Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.11.2022, RV/5100544/2022

Zeitpunkt des Eintritts der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend Familienbeihilfe für ******, VNR: ***000***, für den Zeitraum ab Juli 2020 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ****** betreffend die Zeiträume ab Juli 2020 ab.
In der Begründung heißt es:
"Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn ein Kind voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einerBerufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihrem Kind ist das nicht derFall (§ 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Laut Gutachten des Sozialministeriumservice vom wurde
****** eineBehinderung sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab diagnostiziert.
Da die dauernde Erwerbsunfähigkeit nach dem 21.
Lebensjahr eingetreten ist, ist einAnspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben.
Desweiteren ist für einen grundsätzlichen Familienbeihilfenanspruch bei Ihnen ein
gemeinsamer Haushalt mit Ihrem Sohn nötig bzw zumindest eine überwiegende monatlicheKostentragung Ihrerseits."

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom .
Der Sohn der Bf. bringt darin - in Vertretung der Bf. - im Wesentlichen Folgendes vor:
"Ich möchte, stellvertretend für meine Mutter ***Bf1***, gegen die Abweisung Ihres Antrages auf Kinderbeihilfe bzw. Ihres Antrages auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für mich, ******, Beschwerde einlegen.
Ich leide an meiner Erkrankung (chronische Erschöpfungsdepression) bereits seit meinem 13. Lebensjahr, massiv aber seit meiner Bundesheerzeit 1983/84 und Studienbeginn 1984 mit 20 Jahren, also schon weit vor meinem 25. Lebensjahr, und ich leide immer noch daran. Man hat in den 70er und 80er Jahren aber noch wenig von Depression und Burnout gewusst, und meine Krankheitssymptome damals gar nicht als solche erkannt. Ich bin deswegen auch nie zu einem Arzt gegangen.
Ich habe auch nie in meinem erlernten Beruf gearbeitet. Auch mein Studium hat sich krankheitsbedingt um 7 Jahre verlängert.
In ärztliche Behandlung habe ich mich erst 1994 begeben (erster Aufenthalt im Krankenhaus
***KH*** mit 30 Jahren) als es gar nicht mehr ging. Erst zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich schwer krank war, Eine chronische Depression kommt aber nicht von heute auf morgen, sondern baut sich über Jahre und Jahrzehnte auf.
Was das Gutachten des Sozialministeriumservice betrifft, bin ich gar nicht persönlich gehört
worden, es wurde von Frau ***Dr.1*** auf Grund der Aktenlage entschieden, wie man mir mitgeteilt hat, und die beginnt halt erst mit meinem ersten Krankenhausbericht 1994.
Ich habe zwar im letzten Jahr nicht im Haushalt meiner Mutter gelebt, sie hat mich aber seit
Juni 2020 mit erheblichem Aufwand unterstützt, da man mir die Mindestsicherung drastischgekürzt hat (teilweise bekam ich nur 33 Euro monatlich von der BH ****). Ich hattekeinerlei Erspartes. Ohne meine Mutter wäre ich buchstäblich auf der Straße gestanden."

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Dies im Wesentlichen mit folgender Begründung:
Laut Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom sei beim Sohn der Bf. eine Beeinträchtigung in Höhe von 50 % sowie eine dauernde Erwerbsunfähigkeit ab festgestellt worden.
Gemäß § 8 Abs. 5 ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der derzeit gültigen Fassung gelte ein Kind als erheblich behindert, bei dem nicht nur eine vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung bestehe. Als nicht nur vorübergehend gelte ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung müsse mindestens 50 % betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handle, das voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit sei durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Eine rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe sei für max. fünf Jahre ab der Antragstellung möglich bzw. ab dem Monat, ab dem das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung festgestellt habe (§ 10 FLAG 1967 in der geltenden Fassung).
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande seien, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Da laut Gutachten des Sozialministeriumservice die dauernde Erwerbsunfähigkeit erst ab 08/1994 festgestellt worden sei (Eintritt nach dem vollendeten 21. Lebensjahr), stehe für den Sohn der Bf. keine Familienbeihilfe und keine erhöhte Familienbeihilfe ab 07/2020 zu.

