Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2022, RV/7100434/2022

Studium als Fortbildungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer begehrte in seiner elektronisch am eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung "Aus-/ Fortbildungs-/ Umschulungskosten" in Höhe von € 1.159,28 bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskoten anzuerkennen.

Mit dem Bescheid datiert vom wurde Beschwerdeführer antragsgemäß zur Einkommensteuer 2020 veranlagt.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer mit der elektronischen Beschwerdeschrift vom , in welcher er geltend machte, als arbeitender Student die Anschaffung eines für seine Studien notwendigen iPads zur Mitschrift der Vorlesungen und Übungen vergessen habe (als Werbungskosten geltend zu machen). Auch habe er bei der Berechnung (der Werbungskosten) auf die anteiligen Internetkosten für das Studium und jene für die Fahrttickets vergessen.

Am forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer nachweislich mit Ersuchen um Ergänzung auf, eine Aufstellung und die Belege der beantragten gesamten "Aus-/Fortbildungskosten" vorzulegen, die Art der Aus-/Fortbildung deren berufliche Nutzung bekanntzugeben und die Frage zu beantworten, ob er dafür Ersätze oder Zuschüsse, allenfalls in welcher Höhe, erhalten habe.

Der Beschwerdeführer hat darauf verzichtet, diesen Vorhalt zu beantworten.

Daraufhin forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer am wortgleich wie am , wiederum nachweislich, nochmals auf, die geforderten Unterlagen beizubringen und die erbetenen Informationen bekanntzugeben.

In der Beschwerdevorentscheidung datiert vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2020 insofern ab, als keine Werbungskosten für Aus-, Fortbildung oder Umschulung berücksichtig wurden. Dies begründete das Finanzamt damit, dass der Beschwerdeführer trotz zweimaliger Aufforderung die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe, weswegen die beantragten Aufwendungen im Zuge der Beschwerdeerledigung gestrichen worden seien.

Im elektronischen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom machte der Beschwerdeführer geltend, dass er nicht gewusst habe, dass die gesamten Werbungskosten für Aus-, Fortbildung oder Umschulung vom Finanzamt negiert werden würden, wenn er auf das Ersuchen um Ergänzung keine Antwort gebe. Er wolle daher auf diese Weise seine Beschwerde gegen den Einkommenssteuerbescheid 2020 berichtigen und alle Unterlagen und Dokumente vorlegen. Er sei Student der Rechtswissenschaften an der Universität Wien sowie Bachelorstudent des Studiums "Marketing und Sales" der FH Wien WKW (Fachhochschule der Wirtschaftskammer Wien). Beide Studien würden ihm erlauben fundamentales Wissen für seinen derzeitigen Beruf als Assistent der ***1*** bei der ***2*** GmbH zu erwerben, welches er bei seinem beruflichen Werdegang benötige und (auch in Zukunft) benötigen werde. Ein fundamentales Rechtsverständnis sowie eine gute Ausbildung im Verkauf würden zum Um und Auf des ***3*** zählen. Für diese Aufwendungen habe er keine Ersätze oder Zuschüsse von seinem Dienstgeber erhalten.

Im Ersuchen um Ergänzung datiert vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, (die im Vorlageantrag angekündigten) Unterlagen zu den beantragten Werbungskosten (Aufwendungen für Aus- oder Fortbildung samt Belegen (Rechnungen, Zahlungsnachweise und so weiter) mit entsprechender Kostenaufstellung vorzulegen.

Darauf antwortete der Beschwerdeführer am mit folgenden Worten: "Ich erhebe hiermit Beschwerde gegen meine Arbeitnehmerveranlagung, da ich als Arbeitender Student über die Anschaffung eines für meine Studien notwendigen iPads zur Mitschrift meiner Vorlesungen und Übungen vergessen habe. Weiters habe ich bei der Berechnung auf meine anteiligen Internetkosten für das Studium sowie Fahrttickets vergessen."

Dem beigelegt waren fünf PDF-Dokumente.

Erstens zwei Rechnungen über den Erwerb eines Apple Pencil am um € 101,00 und eines gebrauchten erneuerten Apple iPad Pro 11 (Modell 2018) um € 592,98.

