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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2022, RV/7102033/2021

Zuzugsbegünstigung, negative Stellungnahme FFG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WTS Tax Service Steuerberatungsgesellschaft mbH, Am Modenapark 10, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom betreffend Antrag auf Erteilung einer Zuzugsbegünstigung gem. § 103 EStG zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers die Gewährung eines Zuzugsfreibetrages gem. § 103 EStG 1988. Der Beschwerdeführer arbeite seit Datum als Projektassistent am *** an der Technischen Universität Wien. In Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis habe er erstmalig seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt. Diesem Antrag legte er ein Verzeichnis gem. § 7 ZBV 2016 sowie eine Bestätigung der TU Wien über den Tätigkeitsschwerpunkt bei.

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag auf Zuerkennung des Zuzugsfreibetrages gem. § 103 Abs. 1a EStG 1988 ab. Zur Begründung führte dieser aus, dass der Beschwerdeführer seit Datum als Projektassistent an der Technischen Universität Wien (***) beschäftigt sei.

Der Zuzug sei am Datum (Begründung Hauptwohnsitz) aus Land erfolgt.

Der Beschwerdeführer habe seinem Antrag zunächst lediglich eine Bestätigung der Technischen Universität Wien beigelegt, aus der ersichtlich sei, dass der Antragsteller seit Datum als vollbeschäftigter Projektassistent am *** beschäftigt sei. Aufgrund eines Ergänzungsersuchens habe dieser weitere Unterlagen nachgereicht (Verleihung PhD-Grades, Lebenslauf, Publikationsliste, Arbeitsvertrag TU Wien, Unterstützungsschreiben der Forschungsgruppe "***" der TU Wien)

Aus den vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass der Zuzug keinem der Standardtatbestände des § 2 Abs. 2 ZBV 2016 zu subsumieren ist. Es sei daher eine materielle Einzelfallbeurteilung vorzunehmen gewesen. Der Antragsteller habe durch Vorlage seines Arbeitsvertrages sowie weiterer Unterlagen in einer nachvollziehbaren Weise darlegen gekonnt, dass seine Tätigkeit an der TU Wien überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z1 ZBV 2016 bestehe.

Der Beschwerdeführer habe seinen PhD-Grad erst im Datum von der *** verliehen bekommen. Dem Lebenslauf sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer danach (von Datum) als Postdoktorand an der University of Land) tätig gewesen sei. Während seiner Studienzeit sei er außerdem Teaching Assistent gewesen und habe zwei Bachelorarbeiten als Supervisor betreut. Seit Datum sei der Beschwerdeführer als Projektassistent an der TU Wien beschäftigt, wo er an einem vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanzierten Projekt mitwirke. Die beigebrachte Publikationsliste weise den Antragsteller als (Co-)Autor von insgesamt sieben Fachartikeln aus. Darüber hinaus habe er einige Konferenzbeiträge geleistet.

In Zusammenschau aller Beweismittel gelange der Bundesminister für Finanzen zu dem Schluss, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers (noch) nicht mit jenen Leistungen, welche von Personen, die unter § 2 Abs. 2 Z1 und Z2 ZBV2016 fallen, erwartet werden, vergleichbar sei. Den vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines bisherigen akademischen und beruflichen Werdegangs ein besonders hohes Maß an Verantwortung (insbesondere Projektleitungsverantwortung) zugekommen wäre. Ein solcher, sich von der typischerweise von Jungwissenschaftlern ausgeübten Tätigkeit abhebender Verantwortungsgrad sei auch in den von ihm nunmehr an der TU Wien wahrzunehmenden Aufgaben als Projektassistent nicht zu erblicken. Hieran vermögen auch die Ausführungen des Leiters der Forschungsgruppe "***" an der TU Wien in seinem Unterstützungsschreiben vom zur Expertise des Antragstellers nichts zu ändern. Ebenso wenig der Hinweis, dass es nicht leicht gewesen sei, für das vom FWF finanzierte Projekt einen geeigneten Postdoc-Kandidaten zu finden. Allein aus der Schwierigkeit, adäquates Personal zu finden, könne nämlich noch nicht auf eine hohe wissenschaftliche Qualifikation geschlossen werden (vgl. ).

