Einstellung des Verfahrens bei Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, Adr., über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
A. Sachverhalt
Bei der damaligen Beschwerdeführerin (Bf.) fand über den Zeitraum Februar bis September 2016 eine Außenprüfung statt, in deren Zuge das Finanzamt feststellte, dass der Betriebsgegenstand des im Jänner 2016 gegründeten Unternehmens Bau- und Elektroinstallationen seien. Im Prüfungszeitraum habe die Bf. diverse Wohnungen saniert und dabei 17 Dienstnehmer beschäftigt. Außerdem habe die Bf. seit Februar 2016 Aufträge für Wohnungssanierungen an ein ungarisches Unternehmen erteilt und an dieses Barzahlungen geleistet.
Das Finanzamt beurteilte dies als Arbeitskräfteüberlassung von ungarischen Arbeitern in Österreich im Sinne des § 99 Abs 1 Z 5 EStG. Die beschwerdeführende GmbH hafte für die Einbehaltung und Abfuhr der Abzugssteuer gemäß § 99 EStG.
Daher erließ das Finanzamt gegenüber der Bf. am einen Haftungsbescheid betreffend Abzugsteuern in Höhe von EUR 83.767,20. Dagegen richtet sich die von der damaligen steuerlichen Vertretung am eingebrachte Beschwerde mit Verzicht auf Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, welche dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt wurde. Die vorgeschriebenen Abzugsteuern wurden nicht entrichtet, sondern die Aussetzung der Einhebung beantragt und vom Finanzamt auch gewährt.
Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom wurde über das Vermögen der Bf. das Insolvenzverfahren eröffnet. Am hob das Gericht den Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger auf. Am erfolgte die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit.
Auf dem Abgabenkonto der gelöschten GmbH haftet nach Verteilung der Masse ein Rückstand von EUR 95.455,17 aus. Daneben ist ein Betrag von EUR 85.442,54 ausgesetzt, welcher - wie auch das zuständige Finanzamt bestätigte - die vorgeschriebene Abzugsteuer samt Säumniszinsen umfasst.
B.Rechtliche Ausführungen
B/1. Die Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (siehe Ritz, BAO5, § 79, Tz 11; ; , 2006/13/0187; , 2010/15/0026). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können bis zur Vollbeendigung der aufgelösten Gesellschaft grundsätzlich rechtswirksam ergehen, wobei die aufgelöste GmbH einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter benötigt ().
Mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; , 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam ().
Eine Entscheidung über die Beschwerde könnte durch das BFG im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden. Der steuerliche Vertreter, der namens der Bf. die Beschwerde eingebracht hatte, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, besteht nicht.
B/2. In seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035 zitierte der Verwaltungsgerichtshof einleitend seinen Beschluss vom (), in dem er aussprach, dass der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH bejaht werde, "solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind". Der VwGH merkte ausdrücklich an, dass sich diese Aussage nicht auf die Erledigung eines Berufungsverfahrens bezog.
Weiters verwies er auf seine Entscheidung vom , wonach zu prüfen ist, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Beschwerdeführerin ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit der Körperschaft insoweit als fortdauernd anzusehen wäre ().
Im vorliegenden Fall besteht kein Abwicklungsbedarf durch Fortführung des Beschwerdeverfahrens, weil die gelöschte GmbH die vorgeschriebene Abzugsteuer nicht entrichtet hat und daher selbst im Falle einer Stattgabe der Beschwerde kein Aktivvermögen entstünde. Auch haftet darüber hinaus ein hoher Abgabenrückstand auf dem Konto der gelöschten GmbH aus.
Die im Firmenbuch gelöschte und vermögenslose GmbH ist damit vollbeendet. Somit besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung kein Anlass zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs 2 BAO ().
Wegen der fehlenden Möglichkeit, der Bf. eine Rechtsmittelentscheidung zuzustellen, kann eine solche durch das BFG auch nicht wirksam erlassen werden (siehe auch ). Das Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen und der Beschluss nur an die Amtspartei zuzustellen.
C. Zulässigkeit einer Revision
Eine Revision ist nach Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG zulässig, wenn ein Beschluss von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur gegenständlichen Rechtsfrage existiert eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung, auf die sich der gegenständliche Beschluss stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102378.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at