Zweitens eine Aufstellung der geltend gemachten Werbungskosten:


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Werbungskosten:
Gesamt
Studienbeitrag FH Wien WKW 1. Semester
383,56
Studienbeitrag FH Wien WKW 2. Semester
383,56
Studienbeitrag Uni Wien
363,36
Bücher
28,80
Summe
1.159,28
1.159,28
Internet Januar
29,99
Internet Februar
29,99
Internet März
29,99
Internet April
29,99
Internet Mai
29,99
Internet Juni
0,47
Internet Juli
69,03
Internet August
35,00
Internet September
35,00
Internet Oktober
35,00
Internet November
35,00
Internet Dezember
34,99
Summe
359,45
- Privatanteil 40 %
215,67
Semestertickets
150,00
150,00
Anschaffung iPad
588,99
- Privatanteil 40 %
353,39
Anschaffung Apple Pencil
121,20
- Privatanteil 40 %
72,72
Gesamtsumme
1.951,06

Angemerkt sei, dass bei Korrektur der Additions- und Übertragungsfehler die Summe der Internetkosten abzüglich Privatanteil nach der Aufstellung des Beschwerdeführers € 236,66, die Anschaffungskosten dies iPads abzüglich Privatanteil € 355,79 und die Gesamtsumme der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Werbungskosten € 1.974,45 betragen würde.

Drittens legte der Beschwerdeführer Einzahlungsbelege über die beglichenen Studienbeiträge (einer an die FH Wien WKW davon im Jahr 2019 beglichen mit € 383,56) und entsprechende Studienbestätigung vor.

Das vierte elektronische Konvolut enthielt die monatlichen Rechnungen des Internetproviders des Beschwerdeführers in willkürlicher Reihenfolge.

Als Fünftes und Letztes finden sich die Rechnungen des Wiener Linien Onlineshops über die erworbenen Semestertickets um je € 75,00.

Am informierte das Finanzamt den Beschwerdeführer über die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte im dem Beschwerdeführer übermittelten Vorlagebericht vor, dass eine teilweise Stattgabe der Beschwerde beantragt werde.

Die Studienbeiträge sollen bei den Werbungskosten des Beschwerdeführers in Höhe von € 767,12, die Internetkosten in Höhe von € 170,42, die Fahrttickets (Semestertickets) in Höhe von € 50,00 und die Aufwendungen für den Erwerb des iPad und des Apple Pencil in Höhe von € 426,11 als Werbungskosten (gesamt € 1.413,65) berücksichtigt werden.

Dabei führte das Finanzamt zu den Studienbeiträgen aus, dass nach den vorgelegten Rechnungen der Beschwerdeführer am einen Studienbeitrag von € 383,56 an die FH Wien WKW überwiesen habe. Da Aufwendungen steuerlich grundsätzlich nur für das Kalenderjahr abzugsfähig seien, in dem die Verausgabung stattgefunden habe, könne der im Kalenderjahr 2019 gezahlte Studienbeitrag nicht im Veranlagungsjahr 2020 berücksichtigt werden.

Da der Beschwerdeführer keine Belege über den Erwerb (von für die Studien erworbenen) Büchern vorgelegt habe, könnten (die beantragten € 28,80) nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Bei den vom Beschwerdeführer beantragten Internetkosten würden nach den vorgelegten Rechnungen ab Juni 2020 Grundentgelte für "Digital TV" beinhalten, welche nach § 20 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) nichtabzugsfähige Kosten für die private Lebensführung und daher bei der Berechnung der anteiligen Internetkosten auszuscheiden seien. Der für den digitalen TV-Empfang vom Beschwerdeführer aufgewendeten Summen hätten Juni € 11,98, Juli bis November monatlich € 16,35 und im Dezember 2020 € 16,68, insgesamt also € 110,41 ausgemacht. Bei einem dem Internetprovider gezahlten Gesamtbetrag von € 394,44 abzüglich der Kosten für "Digital TV" von € 110,41 gekürzt um einen Privatanteil von 40 % jährlich ergebe dies (als Werbungskosten anzuerkennende) Aufwendungen von € 170,42.