Es sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer noch am Anfang seiner akademischen und beruflichen Laufbahn stehe. Dieser könne bislang nur eine relativ überschaubare Anzahl an Publikationen vorweisen. Das füge sich in das gewonnene Gesamtbild wie der Umstand, dass dieser zwar bereits Bachelorarbeiten betreut habe, nicht aber Master- oder gar Doktorarbeiten. Gerade die Betreuung und Beurteilung von Dissertationen sei Wesensmerkmal für die Habilitation nach österreichischem Vorbild (§ 103 Universitätsgesetz 2002), die Maßstab für die Beurteilung der Qualifikation sei.

Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht gelungen, das Vorliegen einer hohen wissenschaftlichen Qualifikation im Sinne des § 2 Abs. 1 Z4 ZBV 2016 hinreichend zu dokumentieren.

Mit Schreiben vom erhob der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers dagegen Beschwerde. Der Zuzug liege im öffentlichen Interesse nach § 103 Abs 1a EStG iVm § 2 Abs 1 der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, ZBV 2016, BGBl II 261/2016. Der Beschwerdeführer sei als hochqualifizierter Wissenschaftler und Forscher einzustufen und seine Forschungstätigkeiten für das öffentliche Interesse von Bedeutung. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation könne durch mehrere Nachweise verifiziert werden. Der Antragsteller habe durch die Vorlage seines Arbeitsvertrages sowie weiterer Unterlagen in einer nachvollziehbaren Weise darlegen gekonnt, dass seine Tätigkeit an der TU Wien überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 ZBV 2016 bestehe, was von der belangten Behörde auch nicht in Zweifel gezogen werde.

Die belangte Behörde verwehre die Zuerkennung des Zuzugsfreibetrags unter Hinweis darauf, dass das Vorliegen einer hohen wissenschaftlichen Qualifikation im Sinne des § 2 Abs 1 Z 4 ZBV 2016 nicht hinreichend dokumentiert worden sei ().

Es sei jedoch nicht zweifelsfrei geklärt, ob aus den in § 2 Abs 2 ZBV genannten Kategorien von Wissenschaftlern ein einheitlich hoher Standard abzuleiten sei, der dann auf die Einzelfallbeurteilung nach § 2 Abs 1 ZBV ausstrahle. Es sei alles andere als eindeutig, dass andere Wissenschaftler deshalb das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Interesses im Allgemeinen nicht erfüllen würden. Die Gesetzesmaterialien zu § 103 EStG würden vorsehen, dass es um den Zuzug von ausländischen Spitzenkräften aus dem Bereich von Wissenschaft und Forschung gehe. Daraus lasse sich ableiten, dass auch jemand, der gerade erst seine PhD-Ausbildung abgeschlossen habe, durch seine bisher verfassten Publikationen sowie aufgrund internationaler Erfahrung zeigen könne, dass er bereits eine Spitzenkraft sei. Da es laut den Erläuterungen zur Regierungsvorlage darum gehe, angesichts des internationalen Wettbewerbs um die "besten Köpfe" für die Zielgruppe der Wissenschaftler und Forscher Anreize für deren Zuzug nach Österreich zu schaffen, mache es Sinn früh anzusetzen und diese Spitzenkräfte so früh wie möglich für den Wissenschaftsstandort Österreich zu sichern. Dies lasse sich ebenso aus der wirkungsorientierten Folgenabschätzung des Steuerreformgesetzes 2015/16 ableiten, wonach der Sinn der Bestimmung des § 103 EStG dahingehend beschrieben werde, Anreize zu schaffen, um Wissenschafts- und Forschungspersonal nach Österreich zu holen.

