Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.09.2022, RV/7500057/2022

Verwaltungsstrafe, Gebrauchsabgabe für Baustelleneinrichtung, kein fortgesetztes Delikt, sondern als Dauerdelikt für jeden Monat Verwaltungsübertretung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungs-strafsache gegen Bf., A-1, vertreten durch BLS Rechtsanwälte GmbH, Kärntner Straße 10, 1010 Wien, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBl. für Wien Nr. 20, in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 43/2018 über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen vom , N-1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten sowie des Vertreters der Haftungspflichtigen, jedoch in Anwesenheit des Verteidigers des Beschuldigten, P-1, der Behördenvertreterin P-2 und der Schriftführerin P-3 zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, dass die Strafen wie folgt herabgesetzt werden:

Geldstrafen zu den Spruchpunkten 1. - 7. jeweils € 800,00 gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung des ABl. der Stadt Wien Nr. 43/2018, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von je 20 Stunden.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt.

II. Gemäß § 64 VStG werden die Kosten des Verfahrens wie folgt neu bemessen:

Spruchpunkte 1. - 7. je € 80,00, zusammen € 560,00.

III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG iVm § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Der Gesamtbetrag (Strafe € 5.600,00 und verwaltungsbehördliche Kosten € 560,00) beträgt € 6.160,00.

IV. Die G-1 haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG über die verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

V. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

VI. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien MA 46 an die G-2 gemäß §§ 9 Abs. 1a und 10 GAG für den Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes zur Baustelleneinrichtung vor der Liegenschaft in A-2, im Ausmaß von 159 m2 im Zeitraum Februar 2019 bis August 2019 eine Gebrauchsabgabe für sieben Monate in Höhe von insgesamt € 11.352,60 (159,00 m2 x € 10,20 x 7 Monate) fest.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bescheid der Stadt Wien vom bis befristet gewesen sei. Die Baustelleneinrichtung sei, wie mit dem Antrag vom festgestellt worden sei, im genannten Ausmaß belassen worden. Die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom ab September 2019 verfügt worden.

Für den Zeitraum Februar 2019 bis August 2019 sei daher keine Gebrauchserlaubnis vorgelegen.

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Mit Schreiben vom forderte der Magistrat der Stadt Wien MA 6 - Abgabenstrafen den Beschwerdeführer (Bf.) als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG zur Rechtfertigung für die Verkürzung der Gebrauchsabgaben für die Monate 02-09/2019 auf.

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In Beantwortung der Aufforderung teilte der Bf. mit Schreiben vom mit, dass mit Bescheid der MA 46 vom die Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz und nach § 90 StVO erteilt worden sei.

Während die Baustelleneinrichtung A-3 vom bis genehmigt worden sei, sei die Baustelleneinrichtung A-2 nur vom bis genehmigt worden. Es sei bedauerlicher Weise übersehen worden, dass in dem Bescheid zwei unterschiedliche Genehmigungsdaten für die Baustelleneinrichtungen enthalten gewesen seien.

Nachdem die Bauleitung auf diesen Fehler aufmerksam geworden sei, sei umgehend mit der MA 46 Kontakt aufgenommen und um Nachbemessung ersucht worden. Die Baustelleneinrichtungsfläche in der A-2 sei am geräumt worden, sodass im September 2019 jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorgelegen sei.

Der Bf. bedauere den Vorfall, denke aber, dass im vorliegenden Fall ein entschuldbares Versehen vorliege, und ersuche daher, das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG einzustellen oder eine Ermahnung zu erteilen.

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Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. als verantwortlicher Beauftragter der G-1 (damals G-2) gemäß § 9 Abs. 2 VStG für schuldig befunden, die Gebrauchsabgaben für die Monate Februar 2019 bis August 2019 in Höhe von jeweils € 1.621,80 verkürzt und sieben Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, da er vor der Liegenschaft A-2 auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr diene, eine Baustelleneinrichtung im Ausmaß von 159 m2 vorgenommen gehabt habe, wobei er bis zum weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe.

Er habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 1 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost D 1 GAG im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 2 VStG verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Bf. Geldstrafen von jeweils € 1.460,00, falls diese uneinbringlich seien, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 1 Tag und 12 Stunden verhängt.

Ferner habe er gemäß § 64 VStG € 1.022,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das seien 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher € 11.242,00.

Die G-1 hafte für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen verhängten 7 Geldstrafen und die Verfahrenskosten sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

Begründend brachte der Magistrat der Stadt Wien vor:

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG sei für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben sei.

Nach § 9 Abs. 1 VStG sei für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmten und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt seien, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen sei.

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG seien die zur Vertretung nach außen Berufenen und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweise, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliege.

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Bf. die zur Vertretung nach außen berufene Person der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich sei.

Im vorliegenden Fall gehe aus einer Anzeige der MA 46 hervor, dass er den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, durch die oben erwähnten Taten ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen habe.

Anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung seien die angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht in Abrede gestellt und ausgeführt worden, es sei übersehen worden, dass die Bewilligung über gegenständliche Baustelle im Bescheid der Magistratsabteilung 46 vom lediglich vom bis ihre Gültigkeit gehabt habe. Nachdem die Bauleitung darauf aufmerksam geworden sei, sei umgehend die Magistratsabteilung 46 um Nachbemessung ersucht worden. Die gegenständliche Baustelle sei am geräumt worden, sodass im September 2019 jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorgelegen sei. Der Vorfall werde bedauert und um Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG oder Ermahnung ersucht, da ein entschuldbares Versehen vorliege.

