom diesen der Normverbrauchsabgabe (NoVA) als Bemessungsgrundlage zugrunde. Die festgesetzte NoVA iHv € 10.844,52 wurde entrichtet. Das gegenständliche Fahrzeug wurde dem Betriebsvermögen (Anlagevermögen) der Bf zugeordnet.
Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Am erging die abweisende Beschwerdevorentscheidung. Diese erwuchs in Rechtskraft.
Der Antrag auf Aufhebung des NoVA Festsetzungsbescheides 08/2014 vom wurde als unzulässig zurückgewiesen ().
2. Im September 2015 wurde das Fahrzeug von der Bf um € 20.000,00 nach Deutschland verkauft und von einem ausgewiesenen Bevollmächtigten des Käufers nach Deutschland befördert.
3. Am stellte die Bf den Antrag auf Vergütung der NoVA iHv € 10.844,52 gem. § 12a NoVAG 1991 unter Beilage der Rechnung sowie der Bestätigung über die Beförderung des Fahrzeuges nach Deutschland. Der Antrag enthält nachstehenden Verweis: "Lieferung nach Deutschland: Marke_X gebraucht, Gemeiner Wert € 47.295,62 gemäß Feststellung des FA_1 vom ".
4. Der Vergütungsantrag wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bf sei dem Ersuchen um Nachweis der überwiegenden betrieblichen Nutzung des Fahrzeuges nach des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 in der für das Jahr 2015 geltenden Fassung nicht nachgekommen.
5. In der Beschwerde vom wurde nach Wiedergabe von höchstgerichtlicher Judikatur die Ansicht vertreten, die Bf sei eine GmbH, bei welcher kein außerbetriebliches Vermögen und damit keine außerbetriebliche Nutzung vorliegen könnten. Bei einer eventuellen Privatnutzung durch einen Dienstnehmer oder Gesellschafter komme es zu einem betrieblichen Leistungsaustausch.
Zudem stütze die Behörde sich in der Bescheidbegründung auf eine Bestimmung, die vom VfGH mit Erkenntnis vom , G153/2014, als verfassungswidrig aufgehoben worden sei.
6. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Es erfolgte eine Vergütung der NoVA 09/2015 iHv € 3.200,34. Basis der NoVA Vergütung sei nach Ansicht des Finanzamtes der gemeine Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland. Dieser wurde von der Abgabenbehörde mit € 13.999,71, ausgehend vom Rechnungsbetrag von € 20.000,00, ermittelt.
7. Im Vorlageantrag vom wurde eingewendet, dass die Abgabenbehörde den gemeinen Wert des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Anmeldung in Österreich im August 2014 mit € 47.295,62 lt. EUROTAX ermittelt habe. Der in der Beschwerdevorentscheidung ausgewiesene Wert von € 13.999,71 sei richtig bzw. plausibel, wenn der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von NoVA für den Kalendermonat 08/2014 vom Folge gegeben werde.
Dieses Vorbringen wurde in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholt.
II. Rechtslage und Erwägungen
1. Gemäß § 12a NoVAG 1991 idF BGBl I 52/2009 wird die Abgabe auf Antrag vom gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland ua dann vergütet, wenn ein Fahrzeug durch einen Unternehmer, der das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt hat, nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert wird.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G153/2014, wurden die Wortfolgen in § 12a NoVAG idF BGBl I 52/2009
"- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweisbar ins Ausland verbracht oder geliefert
- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweisbar ins Ausland verbracht oder geliefert" sowie
"- durch einen Unternehmer, der das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt hat,"
als verfassungswidrig aufgehoben.
Der VfGH erachtete es als unsachlich und daher gleichheitswidrig, dass Fahrzeughändlern und Unternehmern, die ein Fahrzeug überwiegend betrieblich nutzen, bei der Lieferung ins Ausland eine NoVA-Vergütung gewährt werde und die NoVA daher insoweit als Verbrauchsteuer ausgestaltet sei, während die Vergütung Privatpersonen und Unternehmern, die das Fahrzeug nicht überwiegend betrieblich nutzen, verwehrt werde und die NoVA insoweit Verkehrsteuercharakter habe. Der Belastungsgrund einer solchen Verbrauchsabgabe bzw. Verbrauchssteuer bestehe in der laufenden Nutzung, also dem Verbrauch, nicht in der Zulassung.