Es erscheine als stelle das BMF vorwiegend auf das (junge) Alter ab und nehme an, dass es dadurch nicht möglich sei, eine bereits hohe wissenschaftliche Qualifikation aufzuweisen. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass die besten Wissenschaftler sich nicht am Alter als Kriterium messen lassen könnten.

Auch herausragende Nachwuchswissenschaftler und Jungforscher wie der Beschwerdeführer müssten zu den von der Zuzugsbegünstigung erfassten Spitzenkräften gehören. Auch laut den EStR sei es möglich, dass Wissenschaftler als Postdoc in den Genuss der Begünstigung kämen. Das Alter sei kein Maßstab und Kriterium für die Verweigerung bzw. Gewährung des Zuzugsfreibetrages.

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die BFG-Rechtsprechung uneinheitlich sei.

Im Erkenntnis des 04784/2019 sei einem Post-Doc Assistenten der Zuzugsfreibetrag gewährt worden, weil die hohe wissenschaftliche Qualifikation hinreichend nachgewiesen werden konnte.

Das BFG habe auch die internationale Vernetzung als ausschlaggebenden Punkt für die Gewährung eines Zuzugsfreibetrages angeführt. Der Beschwerdeführer trage in hohem Maße zum Wissenstransfer und zum Aufbau der Expertise im Bereich der *** bei, insbesondere im Gebiet der ***. Er habe sein Wissen nicht nur als Doktorand an der *** erwerben gekonnt, sondern auch als Gastdoktorand an der renommierte University of Land und konnte internationale Arbeitserfahrung an der University of Land als Postdoc sammeln.

Der Beschwerdeführer bringe aufgrund seiner hervorragenden Ausbildung sowie internationalen Erfahrung fehlendes Know-How im Bereich der *** nach Österreich mit. Er verfüge über ***, die für das Sonderforschungsprojekt von unermesslicher Bedeutung seien.

Darüber hinaus könne bestätigt werden, dass der Beschwerdeführer in seiner jetzigen Position sowohl Master- als auch Doktorarbeiten betreuen und begleiten dürfe, er dürfe diese nur (noch) nicht beurteilen. Er könne aber einen Notenvorschlag unterbreiten. Bereits an der Universität Land habe er Masterstudenten betreut und begleitet.

Der Beschwerdeführer sei Teil eines vom FWF eingerichteten Sonderforschungsbereichs (SFB) "***" und im Rahmen der "***" in einem Teilprojekt "***" des SFB mitinvolviert.

Es sei wichtig gewesen, einen geeigneten Forscher zu finden, der sowohl über das benötigte Know-How als auch über Netzwerke zu internationalen Forschern und Forschungseinrichtungen verfüge. Diese Fähigkeiten stehen nur einem hochqualifizierten Forscher, wie dem Beschwerdeführer, zur Verfügung.

In einem beigelegten Empfehlungsschreiben werde der Beschwerdeführer wie folgt beschrieben:

"Für sein junges akademisches Alter weist dieser eine hervorragende Publikationstätigkeit auf, und besitzt außerdem durch seine Abschlüsse sowohl in *** als auch in *** ein Alleinstellungsmerkmal, das ihn für dieses Projekt in höchstem Maße wissenschaftlich qualifiziert. Eine erfolgreiche Durchführung dieses Teilprojekts ist ohne einen Wissenschafter mit den Kenntnissen und der hohen Qualifikation von dem Beschwerdeführer daher kaum möglich. Insbesondere auch seine interdisziplinäre Ausbildung wird es ihm ermöglichen, Lösungen zu entwickeln, die nicht nur ***. Durch die enge Verzahnung der Teilprojekte in diesem SFB hängt außerdem auch der Erfolg des Gesamtprojekts an der Anwerbung von Wissenschaftlern mit seiner wissenschaftlichen Qualifikation."