Da die Taten bezüglich der Delikte 1.) bis 7.) für die Monate Februar 2019 bis August 2019 letztlich unbestritten geblieben seien, sei es als erwiesen anzusehen gewesen, dass der Bf. den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diene, in Anspruch genommen habe, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Er habe somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehöre der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe komme ().

Betreffend den Monat September 2019 (ehemals Delikt 8.) sei der Sachverhalt aufgrund seiner Rechtfertigung neuerlich geprüft, von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und die Einstellung gemäß § 45 (1) Z 1 VStG verfügt worden. Die Mitteilung über die verfügte Einstellung dieses Deliktes werde dem Bf. gesondert übermittelt.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung LGBl. Nr. 45/2013 seien Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt werde, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis EUR 21.000,00 zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauere so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachhole oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt werde. Im Falle der Uneinbringlichkeit sei gemäß § 16 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen festzusetzen.

Für die Strafbemessung sei zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend gewesen, wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollten, den Bf. wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).

Als erschwerend seien drei zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vorstrafen, als mildernd die gezeigte Schuldeinsicht und der Umstand zu werten gewesen, dass die gegenständliche Gebrauchsabgabe nach Festsetzung durch die Abgabenbehörde zeitnah bezahlt worden sei (Schadensgutmachung).

Die Strafbemessung sei unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse erfolgt. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse hätten zu seinen Gunsten nicht angenommen werden können, da der Bf. von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht habe und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt bestehe.

Die Verschuldensfrage sei aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Ausspruch über die Kosten sei im § 64 Abs. 2 VStG begründet.

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In der dagegen am übermittelten Beschwerde vom brachte der Bf. vor, dass mit Bescheid der Magistratsabteilung 46 vom für die gegenständliche Baustelle die Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabengesetz erteilt worden sei, und zwar sei die Genehmigung für die Baustelleneinrichtung A-3 bis , für die Baustelleneinrichtung A-2 allerdings nur bis erfolgt.

Es sei im vorliegenden Fall bedauerlicherweise übersehen worden, dass in dem Bescheid zwei unterschiedliche Genehmigungsdaten für die Baustelleneinrichtungen enthalten gewesen seien. Nachdem die Bauleitung auf diesen Fehler aufmerksam geworden sei, habe sie umgehend mit der Magistratsabteilung 46 Kontakt aufgenommen und um Nachbemessung ersucht. Die vorgeschriebenen Nutzungsgebühren für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum seien umgehend entrichtet worden.

Das hier angefochtene Straferkenntnis sei grob fehlerhaft. Denn entgegen dem einfachgesetzlichen Wortlaut des § 16 Abs. 1 2. Satz GAG, wonach das hier gegenständliche Abgabendelikt als Dauerdelikt qualifiziert werde, gehe die belangte Behörde zu Unrecht von der Anwendung des Kumulationsprinzips und sieben vollendeten Erfolgsdelikten aus. Diese Rechtsansicht sei aus folgenden Gründen nicht zutreffend:

Bereits nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 2. Satz GAG handle es sich bei dem Tatbestand der Gebrauchsabgabenverkürzung um ein Dauerdelikt - und nicht, wie von der belangten Behörde als unzutreffend angenommen worden sei, um ein Erfolgsdelikt. Dies komme durch den Gesetzeswortlaut zum Ausdruck: "Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird." Diese Formulierung zeige, dass der Landesgesetzgeber ab der Geltung der Novelle gemäß des in der 19. Sitzung des Wiener Landtages vom gefassten Beschlusses nicht (mehr) von einem Erfolgsdelikt ausgehe. Er habe den Tatbestand zu einem Dauerdelikt verwandelt.

Dafür spreche auch der klare Wortlaut der Materialien des Landesgesetzgebers. Denn darin schildere der Gesetzgeber, dass der Tatbestand des § 16 Abs. 1 GAG ein Dauerdelikt darstellen solle (Beilage Nr. 45/2012, Seite 20/58 des Dokuments, Seite 5 f der Erl. Bemerkungen).

Dieses Dauerdelikt der Abgabenverkürzung könne bei verfassungskonformer Interpretation natürlich nicht dazu führen, dass ein "gemischtes" Erfolgs- und Dauerdelikt geschaffen werde. Es könne dem Gesetzgeber nämlich nicht unterstellt werden, dass er einerseits den für die Stadtkasse eintretenden Vorteil der kumulativen monatlichen Bestrafungsmöglichkeit beibehalten, andererseits mit der Bezeichnung dieses Tatbestands als Dauerdelikt erreichen habe wollen, dass monatlich eintretende Abgabenverkürzungen keinerlei absoluten Verjährungsfrist, insbesondere nicht der dreijährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG mehr unterliegen könnten - dies wäre nämlich gleichheits- und damit verfassungswidrig (; ; VfSIg. 13197/1992; ).

Bei gebotener verfassungskonformer Interpretation des § 16 Abs. 1 2. Satz GAG sei anzunehmen, dass im Falle einer mehrere Monate andauernden Verkürzung von Gebrauchsabgaben nur ein einziges (Dauer)Delikt vorliege. Dafür spreche auch, dass der Strafrahmen des § 16 Abs. 1 GAG mit nunmehr EUR 42.000,00 exorbitant hoch sei. Die vom Landesgesetzgeber vorgenommene Vorsehung des (verfassungswidrigen) völligen Fehlens einer absoluten Verjährungsfrist bei gleichzeitiger monatlich kumulativ entstehender Strafbarkeit bei einer fahrlässigen Abgabenverkürzung würde zu einer enormen, existenzvernichtenden, weil kumulativen Bestrafung führen.

Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen ausschieden. Das fortgesetzte Delikt komme daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (). Allerdings habe der VwGH erkannt, dass auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung, also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden könne.

Der Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liege dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammenträten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit habe zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht habe und für diese auch nur einmal zu bestrafen sei. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein dürfe, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, sei von Delikt zu Delikt verschieden und hänge weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab ().

Wesentlich für die Annahme eines zusammenhängenden zeitlichen Zusammenhangs sei, dass alle Einzelhandlungen des Täters vom selben Willensentschluss getragen würden (). Dies sei vorliegend der Fall: Es sei einmal vergessen worden, die Verlängerung des auslaufenden Gebrauchserlaubnisbescheids zu beantragen. Man könne aus diesem Grund von einem fahrlässigen "Gesamtkonzept" des Täters sprechen, das zu einer Einheit zusammentrete (vgl. ; ; ).

Zusammengefasst sei die vorliegende Abgabenverkürzung als einheitliche Tat zu beurteilen und demnach auch nur einmal zu bestrafen.

Der Bf. stelle daher den Antrag,

a) dass er als verantwortlicher Beauftragter der G-1 wegen der Tat der Abgabenverkürzung gemäß § 16 Abs. 1 GAG für den Zeitraum Februar 2019 bis August 2019 nur einmal für schuldig erkannt und einer schuld- und tatangemessenen Geldstrafe bei sonstiger Ersatzfreiheitsstrafe unterworfen werde;

b) in eventu: dass das gegenständliche Verfahren bis zur Erledigung der zur selben Rechtsfrage anhängigen Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs Ra 2020/13/0077 und Ra 2020/13/0078 unterbrochen werde;

c) in eventu: dass eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt werde.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:

Vertreter des Bf.:

"Ich lege eine ergänzende Äußerung vor, in der ich zusammengefasst erläutere, dass dieser Fall zum Anlass genommen wurde, um in der G-1 ein verbessertes Kontrollsystem einzuführen.

Außerdem möchte ich betonen, dass es sich lediglich um einen minderen Grad des Versehens handelt, da unerwartet für einen Teil der in Gebrauch genommenen öffentlichen Verkehrsflächen unterschiedliche Bewilligungstermine bescheidmäßig festgestellt wurden.

Dazu verweise ich auf den auf den Bewilligungsbescheid der MA 46 vom (Seite 8 des Magistratsaktes), aus dem die unterschiedlichen Beendigungszeiträume hervorgehen, obwohl es sich um dieselbe Baustelle handelt.

Außerdem wird in diesem Bescheid im ersten Absatz auf Seite 2 des Bescheides widersprüchlich festgestellt, dass die Baustelleneinrichtung vom bis andauere, obwohl in der darauffolgenden Tabelle teilweise von der Beendigung mit die Rede ist.

Betreffend die Verkürzungszeiträume vom bis stelle ich ein schuldhaftes Verhalten meines Mandanten in Abrede und beantrage dafür die Einstellung des Verfahrens, in eventu eine geringere Strafe aufgrund des geringeren Schuldgehaltes des deliktischen Verhaltens.

Zusätzlich möchte ich betonten, dass es sich bei den Bauleitern, wie auch dem hier Beschuldigten, um keine Juristen handelt.

Als weiteren Milderungsgrund ersuche ich um Berücksichtigung der Tatsache, dass die Verlängerung der Gebrauchsbewilligung lediglich einmal vergessen wurde und nicht jeden Monat.

Außerdem ist mein Mandant seit nicht mehr verantwortlicher Beauftragter der Gesellschaft, weshalb spezialpräventive Gründe hier nicht mehr in Betracht kommen."

Vertreterin MA 6:

"Zum einen weise ich darauf hin, dass im Bescheid der MA 46 vom das teilweise Ende mit aufscheint und daher bei sorgfältiger Prüfung diese Diskrepanz auffallen hätte müssen.

Außerdem wäre im Falle des einmaligen Vergessens der Verlängerung auch zu einem späteren Zeitpunkt eine solche vorzunehmen gewesen.

Das Vorbringen des Vertreters des Bf. betreffend die nunmehrige Verbesserung der Kontrolleinrichtungen hat für vergangene Zeiträume keine Auswirkung."

Die Parteien stellten keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Die Behördenvertreterin beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.

Der Vertreter des Bf. beantragte die Einstellung des Straferkenntnisses hinsichtlich der Spruchpunkte 1. - 6., ansonsten wie bisher. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen seines Mandanten wollte er sich nicht äußern.

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In der in der Verhandlung vorgelegten und zum Akt genommenen Äußerung vom wurden in eventu folgende Einwände zur Höhe der verhängten Strafe erhoben:

Grundlage für die Bemessung der Strafe seien die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs. 1 VStG). Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes seien die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden (§ 19 Abs. 2 VStG). Überwögen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, so könne die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden (§ 20 VStG).

Im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde den Schuldgehalt der Tat, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat überbewertet und zu hohe Strafen verhängt.

A. Vornahme von Organisations- und Überwachungsmaßnahmen

1. Der Bf. sei gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter der G-2 gewesen, dies gemäß Bestellung vom und Enthebung vom . Sein räumlicher Zuständigkeitsbereich sei Wien gewesen, sein sachlicher Zuständigkeitsbereich alle Sachgebiete ausgenommen Bahnbau.

2. Allein in Wien betreue die Firma G1 über einhundert Baustellen. Die Baustelleneinrichtung und die dabei vorzunehmende Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz unterliege unternehmensintern dem Verantwortungsbereich des jeweiligen Bauleiters. Den Bauleitern organisatorisch übergeordnet seien Gebietsbauleiter, die wiederum dem Bf. Bericht erstatteten.