Der EuGH leitet in ständiger Rechtsprechung aus den Grundfreiheiten ab, dass Zulassungssteuern im Anwendungsbereich der Grundfreiheiten nur proportional zur Dauer der inländischen Nutzung von Kraftfahrzeugen erfolgen dürfen bzw. erhoben werden dürfen. Diese Rechtsprechung führt zu sachgerechten Ergebnissen; das Fehlen einer Entlastung im Exportfall bei gleichzeitiger Besteuerung im Bestimmungsland würde zu einer Doppelbesteuerung führen und das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen (, Cura Anlagen GmbH; , Van Putten; , Kommission/Irland; vgl. auch Haller in Haller, NovAG, 2. Aufl. [2021], Einführung Rz 82 ff; Haller in SWK 30/2017, 1264).
2. Unstrittig ist, dass das beschwerdegegenständliche Fahrzeug im September 2015 von der Bf, einer Unternehmerin, nach Deutschland verkauft, damit ins Ausland geliefert wurde. Nach Ansicht des Senates hat im Beschwerdefall aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes eine NoVA-Vergütung dem Grunde nach zu erfolgen.
3. Dies ist im Streitfall auch geschehen. Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte eine Vergütung der festgesetzten und entrichteten NoVA, allerdings nicht im beantragten Ausmaß, sondern lediglich von einem Betrag von € 13.999,71; dieser Betrag wurde von der Abgabenbehörde ausgehend vom Rechnungsbetrag von € 20.000,00 ermittelt.
Von der Bf selbst bzw. ihrem steuerlichen Vertreter wurde in den jeweiligen Festsetzungsverfahren sowie im Aufhebungsverfahren nach § 299 BAO immer wieder ausgeführt, die Eingangsbemessungsgrundlage für die NovA müsse der Kaufpreis/der Anschaffungspreis (€ 15.500,00) sein (vgl. die , sowie vom , RV/3100616/2019).
Maßgeblich für die Höhe des Vergütungsanspruches ist der gemeine Wert ohne USt- und NoVA-Komponente. Bei Lieferung durch den Zulassungsbesitzer ist aber grundsätzlich der Veräußerungspreis ohne USt- und NoVA-Komponente als Bemessungsgrundlage für die NoVA heranzuziehen (vgl. dazu auch Haller in Haller, NoVAG, 2. Aufl. [2021], § 12a Rz 27).
Diese Rechtsansicht wird grundsätzlich auch von der Bf geteilt. Im Vorlageantrag wird dezidiert ausgeführt, prinzipiell werde die Meinung vertreten, dass der in der Beschwerdevorentscheidung angesetzte gemeine Wert von € 13.999,71 per Anfang September 2015 richtig sei. Darüber hinaus wird aber auch die Ansicht vertreten, bei einem vom Kaufpreis abweichenden NoVA Eingangswert im Festsetzungsverfahren, müsse auch der gemeine Wert im Vergütungsverfahren höher sein.
Mit dieser Argumentation verkennt die Bf die Rechtslage. Der dem Festsetzungsbescheid vom zugrundeliegende gemeine Wert von € 47.295,62 vermag für das gegenständliche Verfahren keine Bindungswirkung zu entfalten. Eine Unrichtigkeit dieser Wertermittlung kann nur in einem Beschwerdeverfahren gegen den Festsetzungsbescheid eingewendet werden. Über das von der Bf in jenem Verfahren eingebrachte Rechtsmittel wurde mit Beschwerdevorentscheidung am entschieden. Dieser Bescheid erwuchs aber in Rechtskraft.
Darüber hinaus wurde vom steuerlichen Vertreter auch in der mündlichen Verhandlung vom kein substantiiertes Vorbringen erstattet, das ein Abgehen vom gemeinen Wert laut Rechnung bzw. von der Bemessungsgrundlage laut Beschwerdevorentscheidung vom rechtfertigen könnte. Die Vergütung konnte daher nur im Ausmaß von € 3.200,23 (Bemessungsgrundlage € 13.999,71) gewährt werden.
Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis erging, was die NoVA-Rückvergütung dem Grunde nach betrifft, in Übereinstimmung mit der EuGH-Rechtsprechung. Im Übrigen war eine grundsätzlich bedeutsame im Beschwerdefall nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12a NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100577.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at