Was die vom Beschwerdeführer erworbenen Semestertickets betrifft, argumentierte das Finanzamt, dass grundsätzlich (nur) die tatsächlichen Fahrtkosten im Rahmen einer Bildungsmaßnahme als Werbungskosten abgesetzt werden könnten. Semesterkarten der Wiener Linien seien für fünf Monate gültig (Wintersemester vom 1. September bis 31. Januar, Sommersemester von 1. Februar bis 30. Juni). Die vom Beschwerdeführer erworbenen Fahrkarten würden nicht die Fahrten zur Fachhochschule und zur Universität ermöglichen, sondern auf allen Linien innerhalb Wiens (Kernzone Wien) für U-Bahn, Straßenbahn und Buslinien (ausgenommen spezielle Schnellbuslinien) sowie für die ÖBB (zum Beispiel Schnellbahn) und die Wiener Lokalbahnen (bis Vösendorf-Siebenhirten) gelten. Diese könnten daher auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Privatfahrten verwendet werden. Es könnten daher nur anteilige Werbungskosten berücksichtigt werden, welche aus Vereinfachungsgründen im Schätzungsweg mit ein Drittel (€ 50,00) angenommen würden.

Der Beschwerdeführer gab zu den zuletzt geschilderten Ausführungen des Finanzamtes keine Stellungnahme ab.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2020 vom 16. März bis zum Jahresende und weiter auch im Jahr 2021 bei der Firma ***2*** GmbH beschäftigt und im Bereich der ***1*** tätig.

Nebenberuflich verfolgte der Beschwerdeführer zwei Studien jenes des "Marketing und Sales" der FH Wien WKW und das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien.

Im Jahr 2020 hat der Beschwerdeführer verschiedene Aufwendungen getragen, welche er als Werbungskosten für seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ansieht.

Dies sind der Studienbeitrag für die FH Wien WKW im zweiten Semester (€ 383,56) und der Studienbeitrag für die Universität Wien im Wintersemester (€ 363,36), die Aufwendungen für den Internetprovider des Beschwerdeführers (gesamt € 394,44 wovon € 110, 41 auf den Bezug von digitalem Fernsehen entfallen), zwei Semestertickets der Wiener Linien zu je € 75,00 und die Anschaffung eines (refurbed) iPads (€ 592,98 samt Versandkosten) sowie eines Apple Pencil (€ 121,20).

Bei den Kosten für den Zugang zum Internet und Anschaffung von iPad samt Stift, welche er zur Mitschrift in Vorlesungen und Übungen genutzt hat, hat der Beschwerdeführer einen Privatanteil der Aufwendungen von 40 % angegeben.

Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem (übereinstimmenden) Vorbringen der Verfahrensparteien, den vorgelegten Unterlagen und Dokumenten sowie dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung soweit diese dem Bundesfinanzgericht zugänglich sind.

Insoweit die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der rechtlichen Würdigung besser den vollzogenen Gedankengang wiedergibt, wird diese im Rahmen der rechtlichen Beurteilung unter Punkt 3 vorgenommen und insofern auf diese verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

§ 16 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch: …

7. Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden. …

8. Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein abnutzbares Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:

a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden. …

10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen."

§ 13 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern können als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut 800 Euro nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter)."

Berufsfortbildung im Sinne des zitierten § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um seinen Beruf besser ausüben zu können. Fortbildungskosten dienen dazu, im jeweils ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, um den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (vergleiche für viele etwa Jakom/Lenneis, EStG, 2021, § 16 Rz.49). Merkmal beruflicher Fortbildung ist es, dass sie der Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten im bisher ausgeübten Beruf dient (zu Beispiel: ). Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen steuerlich abzugsfähig (vergleiche für viele , mit weiteren Nachweisen).

Von einem Zusammenhang mit der ausgeübten oder verwandten Tätigkeit ist dann auszugehen, wenn die durch die Bildungsmaßnahme erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit verwertet werden können (vergleiche etwa und die dort zitierten Fundstellen).

Davon, dass der Beschwerdeführer die in den Studien "Marketing und Sales" der FH Wien WKW und im Studium der Rechtswissenschaften erworbenen Kenntnisse unmittelbar in seiner beruflichen Tätigkeit als ***3*** einsetzen kann, nehmen beide Verfahrensparteien an. Diese Ansicht wird auch in diesem Erkenntnis geteilt.

Steht also die grundsätzliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen des Beschwerdeführers für den Wissenserwerb im Rahmen der genannten Studien als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit fest, sind noch die einzelnen geltend gemachten Aufwandsposten zu untersuchen.