Der Nachweis über die hohe wissenschaftliche Qualifikation iSd BFG-Rechtsprechung sei somit erbracht und das Argument, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines bisherigen akademischen und beruflichen Werdegangs kein besonders hohes Maß an Verantwortung zugekommen wäre und ein solcher, sich von der typischerweise von Jungwissenschaftlern ausgeübten Tätigkeit abhebender Verantwortungsgrad auch in den von ihm nunmehr an der TU Wien wahrzunehmenden Aufgaben nicht zu erblicken ist, nicht haltbar.

Als Nachweis legte der steuerliche Vertreter mehrere Empfehlungsschreiben bei und verwies auf Vorträge auf internationalen wissenschaftlichen Konferenzen sowie die Publikationsliste. Die Tatsache, dass ein Artikel des Beschwerdeführers von hoch renommierten Journals ausgewählt worden sei, spreche für seine hohe wissenschaftliche Qualifikation. Für einen Forscher komme es vorwiegend auf die Qualität seiner wissenschaftlichen Publikationen und nicht auf deren Quantität an.

Abschließend beantragte der steuerliche Vertreter die Entscheidung durch den Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom übermittelte die FFG gem. § 8 ZBV 2016 ihre Stellungnahme und hielt fest, dass das öffentliche Interesse nicht gegeben sei, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ZBV 2016 nicht vorliegen. Die zu erwartenden Leistungen des Beschwerdeführers seien nicht mit jenen Fällen des § 2 Abs. 2 Z 1 und Z 2 ZBV 2016 vergleichbar. Der Beschwerdeführer habe sein Doktorat erst kürzlich (Datum) an der *** abgeschlossen. Er sei nun als Projektassistent an der TU Wien tätig. Es handele sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit im Fachbereich, mit der jedoch, auch wenn seine Expertise im SFB *** von Bedeutung sei, kein hoher Verantwortungsgrad einhergehe. Der Beschwerdeführer stehe am Anfang seiner Postdoc-Forschungskarriere und verfüge zum jetzigen Zeitpunkt über keine ausreichende Forschungserfahrung iSd § 2 Abs. 1 ZBV 2016.

Mit Schreiben vom nahm der steuerliche Vertreter dazu Stellung und zog den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück. Das Ermittlungsverfahren der FFG sei mangelhaft erfolgt. Der Beschwerdeführer sei nicht über die Vorlage seines Aktes an die FFG informiert worden.

Es sei unverständlich, wie die FFG zu dem Schluss komme, dass die Forschung des Beschwerdeführers nicht maßgeblich im öffentlichen Interesse stehe. Der Beschwerdeführer sei als einziger Postdoc an einem SFB Forschungsprojekt des FWF beteiligt, an dem drei namhafte Universitäten beteiligt seien. Die Mission des FWF sei, dass dieser der Weiterentwicklung der Wissenschaften auf hohem internationalen Niveau diene. Er leiste einen Beitrag zur kulturellen Entwicklung, zum Ausbau der wissensbasierten Gesellschaft und damit zur Steigerung von Wertschöpfung und Wohlstand in Österreich.

Die Auffassung der FFG stehe daher im klaren Widerspruch zur Einstufung durch den FWF. Wäre der Beschwerdeführer nicht als herausragender Forscher zu sehen und diene die Forschungstätigkeit nicht der Steigerung von Wertschöpfung und Wohlstand in Österreich, hätte der FWF kaum das Forschungsprojekt gefördert.