Dagegen richtet sich der fristgerecht eingebrachte und als "Berufung gegen die Beschwerdevorentscheidung" bezeichnete Vorlageantrag vom .
Zur Begründung bringt der Sohn der Bf. in Vertretung der Bf. Folgendes vor:
Er wisse nicht, warum das Finanzamt die Beschwerde abgewiesen habe. Er sei zu 50 % behindert und dies sicher noch länger als drei Jahre. Seine Erkrankung habe er seit 44 Jahren und die werde in den nächsten drei Jahren nicht weg sein. Auch sei sein Behindertenausweis unbefristet.
Was den Beginn seiner Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. bzw. 25. Geburtstag betreffe, habe ihn die ärztliche Sachverständige bei der Gutachtenerstellung gar nicht befragt oder untersucht, sondern einfach den Termin seines ersten Aufenthaltes im ***KH*** Krankenhaus vom August 1994 aus dem Arztbrief in das Gutachten übernommen. Eine valide Untersuchung dazu habe ja nie stattgefunden.
Er wolle in Vertretung seiner Mutter gegen die Beschwerdevorentscheidung berufen. Wenn es zur Klärung des Sachverhalts beitrage, komme er gerne auch persönlich zum Finanzamt.

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage

Nach § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung, haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
a) für minderjährige Kinder,
….
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist.

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gebührt die Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal.

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass beim Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.), ******, VNR: ***000***, bei einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. zwar eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, eine vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, jedoch nicht nachgewiesen werden konnte.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten, aus den nachstehend angeführten - im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellten - Sachverständigengutachten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

Im ärztlichen Sachverständigengutachten (Aktengutachten nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, vom , VOB: ***1***, heißt es (auszugsweise):

"[…]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Alle Dokumente werden eingesehen, relevante Auszüge davon folgend angeführt:

Stat. Aufenthalt ******** ***KH*** von 26.8. bis beiaffektiver Störung;

Stat. Aufenthalt ******** ***KH*** von 24.3. bis beiAnakastischer Persönlichkeitsstörung mit agitiert depressiver Ausprägung
Tranquilizerabusus …

weitere Stat. Aufenthalte:
11/1997-1/1998 bei schwerer neurotischer Depression;
1/1999 bei längerdauernder Ädepressiver Episode;
4-5/2005 bei rezid. depressiver Störung -ggw. mittelgrad. depr. Episode;

Aufenthalt ******** ***KH*** von 22.5. bis :
Rezidivierend depressive Störung, mittelgradige Episode - Med. mit Zyprexa, Mirtabene,
Lamictal, Truxal - am Aufnahme in die Psychiatrische Tagesklinik;

Angeführt werden weitere Aufenthalte ***KH*** 9/2006 bei Panikstörung,
Benzodiazepinabhängigkeit
,Soziophobie, vermeidender Persönlichkeitsstörung

Stationär ***KH*** von bis bei Benzodiazepinabhängigkeit, Rezidivierenddepressive Episode, Selbstunsichere Persönlichkeit - kommt erstmals zurEntwöhnungsbehandlung.

Stat. Aufenthalt Psychiatrie ***KH*** - ******** von bis bei
v.a. Rezidivierend depressive Störung
Benzodiazepinabhängigkeit
kombinierte Persönlichkeitsstörung....

weiterer Stat. AufenthaltPsychiatrie mit oben genannten Diagnosen:
11/12 2019;

Vorgutachten im PASS Verfahren ***Dr.2*** vom , GdB 50% beikomplexer psychischer Störung mit chronifizierter Depression, Persönlichkeitsstörung undsozialem Rückzug,
langjähriger Verlauf, erschwerte berufliche und soziale Integration, konnte trotz sehr guter
Qualifizierung nie wirklich am Arbeitsmarkt Fuß fassen ;
als Dauerzustand angenommen;

Behandlung/en/Medikamente/Hilfsmittel:

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd.Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB
1
komplexe psychische Störung mit chronifizierter Depression, Persönlichkeitsstörung und sozialem Rückzug, Dauertherapie, Dauermedikation, Kontakt mit promente, langjähriger Verlauf, erschwerte berufliche und soziale Integration, konnte trotz sehr guter Qualifizierung nie wirklich am Arbeitsmarkt Fuß fassen ;
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung mit 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Hyperlipidämie;

Stellungnahme zu Vorgutachten:
Keine Änderung zum PASS Vorgutachten vorliegend; der Gesamtgrad der Behinderung bleibt mit 50% gleich.

[…]

GdB liegt vor seit: 08/1994

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
laut vorliegendem Arztbrief
Stat. Aufenthalt ******** ***KH*** von 26.8. bis bei affektiver Störung,-ab diesem Zeitpunkt liegen zahlreiche Befunde über stat.Aufenthalte vor, daher kann von einer durchgehenden Beeinträchtigung ab diesem Zeitpunktausgegangen werden.