3. Zur Vermeidung von Verstößen gegen das Wiener Gebrauchsabgabegesetz habe er unternehmensintern zahlreiche Maßnahmen ergriffen. So finde sich auf einer Checkliste "Internes Baueinleitungsgespräch" die Rubrik "Verkehrszeichen / Wasserrechtsverhandlung, Verkehrszeichenaufstellung dokumentieren". Unter diese Rubrik falle die Vornahme der Bewilligung nach dem Wiener GAG, die von jedem Bauleiter bei Baustelleneinrichtung zu beantragen und auch zu verlängern sei. Hintergrund sei, dass diese Themenbereiche gemeinsam von der MA 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) abgehandelt und bewilligt werde.

4. Bei internen Schulungen mit den Gebietsbauleitern und Schulungen mit den Bauleitern werde zu diesem Punkt spezifisch darauf hingewiesen, dass die Bewilligung des Gebrauchs nach dem Wiener GAG nicht nur bei Einleitung des Bauvorhabens zu beantragen sei, sondern die neuerliche Antragsstellung spätestens acht Wochen vor Ende der Bewilligung zwecks Verlängerung der Gebrauchsbewilligung vonnöten sei. Der vorliegende Fall sei auf die in wenigen Fällen vorgekommene Nichtbeantragung der Verlängerung zurückzuführen und liege etwa 2,5 Jahre zurück. Im Hinblick auf die Anzahl und die Größe der Baustellen und der im Vergleich geringfügigen Überschreitungen handle es sich hierbei um sogenannte "Ausreißer", die auf einmalige, entschuldbare Fehlleistungen der jeweiligen Bauleiter beruhten. Ungeachtet dessen verfolge der Bf. eine Null-Toleranz-Politik bei Gesetzesverstößen, weswegen er weitere Maßnahmen ergriffen habe, um auch solche vereinzelten entschuldbaren Fehlleistungen komplett abzustellen.

5. Dazu sei aktuell die inzwischen eingeführte, auf die Region Wien baustellenbezogene Fristenevidenz, um eine Kontrolle von fristbezogenen Erledigungen nach dem Wiener GAG insbesondere auch im Hinblick auf das Erfordernis einer Fristverlängerung von Gebrauchsbewilligungsbescheiden einzuführen.

6. Zusammengefasst seien und würden von mir laufend Organisations- und Überwachungsmaßnahmen ergriffen (worden), um die - vereinzelt vorgekommene - Verkürzung der Wiener Gebrauchsabgabe abzustellen. Es würden laufend und fallbezogen Analyse- und Verbesserungsmaßnahmen dieses Systems ergriffen.

Bescheinigung:
Dokument Bauausführung (./A)
Dokument internes Baueinleitungsgespräch (./B)

B. Verdünnung des Schuldgehaltes bei Anwendung des Kumulationsprinzips

1. Sofern das Gericht seinen Ausführungen zur Nichtanwendung des Kumulationsprinzips wider Erwarten nicht folgen sollte, trage der Bf. vor wie folgt:

2. Die jeweiligen Verkürzungshandlungen gründeten allesamt auf einer einmaligen und gemeinsamen entschuldbaren Fehlleistung. Die Ursache dafür sei schlicht und ergreifend darin gelegen, dass der Bauleiter eine Frist versäumt habe, um die neuerliche Bewilligung des Gebrauchs zu beantragen. Nachdem dies aufgezeigt worden sei, seien unverzüglich die Antragstellung und die Abfuhr der geschuldeten Gebrauchsabgabe erfolgt. Vorliegend sei von einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage auszugehen. Diese sei als tatbestandliche Handlungseinheit zu beurteilen. Dafür sei es auch nicht Voraussetzung, dass ein zeitlicher Zusammenhang vorliege, sei doch ein solches Kriterium des zeitlichen Zusammenhangs bereits dem Tatbestandselement der fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung inhärent. Dies sei bei den einzelnen Taten schuldmindernd zu berücksichtigen.

C. Weitere Milderungsgründe

1. Die erstinstanzliche Behörde habe bei ihrer Strafzumessung ferner folgende Strafmilderungsgründe unberücksichtigt gelassen:

2. Der Bf. sei an der strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen, zumal die Nichtbeantragung der Verlängerung der Benützungsbewilligung vom Baustellenleiter erfolgt sei, obwohl er in Schulungen stets auf das Erfordernis der Verlängerung hingewiesen habe (§ 34 Abs. 1 Z 6 StGB).

3. Er habe die Tat - appliziert auf den Fall der Fahrlässigkeitsdelinquenz - sozusagen nur aus Unbesonnenheit und nicht mit vorgefasster Absicht begangen (§ 34 Abs. 1 Z 7 StGB).

4. Trotz Vollendung der Tat sei es zu keinem Schaden gekommen, zumal die verkürzten Beträge umgehend nachbezahlt worden seien (§ 34 Abs. 1 Z 13, 14 StGB).

5. Der Bf. habe sich auch ernstlich bemüht, den Schaden wiedergutzumachen (was gelungen sei). Ferner würden durch die inzwischen gesetzten Kontrollmaßnahmen künftige Fälle verhindert werden (§ 34 Abs. 1 Z 15 StGB).

6. Er bestreite nicht die Tatbegehung an sich, sondern nur die rechtliche Qualifikation derselben, weswegen von einem reumütigen Geständnis zum tatrelevanten Sachverhalt auszugehen sei (§ 34 Abs. 1 Z 17 StGB).