Es liegt auf der Hand, dass Studiengebühren zu jenen Aufwendungen gehören, welche in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wissenserwerb, welchen ein Studium ermöglicht, in Zusammenhang stehen. Allerdings sieht § 19 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 ("Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.") eine strenge jahresweise Zuordnung nach Abflussprinzip vor. Jene € 383,56, welche der Beschwerdeführer am bezahlt hat, wären bei den Werbungskosten 2019 nicht jedoch bei denen des Jahres 2020 zu berücksichtigen. Dementsprechend kommen als Werbungskosten aus den bezahlten Studienbeiträgen im Beschwerdejahr 2020 insgesamt € 746,92 (€ 383,56 und € 363,36) in Betracht.

Wie oben zitiert, sind Werbungskosten die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988), im Fall des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit in der ***1***. Dies gilt allerdings nur soweit es sich nicht um Ausgaben für die Lebensführung handelt, selbst wenn es die Stellung als ***3*** mit sich bringt und diese Aufwendungen zur Förderung der beruflichen Tätigkeit erfolgen (siehe § 20 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 2 lit. a EStG 1988: "Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden: … Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen."). Das heißt die an den Internetprovider des Beschwerdeführers bezahlten Beträge, können nur dann Werbungskosten des Beschwerdeführers sein, wenn diese nicht mit der privaten Lebensführung in Zusammenhang stehen.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Möglichkeit digitales Fernsehen zu nutzen, dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen ist. Argumente, welche für eine (nahezu ausschließliche) berufliche Nutzung des digitalen Fernsehens sprechen, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, weswegen € 110,41 an dafür vom Beschwerdeführer bezahlten Nutzungsgebühren nicht als Werbungskosten anerkannt werden können.

Beim Restbetrag von € 284,03 haben das Finanzamt und der Beschwerdeführer einen Privatanteil von 40 % angenommen. Dies erscheint glaubwürdig, weswegen von den vom Beschwerdeführer an seinen Internetprovider bezahlten Aufwendungen € 170,42 als Werbungskosten anerkannt werden.

Es ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass die vom Beschwerdeführer erworbenen Semestertickets zum Preis von in Summe € 150,00 nicht nur für die Fahrten zu den Studienorten, sondern auch zu seiner Arbeitsstelle und für beliebe private Fahrten genutzt werden können.

Das Finanzamt hat im Weg der Schätzung ein Drittel der letztgenannten Aufwendungen als beruflich veranlasst angesehen und dies dem Beschwerdeführer im Vorlagebericht vom 15. Februar vorgehalten, wozu der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben hat.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann (hier, weil ein Netzticket gekauft wurde, das auch für andere Zwecke verwendet werden kann), hat sie diese nach § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist entsprechend § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Da vom Beschwerdeführer nicht erwartet werden kann ein Fahrtenbuch über die Nutzung der Wiener Linien zu führen und der Beschwerdeführer nichts zur Schätzung des Finanzamtes mit einem Drittel der Aufwendungen für die Netztickets als Werbungskosten geäußert hat, spricht nichts dagegen von der Richtigkeit dieser Schätzung auszugehen. Es sind daher als Fahrtkosten zu den Studienorten des Beschwerdeführers € 50,00 als Werbungskosten zu beurteilen.

Bei den Anschaffungskosten für das iPad und den Apple Pencil gilt zum oben Gesagten Ähnliches. Beide Verfahrensparteien gehen von einem Privatanteil von 40 % der Nutzung aus, weswegen dieser auch in diesem Erkenntnis angesetzt wird. Dementsprechend sind daher € 355,79 für das iPad und € 72,72 für den Apple Pencil als Werbungskosten für die Anschaffung geringwertiger Anlagegüter anzusetzen.

Insgesamt sind dem Beschwerdeführer daher an Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 im Jahr 2020 bei den nichtselbständigen Einkünften als ***3*** in Höhe von € 1.395,85 erwachsen und war der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2020 spruchgemäß abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die sich dieses Erkenntnis im Wesentlichen auf die Beweiswürdigung und auf rechtlicher Ebene auf die Anwendung des Gesetzestextes beziehungsweise der oben zitierten ständigen Judikatur und Lehre beschränkt, wurden keine Rechtsfragen berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung in dieser Sache hinausgehen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100434.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at