Das Ermittlungsverfahren sei daher seitens der FFG mangelhaft geführt worden und es werde ersucht den Sachverhalt durch das BFG erneut zu würdigen. Es seien fünf Empfehlungsschreiben von renommierten Forschern vorgelegt worden, die alle die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Beschwerdeführers bescheinigen würden. Weiters ergebe sich aus dem Leitbild des FWF sowie den Ausschreibungsbedingungen für die SFBs, dass die förderungswürdige Forschungstätigkeit im öffentlichen Interesse Österreichs liegen müsse.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer schloss sein Doktoratsstudium der *** im Datum an der Land ab. Mit Datum verlegte der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz von Land nach Österreich und begründete seinen Hauptwohnsitz in Wien. Seit dem Datum ist der Beschwerdeführer als vollbeschäftigter Projektassistent am *** der TU Wien beschäftigt.

Mit Schreiben vom übermittelte die FFG gem. § 8 ZBV 2016 ihre Stellungnahme und hielt fest, dass das öffentliche Interesse am Zuzug des Beschwerdeführers nicht gegeben sei, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ZBV 2016 nicht vorliegen. Die zu erwartenden Leistungen des Beschwerdeführers seien nicht mit jenen Fällen des § 2 Abs. 2 Z 1 und Z 2 ZBV 2016 vergleichbar. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer sein Doktorat erst kürzlich (Datum) an der *** abgeschlossen habe und nun als Projektassistent an der TU Wien tätig sei. Es handele sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit im Fachbereich, mit der jedoch, auch wenn seine Expertise im SFB *** von Bedeutung sei, kein hoher Verantwortungsgrad einhergehe. Der Beschwerdeführer stehe am Anfang seiner Postdoc-Forschungskarriere und verfüge zum jetzigen Zeitpunkt über keine ausreichende Forschungserfahrung iSd § 2 Abs. 1 ZBV 2016.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind insoweit unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Bestimmung des § 103 EStG 1988 über die Zuzugsbegünstigung, BGBl. I Nr. 118/2015, idF BGBl. I Nr. 118/2015 lautet auszugsweise:

"§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter Q 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

(1 a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden.

(2) […]

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs. 1 und des Abs. 1 a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist. […]"

§ 2 der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, lautet auszugsweise:

"Wissenschaft und Forschung

§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).

2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.

3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.

4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.

(2) Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt in folgenden Fällen jedenfalls im öffentlichen Interesse:

1. Der zuziehende Wissenschaftler wird als Professorin/Professor im Sinne des § 94 Abs. 2 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, tätig oder des § 12 Abs. 1 Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology - Austria, BGBl. I Nr. 69/2006 in Verbindung mit § 94 Abs. 2 Z 1 UG.

2. Der zuziehende Wissenschaftler wird in seinem Habilitationsfach oder einem an sein Habilitationsfach angrenzenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Fach tätig,

[…]"

§ 2 der ZBV 2016 widmet sich der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmales "des öffentlichen Interesses" am Zuzug von Wissenschaftlern und Forschern. Im öffentlichen Interesse gelegen ist somit der Zuzug hochqualifizierter Wissenschaftler/innen. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation im Sinne des § 103 EStG muss vom Antragsteller hinreichend dokumentiert sein. Ohne den Zuzug dieser Forschungs- bzw. Wissenschaftskapazität würde eine Förderung der inländischen Wissenschaft und Forschung nicht in diesem Ausmaß eintreten, als es durch sein Wirken in Österreich zu erwarten ist.

Gemäß § 2 Abs. 2 ZBV 2016 ist das öffentliche Interesse am Zuzug in unwiderlegbarer gesetzlicher Vermutung jedenfalls gegeben, wenn der zuziehende Wissenschaftler in seinem Habilitationsfach oder in einem angrenzenden Fach an einer Universität oder vergleichbaren Einrichtung tätig wird (§ 2 Abs. 2 Z 1 und Z 2 ZBV 2016). Mangels Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 ZBV 2016 nicht zur Anwendung kommen.

Es war daher eine materielle Einzelfallbeurteilung gemäß § 2 Abs. 1 ZBV 2016 durchzuführen und anhand der dort genannten Voraussetzungen - mit besonderem Augenmerk auf die Tätigkeit und die Qualifikation des Beschwerdeführers zu prüfen, ob durch dessen Zuzug eine im öffentlichen Interesse gelegene Förderung der Wissenschaft oder Forschung zu erwarten war.