7. Außerdem liege der Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer gemäß § 34 Abs. 2 StGB vor, zumal das Verfahren nunmehr fast 3 Jahre andauere, obwohl er von Anfang an den ihm vorgeworfenen Tathergang nicht in Abrede gestellt habe.

8. Die Milderungsgründe überwögen allfällige Erschwerungsgründe erheblich, weswegen die Strafe auch im Sinne einer außerordentlichen Strafmilderung entsprechend weiter herabzusetzen sei.

D. Die Schuld sei als gering einzustufen

Der Handlungsunwert der Tat sei gering gewesen. Die Tat sei durch leicht fahrlässiges Unterlassen begangen worden, und zwar hinsichtlich aller Tatvorwürfe basierend auf einem einzigen faktischen "Vergessen" der neuerlichen Antragstellung, die noch dazu nach ihrer Entdeckung umgehend nachgeholt worden sei.

Der Erfolgsunwert der Tat sei geringfügig, zumal der Schaden unverzüglich wiedergutgemacht und die Antragsstellung für die Bewilligung des Gebrauchs unverzüglich nach Aufklärung erfolgt sei.

Der Gesinnungsunwert sei besonders gering, zumal es sich höchstens - wie gesagt - um eine leichte Fahrlässigkeitsdelinquenz handle. Vielmehr möchte der Bf. selbstverständlich keine Verkürzungshandlungen bewirken und ergreife laufend Maßnahmen, um dies zu verhindern. Eine Bestrafung sei aus spezialpräventiven Gründen nicht geboten, zumal derzeit an der weiteren Verbesserung des diesbezüglichen Fristenmanagements gearbeitet werde und er auch nicht mehr verantwortlicher Beauftragter sei.

Die verhängten Strafen seien daher tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

E. Anträge

Er stelle daher nachstehende Anträge:

a. Das Bundesfinanzgericht möge das Straferkenntnis dahingehend abändern, dass er wegen der verfahrensgegenständlichen Tat der Abgabenverkürzung gemäß § 16 Abs. 1 Wiener GAG idF LGBI. Nr. 61/2016 nur einmal für schuldig erkannt werde und ihn einer schuld- und tatangemessenen Bestrafung unterwerfen; in eventu:

b. die verhängten Strafen tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aussetzung des Verfahrens:

Gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn

1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und

2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 31 Abs. 2 Z 3 letzter Satz VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist wird die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist, nicht eingerechnet.

Ein Grund für eine Aussetzung liegt nicht vor, da eine Verwaltungsübertretung in der Verkürzung einer bestimmten Abgabe für einen bestimmten Zeitraum liegt und nach den Bestimmungen im Verwaltungsstrafrecht pro Verwaltungsübertretung eine Sanktion auszusprechen ist. Den außerordentlichen Revisionen in vorangegangenen Verfahren des Bundesfinanzgerichts wird demnach nach Ansicht der erkennenden Richterin kein Erfolg beschieden sein. Es liegt verfahrensgegenständlich keine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Darüber hinaus stellt die Rechtsfrage in den BFG-Verfahren RV/7500339/2020 und RV/7500340/2020 keine Vorfrage im gegenständlichen Strafverfahren dar, sondern ebenfalls eine Hauptfrage, weshalb eine dennoch gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG verfügte Aussetzung des Verfahrens den Eintritt der Verjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG nicht verhindern könnte ().

Objektive Tatseite:

Gemäß § 1 Abs. 1 Gebrauchsabgabegesetz (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Auf die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis besteht kein Rechtsanspruch. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

Gemäß § 2 Abs. 1 GAG ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur auf Antrag zulässig. Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach den Tarifen D Post 1 und D Post 4 ist mindestens 8 Wochen vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen.

§ 17b GAG in der Fassung LGBl. Nr. 61/2016

Valorisierung der Tarifposten

(1) Die Gebrauchsabgabe nach Tarif A, B und D und nach den in § 18 Abs. 7 Z 4 genannten Tarifposten verändert sich in jenem Maße, in welchem sich der von der Bundesanstalt Statistik Austria verlautbarte und im Amtsblatt der Stadt Wien kundgemachte Verbraucherpreisindex 2010 oder des an seine Stelle tretenden Indexes im Zeitraum vom und in weiterer Folge seit der letzten Änderung der Abgabe zum Stichtag 30. Juni eines Jahres erhöht bzw. vermindert hat, wobei die Änderung mindestens 3 % (Schwellenwert) betragen muss.

(2) Die Valorisierung erfolgt im Ausmaß der Änderung des in Abs. 1 angeführten Indexes zum Stichtag 30. Juni, wobei die sich daraus ergebenden Beträge unter ausschließlicher Berücksichtigung von zwei Dezimalstellen jeweils auf 10 Cent aufgerundet werden. Die Anpassung tritt mit Beginn des der Indexanpassung nachfolgenden 1. Jänner in Kraft. Die Anpassung ist vom Magistrat im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen. Der gerundete Betrag bildet die Ausgangsbasis für die nächste Valorisierung.

(3) Die nach Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung zum vorzunehmende Valorisierung wird ausgesetzt. Stichtag für die erstmalige Valorisierung ist - ausgenommen für die Tarifposten D 2 und D 3 - der . Abweichend von Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung ist für die mit dem Landesgesetz LGBl. für Wien Nr. 61/2016 geänderten Tarifposten D 2 und D 3 für die erstmalige Valorisierung als Vergleichswert der heranzuziehen.