Herr ****** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 08/1994

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
langjähriger Verlauf, erschwerte berufliche und soziale Integration, konnte trotz sehr guter
Qualifizierung nie wirklich am Arbeitsmarkt Fuß fassen;

Dauerzustand

Gutachten erstellt am von ***Dr.3***

Gutachten vidiert am ***Dr.4***"

Im Aktengutachten nach der Einschätzungsverordnung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, vom , VOB: ***2***, wird Folgendes festgestellt (auszugsweise):

"[…]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Neuerliche Überprüfung des Anspruchs auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zurFamilienbeihilfe, aufgrund erheblicher Behinderung bei Beschwerde gegen dasVorgutachten.
Alle vorhandenen Befunde wurden eingesehen.
Vorgutachten
***Dr.3***, AM, vom , GdB 50%:
Diagnosen:
Komplexe psychische Störung mit chronifizierter Depression, Persönlichkeitsstörung und
sozialem Rückzug

Arztbrief ******** ***KH*** ***X***, Aufenthalt vom -:
Diagnosen:
Anankastische Persönlichkeitsstörung mit agitiert depressiver Ausprägung
Differentialdiagnostisch ist eine anhaltende affektive Störung in Erwägung zu ziehen
Tranquilizerabusus

Arztbrief ******** ***KH*** ***X***, Aufenthalt vom -:
Diagnose: schwere neurotische Depression
Aus der Anamnese:
Herr
****** ist seit 1994 wegen Depressionen in Behandlung. Seit demAbschluss seines Studiums vor 2 1/2 Jahren lebt er zu Hause und geht keiner Beschäftigungnach. Er berichtet über innere Unruhe, massive Angstzustände und Schlafstörungen. Trotzmehrmaligen Wechselns des Antidepressivums kam es zu keiner Verbesserung...Als Grundder lang andauernden Depression äußert der Pat. eine Überforderung im Studium. DieDepression sei durch maximale Schonung ausheilbar.

Arztbrief ******** ***KH***, Aufenthalt vom -:
Diagnosen: Längerdauernde depressive Episode

Arztbrief ******** ***KH***, Aufenthalt vom -04.0S.2005:
Diagnosen: Rez. depressive Störung, ggw. mittelgradige depr. Episode

Arztbrief ******** ***KH***, Tagesklinik, vom :
Diagnosen: kombinierte (schizoid-anankastisch neurotische) Persönlichkeitsstörung

Arztbrief ******** ***KH***, Aufenthalt vom -:
Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode

Arztbrief ******** ***KH***, Aufenthalt vom -:
Diagnosen:
Panikstörung
Benzodiazepinabhängigkeit
Soziophobie
Hyperlipidämie
vermeidende Persönlichkeitsstörung

Entlassungsbrief ***KH1***, vom :
Aufnahmegrund:
Die stationäre Aufnahme von
****** erfolgte nach ambulantemVorgespräch zur qualifizierten Entzugsbehandlung.
Diagnosen:
Benzodiazepinabhängigkeit
Rezidivierend depressive Störung, ggw. Remittiert
Kombinierte Persönlichkeitsstörung
Arterielle Hypertonie
V.a. hirnorganisches Psychosyndrom (HOPS)

Behandlung/en/Medikamente/Hilfsmittel:

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd.Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB
1
Kombinierte Persönlichkeitsstörung, chronifizierte Depression;
Unter medikamentöser Dauertherapie, regelmäßige stationäre Aufenthalte und tagesklinische Therapie, langjähriger Verlauf ohne längerfristige Remission, Leistungsfähigkeit und soziale Kontakte schwer aufrecht zu erhalten, keine Eingliederung in den beruflichen Alltag trotz guter Qualifikation und überdurchschnittlichem Intelligenzniveau möglich;
50

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden Nummer 1 bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung mit 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Hyperlipidämie;

Stellungnahme zu Vorgutachten:
Das Leiden Nummen(Persönlichkeitsstörung, Depression) und somit der Gesamtgrad derBehinderung bleiben gleich (50%).

GdB liegt vor seit: 08/1994

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
GdB 50% ab 08/1994 - entsprechend dem Vorgutachten, aktuell die vorgelegten Befunde beginnend mit 11/1997.

Herr ****** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: JA

Dies besteht seit: 08/1994

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:
Ab diesem Zeitpunkt kann, aufgrund der vorgelegten Fachbefunde und der mehrfach stationären Aufenthalte mit nachweislich erheblicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit, von einer durchgehenden Beeinträchtigung mit Unmöglichkeit der Integration am Arbeitsmarkt ausgegangen werden.