In Zweifelsfällen sieht § 8 ZBV 2016 die Beziehung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) zur sachverständigen Beurteilung der Wissenschafts- und Forschungstätigkeit eines Antragstellers vor. In ihrem Gutachten vom stellte die FFG unter ausführlicher Würdigung des vorliegenden Sachverhalts fest, dass aufgrund der übermittelten Unterlagen das öffentliche Interesse an dem Zuzug des Beschwerdeführers iSd ZBV 2016 nicht gegeben sei, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ZBV 2016 nicht vorliegen würden.

Der Beschwerdeführer habe sein Doktorat erst kürzlich (Datum) an der *** abgeschlossen habe und sei nun als Projektassistent an der TU Wien tätig sei. Es handele sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit im Fachbereich, mit der jedoch, auch wenn seine Expertise im SFB *** von Bedeutung sei, kein hoher Verantwortungsgrad einhergehe. Der Beschwerdeführer stehe am Anfang seiner Postdoc-Forschungskarriere und verfüge zum jetzigen Zeitpunkt über keine ausreichende Forschungserfahrung iSd § 2 Abs. 1 ZBV 2016.

Mit Schreiben vom brachte der steuerliche Vertreter vor, dass das Ermittlungsverfahren der FFG mangelhaft erfolgt sei und der Beschwerdeführer nicht über die Vorlage seines Aktes an die FFG informiert worden sei. Es sei unverständlich, wie die FFG zu dem Schluss komme, dass die Forschung des Beschwerdeführers nicht maßgeblich im öffentlichen Interesse stehe. Der Beschwerdeführer sei als einziger Postdoc an einem SFB Forschungsprojekt des FWF beteiligt, an dem drei namhafte Universitäten beteiligt seien. Die Mission des FWF sei, dass dieser der Weiterentwicklung der Wissenschaften auf hohem internationalen Niveau diene. Wäre der Beschwerdeführer nicht als herausragender Forscher zu sehen und diene die Forschungstätigkeit nicht der Steigerung von Wertschöpfung und Wohlstand in Österreich, hätte der FWF kaum das Forschungsprojekt gefördert. Das Ermittlungsverfahren sei daher seitens der FFG mangelhaft geführt worden; es seien fünf Empfehlungsschreiben von renommierten Forschern vorgelegt worden, die alle die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Beschwerdeführers bescheinigen würden.

Zu den Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass eine Einbindung des Beschwerdeführers im Rahmen der Beauftragung der FFG nicht vorgesehen ist. Der Beschwerdeführer brachte auch nicht vor, dass der vorliegende Sachverhalt der FFG bei der Beurteilung gem. § 8 ZBV 2016 nur unvollständig bekannt gewesen sein solle. Auch in der Stellungnahme vom konnte der steuerliche Vertreter keine neuen Sachverhaltselemente aufzeigen, die Zweifel an der fachkundigen Ermittlung und Einschätzung der FFG wecken würden. Die FFG hat sich im Rahmen ihrer Stellungnahme vielmehr ausführlich mit dem vorliegenden Sachverhalt auseinandergesetzt. Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer an einem von der FWF geförderten Forschungsprojekt mitwirkt, genügt nicht zur Beweisführung betreffend die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Beschwerdeführers selbst.

Die hohe wissenschaftliche Qualifikation gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 ZBV 2016 konnte somit vom Beschwerdeführer nicht hinreichend dokumentiert werden und der Zuzug lag daher nicht im öffentliche Interesse iSd § 103 EStG 1988.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob die hohe wissenschaftliche Qualifikation hinreichend dokumentiert wurde, stellt keine Rechtsfrage dar. Darüber hinaus lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102033.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at