Laut Tarifpost D 1 GAG in der Fassung ABl. 43/2018 gelten die folgenden Tarife:

D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat

1. für die Lagerung von Baustoffen, Schutt, Baugeräten, Baucontainern, Lademulden oder von sonstigen Gegenständen sowie für die Aufstellung von Baugeräten, Baucontainern, Gerüsten oder Bauhütten je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 6,50 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 12,90 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 4,60 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 9,10 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für denselben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen - insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist - beantragt oder erfolgt der Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 14 Euro und in allen übrigen Bezirken 10,20 Euro. Die Lagerung von Baucontainern und Lademulden bis zu 24 Stunden ist nicht genehmigungspflichtig und abgabenfrei.

Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, hat - unbeschadet der §§ 6 und 16 - gemäß § 9 Abs. 1a GAG die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten.

Der objektive Tatbestand ergibt sich aus der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung der Behörde vom , wonach der Bf. im tatgegenständlichen Zeitraum Februar 2019 bis August 2019 als verantwortlicher Beauftragter der G-2 (nunmehr G-1) bestellt war und es unterlassen hat, für die Baustelleneinrichtungen in A-2, eine Gebrauchsbewilligung (bzw. deren Verlängerung) zu erwirken und die Gebrauchsabgabe zu den jeweiligen Fälligkeitstagen (auf § 12 GAG wird verwiesen) zu entrichten.

Zum Tatbegriff bei Verkürzungen der bescheidmäßig festzusetzenden monatlichen Abgaben nach Tarifpost D 1:

Tat ist die Verkürzung einer bestimmten Abgabe (Gebrauchsabgabe eines bestimmten Tarifpostens) für einen bestimmten Zeitraum (Monat). Die Verkürzungshandlung liegt in der Unterlassung der Antragstellung auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach § 2 Abs. 1 Z 2 GAG mindestens acht Wochen vor der beabsichtigten Ingebrauchnahme, womit eine bescheidmäßige Festsetzung durch den Magistrat erst zeitverzögert erfolgen kann und die Abgabe in der Folge nicht gesetzeskonform entrichtet wird.

Die durch Unterlassung einer fristgerechten Antragstellung bewirkte Verkürzung wird hinsichtlich des monatlichen Tatzeitraumes jeweils durch die Zustellung eines Festsetzungsbescheides oder Bewilligungsbescheides beendet.

Die durch den Bf. vertretene Gesellschaft hat in sieben Monaten den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Gebrauch genommen, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis für jeweils der Tarifpost D 1 unterliegende Gegenstände zu erwirken und damit sieben Verwaltungsübertretungen als Dauerdelikte bis jeweils begangen.

Die Bescheide vom sind Sammelbescheide zu mehreren Abgabenschuldigkeiten. Zu jedem Tatzeitraum (Monat) wäre spätestens acht Wochen vorher eine Gebrauchsbewilligung zu beantragen gewesen.

In der Unterlassung der Bekanntgabe der für die Erlassung des Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheides erforderlichen Daten nach § 2 Abs. 1 Z 2 GAG liegt somit jeweils der objektive Tatbestand der dem Bf. angelasteten Verwaltungsübertretungen.

Einwand des Vorliegens eines fortgesetzten Deliktes:

Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind gemäß § 22 Abs. 2 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

Die Strafenkumulierung, die im Rahmen des Verwaltungsstrafrechtes gemäß § 22 Abs. 2 VStG gilt, ergibt sich schlicht als Folge des Umstands, dass beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen für jedes (selbstständig verwirklichte) Delikt eine eigene Strafe zu verhängen ist (zB ).

"Nebeneinander" zu verhängen sind stets Einzelstrafen. Mehr noch wäre es gesetzwidrig, bloß eine einzige - die Sanktionen unterschiedlicher Straftatbestände - zusammenfassende "Gesamtstrafe" zu verhängen; und zwar deshalb, weil diesfalls die Strafzumessung für die rechtlich selbstständigen Einzeltaten nicht mehr überprüfbar ist ().

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird, hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet ().

Liegt allerdings ein fortgesetztes Delikt oder eine tatbestandliche Handlungseinheit vor, so ist die Anwendung des in § 22 Abs. 2 VStG normierten Kumulationsprinzips ausgeschlossen ().

Zum Einwand des Bf., es liege ein fortgesetztes Delikt vor, für das gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nur eine Strafe zu verhängen sei, übersieht der Bf., dass gegenständlich übereinstimmend mit der bisherigen Verantwortung bzw. dem Beschwerdevorbringen, es sei verabsäumt worden, rechtzeitig um Verlängerung der Gebrauchserlaubnis anzusuchen, dem Bf. lediglich fahrlässiges Verhalten angelastet wurde und schon die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. ).

Aus dem vom Bf. herangezogenen VwGH-Erkenntnis Ra 2016/03/0108, wonach auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz eine tatbestandliche Handlungseinheit vorliegen kann, lässt sich nichts gewinnen, da diese Rechtsprechung nur bei Ungehorsamsdelikten Anwendung findet, nicht jedoch wie im gegenständlichen Fall bei Abgabenverkürzungen, die gemäß § 16 iVm Tarifpost D1 GAG monatlich begangen wird und gemäß § 22 Abs. 2 VStG nicht zusammenzufassen ist (vgl. , bei Verkürzung von Mautzahlungen).

Somit kommt dem rechtlichen Einwand, es liege ein Fortsetzungsdelikt vor und es wäre von der Verwaltungsstrafbehörde nur eine Strafe zu verhängen gewesen, keine Berechtigung zu.

Auch dem Einwand des Bf., dass Abgabenverkürzungen als Dauerdelikte keinerlei absoluten Verjährungsfrist, insbesondere nicht der dreijährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG unterlägen, ist zu entgegnen, dass diese Dauerdelikte gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz GAG mit der bescheidmäßigen Festsetzung bzw. der nachgeholten Selbstbemessung enden, weshalb die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG ab diesem Zeitpunkt beginnt.