Dauerzustand

Gutachten erstellt am von ***Dr.1***

Gutachten vidiert am ***Dr.4***"

Im Beschwerdefall ist entscheidend, ob die vom Finanzamt aufgrund der erwähnten Sachverständigengutachten angenommenen Unfähigkeit des Sohns der Bf., sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, schon vor dessen Vollendung des 21. Lebensjahres im September 1985 bzw. während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres im September 1989 eingetreten ist.

§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 (wie auch § 6 Abs. 2 lit d FLAG 1967 betreffend Vollwaisen) stellt darauf ab, dass ein volljähriges Kind auf Grund einer zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine zu einer solchen Erwerbsunfähigkeit führende geistige oder körperliche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt (vgl. zu § 6 Abs. 2 lit d FLAG 1967).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis , ausgeführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung (siehe etwa , oder ) der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen.

Daher sind bei der Antwort auf die Frage, ob eine solche Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist, die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) zugrunde liegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (vgl. etwa ; und , mwN; Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 29).

Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als schlüssig und vollständig anzusehen sind. Es ist also im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens festzustellen, ob die gegenständlichen im Wege des Bundessozialamtes (Sozialministeriumservice) erstellten Gutachten diesen Kriterien entsprechen.

Das Finanzamt sieht es als erwiesen an, dass beim Sohn der Bf. bei einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten sei (siehe Beschwerdevorentscheidung vom ).

Diese Annahme stützte die Behörde im Wesentlichen auf die im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) erstellten Sachverständigengutachten.

Die ärztliche Gutachterin des Sozialministeriumservice stellte im Erstgutachten vom (Aktengutachten) einen Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v.H., vorliegend ab 08/1994 fest. Zudem stellte sie fest, dass der Sohn der Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, eine bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtliche dauernde Erwerbsunfähigkeit stellte sie jedoch nicht fest.

Im Zweitgutachten (Aktengutachten vom ) wurde übereinstimmend mit dem Vorgutachten festgestellt, dass der Sohn der Bf. bei einem GdB vom 50. v.H. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die ärztliche Gutachterin gelangte - ebenfalls übereinstimmend mit dem Erstgutachten - zur Feststellung, dass die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, seit 08/1994 bestehe. Dies mit der Begründung, dass erst ab diesem Zeitpunkt, aufgrund der vorgelegten Fachbefunde und der mehrfach stationären Aufenthalte mit nachweislich erheblicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit, von einer durchgehenden Beeinträchtigung mit Unmöglichkeit der Integration am Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Sohn der Bf. an seiner Erkrankung (chronische Erschöpfungsdepression) bereits seit dem 13. Lebensjahr leide, massiv aber seit seiner Bundesheerzeit 1983/84 und dem Studienbeginn 1984 mit 20 Jahren, also schon weit vor Vollendung des 25. Lebensjahres.

Mit diesem Vorbringen wird jedoch nicht aufgezeigt, aufgrund welcher Beweismittel (etwa Befunde) die Sachverständigen des Sozialministeriumservice zum Ergebnis hätten kommen müssen, der Eintritt der in den Gutachten zugestandenen Erwerbsunfähigkeit wäre vor Vollendung des 21. (bzw. 25.) Lebensjahres erfolgt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) bestehen u.a. bei Begünstigungsvorschriften und in Fällen, in denen die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde eingeschränkt sind, erhöhte Mitwirkungspflichten der Partei. Die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde sind dann massiv eingeschränkt, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die teilweise Jahrzehnte zurückliegen. Somit ist es primär an den Beschwerdeführern gelegen, den behaupteten Sachverhalt, nämlich eine bereits vor der Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nachzuweisen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 32).

Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. ). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass durch die Vorlage von Privatgutachten oder weiterer Befunde die Schlüssigkeit der vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten widerlegt werden könnte (z.B. ; ).

Um beurteilen zu können, ob eine Behinderung bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres (bei Berufsausbildung: des 25. Lebensjahres) ein Ausmaß erreicht hat, das eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nach sich zieht, sind bei Behinderungen, die ihren Grund in Erkrankungen mit variierendem Krankheitsverlauf haben, valide Unterlagen erforderlich, um aus diesen auf den Eintritt der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit schließen zu können (vgl. ).