Subjektive Tatseite:

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß § 9 Abs. 2 VStG berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Der Bf. wurde bereits am zum verantwortlichen Vertreter nach § 9 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes bestellt (erst am wurde er wieder abberufen) und hat seine darauf beruhende Verantwortlichkeit auch nicht bestritten.

Der Bf. hat die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt, indem er für die verfahrensgegenständlichen Monate die gebotene Sorgfalt verletzt hat, eine Gebrauchsbewilligung zu erlangen, und somit die bescheidmäßige Festsetzung durch die Behörde verzögert hat. Die jeweilige Verkürzung ist durch sieben Außerachtlassungen der gebotenen Sorgfalt eingetreten.

Zweifelsfrei hätte der Bf. bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt, zu der er als verantwortlicher Beauftragter nach den Umständen verpflichtet und die ihm auch zweifelsfrei zuzumuten war, den Ablauf der Gebrauchserlaubnis - bei ordnungsgemäßer Terminvormerkung bzw. Terminverwaltung - erkennen und die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis erwirken können.

Wie die Vorverfahren (zuletzt ; ; ) aufzeigen, sind ihm die einschlägigen Bestimmungen inklusive Strafkonsequenzen bei Nichtbefolgung bekannt.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt ().

Eine Verkürzung ist immer dann bewirkt, wenn eine Abgabe nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erhoben werden kann. Wäre fristgerecht jeweils eine Verlängerung der Bewilligung beantragt worden, hätte die Behörde schneller eine bescheidmäßige Festsetzung vornehmen können und wären die Abgaben früher zu entrichten gewesen.

Zur subjektiven Tatseite bringt der Bf. in seiner Rechtfertigung vor, dass aufgrund eines Versehens übersehen worden sei, dass der am erwirkte Bescheid teilweise mit befristet gewesen sei, da im selben Bescheid ein Teil derselben Baustelleneinrichtung bis bewilligt worden sei. Bedauerlicher Weise sei dieses Versäumnis erst Monate später bemerkt und dann umgehend die bescheidmäßige Erledigung erwirkt und die Gebrauchsabgabe nachbezahlt worden.

Mit diesem Vorbringen wird die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte subjektive Tatseite einer fahrlässigen Verkürzung der Gebrauchsabgabe nicht bekämpft. Vielmehr gesteht der Bf. inhaltlich eine fahrlässige Handlungsweise ein, als verantwortlicher Beauftragter der G-2 nicht rechtzeitig eine Gebrauchserlaubnis für die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses bezeichneten Baustelleneinrichtungsflächen auf öffentlichen Gemeindegrund erwirkt und die Gebrauchsabgabe nicht zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet zu haben. Zweifelsfrei hätte der Bf. bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt, zu der er als verantwortlicher Beauftragter nach den Umständen verpflichtet und die ihm auch zweifelsfrei zuzumuten war, den Ablauf der Gebrauchserlaubnis mit - bei ordnungsgemäßer Terminvormerkung bzw. Terminverwaltung - erkennen und die Verlängerung der Gebrauchserlaubnis erwirken sowie die zeitgerechte Entrichtung der Gebrauchsabgabe veranlassen können. Eine fahrlässige Handlungsweise ist dem Bf. somit zweifelsfrei vorwerfbar.

Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Handlungsweise des Bf. liegen nicht vor, zumal er selbst vorbringt, der Ablauf der Gebrauchserlaubnis sei übersehen worden.

Durch das fahrlässige Verhalten des Bf. hat die Behörde die Abgaben nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erhalten, sondern musste erst nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung vorgehen.

Ein verantwortlicher Vertreter hat für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorgaben Sorge zu tragen. Erreicht ein Unternehmen eine Größenordnung, dass eine einzelne Person dieser Aufgabe nicht mehr nachkommen kann, erfordert es die Sorgfaltspflicht, eben die Aufgabenwahrnehmung allenfalls auch auf mehrere verantwortliche Vertreter aufzuteilen oder ein so sicheres Kontrollsystem einzurichten, dass Verlängerungen nicht übersehen werden können, was in den Tatzeiträumen nicht gegeben war.

Da die eingewendeten Verbesserungen der Kontrollmaßnahmen ausschließlich nach dem Beginn der Verwirklichung der gegenständlichen Abgabenverkürzungen vorgenommen wurden, können sie somit keinen Einfluss auf das Verschulden des Bf. haben. Diese zeigen allerdings im Gegenteil, dass die bisher getroffenen Kontrollmaßnahmen nicht ausreichend waren.

Auch verringert sich entgegen der Rechtsansicht des Bf. der Schuldgehalt bei Anwendung des Kumulationsprinzips nicht, da zwischen den monatlich bewirkten Abgabenverkürzungen kein zeitlicher Zusammenhang besteht.

Strafbemessung:

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung LGBl. Nr. 11/2013 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs. 1 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe darf gemäß § 16 Abs. 2 VStG das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Verfahrensgegenständlich liegen sieben Verwaltungsübertretungen vor, die wegen der Verkürzung für jeweils einen monatlichen Tatzeitraum den gesetzlichen Vorgaben folgend sieben Geldstrafen nach sich ziehen, für die ein Strafausspruch zu tätigen und eine Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen ist.

Ausgehend von einer fahrlässigen Handlungsweise sah die Verwaltungsstrafbehörde bei der Strafbemessung zutreffend als mildernd die Schuldeinsicht, die als Geständnis gewertet werden konnte, sowie, dass die verkürzten Abgaben zeitnah entrichtet wurden und somit Schadensgutmachung vorliegt.

Als erschwerend wurden zu Recht drei rechtskräftige Vorstrafen im Sinne von drei Erkenntnissen mit insgesamt 23 Verwaltungsübertretungen gewertet.

Das Verschulden ist jedoch geringer, wenn lediglich eine bestanden habende Bewilligung nicht fristgerecht verlängert wird, als wenn gleich gar keine Bewilligung beantragt wird. Das Verschulden ist auch als geringer anzusehen, wenn, wie in der Verantwortung des Bf. dargelegt, mehrere Personen in eine Aufgabenwahrnehmung eingebunden sind und nur ein Kontrolldefizit seitens des Bf. bestand. Dazu war auch mildernd zu berücksichtigen, dass mittlerweile ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet wurde, wodurch die Begehung dieser Taten seitdem vermieden wurde.

Dass der Bf. die Taten nicht mit vorgefasster Absicht begangen habe, wird ihm auch seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht unterstellt. Dennoch war ihm zwar nach wie vor lediglich fahrlässiges Verhalten anzulasten, aber auch zu berücksichtigen, dass im Vorfeld der gegenständlichen Taten bereits 23 einschlägige Verwaltungsübertretungen mit im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalten vorlagen.

Hingegen konnte als mildernd berücksichtigt werden, dass der Bf. nach Erkennen der vergessenen Verlängerung der Gebrauchsbewilligung die Nachbemessung selbst beantragte und die Behörde nicht von Amts wegen tätig werden musste.

Spezialpräventiv wurde in dem genannten Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass der Bf. seit nicht mehr als verantwortlicher Beauftragter fungiert, weswegen nicht davon ausgegangen wird, dass er von Tatwiederholungen abzuhalten sein sollte.

Allerdings war die generalpräventive Überlegung der Abhaltung potentieller Nachahmungstäter von einem sorgfaltswidrigen Umgang mit Meldeverpflichtungen und dadurch bewirkten Abgabenverkürzungen dennoch zu berücksichtigen.

Gemäß § 34 Abs. 2 StGB ist es auch ein Milderungsgrund, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.

Der Einwand der überlangen Verfahrensdauer, die gemäß § 34 Abs. 2 StGB als mildernd zu werten sei, ist nicht berechtigt, da folgende in einem zeitlichen Naheverhältnis unternommene Handlungen gesetzt wurden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Antrag auf Nachbemessung
Nachbemessungsbescheid MA 46
Aufforderung durch die MA 6 zur Bekanntgabe eines verantwortlichen Beauftragten an die Gesellschaft
Aufforderung des Bf. zur Rechtfertigung
Rechtfertigung
Ersuchen an MA 46, ob die Angaben des Bf. zutreffen
Urgenz
Antwort der MA 46
Abfrage der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen
Straferkenntnis MA 6
Beschwerde
Vorlage an BFG
Ersuchen BFG an MA 6 um aktuellen Vorstrafenauszug und Antwort
Ladung zur mündlichen Verhandlung für den
Antrag Bf. auf Aktenabschrift und Aussetzung des Verfahrens
Schreiben BFG an Bf., dass eine Aussetzung nur bei einer Vorfrage in Betracht kommt
Antrag Bf. auf Abberaumung der mündlichen Verhandlung
Neuerliche Ladung zur mündlichen Verhandlung für den
Mündliche Verhandlung
Erkenntnis BFG


Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Gunsten des Bf. nicht angenommen werden, da er von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht hat und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

In Summe liegen somit zusätzliche Milderungsgründe vor, die für eine schuld- und tatangemessene Reduktion der Strafen sowie der im Falle der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs. 1 GAG auszusprechenden Ersatzfreiheitstrafen sprechen:

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden daher über den Bf. zu den Spruchpunkten 1. - 7. nunmehr Geldstrafen von jeweils € 800,00 (anstatt € 1.460,00), falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 20 Stunden (anstatt 1 Tag und 12 Stunden) verhängt.

Verfahrenskosten:

In jedem Straferkenntnis ist gemäß § 64 Abs. 1 VStG auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist gemäß § 64 Abs. 2 VStG für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 EURO zu bemessen.

Die Verfahrenskosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren ergeben sich aus § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes und waren auf € 560,00 (anstatt € 1.022,00) herabzusetzen

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens waren daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht festzusetzen.

Haftung:

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG waren Haftungsinanspruchnahmen für die verhängten Geldstrafen und Verfahrenskosten sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen hinsichtlich der G-1 auszusprechen (vgl. ).

Vollstreckungsbehörde:

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich , sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zahlungsaufforderung:

Gemäß § 54b VStG hat der Beschwerdeführer den Strafbetrag (€ 5.600,00) sowie den Kostenbeitrag des verwaltungsbehördlichen Verfahrens (€ 560,00) (Summe: € 6.160,00) binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen. Für allfällige Ratenvereinbarungen ist der Magistrat zuständig.

Informativ wird mitgeteilt, dass die Einzahlung auf folgendes Bankkonto des Magistrats der Stadt Wien bei der UniCredit Bank Austria AG zu erfolgen hat:

Empfänger: MA 6 - Abgabenstrafsachen,
BIC: BKAUATWW, IBAN: AT91 1200 0514 2801 8031.
Verwendungszweck: Geschäftszahl des Straferkenntnisses (N-1)

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 34 Abs. 3 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 31 Abs. 2 Z 3 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 22 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 31 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 31 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 16 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 16 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 34 Abs. 2 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 64 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 9 Abs. 7 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 25 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500057.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at