Im vorliegenden Fall konnten von der Bf. keine Befunde vorgelegt werden, die für die Sachverständigen den Schluss zugelassen hätten, dass beim Sohn der Bf. bereits vor dem 21. bzw. 25. Lebensjahr eine zu einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit führende geistige oder körperliche Behinderung eingetreten ist, da solche Befunde erst ab 1994 vorliegen.

In der Beschwerde wird auch eingeräumt, dass der Sohn der Bf. nie zu einem Arzt gegangen sei, weil man in den 70er und 80er Jahren noch wenig von Depression und Burnout gewusst habe und die Krankheitssymptome damals gar nicht als solche erkannt habe. In ärztliche Behandlung habe er sich erst 1994 begeben (erster Aufenthalt im Krankenhaus ***KH*** mit 30 Jahren).

Liegen keine Befunde für Zeiträume vor der Vollendung des 21. Lebensjahres (bei Berufsausbildung: des 25. Lebensjahres) vor, ist es einem Gutachter in der Regel nicht möglich, für solche Zeiträume eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, festzustellen, sofern kein Leidenszustand vorliegt, der eindeutig eine Erwerbsfähigkeit bereits von vorneherein ausschließt ().

In beiden Gutachten wurde zutreffend und unwidersprochen darauf hingewiesen, dass ärztliche Befundnachweise für die Erkrankung des Sohnes der Bf. erst ab 08/1994 vorliegen. Frühere Befunde wurden auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt. Ein Sachverständiger kann in derartigen Fällen lediglich auf Grund von Indizien in Verbindung mit ihrem spezifischen Fachwissen Rückschlüsse ziehen, zu welchem Zeitpunkt eine zu einer voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit führende Behinderung eingetreten ist. Psychische Erkrankungen können erfahrungsgemäß unterschiedlich schwer ausgebildet sein und je nach Ursache unterschiedliche Symptome zeigen. Das Ausmaß der Symptome hängt nicht nur von der Ursache der Erkrankung ab, sondern auch von anderen Faktoren, etwa therapeutische Interventionen, soziales Lebensumfeld oder Fördermaßnahmen (vgl. ).

Vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht als unschlüssig anzusehen, dass sich das Aktengutachten des Sozialministeriumservice vom auf die am weitesten zurückliegenden Befunde stützte und eine rückwirkende Feststellung des Zeitpunktes des Eintrittes einer dauernden Erwerbsunfähigkeit für die medizinische Sachverständige erst ab dem Vorliegen entsprechender ärztlicher Befunde (hier: ab 08/1994) möglich war.
Es wurde ausführlich auf die Art des Leidens und das Ausmaß der hieraus resultierenden Behinderung eingegangen. Die ärztlichen Sachverständige im Sozialministeriumservice bezog bei ihrer Diagnoseerstellung bzw. für die Feststellung des Zeitpunktes des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit neben ihrem Fachwissen auch die vorgelegten Befunde ein.

Die vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten sind daher schlüssig und vollständig, sodass das Bundesfinanzgericht die Bescheinigung des Sozialministeriumservice vom dem gegenständlichen Erkenntnis zu Grunde zu legen hat.

Mit dem Einwand im Vorlageantrag, dass im Zuge der Erstellung des zweiten Gutachtens keine Untersuchung stattgefunden habe, kann die Bf. nichts für sich gewinnen, da es der ärztlichen Sachverständigen überlassen bleibt, ob sie bei der Gutachtenserstellung eine medizinische Untersuchung für erforderlich hält oder und die vorgelegten Unterlagen und Befunde für eine Beurteilung als ausreichend erachtet. Auch "ein reines Aktengutachten" kann daher ausreichend sein. Der Sachverständige hat sich bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Die vom Sachverständigen bei der Aufnahme des Befundes anzuwendende Methode hängt ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab (). Weshalb bei einer Beurteilung eines Zustandsbildes, das mehr als 30 Jahre zurückliegt, eine persönliche Untersuchung des Sohnes der Bf. geeignet gewesen wäre, über die von der Gutachterin herangezogenen ärztlichen Befunde hinaus den Sachverhalt näher aufzuklären, wird weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag aufgezeigt.

Bei dieser Sach- und Beweislage liegen jedoch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, nämlich der Nachweis, dass der Sohn der Bf. wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung vor Vollendung des 21. Lebensjahres (bzw. während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) voraussichtlich außerstande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht vor.

Die Beschwerde musste daher als unbegründet abgewiesen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob beim Sohn der Bf. eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem 21. bzw. 25. Lebensjahr vorlag. Weder die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht. Da sohin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen war, ist eine Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100544.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at